eine Prüfung von Alternativen zu den umfangreichen Standortschließungen durch die Landesregierung erarbeitet und schließlich durch den Landtag beschlossen worden sei.
Die Gerichtsstrukturreform ist seit über drei Jahren Gegenstand intensiver Beratungen bei uns im Ausschuss. Im Plenum haben wir uns, wie Sie wissen, bereits mehrfach mit der Reform auseinandergesetzt, zunächst im Zusammenhang mit der Volksinitiative für den Erhalt einer bürgernahen Gerichtsstruktur in MecklenburgVorpommern im Jahr 2012 und dann im Zuge der Beratung zum Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz. Und auch nach der Verabschiedung und dem Inkrafttreten des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes hat der Europa- und Rechtsausschuss das Thema begleitet und sich von der Justizministerin immer wieder über den Stand der Umsetzung der Reform unterrichten lassen, zuletzt im Rahmen unserer 81. Sitzung am 25. März. Hier im Plenum haben wir außerdem immer wieder Vorlagen der Opposition diskutiert, mit denen diese versucht, die Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes mit Blick auf die parallel stattfindende Unterschriftensammlung zu verschieben.
Im Kern der aktuellen Beratung im Ausschuss stand eine öffentliche Anhörung. Die Mitglieder hatten sich verständigt, alle Vertreter des Volksbegehrens in den Ausschuss einzuladen und außerdem elf weitere Sachverständige anzuhören. Wir haben am 25. März und am 15. April mit zwei Vertretern der Antragsteller und sieben Sachverständigen diskutiert. Schriftlich haben außerdem ein weiterer Vertreter des Volksbegehrens und zwei Sachverständige Stellung genommen. Ich möchte mich im Namen des gesamten Europa- und Rechtsausschusses bei den Vertretern des Volksbegehrens und den Sachverständigen für ihre mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen bedanken.
Mein Eindruck bei der Anhörung war, dass unter allen Anzuhörenden, auch unter den Vertretern des Volksbegehrens, Einigkeit darüber bestand, dass die Justiz des Landes reformbedürftig ist. Es bestand außerdem Einigkeit, dass die durch die Gerichtsstrukturreform vorgenommenen Änderungen im Bereich der Arbeits- und Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Praxis weitestgehend akzeptiert sind. Im Mittelpunkt der Anhörung stand selbstverständlich die Amtsgerichtsstrukturreform. Mit den dazu vorgetragenen Argumenten hat sich der Ausschuss schon in den vergangenen Beratungen ausführlich auseinandergesetzt. Inhaltlich war es insofern im Wesentlichen nichts Neues. Nicht zuletzt waren uns auch einige der Sachverständigen und alle Vertreter des Volksbegehrens aus vorherigen Beratungen bekannt. Ich möchte in Bezug auf die ausgetauschten Argumente für und gegen die Gerichtsstrukturreform auf meinen schriftlichen Bericht verweisen.
Die Fraktionen waren sich im Übrigen darin einig, dass die inhaltliche Diskussion zur Gerichtsstrukturreform bereits geführt worden ist. Daher nur so viel an dieser Stelle: Bei der Anhörung ging es insbesondere um die Themen Bürgernähe, Zweigstellen, Spezialisierung,
Vertretungsmöglichkeiten und Einsparungen, zu den jeweils gegenteiligen Auffassungen, die dort vertreten worden sind. Vonseiten der Vertreter des Volksbegehrens wurden keine alternativen Reformvorschläge unterbreitet, weil, so die Argumentation, dies im Rahmen des Gesetzentwurfes praktisch nicht möglich gewesen sei.
Im Rahmen der Anhörung ging es neben den erwähnten Themenbereichen auch um die Folgen eines möglichen Inkrafttretens des Gesetzentwurfes des Volksbegehrens und dabei insbesondere um die Frage, ob es möglich ist, den Gesetzentwurf des Volksbegehrens zu ändern. Hier vertraten einige Sachverständige die Auffassung, dass der Landtag in den Gesetzentwurf des Volksbegehrens Übergangsvorschriften aufnehmen könne, denn die Annahme des Gesetzentwurfes des Volksbegehrens hätte zur Folge, dass am Tag nach dessen Inkrafttreten der ursprüngliche Zustand vor der Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes wieder gelten würde mit praktisch nur schwer zu bewältigenden Konsequenzen, nämlich, dass alle geschlossenen Gerichte von einem auf den anderen Tag geöffnet werden müssten mit allen damit zusammenhängenden Folgen.
