Protocol of the Session on December 11, 2014

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Wiederbeginn: 17.36 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 54 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 4 Abgeordnete, mit Nein stimmten 50 Abgeordnete, kein Abgeordneter enthielt sich der Stimme. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/3506 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE, Initiativen für ein Nationales Konversionsprogramm ergreifen, Drucksache 6/3498. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3558 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Initiativen für ein Nationales Konversionsprogramm ergreifen – Drucksache 6/3498 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/3558 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben ihre Kritik an deutschen Rüstungsexporten in Staaten mit bedenklicher menschenrechtlicher Lage bekräftigt.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Am Montag dieser Woche stellte die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung ihren neuesten Rüstungsexportbericht vor. Laut diesem Bericht sind Lieferungen deutscher Rüstungsgüter in Länder außerhalb der Europäischen Union, der NATO und dem Militärbündnis gleichgestellten Staatengruppen in Höhe von 3,6 Milliarden Euro genehmigt worden. Das sind 62 Prozent aller erteilten Ausfuhrgenehmigungen und das ist vor allem für die Hersteller und Exporteure der Rüstungsgüter ein Bombengeschäft. Will man also Rüstungsexporte eindämmen, braucht man für die Hersteller von Rüstungsgütern eine Alternative. Diese Alternative kann mit einem nationalen Programm zur schrittweisen Konversion von Rüstungsindustrie in zivile Wirtschaftsbereiche erfolgen.

Die Linksfraktion fordert daher hier im Landtag die Landesregierung auf, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für ein solches Programm einzusetzen. Auch Bundeswirtschaftsminister Gabriel hatte zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, er wolle bei Rüstungsexporten in Staaten, die nicht in der EU oder der NATO sind, restriktiver entscheiden als sein Vorgänger Philipp Rösler von der FDP. Außer dieser Ankündigung hat sich allerdings nicht sehr viel getan. Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung stellt daher in ihrem Bericht fest, ich zitiere: Besondere „Sorge“ bereitet uns „die weiter steigende Bedeutung nordafrikanischer Staaten und Länder aus dem Nahen und Mittleren Osten als Abnehmer deutscher Rüstungsgüter.“ Zitatende.

Als Staaten mit sehr schlechter Menschenrechtssituation, wie es der Bericht feststellt, stuft die gemeinsame Konferenz unter anderem Saudi-Arabien – Kooperationspartner der Peene-Werft in Wolgast –, Algerien, Israel

und Indonesien ein. Heftige Kritik üben die Kirchen daher an U-Boot-Lieferungen an Israel und am Verkauf von Patrouillenbooten an Saudi-Arabien.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen also hier einen direkten Bezug zu unserem Land, zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor und einem wichtigen Standort. Die Linksfraktion hatte die Lieferung der Boote nach SaudiArabien kritisiert, aber die Linksfraktion sagt nicht einfach: Licht aus! Nein, wir wollen Alternativen, auch für den Werftenstandort Wolgast. Deshalb ist die Forderung nach einem Konversionsprogramm für Rüstungsindustrie auch eine Chance für neue Betätigungsfelder der Wirtschaft in unserem Land.

Im Punkt 2 unseres Antrages fordern wir ein Forschungsprogramm Konversion. Wir haben hier schon mehrfach das Thema „Zivilklausel an unseren Hochschulen und Universitäten“ angesprochen. Unsere Anträge wurden unter anderem immer mit der Begründung abgelehnt, dass Gelder, die zur wehrtechnischen Forschung zur Verfügung gestellt würden, eine wichtige Einnahmequelle für die Lehreinrichtungen unseres Landes seien. Deshalb sagen wir auch hier nicht einfach Nein. Wir schlagen eine Umwidmung der öffentlichen Finanzmittel für Vorhaben der wehrtechnischen Forschung in ein For- schungsprogramm Konversion vor. Gründe, warum eine solche Forderung abgelehnt werden sollte, fallen mir nun wahrlich nicht ein. Vor allem nicht, wenn man Artikel 18a unserer Landesverfassung im Blick hat.

