Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Weder mit dem Weg der Schulgesetznovelle noch mit dem vorliegenden Ergebnis ist der Landesregierung der ganz große Wurf gelungen. Es ist keine Meisterleistung und es ist kein Erfolg, denn die Forderungen zum Beispiel nach einer vereinfachten Nachweisführung, nach Anhebung der Förderungen für die Berufsausbildung sind über ein Jahr lang von den Schulträgern und der Opposition angemahnt worden. Und über ein Jahr lang wurden sie von der Koalition vom Tisch gewischt. Sie wurden als überzogene Kritik bewertet und ohne sachliche Auseinandersetzung ignoriert.
(Torsten Renz, CDU: Schauen Sie mal in die Redebeiträge der CDU-Abgeordneten vor einem Jahr! – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
Erst durch den öffentlichen Druck der Demonstration der Schulträger, der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte im Juni dieses Jahres kam ein Einlenken. Wenn die Regierung über ein Jahr lang das Falsche tut, ist dieses Einlenken kein Erfolg ihrerseits, kein Verdienst, sondern die Reaktion auf eine politisch eben nicht mehr aussitzbare Situation. Ein Jahr bestimmte die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes das Regierungshandeln,
ohne über die sich daraus ergebenden Folgen für die Schulen in freier Trägerschaft und der eigenen Verwaltung nachzudenken. Jetzt wird ein Teil des Schadens wiedergutgemacht.
Die selbst eingeführte überhöhte Bürokratie, die durch die Neuregelung der Nachweisführung für die Finanzhilfen entstand, legte nicht nur die Schulträger, sondern vor allem die Landesverwaltung lahm. Das Beharren auf einer unverständlichen und unüberlegten detaillierten Überprüfung, die das Maß rechtlich einwandfreier Verwendung um das Zigfache überstieg, führte dazu, dass den Schulen das Wasser bis zum Hals stand und das Ministerium bei der Bearbeitung ins Schwimmen geriet.
Die Rechtfertigung für diesen überdimensionierten Bürokratieaufwand fasste der Abgeordnete der SPD-Fraktion Butzki in seiner Pressemitteilung im September vergangenen Jahres so zusammen, ich zitiere: „Das OVG hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Land ein entsprechendes Nachweisverfahren einführen muss.“
„Die Änderung der Privatschulkostenverordnung ist also rechtsstaatlich zwingend geboten und notwendig.“
„Das Schulgesetz bleibt hingegen unangetastet, von einer Aushebelung kann keine Rede sein.“ Ende des Zitats.
Nun, nach über einem Jahr, endlich richtig zu handeln und die selbstverschuldeten Scherben aufzusammeln, liest sich dann bei den Abgeordneten Butzki und Renz vor 14 Tagen wiederum so, ich zitiere: „Darüber hinaus hat die Anhörung bestätigt, dass die von der Koalition auf den Weg gebrachte Vereinfachung der Nachweispflicht richtig ist.“
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Schön, dass Sie das noch mal hervorheben.)
Sehr geehrte Damen und Herren, die von der Koalition auf den Weg gebrachte Vereinfachung der Nachweispflicht wurde doch nur notwendig,
(Torsten Renz, CDU: Wenn es nach Ihnen gehen würde, Sie würden die freien Schulen abschaffen, Frau Oldenburg.)
weil ein Jahr zuvor genau dieselbe Koalition diese unnötige Bürokratie einführte und damit wirklich alle Beteiligten an den Rand des Machbaren brachte.
Meine Fraktion forderte seit Oktober des vergangenen Jahres, genau diese komplizierte und völlig überzogene Abrechnung gegen eine pauschalierte Abrechnung zu ersetzen.
Auch wollten wir das Durcheinander der Rechtsbegriffe „Personalkosten“ und „Personalausgaben“ durch exakte Festlegungen beenden und die daraus resultierenden Änderungen der Privatschulverordnung sowie des Schulgesetzes in Angriff nehmen. Wir mahnten an, die Schülerkostensätze den Bedarfen anzupassen und die Prozentsätze der beruflichen Bildungsgänge zu überprüfen und zu erhöhen.
