Protocol of the Session on November 13, 2014

Meine Damen und Herren, eingangs lassen Sie mich mal ganz klar sagen: Ein Ziel muss es sein, auf Veränderungen, beispielsweise auf das Kürzen des Schnabels oder das Kürzen von Schwänzen, zu verzichten. Es ist eine ganz klare Aussage. Ziel muss es auch sein, die Haltungen weiter zu verbessern. Ich glaube, an dieser Stelle sind wir uns alle miteinander einig. So klar diese Aussage ist, so kompliziert ist aber auch die Umsetzung, umso schwieriger ist die Umsetzung.

Ich will hier beim Geflügel bleiben, weil vom Geflügel geht ja Ihr Antrag aus. Hier ist mehrfach gesagt worden, dass es eine ganze Reihe von Parametern gibt, die zum Federpicken führen. Das, was ich herausgefunden habe, ist beispielsweise, da geht es um die Farbe des Gefieders, die Stalltemperatur, den Ammoniakgehalt in der Luft, Lichtverhältnisse, Futter, Beschäftigungsmöglichkeiten, Genetik und ähnliche Dinge. Fakt ist, dass bei Haltungsversuchen ohne Schnäbelkürzen es mal funktioniert und mehrere Durchgänge hindurch funktioniert, aber dann plötzlich wieder zum Federpicken kommt.

Meine Damen und Herren, Federpicken hört sich immer so sehr harmlos an. Da werden Tieren Federn ausgerissen, ich will daher mal den Begriff „Kannibalismus“ in die Debatte werfen. Schwächere Tiere haben dabei keine Chance. Sie werden so lange traktiert, bis sie verenden.

(Zuruf von Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Tiere sind dann beim Stallrundgang, wenn sie gefunden werden, zum Teil bis auf das Skelett ausgehöhlt. Diese Umstände zu ignorieren, wäre alles andere als Tierschutz. Das wäre alles andere als Tierschutz. Übrigens kommt Kannibalismus auch nicht nur in der konventionellen Haltung vor, Kannibalismus gibt es auch in der Biohaltung. Es ist also nicht die Lösung. Das will ich hier nur mal einwerfen.

In der Branche hat man sich darauf verständigt, dass nur noch eine Infrarotbehandlung stattfindet beim Schnabelkürzen. Diese lässt die vordere Spitze des Schnabels veröden, die vordere Spitze des Schnabels nutzt bei der Futteraufnahme ab, das ist deutlich schonender als das, was man früher mit den Tieren gemacht hat. Da ist es beispielsweise durch eine glühende Klinge passiert. Wenn man sich diese Bilder anguckt, kriegt man schon eine Gänsehaut, wie das gelaufen ist. Ich sage Ihnen, wir brauchen klare wissenschaftliche Belege, wie wir den Kannibalismus verhindern können. Wir brauchen diese möglichst schnell, um möglichst schnell auch gänzlich darauf verzichten zu können.

Der Minister sagt, man geht davon aus, 2018 soweit zu sein. Ich hoffe, das wird so sein. Wenn man früher soweit ist, kann man auch früher darauf verzichten. Es muss nur klar sein, dass dieser Kannibalismus, der für die Tiere auch eine ganz schlimme Situation ist, für die Tiere, die traktiert werden, schlicht und einfach nicht mehr vorkommt.

Um auf Ihren Antragstext direkt einzugehen, Sie fordern ein Verbot des Schnabelkürzens in Mecklenburg-Vor- pommern bis 2017. Der Minister hat es gesagt, es gibt gar kein Schnabelkürzen bei Puten in Mecklenburg-Vor- pommern. Ich könnte es mir einfach machen: Forderung erfüllt.

(Zurufe von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Moment, nein, Moment! So können wir nicht miteinander umgehen.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Doch.)

Sie haben einen Antrag gestellt und im Antrag fordern Sie, in Mecklenburg-Vorpommern auf das Kürzen der Schnäbel zu verzichten.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können gern hier vorkommen. Und ich stelle fest, das Schnabelkürzen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nicht, das muss man dann auch mal sagen können.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es gibt gekürzte Schnäbel in Mecklenburg-Vorpommern und die bieten eine Möglichkeit. – Dr. Till Backhaus, SPD: Ach, hören Sie doch auf zu schnäbeln! – Heiterkeit bei Beate Schlupp, CDU)

Ach, bitte! Das Schnabelkürzen erfolgt ausschließlich bei Eintagsküken. Ich habe dargestellt, es ist ein Infrarotimpuls, der auf den oberen Schnabel gegeben wird, der sich dann durch das Fressen abnutzt, weil die Teile nicht mehr mit Blut versorgt werden.

