Protocol of the Session on April 22, 2015

Jetzt ist es aber so, dass sich die Landesregierung in der Antwort zu der Kleinen Anfrage von Frau Gajek dahin gehend geäußert hat, dass von Landesseite bisher keine Forschung zu diesem Thema erfolgt sei. Das erweckt natürlich sofort den Eindruck, als hätte man sich damit in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht befasst. Wie ich oben aber dargelegt habe, gab es bereits eine Reihe von Kommissionen, Untersuchungen und Gutachten auf Bundesebene, die sich mit dem Thema auseinandersetzten. Auch die Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR haben sich mehrfach mit der Thematik auseinandergesetzt,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber wie!)

sei es im Rahmen von Dokumentationen oder von Ausstellungen. Die Zentrale Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität, gegründet 1991,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

hat ebenfalls in der Thematik DDR-Doping ausführlich ermittelt. Dass es im Endeffekt trotz der hervorragenden Aktenlage nicht zu mehr Verurteilungen gekommen ist, lag an einem juristischen Problem der Verjährung.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, ich kann verstehen, wenn dieses Ergebnis angesichts des Leids, welches den Sportlern, vielfach Kindern und jungen Erwachsenen, mittels des Dopings angetan wurde, nicht befriedigt. Ich bin der sportpolitische Sprecher meiner Fraktion und als dieser verurteile ich die Dopingpraxis im Allgemeinen und

in der DDR, die aufgrund ihrer Intensität allgemein als Köperverletzung angesehen wird, im Speziellen aufs Schärfste. Den Spaß von Kindern an der Bewegung für staatseigene Interessen zu missbrauchen, ist einfach nur schändlich.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: So ist es.)

Abschließend möchte ich nochmals darauf hinweisen, weil auch dies unterschwellig in dem Antrag mitschwingt, vorsichtig mit den Andeutungen zu den heutigen Sportvereinen umzugehen. Es ist allgemein bekannt, dass es zu DDR-Zeiten keine Sportvereine gab, sondern nur Sportgemeinschaften. Aus diesen entwickelten sich nach der Wiedervereinigung zahlreiche neue Vereine, die oftmals an die bestehende Namensgebung anknüpfen. Das heißt, ein ungeprüftes An-den-Pranger-Stellen von einzelnen Vereinen lehnt meine Fraktion deshalb ausdrücklich ab.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das weiß man doch alles nicht, darum geht es doch!)

Die grundsätzliche Intention des Antrages hat meine Fraktion aber ausdrücklich begrüßt. Wir hätten uns gerne im Ausschuss kritisch mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt. Es stellt sich aber die Frage, ob es angesichts der Erkenntnisse, die es bereits gibt, einer eigenen Forschung für die drei ehemaligen Nordbezirke bedarf. Dies liegt aber nicht in meinem Entscheidungsbereich, da dies vordringlich den Bildungsauftrag und Nutzen für Mecklenburg-Vorpommern betrifft.

Also, liebe Frau Gajek, liebe GRÜNEN, wir hätten uns durchaus eine Überweisung in den zuständigen Ausschuss vorstellen können. Wie es aber so ist, wenn man in der Koalition darüber keine Einigung erzielt,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Tja, so ist es.)

hat es deswegen nicht geklappt, und deshalb lehnt meine Fraktion diesen Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion der LINKEN hat zum Doping und zu manipulativen Praktiken im sportlichen Wettbewerb eine ganz klare Haltung: Wir lehnen Derartiges mit aller Entschiedenheit ab.

(Minister Dr. Till Backhaus: War das immer so?)

Hierfür gibt es gleich mehrere Gründe:

Doping und manipulative Praktiken im Sport sind unethisch. Sie sind – Herr Waldmüller hat es gesagt – eine Schande. Sie widersprechen den grundlegenden Werten von Respekt und Fairness. Wer dopt beziehungsweise dafür sorgt, dass gedopt wird, handelt grob unfair, denn verbotene Wirkstoffe oder nicht erlaubte Methoden zur Leistungssteigerung sollen einen Wettbewerbsvorteil

verschaffen. Unser Abscheu gegenüber Doping bezieht sich auf die Vergangenheit wie auf die Gegenwart, auf Praktiken in Ost wie in West. Glasklar ist somit auch unsere Distanz zum organisierten und politisch motivierten Dopingsystem im Leistungssport der DDR benannt. Es zerstörte immanente Werte des Sports und ist nicht zu rechtfertigen. Diese deutliche Positionierung möchte ich der kritischen Auseinandersetzung mit dem von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegten Antrag voranstellen.

