Protocol of the Session on June 3, 2015

Natürlich ist es so, dass dies, wie konkret und in welchem Umfang das Ganze dann passiert, durch die Tarifparteien auszuhandeln ist. Die Umsetzung der aktuellen gewerkschaftlichen Forderungen würde eine Erhöhung von durchschnittlich zehn Prozent bedeuten. Und wer wie ich schon mal Tarifverhandlungen geführt hat, der weiß, dass man sich üblicherweise zwischen den Verhandlungsparteien annähert. Die einen kommen von oben, von ihrer Forderung,

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: „Säbelrasseln“ ist das Stichwort.)

die anderen kommen von unten, von ihrem Angebot. Aber, Herr Renz, damit das funktionieren kann,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

muss zunächst mal ein Angebot da sein, was diesen Namen auch verdient.

Und es ist doch völlig klar, dass die Gewerkschaften, die eine Aufwertungskampagne für eine Vielzahl von verschiedenen Berufsbildern fahren, nicht akzeptieren können, dass die Arbeitgeber sich dann einige wenige Beschäftigtengruppen rausnehmen, wie die Kitaleiterin oder die Erzieher/-innen mit besonderen Aufgaben, die dann sagen: Hier können wir über Lohnerhöhungen verhandeln und alle anderen fallen dann ein Stück hinten runter. Und insofern ist klar, dass ver.di-Chef Bsirske deutlich gemacht hat, dass die Tarifparteien noch sehr weit auseinanderliegen. So lagen beispielsweise für den jetzt von mir hier angeführten Bereich der Sozialarbeiter oder die Behindertenhilfe überhaupt keine Angebote vor.

(Torsten Renz, CDU: Sie beschreiben doch selbst, Herr Foerster, dass es dort an den Verhandlungstisch gehört. Das ist doch das, was ich gesagt habe.)

Ja, bislang ist das nur eingefordert worden, es gibt aber kein Angebot.

(Torsten Renz, CDU: Ja, deswegen gibt es Streiks, und dann wird nachher weiterverhandelt.)

So ist es.

Hallo, Herr…

Die Regelung zur Eingruppierung in Sozial- und Erziehungsdienst …

Einen Moment bitte, Herr Abgeordneter Foerster.

Herr Renz, ich mache Sie darauf aufmerksam und möchte Sie bitten, dass Sie keine Dialoge hier führen. Sie haben die Möglichkeit, Ihren Beitrag hier anzumelden beim Präsidium, ansonsten bitte ich, sich auf Zurufe zu beschränken. – Danke.

Herr Foerster, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin.

Zum Abschluss will ich vielleicht noch sagen: Die Regelungen zur Eingruppierung im Sozial- und Erziehungsdienst gelten für die Beschäftigten im kommunalen öffentlichen Dienst direkt, aber sie wirken natürlich indirekt auch für die Beschäftigten bei freien und bei kirchlichen Trägern, denn der TVöD ist wohl unbestritten die weitgehend prägende Bemessungsgrundlage und bietet damit auch für die freien Träger Orientierung, wenn sie beispielsweise Haustarifverträge auf den Weg bringen, wenn sie arbeitsvertragliche Richtlinien verhandeln oder selbst dann, wenn sie von beidem gar nichts haben und einzelvertragliche Regelungen mit ihren Beschäftigten treffen.

Und deshalb noch einmal: Der konkrete Tarifabschluss muss und wird das Ergebnis von Verhandlungen der Tarifparteien sein.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig.)

Als Politik sollten wir aber nicht nur Sonntagsreden zur Notwendigkeit zur Steigerung der Tarifbindung in Mecklenburg-Vorpommern halten, sondern unseren Einfluss geltend machen, damit tatsächlich ernsthaft verhandelt wird, denn niemand, auch bei den Gewerkschaften, geht davon aus, dass eine Forderung am Ende eins zu eins umgesetzt wird, aber es muss ein Weg aufgezeigt werden, der die Möglichkeit einer gegebenenfalls auch schrittweisen Aufwertung beinhaltet. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Aussprache zum Thema gemäß § 43 Ziffer 2 der Geschäftsordnung des Landtages – Medizinische Versorgung für Flüchtlinge und Asylbewerberinnen/Asylbewerber konkret verbessern – Gesundheitskarte einführen.

Aussprache zum Thema gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT Medizinische Versorgung für Flüchtlinge und Asylbewerberinnen/Asylbewerber konkret verbessern – Gesundheitskarte einführen

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich

sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Vizepräsidentin Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Thema medizinische Versorgung für Flüchtlinge und Asylbewerber/-innen begleitet uns schon lange und es ist heute noch genauso wichtig und aktuell wie vor gut einem Jahr, als wir uns im Sozialausschuss erstmals vertieft damit auseinandergesetzt haben. Die dortige Anhörung fand auf gemeinsamen Antrag meiner Fraktion mit der Fraktion DIE LINKE am 2. April 2014 statt. Noch mal: 2. April 2014.

