Protocol of the Session on March 12, 2015

(Der Abgeordnete Ingulf Donig wird nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 13.08 Uhr

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Wiederbeginn: 13.10 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren, an der Abstimmung haben insgesamt 45 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein stimmten 40 Abgeordnete. Es enthielt sich kein Abgeordneter. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/3748 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Lebensgrundlage sichern/Boden schützen, Drucksache 6/3744. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3793 vor.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Lebensgrundlage sichern/Boden schützen – Drucksache 6/3744 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/3793 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Schütt von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Boden ist eine knappe Ressource, die nicht vermehrbar ist. Böden entstehen über sehr lange Zeiträume. Sie haben sich seit dem Ende der letzten Eiszeit vor rund 10.000 Jahren entwickelt. Dieser Bildungsprozess schreitet zwar unentwegt weiter voran, dennoch tun wir gut daran, unsere Böden als nicht vermehrbare endliche Ressource anzusehen. Die Bodenneubildung findet extrem langsam statt. Im Schnitt dauert es hundert Jahre, bis ein Zentimeter Boden entstanden ist. Der Bodenbildung stehen Prozesse wie Gewitterniederschläge und trockene Winde gegenüber, die in wenigen Minuten bis Stunden imstande sind, große Mengen Boden abzutragen und natürliche Bodenfunktionalität irreversibel zu beeinträchtigen. Bodenverdichtung oder eine schleichende Versauerung führen zu weniger offensichtlichen Beeinträchtigungen, aber auch sie sind imstande, die Produktivität unserer Böden nachhaltig einzuschränken. Und ganz unbemerkt kommt es zur Abtragung und Ablagerung von Boden und damit zum Verlust der fruchtbaren oberen Krume unserer Böden.

Böden sind Lebensraum und Lebensgrundlage zahlreicher Organismen. Neben der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung fungieren sie als Klimasenke, Wasserfilter und Nähstoffspeicher. Der Boden ist Bestandteil von Stoffkreisläufen, dient als Filter, Puffer und Stoffumwandlungsmedium, kurzum, er ist Grundlage des Lebens.

Meine Damen und Herren, um die Aufmerksamkeit auf den Boden und seine Besonderheiten zu lenken, haben die Vereinten Nationen das Jahr 2015 zum Internationalen Jahr der Böden erklärt. Damit möchte die Staatengemeinschaft einerseits auf die Besonderheit unserer Böden hinweisen, andererseits aber auch aufzeigen, dass diese kostbaren natürlichen Ökosysteme auch vor Gefährdungen wie Flächenversiegelung, Verwüstung, Versalzung und so weiter geschützt werden müssen.

Trotz zahlreicher Maßnahmen gibt es weiteren Handlungsbedarf beim Schutz des Bodens, das heißt, insbesondere den Verbrauch von Boden durch Infrastrukturmaßnahmen, aber auch durch Ausgleiche für Eingriffe in den Naturhaushalt zu reduzieren. Der Schutz unserer Böden ist lebensnotwendig. Das Ziel der Bundesregierung ist es, die Nutzung der Böden durch die Land- und Forstwirtschaft nachhaltig zu gestalten.

(Vincent Kokert, CDU: Sehr gut, Herr Schütt.)

Deshalb engagiert sich Deutschland national und international für den Bodenschutz, auch unter den Bedingungen

des Klimawandels. Mit der Verabschiedung der Bundeskompensationsverordnung hat die Bundesregierung

einen entscheidenden Schritt zum besseren Bodenschutz in Deutschland gemacht.

Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit hat sich gerade meine Fraktion immer wieder dafür eingesetzt, dass die Sanierung devastierter Flächen als Ausgleich für Eingriffe in den Naturhaushalt berücksichtigt werden kann. Des Weiteren haben wir mit der Ökokontierung eine Regelung gefunden, die den Verbrauch von Böden mindert. Rechtliche Regelungen gibt es unseres Erachtens zur Genüge. Nunmehr gilt es, durch geeignete Maß- nahmen Bodenverdichtungen während der Bearbeitung der Böden, Bodenabträge durch standortangepasste Nutzung sowie Bodenerosion durch angepasste Bewirtschaftung beziehungsweise naturbetonte Strukturelemente zu verhindern.

