Noch mal zurück zur Reform der Handwerksordnung 2004. Wenn man davon ausgeht – und Genaues kann man ja erst nach der Evaluierung sagen –, dass sich die Handwerksordnung auf die Entwicklung des Handwerks, insbesondere auf die duale Ausbildung negativ auswirkt, bleibt doch die Frage im Raum, wie wahrscheinlich eine erneute Änderung der Handwerksordnung überhaupt ist. Das klang eben bereits schon an. Wir verweisen an dieser Stelle auf die verstärkte Inanspruchnahme der Dienstleistungs- und
Niederlassungsfreiheit durch Handwerker aus anderen EU-Mitgliedsstaaten. Dabei haben sich sowohl das Erscheinungsbild als auch die Struktur des Handwerks kontinuierlich gewandelt. Im Zuge des fortschreitenden Binnenmarktes müssen die deutschen Handwerksbetriebe daher auf die zunehmende Konkurrenz aus anderen Mitgliedsstaaten reagieren und sich den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen.
Insgesamt kann eine Evaluierung nicht schaden. Es bleibt abzuwarten, was daraus folgt. Wir Bündnisgrünen stimmen aber dem vorliegenden Antrag auf jeden Fall zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie gestatten mir, dass ich eine Metapher aufnehme von Herrn Holter, der hier mit dem Beispiel der Medizin kam. Herr Holter, die Dosis macht das Gift.
Es ist kein Geheimnis, dass meine Fraktion, dass die Nationaldemokratische Partei Deutschlands grundsätzlich eine Anti-EU-Partei ist.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Deswegen wollen wir sie ja auch unter fünf Prozent bringen, Herr Pastörs.)
Das heißt aber nicht, dass wir eine antieuropäische Partei sind, sondern wir sind explizit ganz klar eine Anti-EUPartei.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Deswegen haben Sie es ja auch nicht nach Brüssel geschafft, Herr Pastörs.)
Und deswegen hier auch meine Verbindung zu dem Gift, zu der Medizin. Die Dosis macht das Gift. Wir sind davon überzeugt, dass in dem Arzneischrank, den die EU für die europäischen Völker bereithält, sich überhaupt gar keine Medizin befindet, sondern die kleinste Dosis tödlich wirkt, ganz besonders für jene Länder, die auf hohem Niveau auch im handwerklichen Bereich unterwegs sind. Das heißt also, was hier 2004 geschehen ist, das ist nichts anderes als ein untauglicher Versuch, dem zu erwartenden Druck aus Brüssel zuvorzukommen und eine ganze Reihe von bewährten Handwerksberufen, die den Großen Befähigungsnachweis zu erbringen hatten, nun ganz einfach abzuschaffen. Das Ergebnis haben wir heute gehört. Diese Berufe bilden dann gar nicht mehr aus, und der Grund dafür liegt nicht darin, wie wir gerade gehört haben von der Abgeordneten der GRÜNEN Gajek,
dass sie Angst haben, Konkurrenz zu bekommen, sondern die dürfen das oft auch gar nicht, weil sie überhaupt nicht die gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllen, Lehrlinge auszubilden.
Und wenn Sie hier „Evaluierung“ sagen, dann ist nicht nur entscheidend, wie haben sich die Ausbildungs- und die Beschäftigungszahlen entwickelt, sondern ein wesentliches Merkmal einer Bewertung der Veränderung im Handwerk ist die Qualität. Was kommt da hinten heraus? Das wird sehr schwer sein, weil die Qualität – international akzeptiert – im deutschen Handwerk einen sehr, sehr hohen Stellenwert in Europa hat und wir zwangsläufig eine Anpassung in der Qualifikation nach unten erlebt haben. Das ist unstrittig.
