Ich habe keinen Zweifel, mit der Totalverweigerung – und über nichts anderes reden wir in dem ganz konkreten Fall – werden Sie total scheitern. Die Vorratsdatenspeicherung, wenn auch in abgespeckter Form, wird kommen. Bundesregierung und Bundestag sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Und an dem Tag, an dem das neue Gesetz in Kraft tritt, wird nicht der Überwachungsstaat eingeleitet,
sondern unser Land wird in der Frage von Ermittlungen ein kleines Stück sicherer. Es wird aus diesem Grund auch ein Tag der Vernunft sein. Ich freue mich jedenfalls darauf und danke Ihnen für die geschätzte Aufmerksamkeit.
Von daher steht nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung diese Zeit den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen zusätzlich zur Verfügung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist kein neues Thema, aber ein aktuelles. Bekanntermaßen haben die Koalitionspartner in Mecklenburg-Vorpommern bei dieser Thematik unterschiedliche Auffassungen. Während sie von der CDU befürwortet wird, lehnt die SPD Mecklenburg-Vorpommern die Vorratsdatenspeicherung ab.
Vorratsdatenspeicherung – eine unendliche Geschichte. So könnte man jene Entwicklung bei der Gesetzgebung wie bei der Rechtsprechung auf deutscher und europäischer Ebene beschreiben. Der Bundestag hatte am 9. November 2007 das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG beschlossen, das am 1. Januar 2008 in Kraft getreten war. Die Diskussion fing damit an, dass das Bundesverfassungsgericht die in Deutschland geltende Regelung zur Vorratsdatenspeicherung im März 2010 für verfassungswidrig und die entsprechenden Vorschriften für nichtig erklärte. Dabei hält das Bundesverfassungsgericht eine Vorratsdatenspeicherung nicht grundsätzlich mit dem Grundgesetz für unvereinbar. Seitdem darf in Deutschland nicht mehr ohne Anlass auf Vorrat gespeichert werden, da eine Gesetzesgrundlage hierzu fehlt. Ausnahme: Die Anbieter von Internetdiensten dürfen die IP-Adressen ihrer Kunden für interne Zwecke bis zu sieben Tage lang speichern, da die Speicherung nicht der Strafverfolgung dient.
Sehr geehrte Damen und Herren, in Anbetracht des Urteils hat die SPD auf ihrem Bundesparteitag 2011 in
Nachdem die damals amtierende Bundesregierung die entsprechenden europäischen Richtlinien trotz mehrfacher Aufforderung nicht ins deutsche Recht übertrug, reichte die EU-Kommission Ende Mai 2012 Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ein.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde daher 2013 vereinbart, die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umzusetzen, um die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH zu vermeiden. Dabei sollte ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen.
Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem der Europäische Gerichtshof im April 2014 die umstrittene EURichtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt hatte, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas, dass kein Grund mehr bestehe, schnell einen Gesetzentwurf vorzulegen. Die EU-Kommission gelangte mittlerweile zu dem Entschluss, keinen weiteren Anlauf für die Erarbeitung einer entsprechenden Richtlinie nehmen zu wollen.
Seit März dieses Jahres wird in Deutschland wieder intensiv über eine Vorratsdatenspeicherung als Instrument zur Bekämpfung schwerer Kriminalität debattiert. Dabei hatte die SPD-Parteispitze klargestellt, dass es die Neuauflage einer solchen Regelung nur geben soll, wenn die Vorgaben des SPD-Parteitages 2011 berücksichtigt werden.