Grundlage weiterer Maßnahmen ist ein umfassender Bericht über den Schutz des Bodens in unserem Land. Auf Grundlage eines solchen Berichtes können Maßnahmen veranlasst werden, um die Lebensgrundlage Boden in Mecklenburg-Vorpommern noch besser zu schützen. Dabei soll nach Auffassung meiner Fraktion die Nutzung im Vordergrund stehen, um so zum Erhalt der Ernährungsgrundlage, der Artenvielfalt, des Gewässerschutzes und Landschaftsbildes beizutragen. Hierfür bitte ich um Ihre Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Inneres und Sport in Vertretung für den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Bitte, Herr Caffier.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Völlig neue Situation hier. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf in Vertretung für den erkrankten Kollegen Backhaus die Ausführungen zu dem Thema Boden machen. Zunächst würde ich vorher allerdings gern noch in meiner Funktion dem Abgeordneten Tino Müller, der nicht hier ist, ein paar Sätze zu seinem gequirlten Quatsch im vorhergehenden Antrag erwähnen.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)

Aber wie hat Frau Gajek gestern richtig erwähnt: Das erfordert natürlich Zuhören, Nachdenken, Verarbeiten, möglicherweise eine Überforderung für den Abgeordneten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU und Dr. Fritz Tack, DIE LINKE – Heinz Müller, SPD: Ganz sicher, ganz sicher. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, gestatten Sie mir nun einige Ausführungen zu dem Thema Boden. Wenn Sie jemand spontan …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der NPD – Stefan Köster, NPD: Sie lassen die Feuerwehren am langen Arm verhungern, Herr Innenminister. – Zuruf von David Petereit, NPD)

Wenn Sie jemand spontan fragen würde, was er zum …

(Stefan Köster, NPD: Dummes Geschwätz, dummes Geschwätz, mehr hört man von Ihnen nicht! – Zuruf von David Petereit, NPD)

So wichtig sind Sie nicht, dass ich auf Sie antworten muss,

(Stefan Köster, NPD: Bla, bla, bla!)

wissen Sie, das kann ich mir ersparen.

(Stefan Köster, NPD: Da fühlen Sie sich stark getroffen, Herr Minister. – Zuruf von David Petereit, NPD)

Wenn man jemanden spontan fragen würde, meine Damen und Herren Abgeordnete, was er zum Überleben braucht, was würde man wohl antworten?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Ich denke, vielleicht würde man sagen, man braucht Speisen, wir brauchen saubere Luft zum Atmen, wir brauchen sauberes Trinkwasser. Ganz sicher würde aber, glaube ich, niemand sagen, wir brauchen Boden.

(Heiterkeit bei Dr. Fritz Tack, DIE LINKE: Wenige, wenige.)

Dabei gäbe es ohne ihn nichts von dem, was letztendlich jeder Mensch zum Leben braucht, denn wir alle brauchen den Boden für die Produktion von Biomasse durch Land- und Forstwirtschaft, als Quelle für Rohstoffe sowie als Wasser- und als Energiespeicher, als räumliche Grundlage für unsere Infrastrukturen, zum Beispiel für den Bau von Wohnhäusern, Industrieanlagen und Transportsystemen, als Filter und Puffer zwischen Atmosphäre, Grundwasser und Pflanzenfläche, aber eben auch als biologisches Habitat und Genreservoire. Kurz gesagt, Boden ist eine lebenswichtige, eine vor allen Dingen nicht erneuerbare Ressource.

Leider hat Boden auch heute noch so gut wie keine Lobby. Er wird im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten. Und deswegen ist es wichtig, dass man sich der Thematik durchaus annimmt und sie nicht negiert. Auch wenn in den letzten Jahren offensichtlich ein Umdenken begonnen hat, stehen die ökonomischen Aspekte noch viel zu oft im Vordergrund.

Der Umweltminister setzt sich daher seit Jahren dafür ein, dass der Boden stärker in den Fokus rückt. Die zunehmenden Nutzungskonflikte durch eine hohe Konzentration von Menschen und Tätigkeiten auf begrenzter Fläche führen dazu, dass unser Boden letztendlich immer größeren Belastungen ausgesetzt wird. Die zentralen Themen sind dabei irreversible Schäden durch Bodenversiegelung und Bodenerosion, Verdichtung, Verunreinigungen durch Punktquellen und diffuse Quellen, Versalzung und Humusverarmung.

