Protocol of the Session on January 28, 2015

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Opposition legt uns heute quasi ihren alten, inzwischen zurückgezogenen Gesetzentwurf in neuem, wenn auch deutlich dünnerem Gewand erneut vor.

(Heiterkeit bei Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Müller, SPD: Alter Wein in neuen Schläuchen.)

Abgesehen davon, dass sich die Reihenfolge der einbringenden Fraktionen geändert hat, gilt hier wieder einmal: alter Wein in neuen Schläuchen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Täglich grüßt das Murmeltier, heißt das. – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht erneut vor, die Aufhebung der bislang noch nicht geschlossenen Amtsgerichte sowie die Verlegung des Landessozialgerichts von Neubrandenburg nach Neustrelitz um zwei Jahre zu verschieben. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es wiederum: „Würde der Gesetzentwurf“ – gemeint ist hier der des Volksbegehrens – „durch Volksentscheid angenommen, müssten diese Aufhebungen wieder rückgängig gemacht werden.“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, ist so.)

Das liegt doch aber in der Natur der Sache. Wenn man Ihrer Argumentation folgen würde, dann könnte man im Grunde kein Reformgesetz umsetzen, sondern müsste immer abwarten, ob nicht doch ein Volksbegehren beziehungsweise ein Volksentscheid auf den Weg gebracht wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, es dürfte die Opposition nicht verwundern – Sie erwarten das ja auch –, dass die Koalition dieses Ansinnen erneut ablehnen wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, zu Recht.)

Wir haben in der Ersten Lesung des alten Gesetzentwurfs deutlich erklärt, dass und warum wir dem nicht zustimmen. Dem habe ich auch heute keine anderen Argumente hinzuzufügen. Ein solches Ansinnen hinauszuschieben, macht nicht nur keinen Sinn, sondern kommt einer Aufforderung zum Rechtsbruch durch die Landesregierung nahe.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, richtig, genau.)

Warum legen uns die Oppositionsfraktionen heute wieder einen im Wesentlichen inhaltsgleichen Gesetzentwurf vor?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und rechtswidrigen.)

Herr Suhr, Sie werden wahrscheinlich ausführen, dass der Koalition Gelegenheit gegeben werden soll, ihre bisherige Haltung zu überdenken. Ich kann ja Ihre Sorge verstehen, dass das Thema einschläft, läuft die Umsetzung der Gerichtsstrukturreform doch geräuschlos und findet mittlerweile sogar auf Veranstaltungen wie letzte Woche in meinem Wahlkreis in Bad Doberan teilweise Zustimmung.

(Heinz Müller, SPD: Erzähl mal! – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch hätten Sie, finde ich, etwas mehr Sorgfalt bei der Formulierung des Gesetzentwurfs walten lassen können. Dass der vorliegende Gesetzentwurf nämlich mit

heißer Nadel gestrickt wurde und Sie ihn im Grunde selbst nicht ernst nehmen, sieht man ihm deutlich an.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das macht Herr Suhr nicht, der strickt nicht mit heißer Nadel.)

So heißt es im Gesetzesvorblatt unter „3. Alternativen“: „Keine.“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach!)

Hier hätten Sie sich wenigstens die Mühe machen können, auf die Beibehaltung der gesetzlich geltenden Termine der Gerichtsaufhebung zu verweisen. Das ist nämlich eine Alternative. Gänzlich unverständlich aber ist die Angabe unter „4. Kosten“. Dort steht nämlich ebenfalls: „Keine.“

