Protocol of the Session on February 2, 2012

Cannabis gibt es in verschiedenen Formen und auch Stärken, das ist bekannt.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn Sie einen Klub einrichten wollen, wie es die LINKEN gerne wollen, dann soll mir mal jemand klarmachen, wie er kontrollieren will, welche Pflanzen dort angebaut werden.

(Michael Andrejewski, NPD: Opiumhöhlen! – Udo Pastörs, NPD: Also das sind Opiumhöhlen, nichts anderes.)

Wir arbeiten nicht mit Ängsten, wir arbeiten mit Tatsachen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das, was Sie sagen, ist nicht differenziert genug!)

Das ist die Tatsache. Wer will das kontrollieren? Wer kontrolliert, wer dort Mitglied wird,

(Udo Pastörs, NPD: Lasst uns in die Opiumhöhle gehen, heißt es dann bei 15- und 16-Jährigen.)

wer dann diesen Klub nach dem Genuss von Cannabis verlässt, wie er sich nach Hause bewegt, ob er ein Auto nimmt und, und, und? All diese Fragen tauchen dann auf.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und was ist mit Alkohol? Mensch, es geht um die Prävention, Herr Schubert, und das muss auch hier rüberkommen in Ihrem Antrag!)

Prävention ja, aber nicht von vornherein jetzt sagen, wir legalisieren alles. Das dazu. – Danke schön.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Tosender Beifall. – Udo Pastörs, NPD: Richtig so, Herr Schubert.)

Vielen Dank, Herr Schubert.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/252. Wer dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/252 bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und CDU und Gegenstimmen der Fraktion der LINKEN, der GRÜNEN und der NPD angenommen.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 21 aufrufe, möchte ich Herrn Köster noch darauf aufmerksam machen, dass ein weiterer Ordnungsruf den Wortentzug nach sich ziehen würde, da das schon der zweite war.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Kritik der Vereinten Nationen an Defiziten wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte in Deutschland ernst nehmen, Drucksache 6/263.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Kritik der Vereinten Nationen an Defiziten wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte in Deutschland ernst nehmen – Drucksache 6/263 –

Bevor wir in die Beratung dieses Antrages eintreten, hat die Fraktion der NPD darum gebeten, eine Auszeit durchzuführen mit einer Dauer von 20 Minuten. Das heißt, wir unterbrechen die Sitzung und setzen unsere Beratung um 11.20 Uhr fort.

Unterbrechung: 10.59 Uhr

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Wiederbeginn: 11.20 Uhr

Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Kritik der Vereinten Nationen an Defiziten wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte in Deutschland ernst nehmen, Drucksache 6/263.

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Wie leicht geht uns Politikern dieser Satz über die Lippen! Aber nicht nur das, er wird gern und oft zitiert, meist als Forderung oder Ermahnung. Immerhin steht diese Aussage von der Unantastbarkeit der Menschenwürde an erster Stelle unseres Grundgesetzes, aber wie sieht es mit der Umsetzung in der Praxis aus?

Weiter heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes: „Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Dieser Teil wird sehr oft weggelassen. Warum, so frage ich mich. Weil sich daraus konkrete Verpflichtungen für das politische Handeln ergeben? Denn eigentlich bedeutet der Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, die Würde des Menschen ist verletzlich, sie ist zu ermöglichen, zu achten, zu wahren und zu schützen. Und auch das sei gesagt: Das gilt nicht nur für den Staat. Deshalb müssten sich dessen Inhalte auch in allen außerstaatlichen Bereichen widerspiegeln, im Bereich der Wirtschaft, im schulischen Bereich und so weiter.

Meine Auffassung wird auch unterstützt durch zahlreiche internationale Abkommen der letzten Jahre, so in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, die aus 30 Artikeln besteht, die bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte thematisieren und deren Verwirklichung als gemeinsames Ideal bezeichnet wird. Diese Menschenrechte sind unteilbar und universell gültig. Die in der Allgemeinen Erklärung festgeschriebenen Artikel wurden von der Vollversammlung der Vereinten Nationen ohne Gegenstimmen angenommen. Darin einigten sich die damals in der Vereinten Nation vertretenen Länder auf einen umfassenden Katalog von unveräußerlichen Menschenrechten.

Aus der bislang unverbindlichen Erklärung wurde der sogenannte Zwillingspakt, der inzwischen von 150 Staaten ratifiziert wurde, auch von Deutschland. Im „Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ wurden zum Beispiel das Folterverbot, Asylrecht, Rechtssicherheit, Meinungs- und Informationsfreiheit thematisiert. Im „Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ wurden zum Beispiel Recht auf Arbeit, Schutz vor Arbeitslosigkeit, Anspruch auf ausreichende Lebenshaltung einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung, Recht auf Bildung thematisiert.