Sie versuchen hier erneut, den Eindruck zu erwecken, als könne man in diesem Parlament oder über die Bundesregierung Einfluss nehmen auf die EU-Diktatur in Brüssel. Mitnichten ist das so! Ich erinnere an denselben Zinnober, den Sie hier abgezogen haben im Bereich der Streichung des Diplomingenieurs. Den haben wir zwar nominell noch in ganz bestimmten Bereichen, aber effektiv in der Qualität, in der Substanz hat er nur noch den Titel und damit auch nicht mehr das Ansehen, das er zuvor hatte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in Deutschland in den Meisterberufen jedes Jahr ungefähr 400.000 Ausbildungsverhältnisse, 400.000. Wenn die EU, und das wird sie machen, natürlich mit einer nackten Argumentation des Marktes kommt und nicht die Bewertung der Qualität in den Vordergrund stellt, sondern den Wettbewerb inszenieren will, anheizen will, um damit für den Verbraucher angeblich niedrige Preise zu erzielen – das ist nämlich der Hintergrund –, dann wird die Ausbildungsseite, die qualifizierte Heranziehung von Nachwuchs in einem mittelfristigen Zeitraum von zehn Jahren in Deutschland nicht mehr so vorhanden sein wie bis jetzt.
Wir leben gerade im Handwerk schon von der Substanz und das Beneiden von ausländischen Bildungsinstitutionen, das Beneiden unseres dualen Ausbildungssystems wird dann Geschichte sein, weil es das effektiv bei uns nicht mehr nennenswert geben wird: die Ausbildung von 400.000 Auszubildenden jedes Jahr, der Große Befähigungsnachweis, um die Betriebsinhaber auch nachweislich betriebswirtschaftlich zu befähigen, hier bestehen zu können im Markt, das heißt, betriebswirtschaftliche Bildung vermittelt zu bekommen. Das wird auch dazu führen, wie es heute die Frau Ministerin schon erwähnt hat, dass ein ganz hoher Prozentsatz der sich selbstständig machenden nicht meisterbriefpflichtigen Betriebe sehr schnell vom Markt verschwinden wird.
Und wenn sich hier die CDU hinstellt und eine Rede hält, genau exakt die Rede, die gehalten worden ist von dem Sprecher der CDU in der 66. Landtagssitzung, Wort für Wort bis auf einige, ich möchte sagen, Anpassungen an die aktuelle Situation, dann ist das ein Armutszeugnis, wenn man das bedenkt. Ich möchte das hier mal zitieren, was der Herr Waldmüller gesagt hat in der 66. Sitzung: „Die EU-Kommission beabsichtigt … nicht mehr, den Meisterbrief zu verändern.“ Das ist eine glatte Lüge. Damit streuen Sie den Handwerksmeistern Sand in die Augen und wollen Zeit gewinnen. Sie beziehen sich da auf den Generaldirektor Crespo, der das auf irgendeiner Veranstaltung wohl angedeutet hat.
Mein lieber Herr Waldmüller, was glauben Sie eigentlich, was da in Brüssel für eine Musik gemacht wird? Da spielt überhaupt gar keine Rolle, was dieser Generaldirektor Ihnen an Medizin verpasst, an Beruhigungsmitteln, dass hier der Meisterbrief nicht angetastet wird. Insofern soll
ten Sie da auch etwas ehrlicher und redlicher sein, ganz besonders, weil Sie sich als Fachmann für Wirtschafts- fragen auch gerne in Szene setzen. Sie haben ja auch einschlägige Erfahrungen als selbstständiger Unternehmer.
Die NPD wird diesem Antrag zustimmen, weil er schadet nicht, er kann eventuell Fakten zutage fördern, die uns helfen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann das jetzt kurz machen. Ich denke, die Argumente für die Notwendigkeit einer Novellierung der Handwerksordnung sind von jedem Sprecher der demokratischen Fraktionen hier eingebracht worden, ich werde sie nicht wiederholen. Uns ist dieser Antrag wirklich ein tief gehendes Anliegen, und ich stelle fest, dass es hier bei den demokratischen Fraktionen eine breite Zustimmung gibt. Ich interpretiere das auch so, dass es Ihnen ein ehrliches Anliegen ist, diesem Antrag zu folgen.
Ich bitte dann auch jede Fraktion für sich, auf Länder- und auf Bundesebene dafür zu wirken. Wir werden das selbstverständlich in dem ausgeführten Sinne weiter tun. Ich darf mich bei Ihnen für die breite Unterstützung bedanken. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Frak- tionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/3501. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Das ist nicht der Fall.
Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/3501 … Das heißt, ich muss jetzt noch mal nachfragen: Gibt es Stimmenthaltungen? Das habe ich vergessen abzufragen. – Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Antrag wirklich einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Landkreis Vorpommern-Greifswald bei Altschulden und Altfehlbetragsum- lage rechtsaufsichtlich kompetent und politisch verlässlich beraten, auf Drucksache 6/3496.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Landkreis Vorpommern-Greifswald bei Altschulden und Altfehlbetragsumlage rechtsaufsichtlich kompetent und politisch verlässlich beraten – Drucksache 6/3496 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor gut drei Jahren hat dieser Landtag das Landkreisneuordnungsgesetz mit einer Mehrheit von SPD und CDU verabschiedet. Einzelne Pressemitteilungen sprechen zwar von einem „Schlechten Zeugnis für (die) Kreisgebietsreform“, so in der OZ am 22.04.2014, oder von der „Quadratur des Kreises – Seenplatte kurz vorm Ertrinken“, im „Nordkurier“ am 21. November 2014, ansonsten ist es in diesem Hause um das größte rot-schwarze Reformprojekt still geworden, zu still, wie ich meine.
Meine Damen und Herren, auf Drucksache 6/2093 vom 2. August 2013 liegt unserem Landtag der erste und bis- her auch letzte Bericht der Landesregierung zum Fortgang der Umsetzung der Landkreisneuordnung vor. Unter der Überschrift „Altfehlbetragsumlage“ teilt die Landesregierung dem Landtag auf Seite 21 Folgendes mit: „Der Kreistag des Landkreises Vorpommern-Greifswald hat beschlossen, neben der Kreisumlage ab 2014 über 15 Jahre eine Altfehlbetragsumlage nach § 25 LNOG M-V von den Kommunen der ehemaligen Landkreise Uecker-Randow und Ostvorpommern zu erheben.“
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Fraktion der LINKEN informiert zunächst einmal den Landtag offiziell darüber, dass diese Altfehlbetragsum- lage in Vorpommern-Greifswald bis auf den heutigen Tag nicht erhoben wird. Darüber hinaus appelliert der vorliegende Antrag auch an rechtliche Verpflichtungen, die der Landtag der Landesregierung mit dem Landkreisneuordnungsgesetz übertragen hat.
Im Dezember 2011 hat mein Kollege Peter Ritter die Landesregierung gefragt, ob das zuständige Ministerium beabsichtige, auch zur Erhebung der Altfehlbetragsum- lage Näheres zur Ermittlung und Festsetzung durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Antwort lautete, dass eine solche Rechtsverordnung dem Innenministerium entbehrlich erscheint. Für den Landkreis VorpommernGreifswald hat sich diese Annahme des Ministeriums im Gegensatz zu den Landkreisen Rostock und Ludwigslust-Parchim als falsch beziehungsweise zu optimistisch erwiesen. Auch aus diesem Grund sieht unser Antrag die Landesregierung beziehungsweise das Innenministerium weiter in der Verantwortung.
Der konkrete Anlass des vorliegenden Antrages ist den Landtagsabgeordneten aus Vorpommern-Greifswald zum Teil aus eigenem Erleben bekannt. Ein Satzungsentwurf zur Erhebung der Altfehlbetragsumlage, der im Übrigen zwischen Kreisverwaltung und Innenministerium abgestimmt war, sollte auf dem Kreistag am 10. November beschlossen werden. Er fand keine Mehrheit. Insbesondere die CDU im Kreistag erklärte: Nix da!
Die Kollegen hatten offenbar kurz vor der Sitzung einen ordentlichen Schluck vom Zaubertrank des Druiden Miraculix zu sich genommen.
Kraftstrotzend posaunte die Kreistags-CDU, man werde einer Erhebung der Altfehlbetragsumlage nicht zustimmen können, und zwar so lange nicht, bis die Landesregierung verbindlich erkläre, wie mit dem großen Schuldenrest verfahren werden soll.
Für ein deutlich stärkeres Engagement des Landes bei der Übernahme von Restschulden müsse sich der Kreistag gegenüber der Landesregierung starkmachen.