Protocol of the Session on December 10, 2020

Aber man arbeitet dran und man ist dabei, die Probleme zu lösen.

Und natürlich darf bei der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs, der E-Akte nicht Schluss sein. Digitalisierung ist aus unserer Sicht im Bereich der Justiz noch viel, viel mehr. Das ist zum einen die technische Ausstattung. Und wenn ich da an die Anschaffung der Videotechnik denke, die wir mit dem Nachtragshaushalt beschlossen haben, dann ist das schon ein kleines Puzzleteil davon. Das ist zum anderen aber auch, dass wir über neue digitale Formen des Zugangs zum Recht und der Rechtsprechung nachdenken sollten. Insofern fand ich es bedauerlich, dass dieses Jahr leider wegen Corona die Rechtsausschussreise nach Estland ausgefallen ist. Gerade Estland ist bei der Digitalisierung in der Justiz sehr weit, wenn ich daran denke, dass künstliche Intelligenzen und nicht mehr Menschen über Fälle unter 7.000 Euro entscheiden und dann erst ab der Berufung Menschen hinzugezogen werden.

Und natürlich muss man hier ganz klar Vor- und Nachteile solcher Prozesse genau abwägen und behutsam, denke ich, damit umgehen. Derartige Überlegungen bestehen aber nicht nur in Estland, sondern eben auch in Deutschland. Und gerade wenn man an den auf uns zurollenden Fachkräftemangel bei RichterInnen, StaatsanwältInnen, Rechtsanwälten und überhaupt in der Justiz denkt, werden wir gar nicht umhinkommen, auch über eine stärkere Digitalisierung in der Justiz zur Arbeitsentlastung weiter nachzudenken.

Dies tun nicht nur wir. Aus der Jahrestagung der OLGPräsidenten heraus kam der Vorschlag, dass ein Onlinebagatellverfahren zu entwickeln ist, wo sich ein Verbraucher auch ohne Anwalt mit einer Eingabemaske im Internet an ein Gericht wenden kann. Es wird auch diskutiert, in rechtlich unkomplizierten Massenverfahren – man denke an den VW-Abgasskandal oder CoronaReiserechtsverfahren – die Rechtsprechung selbst zu digitalisieren. Wie gesagt, ich finde, das ist ein sehr sensibler Bereich, wo wir mit Bedacht vorgehen müssen. Aber, meine Damen und Herren, das sind alles wichtige Schritte, die wir bereits gegangen sind und die noch gegangen werden müssen, und es sind zum Teil auch Zukunftsvisionen.

Aber, und darauf zielt unser heutiger Antrag ab, auch in der juristischen Ausbildung muss der Digitalisierung weiter Rechnung getragen werden, wenn wir Juristen wollen, die durch ihr Studium, durch ihr Referendariat gut auf ihr Arbeitsleben vorbereitet sind. Und da gehört eben immer mehr die Digitalisierung zum Arbeitsalltag, und das muss sich dann aus unserer Sicht eben auch im Studium beziehungsweise im Referendariat wiederfinden.

Bis vor Kurzem spielten digitale Lerninhalte im Bereich der Ausbildung von Juristinnen und Juristen eine eher untergeordnete bis gar keine Rolle. Dies bestätigte unter anderem der Ulmer Universitätsprofessor Heribert Anzinger, der in einer von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel „Legal Tech in der juristischen Ausbildung“ vom 12. Mai 2020 zu dem Ergebnis kommt, dass Legal Tech und Digitalisierung im juristischen Studium und im Referendariat in Deutschland kaum eine Rolle spielen. Für Mecklenburg-Vorpommern stellte er fest, dass diese Lerninhalte in MecklenburgVorpommern gar keine Rolle spielen.

Das kann und darf nicht sein, meine Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass wir gesetzlich verbindlich bis Ende 2025 die elektronische Akte eingeführt haben sollen und die jungen Juristinnen und Juristen, die dann in den richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dienst gehen, in ihrem Studium, in ihrem Referendariat noch nie etwas von digitalen Lerninhalten gehört haben! Es kann nicht sein, dass Rechtsanwälte das elektronische Anwaltspostfach bis spätestens Ende nächsten Jahres aktiv nutzen müssen und die angehenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihre Examensklausuren mit Stift und Papier schreiben müssen wie vor 100 Jahren! Deshalb ist aus unserer Sicht hier ein großer Handlungsbedarf.