Zunächst: Der Antrag lässt eine grundsätzliche Stellungnahme zum Doping vermissen. Die wäre aus zwei Gründen angebracht: zum einen, weil Ihnen seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ehre gebührt, dass Sie die Ersten sind, die dieses Thema –

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind 25 Jahre im Landtag.)

kleinen Moment –,

(Jochen Schulte, SPD: Nicht so aufregen, Frau Gajek! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie sind die Ersten, die dieses Thema hier im Landtag aufrufen, wir reden also das erste Mal darüber, zum anderen aber, und das ist der weitaus bedeutungsvollere Grund, weil Doping ein systemübergreifendes Phänomen ist. Gedopt wurde, wer will es leugnen, in der DDR und in der alten BRD. Das Thema historisch aufzuarbeiten, ist also eine gesamtdeutsche Herausforderung und verdient eine differenzierte Betrachtung.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sieht auch der Doping-Opfer-Hilfe-Verein so. Er kümmert sich um frühere Sportlerinnen und Sportler, deren Gesundheit durch verbotene Substanzen geschädigt wurde. An seiner Spitze steht die ehemalige DDRLeichtathletin Ines Geipel.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, die war hier, die war hier.)

Sie erklärte erst jüngst in der „Süddeutschen Zeitung“, ich zitiere: „Wir können durch die Arbeit unserer Beratungsstelle dokumentieren, dass das Doping-Problem eben nicht pünktlich 1989/90 aufgehört hat, wie es zum Selbstverständnis von Sport und Politik gehört. … Inzwischen melden sich Athleten bei uns, die bis 2004 aktiv waren.“

Nun, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Antragstellerin hat sich entschlossen, mit einer verengten Sicht eine historische Aufarbeitung der Dopingpraxis angehen zu wollen. Dies wäre unter dem Blickwinkel politischer Geographie noch nachvollziehbar, wenn denn der Antrag ansonsten dem Thema Doping angemessen wäre und Genüge tun würde. Dem ist bedauerlicherweise nicht so.

Ich nenne Ihnen fünf sachliche Gründe, warum wir dem Antrag beim besten Willen nicht zustimmen können.

(Torsten Renz, CDU: Stellen Sie denn einen Änderungsantrag?)

Ein Änderungsantrag, so …

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Stellen Sie einen Änderungsantrag, Herr Koplin?)

Ich werde das gleich begründen.

Ein Änderungsantrag nach unserem Selbstverständnis hätte eine grundsätzlich andere Ausrichtung als das, was uns vorgeschlagen wird, und das ist laut Geschäftsordnung nicht möglich. Wir können also nicht einen Antrag okkupieren und sagen, jetzt machen wir es mal ganz anders. Das gebietet auch der Respekt gegenüber den Antragstellerinnen und Antragstellern.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun die Gründe, Herr Suhr:

Erstens. Der Antrag behauptet fälschlicherweise, dass der Dopingeinsatz in den drei Nordbezirken der DDR nahezu unerforscht ist.

Zweitens. Der Antragstext geht mit keinem Wort auf eine längst überfällige Opferhilfe in Form der Regulierung von Spätfolgen von Dopingopfern ein.

Drittens. Der Antrag ist einseitig und rückwärtsgewandt. Er stellt nicht, was erforderlich wäre, einen Bezug zur Dopingbekämpfung in der Gegenwart dar.

(Zurufe von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viertens. Der Antrag lässt die aktuelle gesellschaftliche Debatte zum Entwurf eines Antidopinggesetzes außer Acht.

Und fünftens. Der Antrag unterbreitet keinen Vorschlag, welche Lehren sich aus der bekannten Dopingpraxis für die gesundheitliche Präventionsarbeit insbesondere im Jugend- und Nachwuchssport ziehen lassen.

Daran sehen Sie, wir haben einen anderen Fokus.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nee, nee, nee.)

Sehr geehrte Damen und Herren, diese fünf Ablehnungsgründe,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Koplin, also sorry!)

diese fünf Ablehnungsgründe möchte ich kurz begründen.