Protocol of the Session on June 3, 2015

Meine Damen und Herren, durch das Erreichen des Quorums haben sich der Landtag und der Europa- und Rechtsausschuss erneut mit dem Thema Gerichtsstrukturreform beschäftigt und eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen am 15. April 2015 durchgeführt. Gegenüber den Angaben und Stellungnahmen der Sachverständigen in den vorangegangenen Anhörungen sind aber bei dieser Anhörung zum Volksbegehren nach meiner Auffassung keine neuen Argumente vorgetragen worden, bereits Gesagtes wurde wiederholt.

Neu war in der Tat, dass von konkreten Umsetzungsschwierigkeiten berichtet wurde, die sich aus dem Vollzug der praktischen Umsetzung ergaben. Diese Hinweise wurden natürlich aufgenommen, denn Sie wissen genauso gut wie ich, dass bei der Anhörung auch das Justizministerium anwesend war und fleißig mitgeschrieben hat, wie man weiß. Daran wird natürlich gearbeitet, um bei den weiteren Umsetzungsschritten diese Schwierigkeiten zu vermeiden.

An dieser Stelle würde ich gerne mal auf Folgendes eingehen: Frau Borchardt – ach, da ist sie – und auch Herr Suhr haben ja Herrn Burgdorf, den Amtsgerichtsdirektor aus Pasewalk, mehrfach zitiert. Mein Eindruck ist allerdings komischerweise ein bisschen anders gewesen. Ich habe das auch während der Anhörung teilweise zum Ausdruck gebracht. Was, meine Damen und Herren, hat sich für ihn geändert? Für Ueckermünde war er bereits drei Jahre zuständig. Er hat weder weniger Personal noch hat er mehr Aufgaben.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Der hat mehr Aufgaben.)

Das Einzige, was sich geändert hat, ist, dass das Personal von Ueckermünde nach Pasewalk umgezogen ist, oder teilweise nach Anklam. Und er hat Anklam jetzt als Zweigstelle.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sind das nicht mehr Aufgaben?)

Das Amtsgericht Pasewalk ist somit meiner Ansicht nach gestärkt worden. Und was Herr Burgdorf dort gemacht hat, war, gelinde gesagt, eine Jammerei auf sehr hohem Niveau. Das war meine Empfindung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Als Fazit aus der im April erfolgten Anhörung konnte deshalb nur festgestellt werden, dass es inhaltlich keine neuen Argumente gab, die quasi eine Rückabwicklung der Reform notwendig machen würden. Es sprechen immer noch die vom Landtag bereits im Rahmen des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes berücksichtigten Gründe für die Durchführung der beschlossenen Reform.

Natürlich möchte ich auch kurz auf das Urteil des OVG von gestern eingehen, das sich überhaupt nicht gegen das Gerichtstrukturneuordnungsgesetz gewandt hat, es nicht gerügt hat. Hier ist aber schon mehrfach gesagt worden, sowohl von der Justizministerin als auch von Frau Drese, das Gesetz hat in vollem Umfang Bestand, ohne Wenn und Aber, ohne jeglichen Abstrich,

(Heinz Müller, SPD: So ist es. – Vincent Kokert, CDU: Mit den Zweigstellen übrigens.)

mit den Zweigstellen und mit der Berechtigung.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Das Gesetz ist eindeutig auch darin bestätigt worden, dass das Justizministerium, also die Justizverwaltung eine Zweigstellenverordnung erlassen darf. Lediglich – und das möchte ich auch noch mal an dieser Stelle betonen – sind einige Inhalte der Zweigstellenverordnung angesprochen worden.

Und, Herr Suhr, Frau Borchardt, es ist schon merkwürdig, was Sie hier prognostizieren, was also …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Weissagen!)

Sie haben die Urteilsbegründung überhaupt noch nicht gelesen.

(Heinz Müller, SPD: Das brauchen sie nicht, die können das so.)

Keiner kennt sie, jedenfalls schriftlich nicht. Es ist eine mündliche, kurze Urteilsbegründung gegeben worden. Und Sie wissen genauso gut wie ich, dass man sich die Urteilsbegründung zunächst mal sehr sorgfältig durchlesen wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die haben alle eine Glaskugel im Zimmer.)