Zudem muss man bedenken, meine Damen und Herren, dass wir den Vorlauf eben nicht vergessen dürfen, den wir brauchen. Die Studierenden der Rechtswissenschaften, die jetzt mit dem Studium beginnen, stehen uns in der Regel erst in sechs oder sieben Jahren als Volljuristen zur Verfügung. Wir müssen also jetzt tätig werden.

Was positiv ist, ist, dass diese Bewegung der Digitalisierung des juristischen Studiums und des Referendariats langsam in Bewegung kommt. So wird beispielsweise am Freitag im Bundestag auf Antrag der LINKEN und der FDP eine Anhörung zu eben diesem Thema stattfinden.

Wie gesagt, wir sehen Handlungsbedarf. Deshalb liegt Ihnen auch heute unser Antrag vor, wonach wir fordern, dass Sie sich auf Bundesebene für eine Änderung des Richtergesetzes einsetzen, damit dann zu den Schlüsselqualifikationen in Paragraf 5a Absatz 3 Deutsches Richtergesetz beim Vorbereitungsdienst und bei den rechtswissenschaftlichen Methoden die Digitalisierung eine Rolle spielt, dass digitale Examensprüfungen eben möglich sind.

Aber nicht nur auf Bundesebene müssen wir tätig werden, sondern insbesondere auch in unserem Bundesland. Andere Bundesländer machen es vor. In SachsenAnhalt kann man Klausuren bereits auf dem Laptop schreiben. Bayern und Berlin wollen das für das Examen ermöglichen. Um das dann rechtlich auch abzusichern, hat das Bundesjustizministerium bereits einen Gesetzentwurf zur Änderung des Paragrafen 5d des Deutschen Richtergesetzes in der Pipeline. Der soll dann im Kabinett in naher Zukunft vorgelegt werden.

Meine Damen und Herren, die Digitalisierung in der Justiz ist in vollem Gange und sie ist nötig. Wir müssen uns jetzt Gedanken darüber machen, wie wir die juristische Ausbildung an die sich verändernden Rahmenbedingungen anpassen. Es ist viel in Bewegung geraten. Einige Juristenausbildungsgesetze befassen sich schon mit diesem Thema. Und wir dürfen eben nicht ins Hintertreffen geraten, gerade weil wir als Ausbildungsstandort attraktiv bleiben müssen. Vor dem auf uns zurollenden Fachkräftemangel müssen wir hier mithalten. Deshalb: Ich freue mich heute auf eine konstruktive Debatte und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Bernhardt!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe

und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung die Justizministerin Frau Hoffmeister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Bernhardt, Sie haben es gesagt, die Digitalisierung der Justiz schreitet voran. Um es mit Ihren anderen Worten zu sagen, man könnte auch sagen: Der Airbag befindet sich jedenfalls im Einbau. Und davon profitieren auch die Juristen in der Ausbildung. Und soweit insofern der Antrag signalisiert oder unterstellt, dass dem nicht so sei, wäre er wirklich faktisch falsch.

(Beifall Dr. Matthias Manthei, CDU)

So viel zur Klarheit und zur Einleitung.

Ich will Ihnen auch erklären, was wir, was die Landesregierung auf den Weg gebracht hat in den letzten Jahren. Sie wissen, dass wir die elektronische Akte derzeit an den Gerichten und Staatsanwaltschaften implementieren. Das haben Sie freundlicherweise sehr schön vorgestellt, Frau Bernhardt. Vielen Dank auch dafür!

Und schon jetzt gilt allerdings, wenn Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare an Gerichten mit elektronisch geführten Akten arbeiten sollen und dort eingesetzt werden, wird ihnen derzeit ein Stick zur Verfügung gestellt, um das auch tun zu können. Damit wird einerseits die Einsicht in die jeweils zu bearbeitende elektronische Akte ermöglicht und andererseits der digitale Dokumentenaustausch zwischen den Referendaren und dem Ausbildenden sichergestellt. Und dies gilt selbstverständlich auch für all die 62 Referendarinnen und Referendare, die wir am 1. Dezember 2020 neu in den Vorbereitungsdienst eingestellt haben.

