Protocol of the Session on April 22, 2015

und wir sollten nicht so tun, als ob es keine Alternativen gäbe. Diese gibt es, die sind sinnvoll, wir haben sie in dem Antrag vorgestellt. Ich bin gespannt auf die Debatte. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Karlowski.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Till Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich den Vortrag eben wieder gehört habe,

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

da habe ich so gedacht, Mensch, wie soll ich den Einstieg finden.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Auf der einen Seite, muss ich Ihnen sagen, ist die Milchproduktion für Mecklenburg-Vorpommern einer der stabilsten Wirtschaftsbereiche, die wir in diesem Land haben.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Wenn Sie sich insgesamt die Milchproduktion Deutschlands anschauen und die Betriebe, die Betriebszahlen, dann muss ich Ihnen ausdrücklich sagen, ich hatte schon vermutet, jetzt wird auch noch die Forderung aufgemacht, wir wollen die Quote wieder einführen. Ich habe die Vermutung schon gehabt, das klang ja auch so ein bisschen an.

(Vincent Kokert, CDU: Das kommt bei der Aussprache.)

Ja, das wird wahrscheinlich noch kommen und deswegen will ich den Einstieg schon so wählen

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben doch den Antrag gelesen.)

und will Ihnen mit auf den Weg geben, wie die Lage in Deutschland tatsächlich ist. Seit Einführung der Milchquote 1984 bis zum Auslaufen, nämlich am 1. April dieses Jahres, sind tatsächlich 79 Prozent der Milchviehbetriebe in Deutschland nicht mehr existent. Das heißt, der Strukturwandel wird auch mit der Milchquote oder mit den Reglementierungen, die Sie hier so ein Stückchen angedeutet haben, die Sie gerne wieder möchten, nicht aufzuhalten sein.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was haben Sie da gehört? Interessant.)

Wir brauchen eine moderne, artgerechte Tierhaltung, und da hat Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren seit der Wende unheimlich viel geleistet. Ich lasse auch nicht zu, dass immer wieder die Landwirtschaft – jetzt neuerdings von den GRÜNEN – an die Wand gestellt

wird, so nach dem Motto, das, was die Landwirtschaft hier leistet, ist unsozial, unökologisch und nicht nachhaltig.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist eine tolle Friedenspolitik hier.)

Gerade das stimmt ausdrücklich nicht! Ich habe große Hochachtung vor der Landwirtschaft in diesem Land.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Übrigen hat es ja auch geheißen – vielleicht kommt das nachher ebenfalls noch –, mit der Einführung der staatlichen Reglementierung im Rahmen von Quoten und Lieferrechten sollte das Ziel verfolgt werden, zu einer Stabilität des Preises zu kommen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass das trotz dieser Reglementierung, die übrigens mal in Bayern entwickelt worden ist,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

von der CSU, nicht funktioniert hat. Ignaz Kiechle hat die mal entwickelt, die Quote, in der Hoffnung, dass man damit Butterberge, Milchberge oder auch andere Probleme möglichst beseitigt. Das hat nicht funktioniert!

Im Übrigen hat dieses ganze Verfahren der Quote in Deutschland, nur in Deutschland, in Form von Super- abgabe, von Rentenansprüchen oder von Verpachtung den Landwirtschaftsbereich 15 Milliarden Euro gekostet. Deswegen glaube ich schon, es ist richtig, dass wir, im Übrigen unter Rot-Grün, seinerzeit unter Rot-Grün in der Bundesregierung dafür plädiert haben, die Milchquote abzuschaffen und sie auslaufen zu lassen. Ich will in dem Zusammenhang auch unterstreichen, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern alles darangesetzt haben – und mich erfüllt das schon mit Stolz –, dass die Investitionen, die wir getätigt haben, sich wirklich stabil auszahlen.

Gucken Sie sich das in den Betriebsstrukturen an! Da kann man feststellen, dass gerade bei der Milch allein in der letzten Förderperiode von den 780 Betrieben der Milchproduktion 585 gefördert worden sind und diese in einer Größenordnung von 350 Millionen Euro investiert haben. Das heißt, die Landwirtschaft glaubt an die Milchproduktion und ich glaube auch daran. Das ist eines der besten Produkte, das wir produzieren, und es ist auch die am stärksten überwachte und kontrollierte Lebensmittelproduktion, die wir in Deutschland und in MecklenburgVorpommern haben. Deswegen ist es mir so wichtig, dass es hier nicht dazu kommt, dass wir nun, nachdem wir die Geflügeldiskussion haben, dann haben wir die Schweinediskussion, auch noch die Rinderdiskussion haben. Jetzt nimmt man sich ganz systematisch auch noch die Rinder vor und streitet über die HolsteinFriesian oder das Mehrnutzungsrind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und die Wölfe.)