Am 15. April dieses Jahres hat der Bundesjustizminister Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vorgelegt. Danach sollen IP-Adressen und Verbindungsdaten zu Telefongesprächen höchstens zehn Wochen, Standortdaten bei Handygesprächen maximal vier Wochen gespeichert werden, Daten zum E-Mail-Verkehr dagegen gar nicht. Inhalte der Kommunikation sind nicht zur Speicherung vorgesehen. Die Behörden dürfen die Daten nur zur Verfolgung bestimmter schwerer Straftaten nutzen, etwa bei Terrorakten, Mord, Totschlag oder sexuellem Missbrauch. Der Abruf der Daten soll transparent sein. Wenn Angaben abgerufen werden, müssen die Betroffenen grundsätzlich darüber informiert werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, nichtsdestotrotz hat der SPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern auf seinem Parteitag am 25. und 26. April 2015 einen Antrag des Parteivorstandes beschlossen, mit dem die Vorratsdatenspeicherung abgelehnt wird. Da der Europäische Gerichtshof die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt hat, ist damit auch die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbarte Umsetzung der Richtlinie hinfällig. Durch den Wegfall der Richtlinie ist eine neue Situation eingetreten. Die Geschäftsgrundlage der entsprechenden Vereinbarung zur Umsetzung im Koalitionsvertrag ist entfallen. Auch Zwangsgelder drohen nicht mehr. Die Richtlinie kann man nicht mehr umsetzen, weil es die Richtlinie schlichtweg nicht mehr gibt.
Sehr geehrte Damen und Herren, warum haben also die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute die vorliegenden Anträge eingebracht? Da sowohl die Haltung der SPD in Mecklenburg-Vorpommern als auch die der Landes-CDU bekannt ist, kann sich die Antwort jeder denken. Es wird Sie daher nicht verwundern, dass die SPD-Fraktion bei sehr viel Sympathie für die Inhalte, aber starken Zweifeln an der taktischen Zielrichtung beide Anträge ablehnen wird.
Selbst wenn wir zuständig wären, aufgrund dieses SPDStandpunktes wäre aus Mecklenburg-Vorpommern also im Bundesrat allenfalls eine Enthaltung möglich gewesen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Immer wenn sich die LINKEN gegen Überwachung starkmachen, frage ich mich, ob die genannten Gründe ernst gemeint sind oder ob das einfach nur eine neidische Reaktion ist, weil Genosse Mielke diese Möglichkeiten der totalen Kontrolle nicht mehr hatte.
Als NPD lehnen wir die anlasslose Massenüberwachung ab. Die Vorratsdatenspeicherung stellt eine massive Grundrechtsverletzung der gesamten Bevölkerung dar. Ein Nachweis ihrer Notwendigkeit konnte bis heute nicht erbracht werden. Stattdessen argumentieren Befürworter seit Jahren immer wieder mit emotionalen Einzelfällen, in denen die Vorratsdatenspeicherung angeblich hätte helfen können. Die Vorratsdatenspeicherung ist über die Maßen ungeeignet, Straftaten zu
verhindern. Stattdessen macht die anlasslose Über- wachung jeden zu einem potenziellen Terroristen oder einem schweren Straftäter.
Sie hier, und gerade die Vertreter von SPD und CDU, werden nicht müde, sich als Bewahrer und Kämpfer für die Demokratie aufzuspielen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sind wir ja auch. – Gelächter bei Udo Pastörs, NPD – Michael Andrejewski, NPD: Einbildung ist auch eine Bildung.)
Und darum will ich Ihnen noch mal Folgendes mit auf den Weg geben, das bringt es auf den Punkt, nachzulesen auch auf Wikipedia: „Wer weiß, dass sein Kommunikationsverhalten protokolliert wird und“ dass es „u. U. später gegen ihn verwendet werden könnte, der wird darauf achten, nicht unangenehm aufzufallen, sondern stattdessen die ‚Schere im Kopf‘ ansetzen. … Wer auch nur befürchte, dass jedes Telefonat, jeder Besuch im Internet, jede Äußerung in Chatrooms von der Wirtschaft oder vom Staat mitgehört oder mitgelesen werden könne, passe sich oft den jeweils gängigen Meinungen an – vielleicht nur aus Angst, ein späterer potenzieller Arbeitgeber könne etwas nachlesen. Demokratie funktioniert aber nur … ‚indem wir selber uns immer trauen, unsere Meinung zu sagen“
(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Heiterkeit bei Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der redet hier im Ernst von Demokratie. Ich glaube es nicht! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
„‚und zwar die, die wir wirklich glauben und nicht die, von der wir glauben, dass sie Andere hören wollen, um dafür dann kleine Vorteile zu kriegen.‘ … Gerade diese Freiheit, seine Meinung frei und ohne Angst vor Repressalien äußern zu können“,