Des Weiteren ist vorgesehen, in den wenigen Monaten, beginnend ab Frühjahr 2021, sämtliche Rechtsreferendarinnen und Referendare bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften mit einem funktionsbezogenen Laptop auszustatten, eben einem solchen, wie er auch dem richterlichen Dienst zur Verfügung steht oder auch mir, da machen wir keinen Unterschied. Es wird den Referendaren damit ein mobiles Arbeiten gewährleistet. Ab diesem Zeitpunkt wird dann allen Referendarinnen und Referendaren im Vorbereitungsdienst auf diese Weise die Kommunikation mit den Ausbildenden und ein Dokumentenaustausch auf elektronischem Weg ermöglicht. Damit erhalten sie die Möglichkeit, elektronische Akten in dem geschützten IT-Strukturnetzwerk der Justiz zu lesen und auch zu bearbeiten. Die Entscheidung, um das gleich vorwegzunehmen, welche Akten tatsächlich eingesehen werden können und welche bearbeitet werden können, liegt dann bei dem jeweiligen Ausbildenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Thema „Digitale Examensprüfung“: Ja, auch wir wollen das umsetzen. Es bedarf jedoch einer Vorbereitung dafür, und das machen wir gerade. Das Landesjustizprüfungsamt hat zunächst ausführlich geprüft, welche organisatorischen und technischen und auch haushalterischen Voraussetzungen notwendig sind, um am Ende die Klausuren tatsächlich eben nicht mehr handschriftlich, sondern computergestützt zu erstellen und darauf umzustellen.

Wir tauschen uns dazu natürlich mit den anderen Bundesländern aus. Die Einführung digitaler Examensprüfungen stellt alle Bundesländer derzeit vor erhebliche Herausforderungen. So ist es auch bei uns. Wir müssen geeignete Räume finden und den zu Prüfenden müssen Rechner in sicherer Umgebung und mit sicherer und geeigneter Software zur Verfügung gestellt werden. Und erste Erfahrungen, darauf haben Sie hingewiesen, hat Sachsen-Anhalt dazu gemacht. Seit einer Testphase wird dort seit 2019 das Zweite Staatsexamen am Laptop durchgeführt. Und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Landesjustizprüfungsamts haben sich das auch vorstellen lassen.

Und wie auch aus Sachsen-Anhalt derzeit zu vernehmen ist, wurde dieses Projekt in Sachsen-Anhalt im Übrigen gerade ausgezeichnet mit dem Digital Award, was sehr bemerkenswert und bedeutend ist. Doch ist im Ergebnis aus hiesiger Sicht festzustellen, dass die Durchführung dieses E-Examens in Sachsen-Anhalt nur deshalb möglich war, weil die Universität Halle-Wittenberg Räume und vor allem auch Technik zur Verfügung gestellt hat. Und wir haben deshalb natürlich auch Kontakt zu unseren Hochschulen aufgenommen, mussten allerdings feststellen, dass entsprechende Möglichkeiten und Kapazitäten vergleichbar wie in Sachsen-Anhalt für uns im Moment nicht vorliegen.

Sachsen-Anhalt ist das eine Bundesland, und auch Baden-Württemberg hat nach einem Testlauf inzwischen digitale Prüfungen abgenommen, etwa bei den Rechtspflegern. Das Ergebnis dort werten wir gleichzeitig aus. Sie haben das zusammen mit einem externen Dienstleister gemacht.

Klar ist für uns, wir wollen eine Lösung finden und wir müssen auch eine Lösung finden. Wir wollen auch in der Digitalisierung bei unserer Ausbildung nicht hinterherhängen. Dafür setzen wir uns ein. Und natürlich unterstützen wir die Bestrebungen des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz, im Deutschen Richtergesetz per Gesetzesänderung den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, die Examensklausuren elektronisch durchzuführen. Das unterstützen wir ausdrücklich und selbstverständlich.

Meine Damen und Herren, auch die juristische Ausbildung an den Universitäten in Rostock und Greifswald wird digitaler. Die juristische Fakultät der Universität Greifswald hat ihre digitalen Lehrkonzepte zugegebenermaßen auch und wegen Corona verändert und erweitert. Sie verfügt inzwischen über ein breites Portfolio an Videokonferenzsoftware, und sie kann damit nicht nur digitale, sondern auch hybride Lehrveranstaltungen durchführen. Lehrmaterialien stehen seit längerer Zeit online bereit.

