Protocol of the Session on April 22, 2015

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Also ausnahmsweise bin ich mir mal keiner Schuld bewusst. Ich wüsste nicht, dass ich was anderes als Mecklenburg-Vorpommern gesagt habe.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber Köster nicht.)

Aber wie auch immer, ich komme wieder zum Antrag zurück: Grau ist alle Theorie, das war alles theoretisches Zeug, was Sie hier von sich gegeben haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das war die Widerspiegelung der praktischen Arbeit der Härtefallkommission.)

Die Jahresberichte 2014 und 2013 habe ich auch gelesen, die Jahresberichte im Internet, aber wie gesagt, grau ist alle Theorie.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Haben Sie nicht verstanden, offensichtlich.)

Schauen wir uns doch einmal einen konkreten Fall an, der als besondere Härte angesehen wurde,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie sind echt die Härte, ja, das ist so.)

sodass Ausländer hier bleiben durften, die vollziehbar ausreisepflichtig waren. Am 30. Oktober vorigen Jahres brachte der NDR, das „Nordmagazin“, einen Beitrag von einer gewissen Antonia zu Knyphausen – der Adel überlebt immer, früher Feudalherren, heute beim NDR, egal –, und da ging es um eine kurdische Familie, eine kurdische Familie aus dem Libanon, wo keine Kurden verfolgt werden, die es nach Blankensee verschlagen hatte. Die wären schon nicht asylberechtigt gewesen, weil im Libanon keine Kurden verfolgt werden, weil sie Kurden sind. Sie sind dann nach Frankreich gegangen, wo sie in Sicherheit waren. Dort hat sie keiner verfolgt. Frankreich ist genauso wenig wie Italien oder Polen irgendein furchtbares Land, wo man weglaufen muss. Dann sind die von Frankreich weiter nach Deutschland, landeten in Blankensee in Mecklenburg.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Und da waren sie willkommen. Da wollte man sie haben.)

Da waren sie furchtbar willkommen, ja. Und da waren sie 15 Monate.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das passt Ihnen nicht. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Da waren sie 15 Monate. Wenn das Dublin-III-Abkommen nicht nur auf dem Papier stehen würde, wenn hier Recht überhaupt noch beachtet würde, dann hätten sie überstellt, noch nicht mal abgeschoben, sondern überstellt werden müssen, nicht in die Mongolei und nicht in das Reich des Islamischen Staates, sondern nach Frankreich. Das wäre die Rechtslage gewesen. Aber dann kam ein Trupp von ultrabetroffenen Gutmenschen, hat eine Bürgerinitiative gemacht,

(Udo Pastörs, NPD: Heuchler.)

hat einen fürchterlichen Wirbel veranstaltet und auch Frau von zu Knyphausen angelockt.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Und dann wurde dargelegt, warum diese kurdische Familie unbedingt hier bleiben musste: Weil sie 15 Monate in Deutschland war, und daher war sie so integriert, dass es unmenschlich gewesen wäre, der Gipfel der Inhumanität, wenn man sie nach Frankreich zurückgeschickt hätte. Da wurde gesagt, die Kinder haben sich schon total integriert, nach 15 Monaten konnten sie offenbar perfekt Deutsch. Würde ich mir im Umkehrschluss nicht zutrauen, dass ich nach 15 Monaten perfekt Kurdisch könnte. Aber die...

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie können das heute noch nicht. – Zurufe von Stefanie Drese, SPD, und Jochen Schulte, SPD)

Ja, Sie ja, nicht?! Na dann gehen Sie mal nach Kurdistan und lernen das!

