Protocol of the Session on July 2, 2015

Sehr geehrte Abgeordnete der Koalition, wollen Sie gar nicht wissen, mit welchen Hochschulpaktmitteln Mecklenburg-Vorpommern in den kommenden Jahren rechnen kann? Auch dazu findet sich keine Aussage in der Unterrichtung. Beschrieben wird lediglich der Idealfall von 194 Millionen Euro, wenn denn die von der Kultusministerkonferenz prognostizierten Studienanfängerzahlen idealerweise erreicht werden würden. Das geschieht aber nicht, denn seit 2012 nimmt die Anzahl der Studentinnen und Studenten in Mecklenburg-Vorpommern ab.

(Regine Lück, DIE LINKE: Die Frage ist, warum.)

In der Unterrichtung fehlt diese Prognose und es fehlt die Berechnung der Bundesmittel entsprechend der Anzahl der Studenten. Welche finanziellen Mittel werden nicht an Mecklenburg-Vorpommern gezahlt?

Sehr geehrte Damen und Herren, über Fußnoten ist schon der eine oder andere gestolpert. In dieser Unterrichtung wird in einer Fußnote eine Beurteilung der Qualität der Studienbedingungen versteckt. Dort, wo normalerweise Quellenangaben stehen, steht hier, dass MecklenburgVorpommern der Spitzenreiter bei den Studienabbrechern ist. Jeder dritte Studierende bricht in unserem Land sein Studium ab. Und es wird nicht einmal versucht zu erklären, warum Mecklenburg-Vorpommern so deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Stattdessen wird in der Unterrichtung der Eindruck erweckt, dass eine Verbesserung der Erfolgsquote zulasten der Qualität der Ausbildung gehen würde. Übersetzt heißt dies, dass die Regierung meint, dass die hohe Quote der Abbrecher berechtigt ist, weil die Studierenden einfach nicht klug genug sind.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Genau, sie sind zu dumm.)

Für diese Unterstellung jedoch bleibt das Eckwertepapier jede Erklärung schuldig. Stattdessen versteckt sich das Land hinter einem vagen Vorhaben, gemeinsam mit den Hochschulen zu untersuchen, mit welchen Maßnahmen die Anzahl der Studierenden, die erfolgreich ihr Studium beenden, erhöht werden kann. Wann? Wie? Wer macht da mit?

Fakt ist, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Studienbedingungen nicht so gut sind, wie das Eckwertepapier Glauben schenken möchte. Das Zentrum für Hochschulentwicklung hat sein Ranking für 2015 und 2016 vor Kurzem veröffentlicht. Daraus geht zum Beispiel hervor, dass die Uni Rostock im Fachbereich Medizin durch die Studierenden insgesamt sehr schlecht beurteilt und in die Schlussgruppe eingruppiert wurde. Dort ist sie aber nicht allein, sondern trifft auf das Studium der Mathematik beider Universitäten in unserem Land.

Und welchen Platz nehmen die Lehramtsstudiengänge ein? Das kann eigentlich egal sein, denn warum sollten wir darüber nachdenken, existiert doch nicht einmal eine Lehrerbedarfsprognose, auf die sich die Unterrichtung zur Hochschulpolitik stützen könnte, und das, obwohl sie doch so wichtig ist, dass die Koalition in der Begründung zum Gesetzentwurf des Lehrerbildungsgesetzes 2011 betont, ich zitiere: „Die Lehrerbedarfsplanung ist Grundlage für die Verhandlungen mit den Hochschulen über Zielvereinbarungen und die Abstimmung der Hochschul

kapazitäten“, die mindestens den „Landesbedarf“ abdecken müssen. Ende des Zitats.

Und? Liegt Ihnen eine Lehrerbedarfsprognose vor?

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ist diese wichtige Information für die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer irgendwo in den Eckwerten zu finden, die nun wiederum die Grundlage für die Zielvereinbarungen sind?