Wenn sich die Opposition schon Sorgen um den Landeshaushalt macht, so finde ich die Ausführungen oder genauer gesagt die dort fehlenden Ausführungen im Gesetzesvorblatt zu den Kosten zumindest bemerkenswert. Gerade unter Kostengesichtspunkten wäre die vorgeschlagene Verschiebung nämlich nicht zum Nulltarif zu haben. Es spricht im Gegenteil vieles dafür, die eingeleiteten und angelaufenen Umsetzungsmaßnahmen auch zum Abschluss zu bringen. Die Umkehr einer ganzen Reihe von Maßnahmen wäre zum Beispiel zum jetzigen Zeitpunkt sogar mit Nachteilen verbunden. Das hat Ihnen die Justizministerin bereits in der Ersten Lesung des vorherigen Gesetzentwurfs verdeutlicht und heute noch mal unterstrichen. Es würden Kosten anfallen für dann fällig werdende zusätzliche Investitionen in die Sicherheit einzelner Standorte. Das gilt auch zur bereits weitgehend erfolgten technischen Umstellung im IT-Bereich. Auch müssten Personalmaßnahmen wieder zurückgenommen werden, die bereits ausgesprochen wurden.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie merken es schon, es geht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE nicht um die Sache, es geht ihnen um politische Schauveranstaltungen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gute Rede, Frau Drese.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte, die wir bisher gehört haben, ist schon sehr interessant.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, das stimmt.)

Weder vonseiten der Justizministerin noch vonseiten der SPD-Fraktion wurde mit einem einzigen Wort auf das Volksbegehren reflektiert.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau, sehr bezeichnend.)

Und das bedeutet für mich, dass Sie völlig ausblenden, dass es ein erfolgreiches Volksbegehren gibt, dass wir uns als Landtag damit zu beschäftigen haben in nächster Zeit und dass dieses Volksbegehren auch Konsequenzen haben wird. Aus meiner Sicht ist heute schon klar, dass Sie der Auffassung sind – und das werden Sie uns dann bei der Behandlung des Volksbegehrens auch deutlich machen –, dass Sie dem Volksbegehren nicht zustimmen werden.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil schon alles vollzogen ist.)

Das ist ja Ihre Auffassung. Und dann werden Sie uns natürlich – das haben Sie in der letzten Debatte im Oktober schon gesagt – darauf verweisen, dass die durchgeführte Reform bis jetzt schon soundso viel Kosten betragen hat, dass deswegen fast alles vollzogen worden ist und wir deswegen nicht zurückkönnen. Deswegen werden Sie das Volksbegehren ablehnen. Dann kommt es zum Volksentscheid. Und auch da sind Sie sich sehr sicher, weil aufgrund der hohen Quoren es wahrscheinlich kaum zu schaffen ist, den Volksentscheid entsprechend dem Volksbegehren positiv zu Ende zu bringen. Sie lehnen sich also zurück und sagen: Bei den demokratischen Instrumenten, die wir haben, haben wir so hohe Hürden gesetzt, lasst sie mal machen, interessiert uns alles nicht.

Ich kann Ihnen nur sagen: falsche Einstellung, wirklich falsche Einstellung. Wir machen hier keine politische Show, Frau Drese.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Doch, doch, doch!)

Und so geräuschlos, wie Sie das hier darstellen, ist es eben nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Reine Showveranstaltung!)

Gucken Sie sich das mal an,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Warten Sie doch mal ab! Es ist doch völlig unsinnig, jetzt ein Gesetz auszuhebeln, wo die Stimmen noch gar nicht ausgezählt sind!)

was in den Amtsgerichtsbezirken in der letzten Zeit seit der Umsetzung passiert ist! Und was die Kosten betrifft, da sagen Sie, das kostet alles sehr viel Geld, wenn Sie heute aufhören, die Umsetzung weiter zu vollziehen. Wenn aber der Volksentscheid positiv begehrt wird? Und deshalb sagen wir, stoppt doch bitte in Achtung des Volksbegehrens und des zukünftigen Volksentscheides die Umsetzung der Amtsgerichtsstrukturreform

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Machen wir das dann künftig bei jedem Gesetz, Frau Borchardt, oder was?!)

und guckt dann gemeinsam um zwei Jahre weiter.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch irreal, was Sie da fordern, Mann!)

Wenn die Bürgerinnen und Bürger dann Nein sagen zu dem Volksbegehren, dann bitte schön setzen wir weiter

um. Aber nicht, dass Sie jetzt so tun, als wenn die Bürgerinnen und Bürger in ihrem …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich denke, wir leben hier in einem Rechtsstaat?!)

Genau deshalb, aber genau deshalb.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und wie sieht die Rechtslage hier aus? Erläutern Sie die doch mal, Frau Borchardt, Mensch!)

Herr Dr. Nieszery,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, bitte?!)