Punkt 3 unseres Antrages hat etwas mit den gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen der Konversion militärischer Liegenschaften hin zur zivilen Nutzung im Rahmen von Standortschließungen zu tun. Konversion in Mecklenburg-Vorpommern ist dank der 2001/2002 von Rot-Rot initiierten Leitlinien und Förderprogramme eine Erfolgsgeschichte. Die im Frühjahr 2006 unterzeichnete Konversionspartnerschaft zwischen dem Land, den Konversionskommunen, der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten und der Bundeswehr sucht bundesweit noch immer ihresgleichen.

Wir wissen aufgrund dieser Erfahrungen vor allem, dass Konversion ein langfristiger und ressortübergreifender Prozess ist, der Kontinuität und finanzielle Unterstützung braucht. Wir wissen auch, dass die Förderprogramme des Landes überwiegend aus EU-Strukturfonds gespeist wurden. Wir wissen aber nicht, ob und wie diese Finanzquelle auch in Zukunft sprudelt. Nicht umsonst hieß es auf einer der letzten Beratungen der IMAG Standortkonversion, an die Konversionskommunen gerichtet: Stellt eure Anträge jetzt, wir wissen nicht, ob und wie es im nächsten Jahr weitergeht.

Auch die Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz kommt in ihrer „Arbeitshilfe zu den rechtlichen, planerischen und finanziellen Aspekten der Konversion militärischer Liegenschaften“ zu der Feststellung, ich zitiere: „Derzeit besteht jedoch keine Klarheit darüber, wie die Europäische Strukturfondsförderung der Periode 2014 bis 2020 konkret ausgestaltet wird und ob mit diesem Finanzierungsinstrument auch künftig Liegenschaftskonversion unterstützt werden kann.“

(Regine Lück, DIE LINKE: Sehr bedauerlich.)

„Ebenso im Umbruch befindet sich die ‚Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruk

tur‘.“ Zitatende. Besagte Arbeitshilfe stellt aber auch fest, ich zitiere: „Ein bundesweites Konversionsprogramm besteht derzeit nicht.“ Zitatende.

Wir meinen, es ist höchste Zeit, diesen Zustand zu ändern. Deshalb halten wir es für zielführend, dass die durch den Vermarktungsauftrag der BImA entstehenden Einnahmen nicht im allgemeinen Haushalt des Bundesfinanzministers aufgehen, sondern vollständig in einen zu schaffenden Konversionsfonds fließen. Dieser Fonds wäre dann eine wichtige Hilfe für die Konversionskommunen bei der Bewältigung einer großen Herausforderung, einer Herausforderung, die sie nicht selbst verursacht haben. Deshalb haben sie Anspruch auf landes- und bundespolitische Unterstützung, die sie dringend notwendig haben. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst in Vertretung des Ministers für Wirtschaft, Bau und Tourismus die Justizministerin Frau Kuder.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bei dem hier vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE handelt es sich um die gekürzte Form eines Antrages der Bundestagsfraktion der LINKEN aus dem Oktober 2014

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig. – Marc Reinhardt, CDU: Plagiate! Plagiate! Plagiate!)

mit dem Titel „Nationales Konversionsprogramm entwickeln – Umwandlung der Militärwirtschaft in eine Friedenswirtschaft ermöglichen“.

(Rainer Albrecht, SPD: Ihr habt abgeschrieben! – Peter Ritter, DIE LINKE: Was ist daran falsch?)

Nun gut, man muss eben nicht immer alles neu erfinden

(Helmut Holter, DIE LINKE: Macht die CDU übrigens auch.)

und kann gern einmal abschreiben, aber nicht alles, was vielleicht auf Bundesebene aus Sicht der LINKEN Sinn macht, passt auf die Gegebenheiten Mecklenburg-Vor- pommerns.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Deswegen habe ich den Antrag umformuliert, und dann passt es Ihnen auch wieder nicht. – allgemeine Heiterkeit)

Ihre Forderung...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hätte ich den Antrag eins zu eins übernommen, hätten Sie gemeckert. Jetzt habe ich die landes- spezifischen Dinge herausgearbeitet und es ist Ihnen auch wieder nicht recht.)

