Protocol of the Session on June 4, 2015

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Ich finde es auch ganz schwierig zu sagen, na gut, wir einigen uns darauf, dass die Universitäten ab sofort 97 Prozent des Personalstellenplans ausfinanziert bekommen, die Fachhochschulen 98 Prozent und die Hochschule für Musik und Theater 100 Prozent. Erklären Sie mir mal, warum Sie die Hochschulen nicht gleich behandeln! Was unterscheidet eigentlich diese Hochschulen?

(Egbert Liskow, CDU: Die Größe.)

Warum sollen Hochschularten unterschiedliche Ausfinanzierungsgrade bekommen? Das ist doch nicht erklärbar.

(Egbert Liskow, CDU: Doch.)

Das verstößt auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Warum sollten denn an einer Universität aus Prinzip mehr Stellen unbesetzt bleiben als an einer Fachhochschule? Erklären Sie mir das mal! Das ist unplausibel, unschlüssig und einfach nicht auflösbar, dieser Widerspruch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde es auch problematisch, wenn der Minister sich hier hinstellt und sagt, dass die Haushaltsanmeldung der Universitäten – ich zitiere – von „Fantasie“ und „Wunschdenken“ zu Beginn geprägt gewesen sei. Also, entschuldigen Sie, die Kanzler der Universitäten und Fachhochschulen sind nicht der Hochschulleitung unterstellt, sondern direkt dem Bildungsminister. Das sind sozusagen Beamte in den Hochschulen des Bildungsministeriums. Dass er denen unterstellt, sie würden einfach irgendwelche Fantasiezahlen beantragen, das finde ich schon ein starkes Stück und das finde ich auch ungehörig. Denn es gehört sich einfach nicht, dies den Menschen zu unterstellen, die einen klaren Arbeitsauftrag, auch vom Bildungsministerium, haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe das alles mal zusammengerechnet: 19,2 Millionen Euro stehen aus den BAföG-Mitteln zur Verfügung. Für die Stellen im Bildungsministerium, für die Pensionslastenablöse, für die W-Besoldungsanpassung, also für die Anpassung der Professorengehälter, die durch ein Gerichtsurteil nötig wurde, durch die Bauunterhaltsanpassung und durch die Erhöhung des Ausfinanzierungsgrades fallen etwa 12,8 Millionen Euro von diesen 19,2 Millionen Euro schon mal weg. Zwei Drittel dieses Geldes aus den BAföG-Mitteln nimmt das Land, um gesetzliche Aufgaben zu finanzieren. Und der Bund hat zu Beginn ganz klar gesagt, ihr sollt dieses Geld zusätzlich in die Bildung setzen und damit nicht irgendwelche Lücken stopfen,

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

die ihr seit Jahren mit euch herumschleppt.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier sehe ich auch für die Zukunft, dass nachjustiert werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auf weitere hier vorgetragene Argumente eingehen. Der Minister erklärte, dass durch den Landesrechnungshofbericht und die von ihm vorgetragene Modellrechnung der Finanzbedarf der Hochschulen erstmals transparent ermittelt worden sei. Falsch! Es wurde überhaupt kein Finanzbedarf ermittelt, sondern es wurde ausschließlich verglichen. Da wurden teilweise Äpfel mit Birnen verglichen und das ist unverständlich.

Denn der Landesrechnungshof hatte eine ganz klare Aufgabenbeschreibung, nämlich, ob die den Hochschulen zur Verfügung stehenden Finanzmittel ausreichen, um sie in die Lage zu versetzen, ihre in den derzeitigen Strukturen bestehenden Aufgaben in Lehre und Forschung zu erfüllen. Dazu wäre eine betriebswirtschaftliche Analyse der Hochschulen notwendig gewesen. Was hat der Landesrechnungshof gemacht? Er hat sie nicht gemacht. Er hat eine finanzstatistische Analyse vorgenommen. Er hat Hochschulen miteinander verglichen und er hat alles in einen Topf gerührt. Er hat sozusagen die Aufgaben nicht erfüllt.