Was wir aber haben, ist eine intensive Zusammenarbeit mit den Putereien und eine intensive Zusammenarbeit auch mit Niedersachsen. In Niedersachsen ist ein Teil der Putereien, die auch nach Mecklenburg-Vorpommern liefern. Insofern haben wir hier schon eine Aufgabe, das will ich ja durchaus zugestehen, aber Ihr Antrag sagt etwas anderes. Deswegen stelle ich das einfach mal klar, was wir haben und wo das hingeht.

Meine Damen und Herren, es geht um die Gesundheit, es geht um die Verringerung des Medikamenteneinsatzes und um viele weitere Dinge. Medikamenteneinsätze haben Sie in diese Debatte ja auch wieder eingeworfen. Ich möchte Sie bitten, dass in allen Diskussionen, die wir hier haben, Sie durchaus bitte anerkennen, dass das Ministerium einen klaren Kurs fährt in Richtung Minimierung von Antibiotika. Darüber haben wir gemeinsam in einem Ausschuss beraten, da haben wir eine Reihe von Informationen, und ich glaube, es ist das anzuerkennen, was das Ministerium in dieser Richtung tut. Wir versu

chen, Antibiotikagaben zu minimieren. Das sollten wir auch nicht miteinander als Kampfbegriff gebrauchen, weil das am Ende niemandem nutzt.

Wir haben heute Morgen eine Demo vor der Tür gehabt, da ging es darum, dass auf das Schnabelkürzen noch mal hingewiesen worden ist, und die Leute, die da waren, haben ihr Recht auf Demonstration gegen das Schnabelkürzen wahrgenommen. Ich fand nur schade, dass die Leute nicht bereit waren, mit mir zu diskutieren. Ich bin da rangegangen, aber sie waren nicht bereit zu diskutieren. Es ist schade.

(Zurufe von Dr. Till Backhaus, SPD, und Beate Schlupp, CDU)

Es ist einfach schade.

Ihr zweiter Punkt, die Haltung und Züchtung von Putenrassen zu fördern, die eine Nutzung für die Mast gemäß den gesetzlichen Regeln des Tierschutzes ermöglicht, habe ich recherchiert und etwas Ähnliches gefunden wie Herr Professor Tack, nämlich dass die Züchtungen von Monopolen aufgeteilt sind. Bei uns gibt es diese Zuchtunternehmen nicht, insofern geht auch Ihr zweiter Punkt ins Leere. Züchtung findet hier genau wie Schnäbelkürzen nicht statt.

(Zuruf von Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber vielleicht, Frau Gerkan, hätten Sie genau das vorher einfach mal im Ausschuss nachgefragt, dann hätten Sie diese Information gehabt. Schnäbelkürzen findet hier nicht statt, die Züchtung findet hier nicht statt, beides fordern Sie aber in Ihrem Antrag und auf beides gehen Sie ein. Also an der Stelle funktioniert es nicht. Meine Empfehlung: Vielleicht machen Sie einfach mal einen Antrag für Selbstbefassung im Ausschuss, dann können wir darüber ernsthaft miteinander diskutieren.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Oder demonstrieren in Niedersachsen.)

Ein weiterer Punkt, den Sie fordern, ist, die Kontrolle in den Ställen zu verbessern. Das machen Sie zum wiederholten Male, es ist auch Ihr gutes Recht. Ich werde Ihnen zum wiederholten Mal sagen, dass wir ein sehr enges Netz von Kontrollen haben. Das Netz aus Kontrollen von Tierärzten, die verbandsinternen Kontrollen, die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter, wir haben die Cross Compliance Kontrollen – das sind vier Ebenen, und auf eine Ebene, es kommt ja immer wieder von Ihnen,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

möchte ich mal stärker eingehen. Das sind die Kontrollen durch den Tierarzt.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Tierarzt hat sich mindestens einmal im Monat jede Herde anzusehen. Jede Herde wird er sich einmal im Monat ansehen. Er muss ein Protokoll anfertigen, in dem Protokoll hat er den Gesundheits- und Pflegezustand der Tiere zu beurteilen und ausdrücklich auch die Ballen

gesundheit der Tiere. Das ist ja hin und wieder auch ein Problem, die Ballengesundheit. Das wissen wir.

(Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 90 Prozent der Puten, ja.)

Das Protokoll, das der Tierarzt anfertigt, muss den Behörden auf Verlangen vorgelegt werden. Wenn alle vier Wochen der Tierarzt die Kontrollen macht, wir zudem die verbandsinternen Kontrollen haben, die Kontrollen der Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter, die Cross-Compliance-Kontrollen, vielleicht wäre es mal angesagt, dass Sie uns nicht immer pauschal sagen, dass Sie mehr Kontrollen wollen, sondern ganz konkret sagen, was Sie wollen, wie engmaschig die Kontrollen sein sollen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, unser nächster Antrag! Sehr schön, Sie wollen, dass das unser nächster Antrag dann wird.)