Vielleicht kommen Sie noch mit dem SMR – im Übrigen gibt es das zum Glück auch noch –, eine DDR-Züchtung mit Jersey, mit einem höheren Anteil an Eiweiß und Fett in der Milch.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Liegen die auch im Wasserbett, die Kühe?)

So, und dann will ich auch sagen, jawohl, ich bin stolz darauf, dass wir als Vorreiterland in Deutschland die Erfahrung gemacht haben, dass wir mit Kuhkomfort in Mecklenburg-Vorpommern deutschlandweit, europaweit in der Vorreiterrolle sind, im Übrigen auch bei mehr Tierschutz und artgerechter Tierhaltung.

Und die Aussage, dass Tiere, Milchkühe, hier in Mecklenburg-Vorpommern nie das Tageslicht sehen oder kein frisches Grün zur Verfügung gestellt bekommen, trifft so nicht zu. Schauen Sie sich einfach das Förderprogramm für die artgerechtere Tierhaltung an, wie viele Betriebe daran teilgenommen haben! Ich kann Ihnen die Zahlen im Anschluss auch gerne geben. Das ist ein tolles Programm gewesen und wir werden nach Lösungen suchen, wie wir das weitermachen.

Im Übrigen weise ich ausdrücklich darauf hin, dass der Bauernpräsident gerade gestern erklärt hat – worüber ich mich sehr gefreut habe –, dass er davon ausgeht, dass unsere neuen Förderprogramme für die Eiweißproduktion aus dem eigenen Aufkommen wahrscheinlich sehr stark angenommen werden. Wer mit offenen Augen durch das Land fährt, der sieht auch, dass wir jetzt schon erhebliche Flächen für den Naturschutz, die Biodiversität und insbesondere für die Verbreiterung der Fruchtfolge einsetzen.

(Vincent Kokert, CDU: Das war auch notwendig.)

Ich finde, das ist ein tolles Signal, dass die Landwirtschaft das aufgenommen hat, damit letzten Endes einen Beitrag für eine bessere und artgerechtere Versorgung leistet und insbesondere auch regionale Produkte stärker einbringen wird. Bereits in den letzten Jahren ist auch auf dem Milchmarkt mehr an Bewegung zu verzeichnen. Nehmen Sie das einfach zur Kenntnis!

Diesen Strukturwandel haben wir in Mecklenburg-Vor- pommern aus meiner Sicht wirklich mit großem Erfolg umgesetzt. Sie haben richtigerweise, Frau Karlowski, darauf hingewiesen, dass wir im Vergleich zu anderen Bundesländern tatsächlich wieder mehr Kühe halten. Das ist doch ein Signal dafür, dass man an die Milchproduktion glaubt und dass die Landwirtschaft selber davon überzeugt ist, dass man damit auch im Wettbewerb bestehen kann,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

und wir stehen nun mal im Wettbewerb, ob mit den Niedersachsen, mit den Schleswig-Holsteinern oder auch mit den Niederlanden und Dänemark. Ich bitte Sie um Verständnis, natürlich konzentrieren wir uns auf den europäischen Binnenmarkt und wir konzentrieren uns auch auf den deutschen Markt.

Wir haben heute in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern mit die wettbewerbsfähigsten Strukturen. Das zeigt eben auch ausdrücklich, dass die Fusion oder letzten Endes die betriebsindividuelle Größe das eine ist, aber das Entscheidende ist – die Aussagen, die Sie getroffen haben, die sind nur teilweise aus den Ergebnissen der Landesforschung abgeleitet, ich komme darauf gleich noch mal zurück –, der Druck des Lebensmitteleinzelhandels – darauf gehen Sie natürlich nicht ein – oder auch des Weltmarktes auf die Milchbauern hat aktuell zu einem Preis von unter 30 Cent geführt. Im

Vergleich zum letzten Jahr, 40 Cent im Dezember 2013, ist das ein großer Schritt zurück, aber dieses Pendeln der Preise haben wir in der Vergangenheit immer gehabt.