Trotz neuester Technik und Möglichkeit ist allerdings in der Universität Greifswald klar, dass digital die Präsenz nicht ersetzen kann und auch nicht ersetzen soll. Insgesamt sei darauf hingewiesen, dass es keines extra Digitalisierungskonzeptes für die juristische Ausbildung bedarf. Das Land wird im Rahmen der Zielvereinbarungen ein Digitalisierungsprogramm für die Hochschulverwaltungen sowie für Studium und Lehre im Rahmen des M-V-Schutzfonds in Höhe von 40 Millionen Euro auflegen, damit die Hochschulen den Folgen der CoronaPandemie zukünftig auch besser begegnen können. Die Hochschulen werden sich mit 10 Millionen Euro beteili

gen. Zur Umsetzung werden die Hochschulen und das Land ein gemeinsames Konzept zur Digitalisierung erarbeiten. Über die Verteilung der Mittel und deren Verwendung werden die Hochschulen und das Wissenschaftsministerium eine eigenständige Vereinbarung abschließen. Das Land und die Hochschulen befinden sich dazu in einem ständigen Austausch, um die Digitalisierung voranzutreiben. Und davon profitieren letztlich auch die juristischen Fakultäten.

Lassen Sie mich noch einen Blick in die Juristische Fakultät in Rostock werfen. Dort hat es erste Anläufe gegeben, das Thema Digitalisierung in das Lehrangebot stärker aufzunehmen. Im Zivilrecht etwa gibt es ein Seminar zu Digitalisierung und Vertragsgestaltung. Darüber hinaus wird ein besonderer Schwerpunkt „Recht der Digitalisierung und Digitalisierung des Rechts“ angeboten und in öffentlich-rechtlichen Vorlesungen und Seminaren werden Themen wie „Regulierung von Algorithmen“ und „Künstliche Intelligenz“ oder „Die Regulierung der Digitalwirtschaft“ derzeit behandelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die vorgeschlagene Anpassung der Schlüsselqualifikationen beziehungsweise der Vorgaben für den Vorbereitungsdienst im deutschen Richtergesetz sehe ich keinen Bedarf. Das Ziel der in den Paragrafen 5a bis 5d des Deutschen Richtergesetzes geltenden Juristenausbildung ist nach wie vor, die Befähigung zum Richteramt zu erwerben. Am Ende der Ausbildung soll die Fähigkeit stehen, das Recht selbstständig anwenden zu können, juristische Kenntnisse im Rechtsstreit sowie bei Vertrags- und anderen Verhandlungen einzusetzen und die Erkenntnisse insbesondere auch an die juristischen Laien zu transportieren.

Nach Paragraf 5a Absatz 3 des Deutschen Richtergesetzes berücksichtigen die Inhalte des Studiums die rechtsprechende, verwaltende und rechtsberatende Praxis. Erforderliche Schlüsselqualifikationen, wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit, sind darin eingeschlossen. Hierbei handelt es sich auch um sogenannte interdisziplinäre Qualifikationen. Gemein ist allen diesen Qualifikationen, den angehenden Juristen zum einen rein fachliche Kenntnisse, zum anderen auch die Kenntnisse zu vermitteln, dass es für beruflichen Erfolg auf fachliche Kompetenz und die Fähigkeit ankommt, auf sein Gegenüber persönlich einzugehen und sich in seine Sichtweise hineinzuversetzen.

Es ist davon auszugehen, dass die Fähigkeit im Umgang mit moderner Technik und elektronischen Arbeitsgrundlagen mittlerweile zu den Fertigkeiten gehört, die als Grundfertigkeiten bezeichnet werden können, um überhaupt und jedes Studium aufnehmen zu können, nicht nur das der Rechtswissenschaft. Eine entsprechende Ergänzung der Regelungen für den Vorbereitungsdienst halten wir daher für verzichtbar.

