Protocol of the Session on July 3, 2015

Lassen Sie uns also bei dem Antrag „Kinder- und Jugendtourismus wieder voranbringen – neues Strategiekonzept erarbeiten“ etwas genauer hinschauen. Bei der Überschrift dachte ich, ehrlich gesagt, da handelt es sich nur um einen Schreibfehler, müsste es doch eigentlich heißen, Herr Holter: Kinder- und Jugendtourismus weiter voranbringen und Strategiekonzept fortschreiben. Okay, darüber kann man aber sicherlich noch hinweg- gehen.

Der Antrag enthält zunächst viel Lob, was die Regierungsvertreter sicherlich auch wohlwollend zur Kenntnis genommen haben. Rekordwerte bei den Übernachtungen, Kinder- und Jugendreisestand auf der ITB – was im Übrigen etwas war, was sehr gut ankam –, Vorbild Mecklenburg-Vorpommern – andere Bundesländer haben sich auf den Weg zu dem gemacht, was wir vor Jahren begonnen haben.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Ja, nun stimmt der Erfolg der Regierung auch den heitersten Oppositionsmann düster, also will ich gerne auf die Forderungen eingehen.

Erste Forderung Ihres Antrages: neues Strategiekonzept Kinder- und Jugendtourismus, Iststandsanalyse, Handlungsempfehlungen, Bestandsaufnahme aller Häuser, Investitionsbedarf.

Ich glaube, eine ganz klare Antwort darauf bietet die Interministerielle Arbeitsgruppe: Wirtschaftsministerium, Sozialministerium, Landwirtschaftsministerium, Bildungsministerium, Deutsches Jugendherbergswerk, Jugendring, Tourismusverband, Verband der Schullandheime, LUNG und BundesForum Kinder- und Jugendreisen, alle sitzen an einem Tisch, um sich genau zu dieser Thematik zu verständigen.

Herr Holter, Sie haben gesagt, Ihr Antrag im Landtag – wir sind jetzt Anfang Juli – wäre sozusagen der Wegbereiter für die Fortschreibung des Konzeptes gewesen. Ich glaube, das ist so ein bisschen die Henne-Ei-Problematik, denn die Sitzung war bereits Anfang Mai, wir haben heute Anfang Juli.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Da müssen Sie mal die Geschäftsordnung des Landtages lesen!)

Ich bin froh, dass sich die Experten damit so gut auf den Weg gemacht haben und sich dazu verständigen. Dafür gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen Runden, auch der Ministerien, unser Dank.

Zweiter Punkt, den Sie aufgreifen: Verwaltungsvorschrift des Bildungsministeriums „Lernen am anderen Ort“, Sekundarstufen I und II, Schulfahrten wieder auf fünf Tage ausweiten.

Der Bildungsminister hat sich eben noch mal mit dem Wirtschaftsminister dazu verständigt, ich habe gestern die Gelegenheit nutzen können. Punkt 2.4 der Verwaltungsvorschrift sagt ganz klar: „Für die Dauer von Schulwanderungen und Schulfahrten gelten in der Regel folgende Werte“. Also, ganz klar, Schulen können an dieser Stelle davon abweichen, können daraus auch mehr machen, sobald der Bedarf dafür besteht. Natürlich können wir an dieser Stelle nur an die Lehrerinnen und Lehrer, an die Eltern und ein Stück weit an die Schulleiter appellieren und sagen: Nutzen Sie die Gelegenheit, auch außerhalb von Schule Wissen zu vermitteln. Ich glaube, da sind wir uns auch in diesem Hause einig. Aber ein Eingriff und eine feste Fortschreibung würden doch eigentlich Ihren Handlungsmaximen völlig widersprechen, sind Sie es doch, die immer von selbstständiger Schule sprechen. Also, ich glaube, da besteht ganz klar kein Handlungsbedarf.

Aber, Herr Holter, ich will Ihnen mal sagen, was mich an diesem Antrag besonders stört: Ihr Antrag zielt nur auf Übernachtungszahlen ab. Ich habe ganz großes Verständnis dafür, dass der Tourismusverband des Landes Mecklenburg-Vorpommern darauf einen großen Schwerpunkt legt. Dass der demografische Wandel hier krass entgegenwirkt, verschweigen Sie in Ihrem Antrag und in der Antragsbegründung komplett, und dass sich auch Punkte wie zum Beispiel Topreiseziele – Sie haben die Analyse angesprochen – in den letzten Jahren einfach verschoben haben und Großstädte wie beispielsweise Berlin ein absoluter Renner in diesen Sachen sind.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das muss man ja nicht hinnehmen. Gegensteuern!)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, bei allem Respekt vor dem Wunsch, dass wir möglichst viele Übernachtungszahlen von jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern haben, ich will den Lehrerinnen und Lehrern nicht einreden, wohin sie ihre Klassenfahrt machen sollen, wohin sie sich letztendlich auf den Weg machen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Wir ja auch nicht.)