Die Koalition verabschiedet heute Eckpunkte zur Hochschulpolitik der kommenden fünf Jahre, ohne ermessen zu können, ob sich ihre Pläne an den tatsächlichen Bedarfen und der notwendigen Schwerpunktsetzung vorbeientwickelt. Keine Lehrerbedarfsprognose, aber Aussagen über die Lehramtsausbildung. Aber vielleicht sind aus Sicht der Regierung überhaupt Prognosen sinnlos, wenn sie doch in den Eckwerten ratzfatz mal die Weltbevölkerung um 255 Millionen Menschen schrumpfen lässt. Ein Blick auf den Weltbevölkerungszähler hätte genügt, um festzustellen, dass derzeit auf der Erde nicht knapp 7 Milliarden Menschen leben, wie die Unterrichtung angibt, sondern 7,25 Milliarden Menschen. Wenn die Regierung schon bei derartigen Zahlenrecherchen so oberflächlich agiert, dann nähren sich meine Zweifel an den inhaltlichen Ausführungen.

(Marc Reinhardt, CDU: So, Simone, nun komm zum Punkt!)

Sehr geehrte Damen und Herren, auf den zweiten Punkt des Antrages möchte ich mit Auszügen der Pressemitteilung der Hochschulgruppe der Jusos an der Universität Rostock von Freitag vergangener Woche reagieren. Ich zitiere: „Neben der gestrigen gescheiterten Wiederwahl, wurde jüngst die von Schareck vorgeschlagene Einführung einer Verwaltungskostenpauschale für Studierende mit überwältigender Mehrheit vom Senat der Universität abgelehnt. Daneben ist die Umverteilung von Forschungsgeldern aus Drittmittel-Programmpauschalen in den Bereich der Verwaltung am universitätsinternen Widerstand, insbesondere aus den Fachbereichen der angewandten Wissenschaften, gescheitert. … Darüber hinaus wird innerhalb der Universitätsgremien die Rolle Scharecks in den Verhandlungen mit dem Bildungsministerium rund um den Bericht des Landesrechnungshofes und die Verteilung der sogenannten BAföG-Millionen immer offener in Frage gestellt. ,Für uns passt es nicht zusammen, dass noch im März von Schareck per Pressemitteilung behauptet wird, die Universität sei mit der Einigung mit dem Bildungsministerium für die nächsten Jahre auskömmlich finanziert, um nur Wochen später plötzlich Studierende mit Verwaltungsgebühren und Forschende mit der Umverteilung ihrer eingeworbenen Forschungsgelder zur Kasse zu bitten. Entweder war er sich der wahren finanziellen Lage der Universität in den Verhandlungen mit dem Bildungsministerium nicht bewusst oder er hat die Universitätsgremien und die Öffentlichkeit bewusst getäuscht. Beides ist absolut inakzeptabel.‘“ Ende des Zitats.

Wir werden heute weder die Eckwerte im Galopp durchwinken noch uns der Lobhudelei des zweiten Antragspunktes anschließen. Beides ist für uns absolut inakzeptabel.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Und das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Liskow von der Fraktion der CDU.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, der wird uns jetzt aber erzählen, wo der Verantwortliche wohnt.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, dass die Eckpunkte ein Vierteljahr später hier dem Parlament vorliegen. Das liegt aber nicht an dem Bildungsminister, sondern daran, dass die CDU-Fraktion darum gebeten hatte und es dementsprechend hier so im Parlament beschlossen worden ist. Grund war, dass damals der Bericht des Landesrechnungshofes zur Diskussion stand, ob die Hochschulen ausreichend finanziert sind und die BAföG-Millionen vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Wir wollten den Hochschulen die Möglichkeit geben, dieses in ihre Arbeit mit einfließen zu lassen und zu sagen, ob es bei den Eckwerten entsprechend berücksichtigt wird.

In Paragraf 15 Absatz 2 Landeshochschulgesetz ist geregelt, dass die Eckwerte aufzustellen sind und dem Parlament dann hier zur Beschlussfassung vorgelegt werden sollen. Der Bildungsminister legt sie hier vor. Aus diesen Eckwerten sollen die Zielvereinbarungen abgeschlossen werden. Meine Fraktion ist sich sicher, dass diese Eckwerte, die mit den Hochschulen abgestimmt worden sind und aus meiner Sicht entsprechend so gebilligt wurden von den Hochschulen, dem entsprechen, was wir für die nächsten fünf Jahre hier in MecklenburgVorpommern für die Hochschulen brauchen.

Es wurde noch eine kleine Änderung hier eingebracht. Frau Wippermann hat schon gesagt, dass im Bereich der Forschung in Kooperation mit dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, dem Friedrich-Loeffler-Institut, an der Uni Greifswald große Fortschritte gemacht wurden und diese Kooperation abgeschlossen ist. Dies solle hier entsprechend noch aufgenommen werden. Das haben wir mit diesem Antrag unterlegt, sodass wir diese Unterrichtung jederzeit beschließen können, weil sie aus unserer Sicht die Eckpunkte ausreichend belegt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber aus unserer Sicht nicht.)

