Protocol of the Session on October 30, 2020

Bei der Einbringung des genannten Gesetzentwurfes hat Herr Stamer gesagt, ich zitiere, man wolle den Studenten „die Angst nehmen, am Ende ihres Studiums ohne finanzielle Unterstützung dazustehen“, Zitatende.

(Rainer Albrecht, SPD: Hat er ja auch recht. – Heiterkeit bei Dirk Stamer, SPD: Hat er gut gesagt.)

Ja, ist auch richtig, ist auch korrekt.

Leider bezog sich diese Aussage nur auf das eine Viertel der Studenten, die in Mecklenburg-Vorpommern eine BAföG-Förderung erhalten. Unser Antrag zielt nun darauf ab, auch den übrigen drei Viertel der Studentenschaft diese Angst zu nehmen. Auch sie müssen mit der Verlängerung des Studiums zurechtkommen, sie müssen sich Studentenjobs suchen oder weiter ausüben, müssen gegebenenfalls ihre Eltern weiter finanziell belasten, die vielleicht selbst ausfallbedingt unter Einkommenseinbußen leiden, oder sie müssen sich zu marktüblichen Konditionen verschulden.

(Daniel Peters, CDU: Da sind sie anspruchsberechtigt.)

Zu der Frage, wie diesen Studenten nun geholfen werden kann, haben wir bisher nur eine Aussage von Herrn Peters, der sich, glaube ich, auch gerade eben gemeldet hat: Die Studenten könnten ja bei verschlechterter Einkommenssituation der Eltern einen Antrag auf BAföG stellen. Das betrifft nun allerdings bei Weitem nicht die Hauptmasse der Nicht-BAföG-Empfänger und ist überdies mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden und in vielen Fällen nicht zielführend.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Die Verlängerung der Regelstudienzeit ist ja gerade mit der Begründung erfolgt, dass der bürokratische Aufwand für die Einzelfallprüfung vermieden werden sollte. Eine mögliche Studienverlängerung war im März dieses Jahres noch nicht abzusehen und somit nicht planbar. Auch Herr Stamer betonte, dass die Studenten unverschuldet in Zeitverzug geraten sind.

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

Hinzu kommt, dass es in der Endphase des Studiums besser ist, sich voll und ganz auf die anstehenden Prüfungen zu konzentrieren, als für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Vielen Studenten reicht ohnehin erfahrungsgemäß die Regelstudienzeit nicht aus, sodass eine weitere Studienverlängerung aufgrund der CoronaMaßnahmen ihre Situation noch verschärft. Hiervon sind auch gerade dringend benötigte Studiengänge wie die Lehrämter betroffen.

Wir möchten die Landesregierung deshalb in die Pflicht nehmen, auch für die Nicht-BAföG-Empfänger Verantwortung zu übernehmen. Charmanter Nebeneffekt ist, dass diese von M-V ausgehende Initiative bundesweite Wirkung entfalten wird, denn für Studienfinanzierung ist gemäß Grundgesetz der Bund verantwortlich. Deshalb fordern wir die Landesregierung mit unserem Antrag auch auf, sich auf Bundesebene für eine Regelung einzusetzen, die die bestehende erhebliche Gerechtigkeitslücke im Hinblick auf die BAföG-Empfänger schließt.

Als gangbaren Weg schlagen wir eine Unterstützung auf Darlehensbasis mit vergleichbar günstigen Rückzahlungskonditionen vor wie die für BAföG-Darlehen geltenden. Einen Zinssatz in Höhe der derzeit sehr niedrigen durchschnittlichen Inflationsrate halten wir dabei für angemessen. Im September beispielsweise lag dieser gegenüber dem Vorjahresmonat bei 1,7 Prozent. Damit sind diese Hilfen wesentlich attraktiver als die derzeitigen Studienkredite, die zum marktüblichen Zinssatz bei der KfW aktuell mit 4,3 Prozent veranschlagt werden.

Allerdings gibt es noch eine Menge Details zur Abrundung des Lösungsvorschlages zu diskutieren, um das Darlehen an wesentliche Konditionen des BAföG anzunähern. Das betrifft unter anderem Rückzahlungsbedingungen, Karenzzeiten, Stundungsmöglichkeiten, um hier nur einige zu nennen. Darüber hinaus gibt es allerlei weitere Erleichterungen bei der Rückzahlung eines BAföGDarlehens, zu denen auch Abwägungsentscheidungen zu diskutieren wären, inwieweit sie auf ein Darlehen übertragbar sind. Ich denke da zum Beispiel an den beim BAföG enthaltenen hälftigen nicht rückzahlbaren Zuschuss. Dieser wäre wohl aufgrund der damit für den

Bund entstehenden weiteren haushaltsrelevanten Kosten in Milliardenhöhe nicht zustimmungsfähig.