Dazu kommt natürlich auch die Sorge, dass ohne die Milchquote nun noch zusätzliche Bewegung hineinkommt. Aber ich glaube, wir können auch beweisen, dass wir deutlich gemacht haben, dass wir Instrumente zur Marktbeeinflussung nicht mehr wollen und letzten Endes mit den Förderinstrumenten, die wir aufgelegt haben, sehr wohl die Milcherzeuger in diesem Lande bei einer artgerechten und zukunftsfähigen modernen Landwirtschaft unterstützen. Ausdrücklich sage ich auch, das wird vielleicht nachher noch mal kommen, dass wir darauf gefasst sind, dass gegebenenfalls Kriseninstrumente zur Verfügung stehen müssen.

Im Übrigen, wichtig ist auch – das wird gerne vergessen –, dass es uns ermöglicht worden ist, dass wir immerhin die Direktzahlungen und damit die Einkommenssicherheit gewährleisten werden. Bis zu 400 Millionen Euro fließen ja in Mecklenburg-Vorpommern jährlich als Direktzahlungen in die Landwirtschaftsbetriebe. Das heißt, dass zukünftig die eigene Vorsorge und das betriebliche Risikomanagement an Bedeutung gewinnen werden – das habe ich immer wieder gesagt –, und da werden wir uns auch weiter gegenseitig Unterstützung gewähren müssen.

Ich sehe also auch die Möglichkeit, größere Einkommenssicherheit zu erreichen und umfangreicher an die Probleme heranzugehen, als das in diesem Antrag formuliert worden ist. Gerade beim Aufbau der Direktvermarktung sehe ich Grenzen in Mecklenburg-Vorpom- mern, das wissen wir doch alle.

(Vincent Kokert, CDU: Na klar.)

Wir sind nun mal das schönste Bundesland der Welt, das ist gar keine Frage, aber dass wir bevölkerungsarm sind und der überwiegende Teil der Milch, die hier produziert wird – und Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir mehr Milch produzieren, als wir mal an Quote bekommen haben –, dass der überwiegende Teil tatsächlich überregional in Deutschland, in Europa und auf dem Weltmarkt untergebracht werden muss, weiß doch fast jedes Kind in diesem Land.

(Thomas Krüger, SPD: Von wo sind wir gestartet?!)

Und zu dem Antrag, den Sie hier ansprechen, ist übrigens natürlich auch festzustellen, dass der Strukturwandel, Frau Karlowski, in den älteren Bundesländern deutlich schneller verläuft als bei uns. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! Der Milchstandort Mecklenburg-Vorpommern hat seine Position dabei trotz dieses Umschwunges ausdrücklich gefestigt. Nehmen Sie das doch bitte mal zur Kenntnis!

Die Zahl der Milchkühe ist gestiegen und die Milch- erzeugung auch. Heute haben wir in MecklenburgVorpommern tatsächlich 850 Milchviehbetriebe mit 182.500 Milchkühen und einer durchschnittlichen Herdengröße von 214 Tieren – im Vergleich dazu: Deutschland 52,2 Kühe. Und wenn Sie die Zahlen hier in den Raum stellen, dürfen Sie auch nicht vergessen, Mecklenburg-Vorpommern liegt heute – und ich bin stolz darauf, dass wir in dieser kurzen Zeit, 25 Jahre nach der deutschen Einheit, dieses Leistungsspektrum erreicht haben – in Deutschland an der Spitze der Milcherzeu

gung pro Kuh. Das machen die Kühe doch nicht, weil sie krank sind oder weil sie sich eingeschränkt fühlen, sondern weil wir ein modernes Management haben und weil wir eine tolle Genetik mitentwickelt haben.

Und wenn Sie sich überlegen, wir haben heute im Durchschnitt – im Durchschnitt! – 9.277 Kilogramm und kommen von 4.600, dann ist das eine Verdoppelung der Milchproduktion bei weniger Kühen in MecklenburgVorpommern. Das ist im Übrigen ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und damit letzten Endes auch zur Gesamtentwicklung.

Klar ist auch – noch mal –, nur gesunde Tiere können hohe Leistungen vollbringen. Ich hoffe, dass Sie das zumindest akzeptieren. In Mecklenburg-Vorpommern werden durch die Landesforschungsanstalt – und da haben Sie einen Teil dessen herausgegriffen, was ich hier noch mal unterstreichen möchte – zusammen mit dem Rinderzuchtverband, mit den Bauern und jetzt mit der RinderAllianz seit über zehn Jahren Leistungs- und funktionelle Daten, auch was die Tiergesundheit betrifft, berücksichtigt. Gehen Sie doch mal hin! Gehen Sie einfach nach Karow, wenn dort die neuesten Tiere und deren Entwicklung vorgestellt werden! Wir können immerhin 18 größere Milchviehherden systematisch begleiten und untersuchen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!