Die Herausforderungen an die Boden- und Landnutzung werden aber nicht nur durch das Einwirken der Menschen, sondern zusätzlich durch klimatische Veränderungen bestimmt. Es treten vermehrt Starkniederschläge und extreme Trockenphasen auf, auf die sich alle Bodennutzer einstellen müssen. Bereits heute ist knapp ein Fünftel, genauer gesagt 17 Prozent, der gesamten Bodenfläche Europas mehr oder weniger stark von Erosion betroffen.

Die Vorsorge gegen das Auftreten von Bodenerosion stellt daher eine der größten Herausforderungen dar. Hier liegt der Fokus gerade in einem Agrarland wie MecklenburgVorpommern natürlich zuerst auf der Landwirtschaft. Gerade auf Ackerböden werden durch die Bodenbearbeitung und vegetationsfreien Zeiten besonders günstige Voraussetzungen für Erosion geschaffen. Entsprechend aktueller Berechnungen des Landesamtes für Umwelt, Natur und Geologie sind in Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich Wassererosion circa 16 Prozent der Ackerfeldblöcke – das entspricht 172.048 Hektar – als potenziell erosions- gefährdet eingestuft. Hinsichtlich Winderosion sind es sogar 37 Prozent, knapp 400.000 Hektar der Flächen.

Um Klarheit über das tatsächliche Ausmaß der Erosionsereignisse zu erhalten und noch bessere Vorsorge betreiben zu können, haben wir seit circa drei Jahren bei der zuständigen Stelle für landwirtschaftliches Fachrecht und Beratung ein Erosionsereigniskataster etabliert. Damit spielt das Land Mecklenburg-Vorpommern in dieser Frage eine Vorreiterrolle. Durch die Auswertung des Erosionsereigniskatasters können die Flächenbehörden eine wesentlich effektivere Beratung für die Landwirtschaft leisten.

Auch auf Bundesebene sind wir an dem Thema dran. So werden auf Initiative Mecklenburg-Vorpommerns die rechtlichen Regelungen der Bundesbodenschutzverordnung in der aktuellen Novellierung auch hinsichtlich der Winderosion ergänzt.

Kommen wir zum Thema Verdichtung. 57 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Mineralbodenstandorte sind als potenziell erheblich bis sehr stark schadverdichtungsgefährdet eingestuft. Die Verdichtungsgefahr wird im Zuge des Klimawandels noch zunehmen. Deshalb ist es bei der Bodennutzung umso wichtiger, dass Verfahren zum Einsatz kommen, welche die technogenen Bodenbelastungen minimieren. Auch hier leistet die Landwirtschaftsberatung wichtige Unterstützung durch entsprechende Fachinformation der Landwirte. Gerade in den neuen Bundesländern, die mit der Landwirtschaft viel zu tun haben, wussten wir, was wir in den früheren Jahren mit schwerer Technik und Ähnlichem in Bodenverdichtung für eine große, ja, letztendlich Sünde betrieben haben, die ihre Nachwirkungen auch heute noch hat. Das gehört zum Gesamtthema natürlich mit dazu.

Aber nicht nur im Bereich der Landwirtschaft, auch beim Bauen auf den Flächen muss noch mehr Vorsorge gegen das Auftreten von Bodenverdichtung betrieben werden. Jede Baumaßnahme führt zu einer irreversiblen Beeinträchtigung des Bodens. Rund die Hälfte des Baulandes wird überbaut beziehungsweise versiegelt. Auch Bodenaushub und Aufschüttung während der Baumaßnahmen beeinträchtigen den Boden langfristig. Deswegen erstellt das Landwirtschaftsministerium gerade eine Arbeitshilfe Bodenschutz in der Bauleitplanung und einen Erlass zur Einführung der bodenkundlichen Baubeglei

tung, die insbesondere bei massiven Eingriffen in den Boden zur Anwendung kommen soll. Ziel ist die Vermeidung unnötiger Bodenschäden in der Bauphase. Dass sich die bodenkundliche Baubegleitung insbesondere im Hinblick auf den Schutz landwirtschaftlicher Böden bewährt hat, hat sich in Mecklenburg-Vorpommern beim Bau der nordeuropäischen Erdgasleitung gezeigt.

Eine weitere Herausforderung, der wir uns stellen müssen, ist die Reduzierung von Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung. Erfreulicherweise verzeichnen wir in Mecklenburg-Vorpommern einen starken Rückgang der Flächeninanspruchnahme. Betrug der Durchschnittswert seit der Wende acht Hektar pro Tag, liegt er im Zeitraum 2013 bis heute bei rund drei Hektar je Tag.