Nach 15 Monaten waren sie in Deutschland so verwurzelt, dass es inhuman gewesen wäre,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das haben Sie bis heute nicht geschafft, Herr Andrejewski.)

sie nach Frankreich zurückzuschicken, wo sie vorher waren, oder gar in den Libanon, wo sie aufgewachsen waren. Dann hieß es,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben hier keine Wurzeln. Das unterscheidet Sie von der Familie.)

dann hieß es, sie hätten sich total integriert, und da würde ich doch auch sagen, dass sie die Sprache gelernt hätten. Aber in diesem Beitrag wurde komischerweise nicht einer von denen gezeigt, wie er auch nur ein Wort Deutsch gesagt hätte. Am Ende sagten die Eltern dann auf Kurdisch, wir versprechen, wenn wir dableiben dürfen, werden wir genauso gut Deutsch lernen wie unsere Kinder. Aber die konnten wahrscheinlich auch kein Wort Deutsch, weil die sich nach 15 Monaten immer noch wie auf dem Mond gefühlt haben müssen in dieser fremden kulturellen Umgebung und natürlich alles andere als integriert waren. Und der NDR hat sich dann noch einen besonderen Regietrick einfallen lassen, indem man so ein Bundesfähnchen aus dem Fenster der kurdischen Familie hängen ließ.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

In der ganzen Platte hatte sonst keiner eine deutsche Fahne – ich habe da auch nie einen gesehen in meiner Plattensiedlung –, aber diese kurdische Familie, so patriotisch, dass sie sich so für Deutschland begeistert hat, dass sie hier unbedingt bleiben musste.

(Udo Pastörs, NPD: Fähnchen in den Wind hängen.)

Und dann bekam der Sohn, der 11-jährige Sohn auch noch einen Nervenzusammenbruch. Er bekam einen Nervenzusammenbruch und musste in eine Tagesklinik, wo sich Psychospezialisten um ihn kümmerten, weil es ja so schrecklich ist, dass man nach 15 Monaten wieder zurück nach Frankreich muss. Die Reise nach Frankreich hat ihn total zusammenbrechen lassen.

Ich glaube, der Rechtsausschuss,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

der Rechtsausschuss will doch eine Reise nach Marseille machen. Das würde ich mir noch mal überlegen, Frankreich muss ganz schrecklich sein, ein Grund für Nervenzusammenbrüche.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Nach 15 Monaten war er so in Deutschland integriert, war so von Deutschland begeistert und hatte sich so in

Deutschland eingelebt, dass alles andere inhuman gewesen wäre, Frankreich oder zurück in den Libanon.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und die durften dann bleiben. Nachdem genug Wirbel gemacht worden war, nachdem die Bürgerinitiative rumgeheult hatte, nachdem der NDR rumgeheult hatte, hat der Innenminister gesagt, die dürfen bleiben. Ob vorher die Härtefallkommission vorgeschaltet wurde oder nicht, weiß ich nicht so recht. Wahrscheinlich wird die auch nicht mehr beachtet. Das geht einfach nur noch so, zack, der NDR macht Ärger, also dürfen die bleiben – jenseits, außerhalb, unter, über dem Gesetz, wie auch immer.

(David Petereit, NPD: Ganz genau.)

Das sind die Leute, die als Härtefälle bleiben dürfen in der Praxis. Und wenn das so ist, dann frage ich mich, warum ich mir überhaupt den teuren Kommentar für das Ausländerrecht gekauft habe. Den kann ich gleich wegschmeißen, weil das alles nichts gilt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie haben doch gar keinen Kommentar zu Ausländern.)

weil das alles nichts gilt, weil Gesetz nichts gilt, weil nur Mediengeschrei gilt und Willkür und weil hier Leute aufgenommen werden,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Erzählen Sie uns doch nicht so was!)

die dreist sind, tricksen und sich gegen die anderen durchsetzen. Wer ehrlich sagen würde, ich bin nicht verfolgt, ich möchte hier nur bleiben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und wer das Recht respektieren würde, dem würden die Behörden sagen, du bist jetzt vollziehbar ausreisepflichtig, der bleibt nicht hier. Es bleiben nur die Dreisten hier, die Nervenzusammenbrüche vortäuschen, sich hier durchtricksen und das rumerzählen in ihren großen Clans zu Hause. Da hält jeder Deutschland für ein Land für Idioten und wir werden überschwemmt von Leuten,

(Udo Pastörs, NPD: Das tun die schon.)

die uns ausbeuten wollen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und was Sie betrifft, haben sie leider Recht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Also, Herr Andrejewski, ich weise die Unterstellung zurück, dass Sie beurteilen können, ob jemand etwas vortäuscht oder nicht. Ich halte das für sehr unparlamentarisch.

(Udo Pastörs, NPD: Ooh!)