Wiederholt wurde von den Vereinten Nationen betont, dass die wirtschaftlichen und die bürgerlichen Rechte die gleiche Bedeutung haben, sie unteilbar sind. Diese Auffassung wird auch von vielen Wissenschaftlern und Philosophen geteilt, unter anderem von Jürgen Habermas, der in seinem jüngst veröffentlichten Aufsatz schrieb, ich zitiere: „Die Menschenwürde bildet gleichsam das Portal, durch das der egalitär-universalistische Gehalt der Moral ins Recht importiert wird.“ Zitatende.

Die Menschenrechte sollen für alle Menschen in allen Ländern gelten, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Nationalität. Menschenrechte sind auch im 21. Jahrhundert kein selbstverständliches Gut. Sie sind in vielen Ländern zwar Teil der politischen Kultur, sie werden aber weiterhin auch missachtet – von einzelnen, von Gruppen und von Staaten. Mehr als 60 Jahre nach der

Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind sie weit davon entfernt, weltweite Akzeptanz zu besitzen. Dabei stehen sie in gleicher Weise allen Menschen zu, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder Alter.

Nun werden Sie sicherlich fragen: Warum erzählt sie uns das? Was hat das alles mit unserer Arbeit zu tun? Sehr viel, so meinen wir. In regelmäßigen Abständen müssen die einzelnen Staaten dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen einen Bericht vorlegen, in dem sie darstellen, wie es ihnen gelungen ist, die in der Charta festgeschriebenen umfassenden Menschenrechte zu realisieren. Auf der Grundlage dieser Staats- berichte erarbeitet dann der Ausschuss einen entsprechenden Abschlussbericht gemäß Artikel 16 und 17 des Pakts.

Nach Veröffentlichung des letzten Abschlussberichtes im Mai 2011 berichtete „Der Tagesspiegel“ mit der Schlagzeile „Menschenrechte in Deutschland mangelhaft“. Ausgerechnet die Bundesrepublik Deutschland, deren Regierung jahrelang das Hohelied der Menschenrechte gegenüber anderen Ländern singt und damit gern von der Situation im eigenen Land ablenkt, steht unter Kritik.

Sieht man sich den entsprechenden Bericht genau an, dann stellt man fest, dass Deutschland trotz der früheren Empfehlungen der UNO zahlreiche Empfehlungen nicht umgesetzt hat. Das betrifft insbesondere Fragen der Anwendung internationaler Verträge bei der Rechtsprechung, der Ausweitung der Befugnisse des Deutschen Instituts für Menschenrechte auf die Befassung mit Beschwerden, der wirtschaftlichen Tätigkeit deutscher Unternehmen in Vertragsstaaten, der Diskriminierung von Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen, von Trans- und Intersexuellen, die zunehmende Kinder- und Altersarmut, die andauernde Verletzung der Gleichstellung von Mann und Frau, der Gewalt gegen Frauen im Alltag, um nur einige zu nennen.

Meine Fraktion ist der Auffassung – und deshalb haben wir den Ihnen vorliegenden Antrag gestellt –, dass auch unser Land seinen Beitrag zum Abbau der Menschenrechtsverletzungen leisten muss. Das sollte auf unterschiedliche Weise geschehen, zum einen über das Wirken im Bundesrat und zum anderen über die Einleitung konkreter Maßnahmen in unserem Land.

Der notwendige Handlungsspielraum ist aus unserer Sicht vorhanden. Da ist zum einen die Frage der Unterbringung der Migrantinnen und Migranten in Asylbewerberheimen, die Möglichkeit der Teilnahme an Wahlen, zum Beispiel auf kommunaler Ebene, die Abschaffung von Sachleistungen oder die Frage der Abschaffung von Bestimmungen im Bereich der Arbeitslosenunterstützung, nach denen jeder Erwerbslose die Pflicht hat, jede zumutbare Arbeit anzunehmen. Damit verstößt Deutschland eindeutig gegen den Artikel 6 (1) des Internationalen Paktes. Bereits im Internationalen Übereinkommen Nummer 29 heißt es, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, alle Formen der Zwangsarbeit abzuschaffen beziehungsweise sie zu verbieten.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse hinzuweisen. In zu- nehmendem Maße werden Arbeitslosen Arbeitsangebote unterbreitet, deren Vergütung unter der Höhe des Arbeitslosengeldes II liegt, sodass sie gezwungen sind, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen.