Wenn Studierende eine Aufgabe kriegen und sie schreiben irgendwas in der Klausur oder in einer Hausarbeit, nur nicht zum Thema und zu der Aufgabe, dann gibt man normalerweise das Werk zurück, schreibt eine „Sechs“ darunter oder „Null Punkte“, je nachdem, in welchem Bewertungssystem man ist, und sagt, vor allem kriegst du dafür keine Bewertung und keinen Leistungsausgleich, du kriegst dafür kein Geld. Leider haben die beauftragten Institute des Landesrechnungshofes über 100.000 Euro für ihr Auftragswerk bekommen. Ich finde das teilweise sehr schade.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch mal diese Probleme des finanzstatistischen Vergleichs ansprechen. Was haben der Landesrechnungshof und das ifo Institut gemacht? Sie haben die großen Hochschulmedizinen mit in den Topf geworfen und haben dann festgestellt, in Mecklenburg-Vorpommern wird im Durchschnitt sehr viel Geld pro Studienplatz im Vergleich zu anderen Bundesländern ausgegeben. Seit Jahrzehnten werden aber in der Finanzstatistik die Hochschulmedizin, weil sie sehr teuer ist, und der nicht medizinische Bereich an den Hochschulen getrennt betrachtet, und zwar nicht ohne Grund, sondern weil es sonst Verfälschungen gibt.

In Mecklenburg-Vorpommern stellten das Land beziehungsweise der Landesrechnungshof fest, das Geld ist sozusagen vergleichbar mit anderen Hochschulen. Ja, aber zulasten des nicht medizinischen Bereichs, weil wir eben hier unverhältnismäßig viele medizinische Studienplätze haben. Das finde ich gut, dass wir die haben, dazu hat sich das Land Anfang der 90er-Jahre bekannt und dafür entschieden. Dann müssen wir diese Aufgaben auch ausfinanzieren und nicht irgendwann nach 20 Jahren sagen, na ja, dann blutet der nicht medizinische Bereich dafür aus. Das finde ich schade.

Wissen Sie, es gibt diesen schönen Satz: Im Durchschnitt war der Teich einen halben Meter tief, trotzdem ist

die Kuh ertrunken. Genau das passt zu dem Landesrechnungshofbericht. Der sagt, im Durchschnitt haben die Hochschulen genügend Geld bekommen, aber wenn man sich die einzelnen Fachbereiche anschaut, hat keiner überdurchschnittlich viel Geld. Die Medizin ist nämlich auch unterdurchschnittlich finanziert im Vergleich zu anderen Bundesländern, sie ist bloß überproportional vertreten. Und die nicht medizinischen Bereiche sind auch unterfinanziert, wenn man sich das im Einzelnen anschaut. Zum Schluss kommt der Landesrechnungshof zu seiner Erkenntnis, im Durchschnitt ist das zwar vergleichbar, aber im Durschnitt haben andere Hochschulen nicht so viele Medizinstudienplätze.

Einen Punkt will ich auch noch mal ganz klar ansprechen. Das fand ich vom Landesrechnungshof eine ziemlich starke Nummer. Er hat nämlich gesagt, wir orientieren uns mal an der Empfehlung des Landesrechnungshofes aus Schleswig-Holstein bezüglich des Ausfinanzierungsgrades, und der hätte empfohlen, 96 Prozent für Universitäten. Wir haben das recherchiert, wir haben den Landesrechnungshof angeschrieben, woher er diese Zahlen hat. Es gibt diese Empfehlung des Landesrechnungshofes SchleswigHolstein einfach nicht.

Es gibt eine Feststellung, dass in Schleswig-Holstein zum damaligen Zeitpunkt der Ausfinanzierungsgrad bei 96 Prozent lag. Aber der Landesrechnungshof hat nicht gesagt, ob das gut oder schlecht war in SchleswigHolstein, er hat das nur festgestellt. Übrigens hat er für die Fachhochschulen festgestellt, dass der Ausfinanzierungsgrad dort bei 89 Prozent lag. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das gut gefunden hat. Also ich finde, das ist eine ziemlich starke Nummer, daraus einen Schluss zu ziehen und zu sagen, ja, dann darf das in Mecklenburg-Vorpommern auch nicht anders sein. Ich finde, das war ein unfaires Spiel, auch vom Landesrechnungshof. Das muss so noch mal klar gesagt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Minister hat erklärt, alle sind zufrieden, die Hochschulen haben doch zugestimmt, was will denn eigentlich die Opposition. Ich kann Ihnen sagen, warum die Hochschulen zugestimmt haben. Ich habe lange gebraucht, um dahinterzukommen. In den Verhandlungen mit den Hochschulleitungen hat der Minister gesagt, entweder wir verhandeln hier und einigen uns zum Schluss einvernehmlich, und zwar so, wie er sich das vorstellt, oder aber der Vorschlag des Landesrechnungshofes wird eins zu eins umgesetzt. Da haben die Hochschulen natürlich gesagt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hört sich aber bei Herrn Schareck ganz anders an.)

