Protocol of the Session on April 22, 2015

Wenn wir diese Seite betrachten und auf der anderen Seite sehen, auch da bin ich dem DGB dankbar,

(Vincent Kokert, CDU: Nun ist es aber gut.)

dass er anhand von Zahlen statistisch feststellt, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gestiegen, Stellenangebote gestiegen, dann sage ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind die Herausforderungen der Zukunft, wie werden wir diesen Fachkräftebedarf decken.

Alles andere – ich sage es gerne noch mal an dieser Stelle,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

dass Sie hier Schlachten schlagen wollen, die längst geschlagen sind – ist, glaube ich, vertane Zeit.

(Jochen Schulte, SPD: Nicht solange Sie noch reden, Herr Renz.)

Wenn Sie sich schon inhaltlich damit befassen wollen, dann würde ich empfehlen, das zu einem späteren Zeitpunkt zu tun,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das machen wir sowieso, Herr Renz.)

wenn wir nicht in einer konjunkturellen Hochphase sind,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das machen wir sowieso.)

in der wir jetzt nämlich sind. Der Zeitraum der Wirkung ist viel zu gering. Befassen Sie sich zum gegebenen Zeitpunkt damit!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber wir wissen, dass es ein bürokratisches Monster ist.)

Dann gebe ich Ihnen schon mal den Hinweis – und der Hinweis geht auch in Richtung Berlin, weil bei diesem Umverteilungsmechanismus unter anderem besonders der Staat profitiert –, da möchten sich die Verantwortlichen, die die Gesetzgebung dort zu verantworten haben, endlich mal durchringen, die kalte Progression in Angriff zu nehmen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Sie möchten mit Weitblick schon mal die Steuerproblematik betrachten, weil von den steigenden Einkommenssteuern nämlich der Bund 42,5 Prozent behält und die Kommunen nur 15 Prozent bekommen. Sie möchten sich schon mal damit befassen, dass aufgrund dieser Situation – Anhebung des Lohnniveaus – wahrscheinlich die Gewinne der Unternehmen zurückgehen werden und dadurch die Gewerbesteuer vor Ort sinken wird. Das sind inhaltliche Themen, das sind Fragen, mit denen wir uns in der Zukunft befassen sollten, und nicht, wer die Vater- oder Mutterschaft über das Mindestlohngesetz hat.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das haben Sie doch geklärt, Herr Renz, ne?!)

Ich glaube, das ist ausreichend geklärt. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Renz.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Pastörs für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man dem Herrn Ministerpräsidenten zugehört hat und seinen Worten Glauben schenkt, dann ist die Welt in Ordnung. 8,50 Euro Mindestlohn, und die Würde der Arbeitnehmer ist zurückgegeben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Sellering.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das haben Sie nicht richtig verstanden.)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, es ist schon eine Unverschämtheit und eine Zumutung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Ihrer Rede hier zu folgen.

Ich will Ihnen unsere Position aus Sicht der NPD grundsätzlich noch mal ins Gedächtnis rufen. Wir waren 2007 ganz klar für die Einführung eines Mindestlohns, damals mit 8,80 Euro als Einstieg. Dieses Gesetz sollte dann, was leider nicht geschehen ist, insofern ausgestaltet werden, dass erstens der Mindestlohn in Deutschland nur für deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fest vereinbar ist

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zurufe aus dem Plenum: Oooch!)

und zweitens für alle ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben, um zu vermeiden, was jetzt schon absehbar ist und praktiziert wird, dass aus Bulgarien organisiert – bei Attraktivitätssteigerung mit 8,50 Euro für diese Menschen – Lohndruck ausgeübt wird und Verdrängungswettbewerb stattfindet zum Nachteil der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Erster Punkt nicht erfüllt in dem Gesetz, und daran krankt es.

