Protocol of the Session on December 12, 2014

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Richtig.)

Akzeptanz und Verständnis erwachsen aus Wissen, Informationen und persönlicher Erfahrung. Jeder von uns hat seine Prozession und keiner kann in allen Bereichen vollumfänglich informiert sein. Um Entscheidungen akzeptieren zu können, ist grundsätzliches Wissen zum Weg eines Flüchtlings in Deutschland, in MecklenburgVorpommern eventuell hilfreich. Die Aufnahme von Flüchtlingen und das Asylverfahren sind von der europäischen Ebene über die Bundes- und Landesebene bis hin zu den Landkreisen und kreisfreien Städten durch Gesetze, Verordnungen, Arbeitshinweise, Erlasse, Verträge und Vereinbarungen geregelt. Alle Beteiligten sind verpflichtet, sich daran zu halten. Die Flüchtlinge und die Menschen in unserem Land vertrauen darauf.

Im Internet findet man auf der Seite des Flüchtlingsrates Mecklenburg-Vorpommern unter dem Stichwort „Selbstverständnis“ folgende Definition, Zitat: „Flüchtlinge sind eine spezielle Gruppe unter Zuwanderern aus dem Ausland. Sie suchen Schutz vor Folter, Verfolgung und Hunger, ausgelöst durch politische, religiöse oder kulturelle Spannungen, Krieg und Armut im eigenen Land. Weltweit sind rund 40 Millionen Menschen auf der Flucht.“ Zitatende.

In Deutschland werden bis zum Ende dieses Jahres insgesamt circa 200.000 Flüchtlinge erwartet. Entsprechend der Aufteilung nach dem Königsteiner Schlüssel, dem die Einwohnerzahlen bis auf die kommunale Ebene zugrunde liegen, werden in unserem Bundesland gut zwei Prozent dieser Menschen aufgenommen. Das können dann mehr als 4.000 Personen in diesem Jahr sein.

Möchten diese Schutzsuchenden einen Asylantrag stellen, müssen sie sich in der Erstaufnahmeeinrichtung des

Landes in Nostorf-Horst, im Landkreis LudwigslustParchim, melden. Dort kümmert man sich um die erste Unterbringung, die individuelle und medizinische Erstversorgung. In der dort befindlichen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird der Asylantrag gestellt. Hier werden alle Angaben zur Person erfasst und Fingerabdrücke für die europaweite Datei genommen. Minderjährige Schutzsuchende ohne Begleitung werden vom Jugendamt in Obhut genommen. Maximal bis zu drei Monate sollen die Asylbewerberinnen und Asylbewerber in dieser Einrichtung leben.

Bei unserem Besuch in Nostorf-Horst haben wir erfahren, dass bei der Vielzahl der zurzeit ankommenden Menschen manchmal bereits nach 14 Tagen eine Verteilung auf die 20 Gemeinschaftsunterkünfte in den aufnahmepflichtigen Landkreisen und kreisfreien Städten erfolgt. Verstärkt werden die Ankommenden auch dezentral außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte untergebracht. Das stellt alle Beteiligten vor große logistische und finanzielle Herausforderungen. Zügig müssen freie Plätze für die Unterbringung von neu einreisenden Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zur Verfügung gestellt werden.

Weiter zum Weg der Flüchtlinge: In Nostorf-Horst angekommen, prüft das Bundesamt den Schutzstatus und die Asylberechtigung. Grundsätzlich gilt, für die Entscheidung über einen Asylantrag ist das Einzelschicksal maßgebend. Vor der eigentlichen Prüfung des Asylantrages wird entsprechend dem Dubliner Übereinkommen zuerst geprüft, welcher Staat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist.

(Michael Andrejewski, NPD: Das ist meistens nicht Deutschland.)

Das Dubliner Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der bestimmt, welcher europäische Staat mit der Prüfung eines gestellten Asylantrages zu verantworten ist.

(Michael Andrejewski, NPD: Der laufend ignoriert wird.)

So soll die Durchführung eines Asylverfahrens garantiert und gleichzeitig verhindert werden, dass der Asylbewerber mehr als ein Verfahren betreiben kann. Wichtigste Regel für die Zuständigkeit ist: Der Staat, in dem der Asylbewerber nachweislich zuerst eingereist ist, muss das Asylverfahren durchführen.

(Michael Andrejewski, NPD: Warum ist das nicht so?)

Das Dubliner Übereinkommen trat am 1. September 1997 in Kraft und ist in der EU zwischenzeitlich durch Dublin II und Dublin III ersetzt worden. Ist Deutschland zuständig, beginnt das Asylverfahren mit der Anhörung. Ist ein anderer Staat zuständig, werden die Asylbewerber nach einem entsprechenden Bescheid von Deutschland aus in den zuständigen Staat zurücküberstellt. Dieser Staat muss dieser Überstellung zustimmen.

(Michael Andrejewski, NPD: Oder auch nicht.)