Sie sehen an meinen Ausführungen, dass es eine Menge Detailfragen gibt, die einer Diskussion und Abwägung bedürfen. Wir sollten das in den Ausschüssen klären. Und, meine Damen und Herren, sollte es trotz aller Anstrengungen nicht zu einer bundesweiten Lösung kommen, so bliebe zu prüfen, inwieweit den betroffenen Studenten mit Landesmitteln geholfen werden könnte. Unser Land braucht in verschiedenen Bereichen dringend gut ausgebildete Akademiker.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Wir können es uns nicht leisten, Studenten kurz vor dem verzögerten Studienabschluss mit ihren finanziellen Problemen alleinzulassen und damit weitere Verzögerungen, im Extremfall sogar Studienabbrüche zu riskieren.

Wir halten diesen Antrag für durchaus richtig und wichtig und beantragen deshalb eine Überweisung in den Bildungs- und Sozialausschuss. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Der Abgeordnete Jörg Kröger spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

Oh, nein, Sie haben noch Zeit. Sie hätten das noch sagen können, Herr Kröger.

Ja, der Einwand mit den Handwerkern ist zwar berechtigt,

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

aber trifft nicht für immatrikulierte Studenten kurz vor dem Examen zu.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Also insofern hier an dieser Stelle nicht zielführend.

(Rainer Albrecht, SPD: Wir brauchen auch noch ein paar Handwerker.)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Bitte schön, Frau Martin!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Septembersitzung haben Sie mit einem Gesetzentwurf die individuelle Regelstudienzeit für Studierende des Sommersemesters 2020 um ein Semester verlängert. Wir erkannten dabei pauschal für alle Studierenden an, dass die Covid-19-Pandemie den geordneten Studienverlauf behindert hat – für alle Studierenden, nicht nur für jene, die BAföG empfangen. Und dieser Schritt wurde von den Studierenden durch die Bank weg sehr begrüßt,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Hat keiner kritisiert.)

denn damit haben wir Sicherheit für sie geschaffen. Ja, finanzielle Sicherheit bringt dieser Schritt insbesondere für die BAföG-Empfängerinnen und BAföG-Empfänger, denn sie sind aufgrund ihrer Einkommenssituation, auch der Einkommenssituation ihrer Eltern, auf finanzielle Unterstützung während ihres Studiums angewiesen. Und es ist gut, dass das Haus beschlossen hat, dass diese Studierenden nicht am Ende ihres Studiums nicht wissen, wie sie ihren Abschluss noch finanzieren sollen. Und dafür möchte ich noch mal ganz herzlich danken. Das war ja auch ein ziemlicher Zeitdruck, den wir da hatten. Deswegen herzlichen Dank, dass das so unkompliziert und so schnell entschieden werden konnte!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Leider bin ich mir aber unsicher, ob die Abgeordneten von der AfD-Fraktion die Idee der Gesetzesänderung so richtig verstanden haben. Daher möchte ich mich gern noch einmal erklären. Mit der Gesetzesänderung wollen wir allen Studierenden die Sorge nehmen, die eine Sorge haben, ihr Regelstudium nicht in der Regelstudienzeit zu schaffen. Wir haben Sicherheit in der individuellen Studienplanung geschaffen und machen sehr deutlich, die Covid-19-Pandemie darf keine negativen Auswirkungen auf den Studienerfolg aller Studierenden haben.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Die Abgeordneten der AfD-Fraktion meinen nun, eine Ungleichbehandlung gefunden zu haben, und behaupten, dass die öffentliche Hand vermeintlich nur den BAföGEmpfängern zur Seite steht. Da haben Sie leider etwas nicht richtig verstanden und haben sich wohl auch nicht so richtig informiert, was in der Wissenschaftspolitik in den letzten Monaten in der Corona-Krise so diskutiert wurde und auch auf den Weg gebracht wurde.

(Rainer Albrecht, SPD: Aha! – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Interessanter wäre, was der Landtag so auf den Weg gebracht hat.)

In einer Sache mögen Sie recht haben,

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

in einer Sache mögen Sie recht haben: Die Studierenden, die nicht BAföG empfangen, haben aufgrund der Einschränkungen im Sommersemester ebenfalls Nachteile erfahren.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Auch ihre Lehrveranstaltungen wurden fast ausschließlich digital angeboten. Aber, wie gesagt, auch für sie haben wir die individuelle Regelstudienzeit verlängert.

(Zuruf von Jörg Kröger, AfD)

Und ja, auch viele von ihnen konnten ihrem Studierendenjob im Café oder in der Kneipe nicht nachgehen, denn die waren lange zu.

(Nikolaus Kramer, AfD: Genau, das ist doch der Punkt! – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Aber anders, als Sie glauben, sehr verehrte Herren, gibt es auch für sie Hilfen des Staates. Ich hätte es ja sogar verstanden, wenn Sie Kritik geübt hätten, dass die Bundesentscheidungen zu spät kamen oder gar zu halbherzig waren, aber darum kümmern Sie sich gar nicht. Sie arbeiten sich stattdessen an einer Baustelle ab, die gar keine ist.

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD)

Im Frühjahr 2020 hat das BMBF Überbrückungshilfen für jene Studierende eingerichtet, die kein BAföG erhalten und in eine finanzielle Notlage geraten sind.

(Rainer Albrecht, SPD: Aha!)

Ich erinnere an dieser Stelle an die Studienkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Studierende können seit dem 8. Mai bei der KfW bis zum 31.03.2021 ein zinsloses Darlehen beantragen.