Angeprangert wird auch nach Verabschiedung des Teilhabepaketes durch den Deutschen Bundestag die Höhe der Regelleistungen für Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II. Darüber hinaus wird die weitere Diskriminierung bei der Inanspruchnahme der Rechte auf soziale Leistungen zwischen den neuen und den alten Bundesländern kritisiert, die in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die Versorgungsansprüche, zum Beispiel ehemaliger Minister der DDR, zum Ausdruck kommt. Ich könnte noch weitere Verstöße nennen, gehe aber davon aus, dass Sie alle den Bericht gelesen haben.

Ich will zum Abschluss noch auf einen weiteren Gesichtspunkt hinweisen. Ich habe zu Beginn meiner Rede darauf hingewiesen, dass Menschenrechte unteilbar sind. Der von mir bereits zitierte Philosoph hat es in seinem Aufsatz wie folgt ausgedrückt, ich zitiere: „Grundrechte können das moralische Versprechen, die Menschenwürde eines jeden zu achten, nur dann politisch einlösen, wenn sie in allen ihren Kategorien gleichmäßig zusammenwirken.“

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hört, hört!)

Die Politik ist also gefragt, bei jeder Entscheidung, jeder Gesetzesänderung zu hinterfragen, welche Auswirkungen diese auf die Menschenrechte hat. Von diesem Anspruch waren wir in den letzten Jahren aus unserer Sicht weit entfernt. Auch deshalb haben wir hier diesen Antrag gestellt. Ich hoffe, dass wir in der Debatte gemeinsam einen Weg finden, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern unseren Beitrag zum Abbau der Verletzung von Menschenrechten leisten werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ein Antrag mit gleichem Anliegen ist bereits im April vergangenen Jahres im Deutschen Bundestag von der Fraktion DIE LINKE gestellt worden. Er wurde vom Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im September 2011 dem Deutschen Bundestag mit einer Ablehnungsempfehlung vorgelegt.

Die Fraktion DIE LINKE kritisiert in ihrem Antrag die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Lage bestimmter Bevölkerungsgruppen. Dort, wo sie konkrete Problembereiche benennt, wie Diskriminierung von Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen, von Trans- und Intersexuellen, die Kinder- und Altersarmut, die Verletzung der Gleichstellung der Geschlechter oder Gewalt gegen Frauen im Alltag, stimme ich mit dem Grundanliegen und der Kritik der Fraktion DIE LINKE überein. Dort, wo wir noch Diskriminierung oder Armut erkennen, haben wir politisch möglichst schon ihre Entstehung zu verhindern.

Was ich aber entschieden zurückweise, ist die Klassifizierung dieser Probleme als gravierende Menschenrechts

verletzungen. Es geht mir nicht darum, kritische Fragen, auch zur Menschenrechtssituation in Deutschland oder auch in Mecklenburg-Vorpommern, zum Tabu zu erklären, aber ich finde, wenn man von gravierenden Menschenrechtsverletzungen spricht, dann ordnet man die Probleme, die wir haben, auf gleicher Augenhöhe mit den Problemen, die Menschen teilweise in Afrika oder China erleben. Und ich frage Sie wirklich: Wollen wir so weit gehen?

Wenn ich allein die Jugendlichen sehe, die heute hier die Debatte im Landtag verfolgen, dann glaube ich, dass es mit Sicherheit viel gibt, wo Jugendliche zu uns sagen, da müsst ihr was tun, da sehen wir auch gerade unsere Rechte als Kinder und Jugendliche nicht gewahrt, aber dass sie die gleiche Situation haben wie Kinder und Jugendliche, die ohne Bildung sind in Afrika oder unter Druck leben in China, diese gleiche Situation sehe ich nicht. Und ich finde, bei allem Kampf, wo ich auch die Linkspartei unterstütze, für mehr Umsetzung der Menschenrechte, für Einbringung von Kinderrechten ins Grundgesetz, für die Bekämpfung von Kinder- und Altersarmut, wir sollten nicht so weit gehen, dass wir die guten Dinge, die es auch in unserem Land gibt, die Demokratie und die Freiheit, dass wir das gleichstellen mit gravierenden Menschenrechtsverletzungen im diktatorischen System. Diese Gleichstellung ist nicht in Ordnung.

Da aber im weiteren Antrag konkrete Lebenslagen von Menschen angesprochen werden, möchte ich gern auf diese Situation eingehen und Ihnen darstellen, wo ich konkrete Möglichkeiten zur Verbesserung sehe. Diese konkreten Vorschläge habe ich im Übrigen im Antrag der Linkspartei vermisst, denn allgemein zu sagen, da müssen wir was tun, auch konkret in M-V, und dann keine konkreten Vorschläge zu machen, finde ich vor dem Hintergrund der zu Recht angesprochenen Probleme zu wenig.