Einen Moment, bitte schön!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Also was denn nun? – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Herr Ritter, ich gucke mal auf meine Liste, Sie haben auch noch Redezeit. Wie gesagt, kurze Zwischenrufe sind zulässig, aber es soll nicht in einen Monolog oder in ein Zwiegespräch mit der Ministerin ausarten, zumal die Ministerin hier die Rede des Wirtschaftsministers vorträgt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Pech gehabt!)

Bitte schön, Frau Kuder, machen Sie weiter!

Ihre Forderung, sich im Rahmen eines nationalen Programms für den Umbau der Rüstungsindustrie in zivile Wirtschaftsbereiche einzusetzen, zielt in unserem Land ziemlich ins Leere.

(Egbert Liskow, CDU: Siehste!)

In Mecklenburg-Vorpommern ist die Lürssen Werft in Wolgast eines der wenigen Unternehmen, welches man der Rüstungsindustrie zuordnen kann. Ansonsten spielt die Rüstungsindustrie in unserem Bundesland so gut wie keine Rolle. Nur sehr wenige Unternehmen haben überhaupt mit Wehrtechnik im weitesten Sinne zu tun, und wenn, dann nur in Teilbereichen ihrer Unternehmenstätigkeit.

Und, um auf die Lürssen Werft zurückzukommen, hier die Umstellung der Produktion auf ausschließlich zivile Produkte zu fordern, erscheint bei dem bestehenden weltweiten Überangebot im maritimen Bereich geradezu absurd. Nur zu sagen, die Werft darf keine Marineaufträge mehr annehmen, ist unehrlich. Wenn Sie für die Schließung eintreten, denn das würde Ihre Forderung bedeuten, dann sollten Sie das den Bürgern direkt sagen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ein Quatsch! Entschuldigung, Sie können ja nichts dafür, dass Sie so einen Quatsch aufgeschrieben bekommen haben.)

Auch Punkt 2 Ihres Antrages, der sich gegen die Bewilligung von öffentlichen Finanzmitteln für wehrtechnische Forschung ausspricht, greift für Mecklenburg-Vorpommern nicht. Hier darf ich auf die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hinsichtlich militärischer und sicherheitstechnischer Forschung an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern verweisen. Daraus geht hervor, dass in diesem Bereich so gut wie keine Aktivitäten erfolgen. Die Antwort hat auch heute nach eineinhalb Jahren noch Gültigkeit.

Außerdem fehlen mir Erläuterungen dazu, was das von Ihnen geforderte Forschungsprogramm „Konversion“ beinhalten soll und welchen Nutzen es für MecklenburgVorpommern bringen könnte. Dies erschließt sich leider nicht aus dem Antrag und insofern kann ich hierzu keine Aussage treffen.

(Egbert Liskow, CDU: Fragen Sie Herrn Saalfeld!)

Nun zu Punkt 3. Hier kommen wir immerhin zu einem Thema, das mit unserem Land stärker zu tun hat, nämlich zu militärischen Liegenschaften, die der Bund nicht mehr benötigt. Hier fordern Sie, dass die Einnahmen aus der Veräußerung in einen Konversionsfonds fließen sollen, leider jedoch ohne zu erläutern, wozu dieser Fonds genutzt werden soll.

In der Tat benötigen die Länder die Unterstützung des Bundes beim Konversionsprozess, also bei der Umwandlung militärischer Liegenschaften in eine zivile Nutzung. Hierzu gibt es bereits zahlreiche Initiativen. So hat zum Beispiel der Bundesrat einen Beschluss für einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vorgelegt, der eine verbilligte Abgabe von Liegenschaften ermöglichen soll. Der Entwurf wurde aber noch nicht beraten.

Das Bundeskabinett hat zudem in dem für 2015 vor- gelegten Haushaltsentwurf eine Grundlage für die verbilligte Abgabe von Konversionsgrundstücken durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verankert. Dazu ist ab 2015 für die nächsten vier Jahre ein Maximalumfang von insgesamt 100 Millionen Euro vorgesehen. Darüber hinaus ist im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen, das Nationale Naturerbe in einer dritten Tranche um mindestens weitere 30.000 Hektar zu erweitern. Hiervon kann zum Beispiel beim Truppenübungsplatz Lübtheen Gebrauch gemacht werden.