Protocol of the Session on December 10, 2014

Damit forcieren Sie die von Ihnen so oft zitierte Politikverdrossenheit in unserem Land in unverantwortlicher Art und Weise.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich vor die Beamtinnen und Beamten des Landes stellen, die täglich mit Sorgfalt und Fleiß ihrer Arbeit nachgehen, und das auch von beiden Regierungsfraktionen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich kann Sie, Herr Saalfeld, nur auffordern, kehren Sie zu einer sachlichen und konstruktiven Arbeit in diesem Landtag und in den Ausschüssen zurück!

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann beantworten Sie doch mal die Frage, was kostet diese JVA!)

Denn auch Sie haben die Pflicht, Schaden vom Land abzuwenden, und diese Pflicht besteht gegenüber unserem Heimatland und den Menschen in MecklenburgVorpommern. Auch wir stehen alle auf einer Seite, aber wir wollen eine vollumfängliche Aufklärung der ganzen Geschichte. Wo ist unser Weg? Geht der Weg über die rechtliche Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft und durch unsere Gerichte?

Ich denke, es ist aus meiner Sicht alles gesagt. Es liegt jetzt an unserer Justiz, diese Angelegenheit aufzuarbeiten. Und, meine Damen und Herren, dort liegt es in guten Händen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, will ich an der Stelle noch mal ausdrücklich darauf hinweisen, dass es, glaube ich, den Abgeordneten dieses Hauses grundsätzlich gut zu Gesicht steht, wenn man auf persönliche Angriffe und persönliche Bemerkungen, die, sage ich mal, diskreditierend wirken könnten oder aufgefasst werden könnten, verzichtet.

Ich bitte jetzt die Abgeordnete Frau Rösler, das Wort zu ergreifen für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vorgänge rund um die JVA Waldeck sind nicht zum ersten Mal Thema hier im Landtag und auch die Medien haben sich ausführlich mit der Problematik beschäftigt, ja, sie haben gar den Anstoß zur Debatte gegeben.

Erinnern wir uns: Im März dieses Jahres beantragte meine Fraktion, dass bei öffentlich-privaten Partnerschaften die Transparenz erhöht und Ausstiegsszenarien geprüft werden müssen. Zuvor gab es eine Kleine Anfrage vom Kollegen Holter dazu. Folgende Fragen haben uns seitdem beschäftigt:

Sind die Kosten für den privaten Investorenbau JVA Waldeck nicht viel zu hoch und damit eine zu hohe Belastung für den Steuerzahler?

Hat sich das Land in den 90er-Jahren über den Tisch ziehen lassen?

Hat die Landesregierung wirklich alles in ihrer Macht Stehende geprüft und getan, um im Interesse des Landes den Vertrag zu ändern oder notfalls auszusteigen?

Gab es relevantes Fehlverhalten durch Mitarbeiter der Landesregierung?

Betreibt die Landesregierung eine konsequente und schonungslose Aufklärung?

Nicht zuletzt haben wir uns intensiv mit der Frage beschäftigt, ob öffentlich-private Partnerschaften überhaupt ein vernünftiger Weg sind. Oder profitiert am Ende nur der private Investor?

Meine Damen und Herren, bereits damals im März haben wir die Landesregierung nachdrücklich aufgefordert, Klarheit herzustellen. Und Sie erinnern sich, SPD und CDU lehnten den Antrag erstaunlicherweise ab. Aber immerhin, unser Anliegen wurde von den Koalitionären aufgegriffen. Das Thema „JVA Waldeck“ beschäftigt seither den Finanzausschuss regelmäßig.

Meine Damen und Herren, ja, die Sitzungen des Finanzausschusses sind nicht öffentlich, das wissen wir wohl. Aber auch Sie wissen ganz genau, dass Transparenz zu unseren Grundprinzipien gehört. Wir haben das oft genug für die Arbeit in den Ausschüssen eingefordert. Es ist aber mit der Koalitionsmehrheit nicht zu machen.