Der nächste Punkt ist, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: soziale Gerechtigkeit. Wir haben bei einem regulären Beschäftigungsverhältnis von 40 Stunden in der Woche, Herr Ministerpräsident, einen Bruttolohn von 1.360 Euro. Das bedeutet bei linearer Fortschreibung der Beschäftigung auf diesem Niveau, dass jemand, der über Jahrzehnte regulär zum Mindestlohn beschäftigt wird – und 20 Prozent sind das in Mecklenburg-Vor- pommern –, im Alter sein Leben auf Sozialhilfeniveau fristen muss. Das hat nichts mit sozialer Würde zu tun, sondern das ist ein Ablenken von Ihrer Politik mit den Ergebnissen, die wir hier in Mecklenburg-Vorpom- mern seit 20 Jahren zu beklagen haben. Das ist ein Ablenken von einem Gesetz und einer Gesetzeseinführung, die wir „Hartz-IV-Verbrechen“ nennen und die Sie als SPD maßgeblich mit zu verantworten haben, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Wir haben als Nationaldemokraten immer deutlich gesagt, dass im Rahmen der europäischen Harmonisierung, wie das genannt wird, ein flächendeckender Mindestlohn für Deutsche in Deutschland und für Ausländer in Deutschland, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben, die richtige Entscheidung ist. Wir stellen nun fest, dass Sie sich mit dem Mindestlohn des Problems entledigen wollen, den Aufstockern jedes Jahr Milliardenbeträge zu geben, und der einzigste Effekt eintritt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Einzige. – Stefanie Drese, SPD: Einzige, denn „einzige“ kann man nicht steigern.)

der einzige Effekt eintritt, dass die Staatskasse entlastet wird und die Kosten auf den Arbeitgeber verlagert werden. Denn es ist nicht so, wie Sie sagen – das ist eine Lüge und das haben Sie hier wahrscheinlich bewusst so dargestellt –, dass der Arbeitnehmer mehr Netto in der Tasche hat, wenn er vorher 7,10 Euro hatte und jetzt 8,50 Euro.

Herr Abgeordneter Pastörs, ich bitte Sie, solche Unterstellungen gegenüber dem Ministerpräsidenten zu unterlassen.

Wenn sie denn wahr sind, Frau Präsidentin.

Es ist eine Tatsache, dass der Arbeitnehmer netto nicht einen Groschen mehr in der Tasche hat, um ihn auszugeben, weil er auf der anderen Seite staatliche Leistungen gestrichen bekommt. Es ist eine Entlastung der Staatskasse und damit auch die Möglichkeit für Sie,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Rote Lampe!)

sich aus fiskalischen Gründen in der Zukunft nicht mehr um den Billiglohnbereich kümmern zu müssen, und das lehnen wir ab. Wir halten das Thema für interessant und wichtig, aber...

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist längst abgelaufen. Bitte nehmen Sie Platz.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht nur die Redezeit ist abgelaufen.)

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt in dieser ersten Stunde der langen Landtagssitzung und dieser Tage etwas von Friseuren, von Vätern und Müttern gehört, aber so richtig Neues, Frau Tegtmeier, über den Mindestlohn habe ich hier nicht vernommen. Der Einzige, der was von Frisuren und Friseuren versteht, das bin wohl ich.

(Heiterkeit bei Patrick Dahlemann, SPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Herr Renz kommt wie ein Friseur hierher und redet etwas, was er auch schon in der ersten Sitzung – Sie haben es selbst erwähnt – im März hier vorgetragen hat.

(Torsten Renz, CDU: Hat sich irgendetwas verändert an der Situation?)

Wir haben uns doch darüber verständigt: Lügen, die verbreitet werden, werden durch die Wiederholung nicht wahr. Das muss man einfach mal sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Wollen Sie die Friseure diffamieren, oder was?)

Wenn es heute der SPD darum geht, den Mindestlohn zu feiern, dass er eingeführt wurde, kann man das gerne machen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Aber ich möchte Sie fragen, Frau Tegtmeier und Herr Nieszery, wir haben viele Argumente für den Mindestlohn gehört. Ich glaube, wir haben heute keine gegen den Mindestlohn gehört.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Außer von Herrn Renz. – Martina Tegtmeier, SPD: Ich habe schon einige genannt, Herr Holter.)

Na ja, Herr Renz, dazu komme ich gleich noch mal.