Und Sie können sicher sein, dass die Justizministerin dann umgehend handeln wird und entweder die Verordnung in den entsprechenden Punkten anpassen wird, oder aber die zweite Möglichkeit der Revision – das ist auch ganz klar und deutlich –, die Revision am Bundesverwaltungsgericht ist zugelassen. Möglicherweise geht sie diesen Weg, das müssen wir schlicht und ergreifend abwarten.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist aber das Argument, dass wir die Entscheidung heut noch mal um 18 Monate verschieben. – Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Ah ja, Frau Berger, das haben wir ja nun schon mehrmals erlebt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Um 18 Monate?!)

dann waren es zwei Jahre, dann wieder zwei Jahre und jedes Mal wieder neu.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das muss auch nicht noch mal diskutiert werden.)

Was ändert das? Es ändert eigentlich gar nichts an den Tatsachen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn Sie nicht zustimmen, können wir es nicht ändern.)

Der Europa- und Rechtsausschuss hat sich deshalb mehrheitlich entschlossen, dem Landtag zu empfehlen, den vorliegenden Gesetzentwurf des Volksbegehrens abzulehnen. Gleichzeitig wurde mehrheitlich einer Entschließung im Europa- und Rechtsausschuss zugestimmt, in welcher noch einmal entsprechend den Vorgaben des Volksabstimmungsgesetzes in bündiger und sachlicher Form durch den Landtag seine Auffassung zum Gesetzentwurf dargelegt wird. Diese soll zusammen mit dem Gesetzentwurf der Antragsteller des Volksbegehrens im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern bekannt gemacht werden.

Zu Ihrem Änderungsantrag, verehrte Damen und Herren der Opposition, das hat uns ja im Europa- und Rechtsausschuss schon einmal vorgelegen: Also die Mitglieder des Ausschusses kennen diesen Antrag natürlich. Sie wissen auch, warum wir uns da nicht einigen konnten. Wir haben Ihnen ein Angebot gemacht in der Sitzung, darauf sind Sie nicht eingegangen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Na, dann nennen Sie mal das Angebot, das tolle!)

Dann können Sie sich auch selbst ausrechnen, wie wir mit dem Änderungsantrag umgehen. Das ist wahrscheinlich genauso wie im Ausschuss auch.

Dazu konnten wir heute schon den Vorwurf der Opposition hören, dass in der Entschließung nicht alle Argumente des Landtages enthalten sind, insbesondere die Auffassungen der Opposition nicht dargestellt werden. Wir haben auch schon die Begriffe „Minderheitenrechte“ und „Chancengleichheit“ von der Opposition gehört.

Aus unserer Landesverfassung allerdings, meine Damen und Herren, ergeben sich aber keine qualifizierten Minderheitenrechte für die Opposition bei den regulären parlamentarischen Fragen. Das wissen Sie genauso gut wie ich auch. Lediglich bei Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen werden nach der Landesverfassung der Opposition eigene Rechte zur Durchsetzung bestimmter Punkte eingeräumt.

Eine vergleichbare Regelung gibt es für Entschließungen in den Ausschüssen nicht. Und wie gesagt, das Angebot, was wir Ihnen gemacht haben von SPD und CDU, haben Sie auch dazu nicht angenommen. Auch aus dem Volksabstimmungsgesetz lässt sich ein solcher Anspruch der Opposition nicht entnehmen. Im Übrigen hätte die Aufnahme der Ausführung der Opposition zu der Entschließung des Ausschusses zur Folge, dass der gesetzlich geforderte Rahmen einer Stellungnahme in bündiger und sachlicher Form gesprengt wird.

Meine Damen und Herren, die Koalition wird dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens daher nicht zustimmen, sondern der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses folgen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt.

(Torsten Renz, CDU: Ist doch alles gesagt.)

Ach, Herr Renz, wissen Sie …!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das müssen Sie uns doch sozusagen überlassen. Ich will noch mal einiges sagen zur OVG-Entscheidung vom gestrigen Tag:

(Heinz Müller, SPD: Na, dann machen Sie mal!)

Sowohl Herr Suhr als auch ich haben deutlich gemacht, dass der Gesetzentwurf an sich nicht infrage gestellt wird. Das ist unstrittig,

(Heinz Müller, SPD: Aha! – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

aber – und darauf kommt es an – eine Säule Ihrer Reform ist die Zweigstellenlösung,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist die relevante.)

und das ist die relevante.

(Vincent Kokert, CDU: Und die steht im Gesetz.)

Damit wollen Sie die Anzahl der Richterinnen und Richter, nämlich die zehn, die auch noch nicht da sind, vom Prinzip her erreichen. Damit wollen Sie erreichen, dass die Standorte gehalten werden auf Dauer

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

und vieles andere mehr.