Die Asylbewerber können Gründe anführen, die gegen eine Überstellung sprechen, und Rechtsmittel einlegen. Kommt nach Abschluss eines Asylverfahrens die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung

als Asylberechtigter nicht in Betracht, entscheidet das Bundesamt, ob andere Abschiebungsverbote auf Grundlage des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Werden Flüchtlingseigenschaften, Asylberechtigungen, die Schutzwürdigkeit oder Abschiebungsverbote anerkannt, hat das unterschiedliche Auswirkungen auf Aufenthaltstitel mit Zeitdauer und Aussagen zur Niederlassungserlaubnis zur Folge.

(Tino Müller, NPD: Was hat das mit dem Antrag zu tun?)

Jede Entscheidung ergeht schriftlich und wird begründet. Ergeht ein ablehnender Bescheid, ist dieser mit einer Ausreiseaufforderung und einer Abschiebungsandrohung verbunden. Die Antragsteller sind verpflichtet auszureisen. Kommen sie dem nicht nach, erfolgt die Abschiebung. Ist die Abschiebung nicht möglich, kann eine Duldung oder eine Aufenthaltserlaubnis ausgesprochen werden.

(Michael Andrejewski, NPD: Da gibt es viele Tricks.)

Es besteht immer die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. In einzelnen Fällen kann ein Härtefallersuchen gestellt werden.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, wenn man krank wird.)

Ich zitiere aus den Informationen zum entsprechenden Härtefallkommissionsverfahren: „Die Härtefallkommission ist ein von der Landesregierung eingerichtetes behördenunabhängiges achtköpfiges Gremium aus dem Bereich der Kirchen, der Flüchtlingsorganisationen, der Wohlfahrtsverbände,“

(Michael Andrejewski, NPD: Da ist jeder ein Härtefall.)

„der kreisfreien Städte und Landkreise sowie der Landesregierung.“ Zitatende. Härtefallersuchen werden ausschließlich an die Mitglieder oder die Geschäftsstelle der Kommission gestellt. Hier wird dann geprüft, ob dringende humanitäre oder persönliche Gründe vorliegen, die eine weitere Anwesenheit im Land rechtfertigen.

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, mit dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag fordern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – so, wie es auch der Flüchtlingsrat tut – für unser Land einen generellen Winterabschiebestopp. Bis zur Mitteilung des Innenministeriums, dass es diesen für 2014 nicht geben wird, hatten Sie eventuell auf die Erfahrungen der letzten Jahre vertraut, in denen der zuständige Minister eine solche Maßnahme für Mecklenburg-Vorpommern vor der letzten Landtagssitzung verkündet hatte.

Wir haben der Dringlichkeit des Antrages, den wir heute ablehnen werden, zugestimmt, um auf sachlicher Grundlage unsere diesbezüglichen Auffassungen zu begründen. In diesem Jahr würde eine Aussetzung der Abschiebung einer Vereinbarung des Bundesinnenministers mit den Länderinnenministern zuwiderlaufen.

(Vincent Kokert, CDU: Und zwar aller.)

Ende Oktober hatten Bund und alle Länder erklärt, dass es vorbehaltlich unabweisbarer Härtefälle notwendig ist,

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

gesetzlich bestehende Ausreisepflichten durchzusetzen. Nur dann ist es möglich, dass wirklich Berechtigte effektiven Schutz erhalten können und die große Akzeptanz

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

der Bevölkerung bei der Aufnahme von Flüchtlingen nachhaltig erhalten bleibt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, die ist wichtig.)

Bund und Länder haben sich auf ein Gesamtkonzept verständigt, um die Lasten der höheren Flüchtlingszahlen gesamtstaatlich zu schultern.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Der Bund stellt jeweils 500 Millionen Euro für 2015 und 2016 bereit, übernimmt künftig zum Beispiel die anfallenden Impfkosten und stellt Bundesimmobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen mietzinsfrei zur Verfügung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was haben die davon, die jetzt ausreisen müssen? Nichts!)

So werden Länder und Kommunen bei der Bewältigung der Aufgaben weiter unterstützt.

(Udo Pastörs, NPD: Toll!)

Wir dürfen es nicht dazu kommen lassen, dass Städte und Gemeinden mit der Aufnahme von Flüchtlingen überfordert sind.

(Michael Andrejewski, NPD: Die Akzeptanz ist doch so groß.)

Wir stimmen mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann überein,

(Vincent Kokert, CDU: Hört, hört!)

dass es bei der Frage der Rückführung nicht hauptsächlich um die Jahreszeit, sondern um die humanitären Umstände geht, die ausreisepflichtige Asylbewerber bei ihrer Rückkehr vorfinden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

In jedem Einzelfall wird verantwortungsvoll und intensiv geprüft, ob aus humanitären Gründen die Abschiebung nicht vollzogen wird. An dieser Stelle kann auch die oben beschriebene Härtefallkommission des Landes miteinbezogen werden. Wir halten diesen Weg für zielführender als die Anordnung eines generellen Winterabschiebestopps in 15 Staaten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich habe Ihnen doch einen Kompromiss gemacht.)

Es wird keine Abschiebung geben,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was ist denn mit Rheinland-Pfalz? Es gibt doch da Vorschläge!)

wenn im Einzelfall die Sicherheit der Betroffenen im Herkunftsland