Bei der JVA Waldeck, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sehe ich hingegen keine sachlichen Anhaltspunkte, dass die Regierung öffentlich noch detaillierter informieren müsste, als ohnehin schon bekannt ist. Der Sachverhalt ist hochkomplex und wird gegenwärtig von Experten analysiert und bewertet. Sowohl im Finanzausschuss als auch in meiner Fraktion hat die Finanzministerin über die Vorgänge rund um die JVA Waldeck umfänglich informiert. Sie hat glaubhaft dargelegt, dass die Landesregierung alles unternimmt, die im öffentlichen Raum stehenden Vor- würfe aufzuklären. Die zivilrechtliche und strafrechtliche Aufarbeitung läuft, externer Sachverstand ist eingebunden, und wir sagen, diese konsequente Aufklärung, wie sie nach gegenwärtigem Kenntnisstand erfolgt, unterstützen wir.

Es ist kein Geheimnis, dass die Landesregierung in den 90er-Jahren Verträge abgeschlossen hat, die für das Land unvorteilhaft sind. Auch die Aktenlage, so ist bekannt, weist Lücken und große Unzulänglichkeiten auf. Das alles ist bekannt, auch den Medien zu entnehmen, aber der jetzigen Landesregierung nicht vorzuwerfen. Wir sagen daher: Jetzt kommt es vor allem darauf an, alle berechtigten Ansprüche gegenüber den beteiligten priva

ten Personen geltend zu machen. Eine Anwaltskanzlei ist bereits beauftragt. Auch die Staatsanwaltschaft ist tätig und arbeitet offenbar eng und gut mit dem Finanzministerium zusammen.

Die Forderung der GRÜNEN nach uneingeschränkter Offenlegung aller Details und Spuren kann nicht zuletzt für das Land von Nachteil sein. Wenn die Landesregierung alles veröffentlicht, kann das die Chancen des Landes schmälern, dass die verantwortlichen Personen, die Dreck am Stecken haben, auch tatsächlich zur Verantwortung gezogen werden.

Meine Damen und Herren, unabhängig davon ist eine Kernforderung der Linksfraktion bereits erfüllt. Die Finanzministerin hat erklärt, dass es solche öffentlichprivaten Projekte zukünftig nicht mehr geben wird. Hier haben SPD und CDU hoffentlich dauerhaft dazugelernt, denn ein Blick etwa nach Großbritannien zeigt doch, welch katastrophale Früchte das Ausufern von PPP haben kann. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpom- mern Frau Polzin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich einen kurzen Moment mal vor, wo Sie selbst vor 20 Jahren waren, was Sie getan haben, in welchen Verpflichtungen, beruflichen Herausforderungen Sie waren, und sagen Sie dann mal ganz schnell, wie das alles so lief! Genau diese Situation fanden wir vor einiger Zeit vor, denn der Anlass dieser Aktuellen Stunde liegt ja wahrlich schon etwas länger zurück.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: 2011.)

Nichtsdestotrotz sage ich ganz deutlich, auch wenn alle Ursachen für die heutigen Probleme über 20 Jahre zurückliegen, auch wenn die Entscheidungsträger längst nicht mehr hier sind, sind wir in der Verantwortung, diese Dinge aufzuklären. Ich meine, wir haben durch tätiges Handeln bewiesen, dass wir genau dies getan haben.

(Heinz Müller, SPD: So ist es. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Ich rufe noch mal in Erinnerung – und das ist auch ein Satz, den ich heute schon gehört habe und bestätigen muss –, es waren die Medien, die uns auf ein Problem aufmerksam gemacht haben, das man bis dahin nicht sehen konnte. Auch das scheint mir verständlich zu sein, wenn nach 20 Jahren eine Vertragslage darstellt, dass monatliche Mietzahlungen zu leisten sind, und das noch bis 2026, dann wird man sich damit beschäftigen, was ist am Ende übrig, wie verhält man sich nach 2026. Und es ist nicht die Rechnung aufzutun, dass man mit einer Miete lediglich die Investitionskosten abdeckt. Das ist eine sehr naive Denkweise.