Ein Teil dieser Forderungen ist in der Novelle des Gesetzes enthalten, aber eben nur ein Teil. Deshalb brachte meine Fraktion zu dem Gesetzentwurf der Koalition in die Sitzung des Bildungs- und Finanzausschusses Änderungsanträge ein.
Wir freuten uns auf einen fachlichen Austausch zu den Anträgen der demokratischen Fraktionen, um zu überzeugen, zu hinterfragen, um eben gemeinsam einen größeren Wurf zu landen. Aber weit gefehlt, die Koalition stellte zu keinem Antrag Nachfragen, konnte allerdings unsere Nachfragen zu ihrem eigenen Gesetz und ihren eigenen Änderungen auch nicht ausreichend beant- worten.
Da offensichtlich dringendere Regierungsaufgaben von den Ausschussmitgliedern der Koalition per Smartphone und iPad bearbeitet werden mussten, schwand die Konzentration für die Schulgesetznovelle. Somit wurden – gänzlich ohne fachliche Auseinandersetzung – die Anträge meiner Fraktion, genau wie die Anträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, abgelehnt.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das übliche Verfahren. Das übliche Verfahren. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das geht bis in den Kreistag runter, wo man die Zuschüsse für die Schüler kürzt.)
weitreichendere und eindeutige Regelungen zu erzielen, bringen wir einige dieser Anträge heute erneut ein.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit der Änderung des Schulgesetzes werden jetzt die Prozentsätze der Finanzhilfen für einige berufliche Bildungsgänge angehoben. Das ist richtig und notwendig und wird vom Abgeordneten Butzki zu Recht in seiner Pressemitteilung gelobt. Was aber nun überhaupt nicht hinhaut, ist folgende Feststellung in dieser Mitteilung, ich zitiere: „Ich freue mich zudem besonders darüber, dass nunmehr auch Notfall- sanitäterinnen und -sanitäter eine höhere Förderung erhalten.“ Ende des Zitats.
Sehr geehrter Herr Butzki, das stimmt ganz einfach nicht, denn Notfallsanitäter haben bisher weder eine geringere noch überhaupt eine Förderung erhalten.
(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Da haben Sie ja ein Haar in der Suppe gefunden. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
Diesen Beruf gab es bisher einfach nicht. Er ist im August dieses Jahres eingeführt worden, und das wird Ihnen die Sozialministerin dann genauer erklären können, wenn sie wieder gesund ist.
Nun existieren aber Berufe, die es wirklich schon länger gibt, die seit vielen Jahren an den öffentlichen beruflichen Schulen ausgebildet werden. Eine Stärkung der staatlichen Berufsschulausbildung fehlt in der Gesetzesänderung gänzlich. Dies können wir jedoch mit unserem An- trag, der die Übernahme der Kosten für die Schülerbeförderung an die örtlich zuständige Berufsschule, zu den Landesfachklassen sowie zu den überregionalen Landesfachklassen regelt, ändern. So wäre es möglich, die Zahl der Ausbildungsabbrecher sowie die Quote von 20 Prozent der Jugendlichen, die ihre Prüfung nicht bestehen, deutlich zu senken. Um dem Fachkräftebedarf zu entsprechen, kann man nicht nur punktuell heilen, sondern muss nach landesweit tragfähigen Lösungen suchen. Und eine dieser Lösungen ist der Antrag meiner Fraktion.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Schulgesetz- novelle sieht vor, dass die Kostensätze ab dem Schul- jahr 2015/2016 schuljährlich der Tarifentwicklung des Vorjahres angepasst werden. Diese Neuregelung benachteiligt weiterhin die Schulen in freier Trägerschaft, da sie nur tarifliche Entwicklungen im Blick hat, aber nicht strukturelle Änderungen des jeweiligen Vorjahres. Es ist einfach nicht fair, als Bemessungsgrundlage das Schuljahr 2013/14 zu wählen, das kaum von Kostensteigerungen betroffen war.