Herr Liskow, Herr Saalfeld möchte eine Frage stellen. Lassen Sie dies zu?

Bitte, Herr Saalfeld.

Vielen Dank, Herr Liskow! Vielen Dank, Frau Präsidentin!

Da Sie gerade zu den Änderungsanträgen sprechen, frage ich Sie: Wie stehen Sie denn zum Änderungsantrag der GRÜNEN?

Oh, Herr Saalfeld, darauf wäre ich jetzt gleich gekommen. Sie haben in Ihrem Änderungsantrag gefordert, dass die Reduzierung der Personalausstattung auf keinen Fall weiter erfolgen soll und dass darüber hinaus Personaleinsparungen ausgenommen werden sollen. Sie wissen, dass es ein Personalentwicklungskonzept gibt, welches die Hochschulen mittragen. Ich denke, dass wir aus dieser Entwicklung nicht raus können und aus diesem Konzept nicht rauskommen,

sodass ich davon ausgehe, dass wir dem Antrag so nicht zustimmen können.

Lassen Sie eine weitere Nachfrage zu?

Ja, bitte.

Vielen Dank, Herr Liskow.

Ich möchte darauf hinweisen, dass der Änderungsantrag anders lautet, nämlich …

Bitte, Herr Saalfeld, Frage! Bitte eine Frage formulieren!

(Torsten Renz, CDU: Das muss doch mal geändert werden in der Geschäftsordnung.)

Herr Liskow, haben Sie gesehen, dass der Antrag der GRÜNEN explizit fordert, nach 2017 keine Personaleinsparungen mehr vorzunehmen, nämlich nach Ablauf des Personalkonzeptes? Das heißt, Sie sind bereits nach dem Personalkonzept und brauchen keine Sorge zu haben, dass man das frühzeitig verlassen müsse.

Also ich habe nicht gesehen, dass in den Eckpunkten vorgesehen ist, dass wir nach 2017 weitere Personaleinsparungen machen werden, die sind hier auch nicht geregelt in den Eckpunkten, sodass der Antrag aus meiner Sicht nicht notwendig ist und wir eben das denn auch ablehnen können.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja noch eine andere Aussage.)

Ja, Herr Saalfeld, damit haben wir Ihren Antrag hier auch gleich noch entsprechend mitbehandelt. Sie hätten auch keine Angst zu haben brauchen, ich wäre darauf eingegangen. Natürlich haben Sie jetzt eine speziellere Antwort gekriegt.

Ich denke, dass die Eckpunkte, die hier vorgelegt wurden durch den Bildungsminister, von den Fraktionen der SPD und CDU auch so mitgetragen werden und wir davon ausgehen können, dass wir entsprechende Zielvereinbarungen mit den Universitäten und Hochschulen genau, punktgenau abschließen können. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Gut, danke, Herr Liskow.

Und jetzt kann Herr Saalfeld ans Rednerpult. Sie haben das Wort. Herr Saalfeld ist von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst lassen Sie mich meine Verwunderung ausdrücken, dass zu einer Unterrichtung der Landesregierung die Landesregierung bisher schweigt. Ich hoffe, das ändert sich noch im Verlaufe der Aussprache.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Ja, definitiv.)

Dann möchte ich beginnen mit dem Zitat eines Satzes aus der Unterrichtung. Sie finden den Satz auf Seite 31, und der heißt: „Von der Politikwissenschaft an beiden Universitätsstandorten erwartet das Land Beiträge zur Weiterentwicklung der politischen Kultur und der Festigung demokratischen Geistes.“ Zitatende.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, das brauchen wir auch hier.)

Und das, was die Landesregierung hier von den politikwissenschaftlichen Instituten fordert, wünschte ich mir von der Landesregierung und der Koalition selbst, nämlich dass, wenn hier eine Unterrichtung, die nur alle fünf Jahre vorliegt und die die Hochschulplanung der nächsten fünf Jahre festschreibt, diese nicht durchs Parlament gepeitscht wird, sondern dass hier auch der entsprechende Raum gegeben wird,

(Egbert Liskow, CDU: Wer peitscht denn?)