Ich habe das schon mal gesagt: Jeder, der mal eine Wohnung gemietet oder ein Haus auf Kredit gebaut hat, der bezahlt das mindestens zweimal, wenn nicht zweieinhalbmal, ganz einfach, weil die Zinsen das mit sich bringen oder auch der Wohnungsvermieter das natürlich

nicht zum Selbstkostenpreis übernimmt. Deshalb ist das per se noch kein Skandal gewesen, dass doppelt so viel dabei herumkommt, als ursprünglich in den Bau gesetzt wurde. Sie konnten der Kleinen Anfrage – ich meine, es war die der LINKEN – entnehmen, dass wir fiktive Hochrechnungen gemacht haben, was bei diesem Bau in Waldeck an Summe herausgekommen wäre, wenn wir es auf Kredit selbst gebaut hätten. Und wir waren schon da bei 100 Millionen. Das ist also mal eine reale Größe.

Damit sage ich noch nicht, dass auf den ersten Blick die Konditionen günstig erschienen. Wenn Sie sich erinnern, habe ich in meiner ersten Rede zu diesem Thema gesagt, diese Investorenbauten waren ein Kind ihrer Zeit, und schon meine Vorgängerin Frau Keler hat nicht ein einziges Projekt nach diesem Modell mehr ins Leben gerufen. Das war alles auf den Weg gebracht in der ersten Phase, hatte mit den Rahmenbedingungen zu tun. Herr Gundlack hat das ja unter anderem auch noch mal aufgerufen.

Wenn ich mich also schon im Frühjahr des Jahres von dieser Art der Fremdfinanzierung von notwendigen Bauten distanziert habe, so war das bereits eine Grundüberzeugung, auch ohne dass es einen Skandal gab. Das hat einfach etwas mit Wirtschaftlichkeit zu tun. Wir bewegen uns also solange noch in einem Rahmen, der für mich gesagt hat, es ist nicht gut, was damals passiert ist, aber wir sind als Vertragspartner dort auch in der Pflicht.

Schlimm wurde das Ganze erst dann, als wir aufgrund der Korruptionsvorwürfe tiefer in die Materie gegangen sind. Und stellen Sie sich bitte 43 Aktenordner vor, die uns mit einer nicht lückenlosen Dokumentation von Entscheidungen dazu führten, überhaupt das Kleingedruckte zu lesen! Ich muss diejenigen heute enttäuschen, die von mir erwarten, dass ich sämtliche Details, die wir mit unserer Taskforce herausgefunden haben, hier ausbreite. Zu den Gründen ist auch von Frau Rösler eigentlich alles gesagt worden. Ich habe auch eine Verpflichtung, Dinge, die nicht auf den Markt gehören, intern zu behalten, und das mit doppelter Begründung:

Die Staatsanwaltschaft würde es nicht lustig finden, manche Details, die im Finanzausschuss unter dem Siegel des Dienstlichen gehalten wurden, hier öffentlich ausdiskutiert zu sehen. Und unser Verhandlungserfolg für unsere Kanzlei, die im Moment dabei ist, Verbesserungen für das Land zu erarbeiten, würde sich selbst um jeden Erfolg bringen, wenn wir offen mit unserer Strategie umgehen. Ich müsste also mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn ich diese Dinge, die intern herausgefunden wurden, die Unstimmigkeiten sind, die uns zu weiteren Fragen bringen und die auch sichere Anhaltspunkte bringen, dass hier nachgearbeitet werden muss, wenn ich die detailliert verkündete.

Aber allein, dass ich jetzt erwähne, es gibt alle diese Dinge, muss Ihnen doch beweisen, dass wir nicht vorhaben, den Mantel des Vergessens über dieses Thema zu decken, sondern wir ein unerhörtes Interesse selbst als Ministerium daran haben, diesen Vorgängen nachzugehen. Und es geht keinesfalls darum, irgendwen zu schützen, der damals vielleicht strafbar, vielleicht fahrlässig Dinge getan hat, jetzt unter dem Mantel zu verstecken. Auch disziplinarische Verfahren, das ist ja vom Eröffnungsredner noch mal bemängelt worden, ordnen sich, wie man weiß, nach Strafrecht hier ein.