Machen Sie mal, erzählen Sie es uns mal! Wir werden ja nicht in jedem Stall eine 24-Stunden-Kraft einstellen können, die rund um die Uhr beaufsichtigt, wie es den Tieren geht. Das geht nicht, das wird nicht gehen. Und für meine Partei sage ich, ja, meine Damen und Herren, wir brauchen Kontrollen, aber wir werden anders als Sie die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern nicht unter Generalverdacht stellen. Das werden wir nicht machen. Landwirte sind Menschen, die den Umgang mit Nutztieren gelernt haben. Wer keine Sachkunde besitzt, der darf auch keine Tiere halten.

Dann fordern Sie, dass auf Bundesebene die Haltung von Puten in die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit aufgenommen wird und mit der Aufnahme verschiedene Kriterien festgeschrieben werden. Klar will ich stellen, dass es ein bundesweites Papier gibt, das heißt „Bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen“. Darauf sind Sie auch eingegangen, Frau Gerkan.

(Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da bin ich drauf eingegangen, dass Sie das vermutlich bringen werden. Sehr schön.)

Das sage ich ausdrücklich. Sie sind darauf eingegangen und Sie haben es sogar in Ihrer Begründung entsprechend mit ausgeführt. Nur, es ist doch unredlich, Frau Gerkan, wenn Sie dieses Papier erwähnen und dann sagen, das ist ein Papier der Halter, der Branche. Sie haben nämlich nicht erwähnt, dass es nicht nur die Halter sind, sondern dass auch Tierschutzverbände genau dieses Papier mit unterzeichnet haben. Das war beispielsweise die Organisation PROVIEH e. V. Stimmt doch, oder?

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben Sie nicht gesagt. Sie haben nur von den Haltern gesprochen, vom Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. oder vom Bundesverband Tierschutz e. V. Warum sagen Sie das nicht?

(Zurufe von Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum stellen Sie es hier einseitig dar? Das ist doch von vornherein darauf angelegt, die Vereinbarung zu diskreditieren. Seien Sie mir nicht böse, das geht so nicht. So kann man nicht miteinander diskutieren, das ist unredlich, was Sie machen.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn wir uns das Papier jetzt mal angucken, dann werden wir die Forderung, die Sie in Ihrem Antrag unter Punkt 2 aufgeführt haben, durch dieses Papier spiegeln und in jeder einzelnen Forderung, die Sie erheben, hier in diesem Papier auch wiederfinden, wie die Dinge geregelt sind.

Um das Ganze praxisrelevant zu machen, gibt es in Mecklenburg-Vorpommern dazu die Arbeitsgemeinschaft Putenhaltung. Die ist dafür ins Leben gerufen worden und auch hier wird bewusst darauf geachtet, dass die Vereinbarung entsprechend umgesetzt wird. Es ist ja ganz bewusst gemacht worden, dass Landwirtschaft, Politik und Wissenschaft hier einen gemeinsamen Weg gehen und gefunden haben. Sie wissen, dass nach 1999, und zwar 2013, diese Vereinbarung noch mal überarbeitet und angepasst worden ist. Uns ist es wichtig, dass man gemeinsam den Weg geht, denn wir müssen bei all den Dingen, die wir hier tun, aufpassen, dass wir nicht nur den Weg der Ökologie gehen, dass wir den Weg für die Tiere gehen, sondern immer noch im Auge behalten, dass die Ökonomie dabei im Blick bleibt.

Mehrere Kollegen haben hier dargestellt, was passiert ist, als wir die Käfighaltung abgeschafft haben. Ich sage Ihnen ganz klar: Käfighaltung möchte ich nicht. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Tiere jetzt anderswo stehen, die Tiere nicht mehr durch unsere Tierärzte kontrolliert werden, wir nicht mehr kontrollieren können, beispielsweise wie viel Medikamente die Tiere kriegen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sagen Sie doch mal, wie viel Betriebe sich daran halten an die Vereinbarung! Wie viel von den 62 Putenhaltern sind es denn? Das wäre mal spannend.)

Lassen Sie uns gemeinsam einen Weg finden, wie wir die Haltungen verbessern, aber das nicht so überstülpen, dass es ökonomisch für die Tierhalter nicht mehr möglich ist.

Sie fordern darüber hinaus, dass die Dinge, die in dem Papier festgeschrieben sind, im Rahmen der TierschutzNutztierhaltungsverordnung aufgenommen werden. Der Minister hat hier dargestellt, dass diese Forderung längst vonseiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern steht. Insofern ist diese Forderung erfüllt und es bedarf an der Stelle dieser Aufforderung nicht. – Besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)