Davon abgesehen enthält Paragraf 5b des Deutschen Richtergesetzes nur grundlegende Vorgaben hinsichtlich der erforderlichen Ausbildungsstationen und zur Dauer des Vorbereitungsdienstes. Nähere Regelungen sind dem Landesrecht überlassen, wie im Übrigen auch nähere Regelungen aus Paragraf 5a des Deutschen Richtergesetzes. Eine Notwendigkeit, gesetzgeberischen Handlungsbedarf hier zu erkennen, besteht aus unserer Sicht

derzeit nicht, und ich bitte Sie deshalb, den Antrag abzulehnen, und danke Ihnen für Ihre besondere Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Thomas Krüger, SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Liebe Landsleute! Verehrtes Präsidium! Als ich den Antrag bekommen habe, durchgelesen habe, war meine erste Frage: Was soll das? Was will man damit? Dann habe ich umgedreht, habe die Begründung gelesen und die Frage blieb die gleiche: Was soll dieser Antrag?

Ich muss zugeben, ein ganz bisschen klarer ist es mir jetzt, Frau Bernhardt, nach Ihrer Begründung geworden, auch wenn ich sagen muss – Überschrift „Digitalisierung in den Fokus juristischer Ausbildung nehmen“ –, das meiste, was Sie erzählt haben, ging aber nicht um juristische Ausbildung, sondern um die Justiz-E-Akte, das elektronische Anwaltspostfach und so weiter. Das sind alles Dinge, die es jetzt gibt, und das ist gut so, dass es sie gibt, aber das hat mit juristischer Ausbildung nichts zu tun. Das ist Technik der Bearbeitung. Dann können wir uns jetzt also ein Fach vorstellen im Rahmen der juristischen Ausbildung, wie arbeite ich mit einem Laptop, um den Umgang mit der E-Akte genauer zu erlernen, oder was habe ich darunter zu verstehen? Die Inhalte sind mir völlig unklar.

Die juristische Ausbildung hat, wie die Ministerin gesagt hat, zutreffend gesagt hat, andere Inhalte. Das, was Sie in den Fokus nehmen, die Digitalisierung, die Sie angesprochen haben, das ist die Technik, die angewandt wird, um Akten zu bearbeiten und so weiter. Und wenn Sie sagen, Elektronik und der Umgang mit elektronischen Akten und so weiter, also die letzte Anfängerübung, die ich an der Uni Greifswald, Juristische Fakultät, abgehalten habe, und die letzte Fortgeschrittenenübung – einmal 121, das andere Mal 118 Teilnehmer –, da frage ich Sie mal: Was meinen Sie, wie viele haben davon ihre Hausarbeit abgegeben, die nicht mit einem Computer geschrieben und ausgedruckt war? Bei den Anfängern eine, bei den Fortgeschrittenen null. Das heißt, das machen die Jurastudenten bereits, das, was Sie da einbringen wollen, die Arbeit in digitalisierter Form. Insofern verstehe ich überhaupt nicht, was Sie wollen.

Die Aussage, die Sie zitiert haben, dass das in Mecklenburg-Vorpommern keine Rolle spielt, ist sicher richtig, weil es kein Gegenstand juristischer Ausbildung ist, sonst könnten wir in die juristische Ausbildung auch ein Fach aufnehmen, wie formuliere ich richtig Deutsch, Umgang mit der deutschen Sprache und so weiter. Das sind Voraussetzungen und kein Gegenstand juristischer Ausbildung. Das sind Fähigkeiten, die aus der Schule oder von sonst irgendwo an die Uni mitgebracht werden müssen. Wir können uns in der juristischen Ausbildung, wenn ich mir überlege, was in der juristischen Ausbildung an Kernfächern alles keine Rolle spielt – ein Jurist mit mindestens Erstem Staatsexamen muss kein Wort Steuerrecht gehört haben, der muss keine Ahnung haben vom internationalen Erbrecht, internationalen Familienrecht, über

haupt vom internationalen Privatrecht und, und, und –, ganz wichtige Bereiche, die in der juristischen Ausbildung keine Rolle spielen, da bleibt kein Raum in der juristischen Ausbildung für solche technischen Fragen. Zugegeben, es wäre schön, wenn wir das alles auch noch in der Juristischen Fakultät unterrichten könnten, wenn wir also noch einen Fachdidaktiker und einen, ja, Fachmann für Computeranwendungen dazugewinnen könnten, aber da müssen wir dann eben mit der Landesregierung über die entsprechenden Mittel verhandeln. Im derzeitigen Stellenplan ist so was schlichtweg nicht möglich.