Rechtlich ist es dem Landtag aber nicht erlaubt, den Gesetzentwurf des Volksbegehrens in sachlich veränderter Form anzunehmen. Das ist dem Wortlaut des Artikels 60 Absatz 3 Satz 1 der Verfassung unseres Landes zu entnehmen. Danach darf der Landtag das Volksbegehren sachlich nicht ändern. Unmittelbar im Anschluss an die Anhörung hat der Europa- und Rechtsausschuss eine Auswertungssitzung anberaumt und außerdem hat sich Frau Justizministerin schriftlich zur Anhörung geäußert.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beratung im Ausschuss sowie die Auswertung der Beratung und des schriftlichen Materials in den Fraktionen haben zur Erarbeitung der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung geführt. Dabei wurde auch die Empfehlung unseres Mitberaters berücksichtigt. Der mitberatende Finanzausschuss hat uns mehrheitlich empfohlen, den Gesetzentwurf des Volksbegehrens abzulehnen sowie eine Entschließung anzunehmen, mit der festgestellt wird, dass es keine neuen Sachverhalte gibt, die eine Änderung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes erforderlich machen.
Unsere Beschlussempfehlung hat also zwei Teile und besteht aus den mehrheitlich verabschiedeten Empfehlungen, erstens den Gesetzentwurf des Volksbegehrens abzulehnen sowie zweitens einer Entschließung zuzustimmen. Der von der Fraktion der CDU und der SPD zur abschließenden Ausschussberatung eingebrachte Entschließungsantrag stellt eine kurze Begründung der Mehrheitsauffassung des Ausschusses dar. Mit der Entschließung wird erklärt, warum die beschlossene Neuordnung der Gerichtsstruktur erforderlich ist und warum die begonnene Reform weiterzuführen ist. Die Entschließung soll im Falle der Durchführung eines Volksentscheides als Auffassung des Landtages gemäß Artikel 60 Absatz 3 Satz 1 der Verfassung in Verbindung mit Paragraf 19 Absatz 1 Satz 2 des Volksabstimmungsgesetzes im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern bekannt gemacht werden.
Um diesen Entschließungsantrag ging es in der sehr kontrovers geführten Diskussion in der abschließenden Beratung im Ausschuss. Die Fraktionen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und DIE LINKE hatten beantragt, die Entschließung so zu ändern, dass deutlich wird, dass sie die Ansicht der Mehrheit des Ausschusses ist. Sie hatten außerdem beantragt, die Entschließung im eigenen Text zu ergänzen, der die Ansicht der demokratischen Opposition auf Ablehnung der Gerichtsstrukturreform verdeutlicht. Dieser Antrag fand keine Mehrheit im Ausschuss.
Insbesondere der letztgenannte Änderungsantrag war den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE sehr wichtig. Es wurde begründet, dass es darum gehe, die Bürgerinnen und Bürger über die Argrumente der Opposition gegen die Gerichtsstrukturreform zu informieren. In anderen Bundesländern gebe es hierzu Regelungen, wonach die Abstimmungsberechtigten vor der Abstimmung zu gleichen Teilen über die Pro- und Kontraargumente informiert würden. Die Landesregierung und unser Landtag sollten auch ohne eine solche entsprechende gesetzliche Verpflichtung die Argumente gegen die Gerichtsstrukturreform im Amtsblatt aufführen.
Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE warben für ihr Anliegen, ihre Argumentation gegen die Gerichtsstruktur mit in den Entschließungstext aufzunehmen. Die Koalitionsfraktionen betonten, dass das Volksabstimmungsgesetz die Veröffentlichung des Minderheitenvotums nicht vorsehe. Insofern waren die Auffassungen sehr konträr. Trotz der hitzigen Diskussion herrschte Einigkeit darin, dass eine Änderung des Volksabstimmungsgesetzes erwogen werden könnte, dass jedoch eine solche Diskussion an einer anderen Stelle zu führen ist.
Bevor ich zum Schluss komme, gestatten Sie mir noch zwei Anmerkungen zu den aktuellen Geschehnissen im OVG in Greifswald, wobei ich mich in der Sache nicht vertieft äußern möchte. Das kann ich auch schon deshalb nicht, weil die gestrige Entscheidung noch gar nicht schriftlich vorliegt und außerdem nicht rechtskräftig ist. Ich sehe aber auch, dass das für andere anders zu sein scheint, und vermute, dass wir in der Aussprache dazu noch eine Menge hören werden. An dieser Stelle nur so viel: Ich finde es schon erstaunlich, wie unterschiedlich die Reaktionen auf eine nicht mit Gründen vorliegende und nicht rechtskräftige Entscheidung zu zwei einzelnen Paragrafen einer Rechtsverordnung ausfallen können.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist jetzt aber nicht die Meinung des Ausschusses, die hier vorgetragen wird.)