Fachlich herrschte dort weitestgehend Konsens, die Krankenversicherungskarte für Flüchtlinge muss kommen. Mit Befremden mussten wir dann zur Kenntnis nehmen, dass unser Antrag zur Einführung einer entsprechenden Gesundheitskarte sowohl im Sozialausschuss als auch im Plenum im Herbst vergangenen Jahres abgelehnt wurde – trotz der durchweg positiven Stellungnahmen der Anzuhörenden in der öffentlichen Anhörung, trotz der langjährigen Erfahrung aus den Ländern Bremen und Hamburg, die die entsprechende Karte bereits 2005 und 2012 eingeführt und ausführlich erprobt haben, und trotz der erklärten Bereitschaft einer geeigneten Krankenkasse, eine landesweite Kooperationsvereinbarung abzuschließen.

SPD und CDU sahen sich zu einer Einigung außerstande, und wer da auf der Bremse steht, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die CDU, die mit vorgeschobenen Argumenten einen konstruktiven Prozess verhindert und die sich offenbar weigert, belegte Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

(Michael Silkeit, CDU: Starke Behauptung, schwache Beweise.)

Abwarten!

Im Wesentlichen sind es drei Thesen, die immer wieder ins Feld geführt werden und die ich hier entkräften möchte.

Die erste These lautet, die Kosten für eine Einführung der Gesundheitskarte seien sehr schwer kalkulierbar, es drohe die Gefahr der Mehrkosten. Das ist spätestens seit dem Evaluationsbericht aus Hamburg klar wiederlegt. Er wurde Anfang Dezember vergangenen Jahres veröffentlicht und liegt im Übrigen auch allen Mitgliedern des Sozialausschusses als Drucksache vor. Auf Seite 11 des Berichts findet sich ein Vortrag des Leiters des Referates Steuerung der Kosten der Unterkunft und der Hilfen zur Gesundheit der Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Daraus möchte ich hier kurz zwei Passagen zitieren, mit Erlaubnis der Präsidentin.

Zunächst zur Entwicklung der Kosten. Gegenübergestellt werden Einsparungen und Leistungsausgaben. Ich zitiere: „Das gesamte Kostenvermeidungsvolumen beträgt … rd. 1,6 Mio. Euro pro Jahr. Demgegenüber stehen Aufwendungen für Verwaltungskostenpauschalen, für den MDK sowie für die Bereitstellung der eGK. Insgesamt überwiegen die Minderausgaben aber deutlich.“ Zitatende. Kurz: Die Einsparungen im Bereich der Verwaltung durch geringere Personalkosten inklusive Miete und IT

sind deutlich höher als der Anstieg bei den Leistungsausgaben.

Hinzu kommt, ein zweites Zitat aus dem Bericht, ich zitiere, „dass die monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben nahezu konstant geblieben sind“. Zitatende. Wer also zukünftig noch das Gespenst einer vermeintlichen Kostenexplosion an die Wand malt, meine sehr geehrten Damen und Herren, der tut das nicht aus fachlichen, sondern der tut das aus politischen, aus ideologischen Gründen.

Der zweite gern bemühte Einwand gegen die Einführung einer Gesundheitskarte für Geflüchtete und Asylbewerber/-innen lautet, das sei ja in Stadtstaaten wie Bremen und Hamburg realisierbar, in einem Flächenland wie unserem ungleich komplizierter. Darauf möchte ich entgegnen, die Komplexität einer Materie kann kein Argument gegen die politische Beschäftigung damit sein. Ganz klar, die Einführung der Gesundheitskarte ist kein Selbstläufer. Gerade deshalb enthält unser Antrag ja die Aufforderung an die Landesregierung, im Zusammenwirken mit den Landkreisen und kreisfreien Städten einen Vertragsabschluss mit einer Krankenkasse herbeizuführen sowie den Prozess aktiv zu unterstützen und zu moderieren.

Wir sind nicht blauäugig.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Grünäugig.)

Uns ist wohl bewusst, dass die medizinische Versorgung der Zielgruppe den Gebietskörperschaften obliegt und dass es dort unterschiedliche politische Konstellationen und Herangehensweisen gibt. Gerade deshalb halten wir ein Signal der Landesregierung zur Übernahme der Prozessmoderation für ganz wichtig.

Die Landesregierungen benachbarter Flächenländer sind dazu durchaus in der Lage, wie sich in den vergangenen Wochen und Monaten gezeigt hat. So erklärte das kleine Flächenland Brandenburg bereits zu Jahresbeginn, die Gesundheitskarte so rasch wie möglich einführen zu wollen.

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Das Flächenland Schleswig-Holstein hat sich Anfang Mai im Rahmen des dortigen Flüchtlingsgipfels politisch zur Einführung der Gesundheitskarte eindeutig bekannt.

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Was Brandenburg und Schleswig-Holstein können, Herr Caffier, sollte in Mecklenburg-Vorpommern unmöglich sein?

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

So viel zum Thema „Flächenländer und Gesundheitskarte“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und insbesondere Herr Caffier, Sie können sich gerne da unten hinsetzen und nuscheln.

Der dritte Einwand gegen das politische Bekenntnis für die Einführung einer Gesundheitskarte schließlich ist aus meiner Sicht der krudeste. Er lautet kurz gefasst so:

Weshalb zum jetzigen Zeitpunkt handeln? Warten wir doch ab, was auf Bundesebene kommt!