um Gottes Willen, der Landesrechnungshof will uns ja kaum etwas in die Grundfinanzierung schieben, das wollen wir nicht. Also haben sie angefangen zu verhandeln, um sozusagen wenigstens den Spatz in der Hand zu haben anstatt die Taube auf dem Dach. Das kann ich irgendwo menschlich nachvollziehen. Aber sich dann dreist hinzustellen und zu sagen, die Hochschulen finden das doch ganz dufte, das finde ich ein bisschen weit hergeholt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist, wie Frau Rösler es schon angesprochen hat, fragwürdig, inwiefern die Realität vor Ort und die Behauptungen hier im Plenarsaal von der Koalition zusammenpassen. Denn momentan reaktivieren und aktivieren die Hochschulen

tatsächlich die letzten Reserven, die sie haben. Die Universität Rostock überlegt, Verwaltungsgebühren einzuführen. Dies wurde zum Glück gestern vom Senat abgelehnt. Das finde ich sehr gut und ich bedanke mich auch bei der Studierendenvertretung für ihr Engagement. Bei der Universität Greifswald sieht es noch dramatischer aus, es sollen Studiengänge geschlossen werden.

Der Minister setzt jetzt den Hochschulen die Pistole auf die Brust, dass die Overheadpauschalen zum Teil nicht mehr an die Institute fließen, sondern eins zu eins – das sind 20 Prozent bei der DFG bei den Drittmitteln – an die Hochschulen fließen, damit die dort ihre Aufgaben finanzieren können. Irgendwie passt das alles nicht zusammen, was gerade vor Ort abläuft und was hier im Plenarsaal von der Koalition behauptet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich das noch mal zusammenfassen: Die BAföG-Mittel sind zu zwei Dritteln zweckentfremdet worden. Sie wurden nicht dafür eingesetzt, um die Hochschulen zu stärken, sondern um den Landeshaushalt zu entlasten. Damit haben wir eine ganz große Chance vertan, unsere Hochschulen im nationalen und internationalen Wettbewerb nach vorne zu bringen und zu stärken. Ich finde das schade.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Minister erklärte, dass nach 18-monatiger Diskussion nun die Debatte um die Finanzen beendet sei. Ich sehe das nicht so. Ich habe seit März rund 50 Professoren an ihren Lehrstühlen besucht. Alle haben Probleme, alle wissen nicht mehr, wie man sozusagen die Arbeit fortsetzen kann, wie die Mittel ausreichen sollen. Ich sehe diese Debatte noch lange nicht als beendet. Wir werden das weiterhin begleiten. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Saalfeld.

Ums Wort gebeten hat jetzt noch einmal der Bildungsminister Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Saalfeld! Erstens eine Anregung: Wenn Sie in die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern schauen, dann werden Sie dort finden, dass der Landesrechnungshof verankert ist. Er ist eine Behörde mit Verfassungsrang. Der Präsident wird mit Zweidrittelmehrheit vom Parlament gewählt und der Hof hat die Aufgabe, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren und dem Parlament als Unterstützung für die Kontrollarbeit des Parlaments gegenüber der Regierung Arbeitsmaterial zu geben. Ich habe die Anregung, dass Sie bei der Art und Weise, wie Sie hier den Hof öffentlich attackieren, mal darüber nachdenken, ob das die richtigen Worte sind

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

angesichts der Tatsache, dass es sich um eine Institution mit Verfassungsrang handelt.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Landesregierung ist auch eine Institution mit Verfassungsrang.)

Ob man in der Sache mit dem Hof einer Meinung sein muss, ist eine andere Frage. Aber wenn Sie sich Ihre Worte noch mal ansehen,

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

könnte man das für respektlos halten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nicht so aufgeregt, Herr Saalfeld! – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Sie haben die Frage gestellt, warum es unterschiedliche Ausfinanzierungsgrade der Hochschulen gibt. Gegenfrage: Ist Ihnen nicht bekannt, Herr Saalfeld …

(Der Abgeordnete Johannes Saalfeld bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Es gibt eine Anfrage. Herr Minister, möchten Sie die Frage zulassen?

Ja, das ist mir ein großes Vergnügen.

Bitte schön, Herr Saalfeld.

(Der Abgeordnete Johannes Saalfeld spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

Moment! So, jetzt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.