Zu den Schlüsselqualifikationen hat auch die Ministerin alles Erforderliche gesagt. Ich kann mir nicht mal vorstellen, wie Sie die Digitalisierung im Rahmen einer Schlüsselqualifikation anwenden sollten. Da fehlt von Ihnen auch jedes Beispiel. Genauso wenig, wie Sie Beispiele gebracht haben, was sollen wir denn im Rahmen der juristischen Ausbildung – ich meine jetzt zum Ersten Staatsexamen, aber von mir aus auch zum Zweiten Staatsexamen –, was soll denn digitalisiert dazukommen? Und die Tatsache, dass Sie Examensprüfungen digitalisieren wollen: Wir haben das auch schon gehabt, und zwar bei Menschen mit Schreibbehinderungen, weil sich jemand den Arm gebrochen hat oder aus anderer Ursache schreibbehindert ist. Denen wird im Ersten Staatsexamen die Möglichkeit gegeben, das Ganze computerisiert zu schreiben.

Und Sie können mir glauben, ich korrigiere jedes Mal in den Staatsexamina, und es macht wenig Spaß, 15- bis 25-seitige Arbeiten, die in fünf Stunden angefertigt werden, handschriftlich zu korrigieren. Die letzten zehn Seiten sind oft unlesbar oder schwer lesbar. Man müht sich da durch. Ich wäre sehr dankbar, wenn die Arbeiten in digitalisierter Form abgegeben und geschrieben werden könnten. Aber schon der eine oder die zwei, die ihre Examensklausuren so schreiben, stellen die Universität vor fast unüberwindbare Schwierigkeiten, und das ist nicht nur der Raum. Also ich habe schon mein Sekretariat zur Verfügung gestellt. Aber der Computer, der alle möglichen Texte beinhaltet, die eben fürs Examen nicht von den Studierenden verwendet werden können, der muss quasi leergeräumt werden, das muss kontrolliert werden, das muss zertifiziert werden, das ist fast unmöglich. Und dann haben Sie mit einem Tastendruck so was wie Beck-Online oder Ähnliches und dann haben Sie alle Kommentare abrufbar. Das muss ausgeschlossen werden. Das heißt, es muss auch jemand diese fünf Stunden neben dranstehen und das beobachten und beaufsichtigen – ein Riesenaufwand. Ich glaube, Frau Justizministerin wird sehr begeistert sein, wenn die Uni jetzt mit Forderungen kommt, dass die Ausstattung so sein muss, dass jeder einen solchen Laptop oder einen Computer zur Verfügung gestellt bekommt, um das alles umsetzen zu können.

Das heißt, ich verstehe den Sinn dieses Antrags, aber weder der positive Nutzen für die Studenten ist da, noch ist es derzeit technisch umsetzbar, was Sie wollen. Das Einzige, wie gesagt, was mir einleuchtet an diesem Antrag, ist, dass man vielleicht im Rahmen der Referendarausbildung, also zum Zweiten Staatsexamen hin, Schulungen bekommt, Umgang mit E-Akte und so weiter. Ich habe jetzt gehört, das wusste ich noch nicht, dass Sie dann allen Referendaren einen entsprechenden Stick übergeben, wo das mit der E-Akte drin ist. Also zu meiner Zeit musste man das eben noch in Papierform abholen. Und wenn der Richter sehr genau war, dann hat er

einem gesagt, ich darf die Akte gar nicht aus dem Dienstzimmer rausgeben, das heißt, die Bearbeitung erfolgt in meinem Zimmer und die Akte verlässt dieses Zimmer nicht. Das musste man als Referendar im Kern auch hinnehmen. Da ist der Stick sicher eine große Verbesserung.

Und wenn die elektronische Akte flächendeckend Einzug erhält, dann ist es auch sinnvoll, dass man solche Bearbeitungsmöglichkeiten anbietet. Das bedarf aber keiner Umänderung oder keiner großen Ergänzung in der juristischen Ausbildung, zum Ersten Staatsexamen überhaupt nicht und zum Zweiten Staatsexamen minimal, sodass ich sagen kann, langer Rede kurzer Sinn: Der Sinn dieses Antrags leuchtet mir in keiner Form ein. Ich halte ihn für völlig überflüssig und deswegen werden wir ihn auch ablehnen. – Danke schön!