Stellen Sie sich mal vor, bei mir war es so, Klasse 10, alle Schulklassen sind nach Weimar gefahren. Ich glaube, das hat uns nicht so ganz schlechtgetan. Das liegt nicht ganz in Mecklenburg-Vorpommern, es wäre aber schade darum, im Land der Dichter und Denker die Klassenfahrt nun nicht dorthin machen zu können. Wenn wir das dann einfach mal mehr aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen betrachten, kommt mir, ehrlich gesagt, auch die Position der kinder- und jugendpolitischen Sprecherin Ihrer Fraktion, Frau Bernhardt, zu kurz, die sich doch eigentlich dafür einsetzen müsste, dass wir das in allererster Linie vom Standpunkt der Kinder und Jugendlichen unseres Landes her diskutieren.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und da ist ein Knackpunkt noch gar nicht erwähnt: Sie wissen, dass ich aus der Uecker-Randow-Region komme, einer Region, die von dem Einfluss Stettins geprägt ist. Den Kitas ist es selbstverständlich möglich, dass sie einen Ausflug nach Polen machen, was im Übrigen auch im Sinne der Sprachförderung unserem Interesse dient, wollen wir doch, dass wir den Kindern Startbedingungen geben, um die polnische Sprache zu erlernen. In der Grundschule geht das nicht, da sagen wir, nur im Land unterwegs sein. In der Sekundarstufe II ist es dann wieder möglich, nach Stettin zu fahren. Ich finde, das wäre ein Punkt, über den man sich mal unterhalten könnte,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da sitzt Ihr Minister.)

ob es nicht gerade in solchen grenznahen Regionen …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das müssen Sie nicht mir erzählen, das müssen Sie Ihrem Minister erzählen.)

Ich habe mich gestern mit dem Bildungsminister darüber unterhalten.

Herr Holter, wenn Sie sich das gewünscht hätten, hätten Sie das in den Antrag schreiben müssen und jetzt nicht im Nachhinein darauf aufspringen, wir müssten mit dem Minister darüber reden. Tun wir nämlich! Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das bei der Interministeriellen Arbeitsgruppe auch ein Thema sein wird.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, was mich am meisten an diesem Antrag stört,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Noch was? Noch was? – Michael Andrejewski, NPD: Noch mehr als am meisten?)

ist diese Schlechtmacherei.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie haben in einer Pressemitteilung von 2013 die Wortwahl getroffen, das ist der „Todesstoß“ für den Kinder- und Jugendtourismusverband. Ich finde, das ist eine Wortwahl, die bei dem Thema nun so gar nicht recht passt.

Jetzt lassen Sie mich mal einige Fakten nennen, der Minister ist eben auch schon darauf eingegangen, die einfach dafür stehen, dass wir da erfolgreich sind. Sie haben die Veranstaltung „25 Jahre Jugendherbergswerk Mecklenburg-Vorpommern“ angesprochen. Die Veranstaltung hat deutlich gezeigt, wie hervorragend die Entwicklung im Bereich der Jugendherbergen ist. Mit 11,3 Prozent ist das ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Gesamttourismus bei uns im Land: 20.000 Betten mit über 500.000 Übernachtungen, unter anderem in 19 Jugendherbergen, 13 Schullandheimen und 3 Jugendwaldheimen. Mit denen müssen Sie mal sprechen, dort hat sich der Landwirtschaftsminister besonders reingekniet und erfährt auch Zustimmung von den Beteiligten vor Ort!

Wir waren die Ersten, die im Jahr 2002 ein Strategiekonzept im Bereich Kinder- und Jugendtourismus auf den Weg gebracht haben, Evaluierung 2006.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sagen Sie mal, wer das auf den Weg gebracht hat!)

2003 erstes,...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir waren die Ersten. Keine Ahnung hat er.)

Fühlen Sie sich angesprochen? Sehr schön. Es muss hier ja auch mal ein Lob geben für die rot-rote Koalition.

… 2003 erstes System des Qualitätsmanagements, ein Sternesystem im Bereich der Jugendübernachtungsstätten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, und wer hat das eingeführt? Wir.)

Ja, haben wir eingeführt,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ihr?!)

ganz genau, hat das Land Mecklenburg-Vorpommern eingeführt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. – Helmut Holter, DIE LINKE: Jaja. – Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Ich verstehe mich als Mecklenburg-Vorpommer. Sie doch auch, Herr Holter!

Der Bund hat es im Übrigen übernommen, weil wir ein Erfolgsmodell gefahren haben, was andere übernommen haben und lernen wollten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Danke, Herr Dahlemann.)

Von 2002 bis heute 21 Projekte,...

Herr Holter! Herr Holter, ich rede von 2002 bis heute. Sie sind wieder mit angesprochen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, fragen Sie mal, wer da Minister war, wer das finanziert hat!)

Sie sind wieder mit angesprochen.

… 21 Projekte, Investitionsumfang 48,42 Millionen. Hören Sie doch auf, so zu tun, als wenn wir immer in allen Dingen nur schlecht sind und nichts weiter machen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jüngere Geschichte: Ungenügend.)

Sie haben anscheinend die gleichen Gesprächspartner gehabt wie ich. Mein Kollege Herr Gundlack und ich haben uns ebenfalls mit Herrn Schwarz unterhalten, der hat Sie da gut gebrieft. Er ist auch gut unterwegs und macht für den Tourismusverband einen vernünftigen Job. Genauso haben wir uns mit Herrn Karsten vom Landesverband der Schullandheime Mecklenburg-Vorpommern verständigt. Wir kennen sehr wohl den Spagat zwischen den gemeinnützigen Trägern und den kommerziellen und wir haben sehr unterschiedliche Einrichtungen im Land, das will ich gar nicht verschweigen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wo ist die Konsequenz, Herr Dahlemann?)