So bleiben bei den jetzt vorgeschlagenen Kostensätzen das 50-Millionen-Paket sowie ESF-finanzierte Maßnahmen fast unberücksichtigt. Da diese Kostensätze dann erst nach fünf Jahren neu berechnet werden, wird den Schulen in freier Trägerschaft ein fünffacher Nachteil zugemutet. Selbst, wenn jetzt junge Lehrkräfte eingestellt werden, die die Personalkosten des Landes senken würden, wird bei dieser Rechnung nicht bedacht, dass diese jungen Lehrkräfte nicht die älteren Lehrerinnen und Lehrer ersetzen. Es kommen nur Personalkosten dazu, werden aber mitnichten gesenkt, denn durch die Lehrerwerbekampagne sind Hunderte neue Lehrkräfte nach Mecklenburg-Vor- pommern gekommen, zusätzliche Lehrkräfte.
Egal, wie alt und erfahren diese Lehrerinnen und Lehrer sind, es sind zusätzliche Ausgaben. Diese circa 600 neuen
Stellen finden sich mit keinem einzigen Euro in den nächsten fünf Jahren in den Finanzhilfen der freien Schulen wieder. Das möchten wir ändern und somit sieht unser Antrag vor, die Kostensätze auch an die strukturellen Änderungen anzupassen. So würden wir eine indirekte Kürzung der Finanzzuweisungen verhindern.
Gegen eine Kürzung der Finanzhilfe wendet sich auch der Antrag meiner Fraktion, der die vollständige Gewährung der Zuwendungen für alle Schularten vorsieht, die im vergangenen Schuljahr nicht ausgezahlt wurden.
Die in der Beschlussvorlage vorgesehene Maßnahme, nur Förderschulen in freier Trägerschaft die zusätzliche Finanzhilfe zu gewähren, die im vergangenen Schuljahr als sogenannte Kappungsgrenze den Schulträgern nicht ausgezahlt wurde, ist nicht ausreichend und nicht begründet. Nur die Förderschulen sollen mit dem Scheinargument, auf Schulgeld zu verzichten, das ihnen Zustehende erhalten, die anderen Schularten gehen leer aus. Das wird nicht nur von den Anzuhörenden kritisch gesehen, sondern auch vom Präsidenten des Landesrechnungshofes, der in der Einmalzahlung ausschließlich an die Förderschulen einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz in Betracht zieht.
Natürlich sind Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen nach unserer Verfassung besonders zu schützen, aber hier geht es nicht um die Eigenschaft der Schüler, sondern um die Finanzierung der freien Schulen. Und deshalb darf eine Ungleichbehandlung der Schulen nicht zugelassen werden. Auch die Argumentation von SPD und CDU in der von mir bereits erwähnten Pressemitteilung vom November hilft da nicht aus der Klemme. Die Bildungspolitiker der beiden Fraktionen betonen, ich zitiere: „Mit der Zahlung der Kappungsbeträge des Schuljahres 2013/14 an Förderschulen in freier Trägerschaft als zusätzliche Finanzhilfe will die Koalition sicherstellen, dass diese nicht nachträglich noch ein Schulgeld erheben müssen.“ Ende des Zitats.
Diese Aussage, nachträglich Schulgeld erheben zu müssen, Herr Butzki hat sie ja heute wiederholt, ist schlicht falsch.
Schulen schließen mit Eltern Verträge, die nicht nachträglich geändert werden können, schon gar nicht im Bereich des Schulgeldes. An dieser Stelle werden für weiterhin falsches Handeln auch noch falsche und irreführende Argumente gebracht, denn selbst die Zahlung der Kappungsbeträge schützt die Schulträger von Förderschulen nicht davor, eventuell Schulgeld erheben zu müssen. Das kann nur verhindert werden, wenn einem weiteren Änderungsantrag meiner Fraktion zugestimmt wird.
Solange die Berechnungsgrundlage der Schülerkosten- sätze eine abgespeckte Variante bleibt, solange wird es Uneinigkeit geben, solange wird die Hürde des Schulgeldes nicht aus dem Weg geräumt.
Um hier aber Einigkeit und Sicherheit zu gewährleisten, schlagen wir vor, die Berechnung der Personalkosten für öffentliche Schulen, also den Paragrafen 109, auch auf die freien Schulen zu übertragen.