Wir haben mit einem Gutachten über den Rahmen disziplinarischer Möglichkeiten uns noch mal genau über den rechtlichen Rahmen informiert und wieder die Antwort gekriegt, es hängt unmittelbar miteinander zusammen. Wir können nicht vorher ein Disziplinarverfahren aufgrund – ja, wovon – von nicht mal Indizien, sondern nur Anhaltspunkten lostreten, bevor nicht die Staatsanwaltschaft handfeste Ergebnisse hat. Und selbst dann muss erst ein Gericht urteilen, bevor disziplinarische Maßnahmen wieder aufleben. So ist das nun mal, ob es den GRÜNEN passt oder nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gott sei Dank ist das so!)

Ich meine, wir sind auch im Finanzausschuss, und das war der absolut richtige Ansprechpunkt. Im Übrigen hätte es jedem Abgeordneten freigestanden, dort im Finanzausschuss zu erscheinen. Auch das sind die Regularien des Parlaments. Es war kein Abgeordneter ausgeschlossen von Informationen. Allerdings muss er sich dann natürlich solchen notwendigen Regularien unterwerfen. Ich weiß, dass die GRÜNEN gerade zum Thema Transparenz sehr merkwürdige Grundeinstellungen haben.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das kann man so sagen.)

Wenn es nach ihnen ginge, müsste auch der Verfassungsschutz auf dem Marktplatz agieren, müsste eine PKK öffentlich agieren.

(Stefan Köster, NPD: Das ist ja alles sehr interessant.)

Ich denke, das ist wahrscheinlich in diesem Parlament nicht ganz mehrheitsfähig. Und genauso ordne ich diesen Punkt jetzt auch ein. Es besteht einfach für das Land ein großer Nachteil, wenn man die Details, die ich in der Bewertung eben genannt habe, schon kundig macht, denn es geht hier um einzelne Personen, es geht um Konstrukte, es geht um Firmendetails, die nicht an die Öffentlichkeit gebracht werden dürfen.

Dennoch – ich glaube, davon sind auch große Teile des Parlaments überzeugt –, sie sollen keinesfalls unter der Decke bleiben, sie sollen nicht verwischt werden, sondern im Gegenteil, wir erwarten am Ende der Arbeit der von uns beauftragten Kanzlei Ergebnisse, die wir dann sehr gerne öffentlich darstellen. Wir gehen auch davon aus, wenn die Staatsanwaltschaft am Ende ihrer Ermittlungen ist und es möglicherweise einen Prozess gibt, wird das Ganze sicherlich in der Öffentlichkeit detailliert dargestellt. Es hat eben alles seine Zeit und es ist für mich einfach infam, so zu tun, als könnte man sich von all diesen Regularien lösen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe versucht, mit diesem Thema sachlich umzugehen. Ich denke auch, dass ich Ihnen in den Ausschüssen keine Antwort, die wir geben konnten, schuldig geblieben bin.

Ich will zum Schluss noch mal auf eine bohrende Frage gerade der GRÜNEN eingehen: Warum können wir nicht laut sagen, was 2026 als Endsumme zu zahlen ist? Das haben wir im Ausschuss auch auf mehrfache Nachfragen immer noch mal wiederholt, warum das so ist: Weil in diese Endsumme verschiedene Faktoren hineinspielen

und weil die Verträge leider so abgeschlossen wurden, dass das Land an viele Informationen gar nicht herankommt, unter anderem an die mit Banken. Das ist ein solches Problem, dass wir als Finanzministerium, die wir keine Ermittlungsbehörde sind, an unsere Grenzen gestoßen sind. Wir können niemanden zwingen, uns Auskunft zu erteilen, wenn er dies nicht will. Wir können keine Personen verhören, auch nicht damalige Beamte, weil das sofort von der Staatsanwaltschaft zu Recht als Einmischung in die Ermittlungsarbeit gewertet würde.