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Seien Sie doch nicht so hochempfindlich! – Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat mit Empfindlichkeit nichts zu tun.)
das reicht von, ich zitiere: „Gerichtsstrukturreform“ fällt „zusammen wie ein Kartenhaus“ bis hin zu „Keine Bedenken des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg
Vorpommern gegen Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz, Gericht bestätigt Befugnis des Justizministeriums zum Erlass der Zweigstellenverordnung“, Ende der Zitate – schon bemerkenswert, Herr Kollege Ritter. Mindestens ebenso bemerkenswert – und hier möchte ich den Greifswalder Akteuren ein Kompliment machen – ist das Timing unseres Oberverwaltungsgerichtes, direkt am Vortag der Schlussabstimmung über das Volksbegehren im Landtag ein Urteil zu sprechen – Kompliment an die Kollegen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist jetzt eine persönliche Stellungnahme und nicht die Meinung des Ausschusses.)
So, nun komme ich zum Schluss meiner Ausführungen. Ich bitte Sie im Namen der Mehrheit des Europa- und Rechtsausschusses um Ihre Zustimmung zu Ziffer I der Beschlussempfehlung, die Ablehnung des Gesetzentwurfes des Volksbegehrens, sowie um Ihre Zustimmung zu der Entschließung unter Ziffer II. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Vincent Kokert, CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Es wird endlich mal ein deutliches Wort gesprochen. Sehr schön! – Vincent Kokert, CDU: Man ist ja auch kein Neutron, wenn man da vorne steht.)
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich nicht vor, heute in dieser Sache das Wort zu ergreifen. Ich denke, wir haben die Gerichtsstrukturreform in diesem Hohen Hause so oft und so eingehend diskutiert, dass man wirklich sagen kann, die Argumente sind ausgetauscht. Die mediale Berichterstattung über die gestrige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald zur Zweigstellenverordnung veranlasst mich aber, hier heute einiges klarzustellen.
Die Zweigstellen sind gesetzlich geregelt, daran ändert sich gar nichts, also auch nicht an deren gesetzlicher Bestandsgarantie. Das Gericht hat auch betont, dass die im Gesetz enthaltene Verordnungsermächtigung zum Erlass einer Zweigstellenverordnung nicht zu beanstanden sei. Das heißt, das Justizministerium ist ermächtigt, in einer Verordnung die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Zweigstellen zu regeln. Lediglich die konkrete Ausgestaltung der Frage, wie darüber zu entscheiden sei, welche Aufgaben in der Zweigstelle wahrzunehmen sind, ist nach Auffassung des Gerichtes nicht in Ordnung. Dies dürfte nicht abschließend und ausnahmslos durch das Justizministerium geregelt werden, weil dadurch Befugnisse des Gerichtspräsidiums verletzt würden, so
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, das Gericht hat die Revision zugelassen. Wir werden natürlich das schriftliche Urteil, wenn es vorliegt, genau auswerten und dann werden wir entscheiden, ob wir ein Rechtsmittel einlegen oder aber darauf verzichten und die Zweigstellenverordnung der Gerichtsentscheidung anpassen. An der Notwendigkeit der Gerichtsstrukturreform, meine Damen und Herren, und an ihrer weiteren Umsetzung, um das hier auch klarzustellen, ändert dies alles gar nichts. – Herzlichen Dank.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Heinz Müller, SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr überzeugend.)
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit der Zweiten Lesung zum Volksbegehren gegen die Gerichtsstrukturreform. Eigentlich hätte dies Thema der Aktuellen Stunde sein können, denn es ist, glaube ich, aktueller als jede Auseinandersetzung. Aber unsere Geschäftsordnung lässt das nicht zu. Eigentlich …
Auch Sie hätten es nicht hingekriegt, Herr Renz, auch wenn Sie immer der Auffassung sind, Sie kriegen alles hin. Nach der Geschäftsordnung …
Na, Sie sind hellseherisch, Sie hätten das OVG-Urteil wahrscheinlich schon vorausgesehen und deshalb beantragt. Alles klar.
denn so vorhersehbar war das Verhalten der Koalitionsfraktionen im Beratungsverfahren und so vorhersehbar wird auch das Abstimmungsverhalten im Anschluss sein. Sicherlich, Sie haben dafür Sorge getragen, dass rein formell und zügig das Verfahren hier im Landtag abgearbeitet wurde. Aber – wie bei allen Auseinandersetzungen zu diesem Thema – eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der Kritiker Ihrer Reform erfolgte so gut wie gar nicht, ganz nach dem Motto: Meine Meinung steht fest, bitte verwirren Sie mich nicht mit Tatsachen.