Protocol of the Session on February 1, 2012

Gut, okay. Vielleicht kann ich noch zehn Jahre drauflegen, okay.

Ein Teil der Menschen zwischen 50 und 67 hat ein Problem, meine Damen und Herren. Nach der Wende lange arbeitslos finden sie sich in der nächsten Zeit vielleicht noch mal in einer Beschäftigung wieder. Aber das, was der Markt heute von ihnen verlangt, muss ihnen häufig erst wieder beigebracht werden.

In meinem Wahlkreis gibt es ein Regionalprojekt mit dem Namen TRANSIT 50.

Da hast du wieder deine 50!

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Geht das schon wieder los?!)

In Neustadt-Glewe vermittelte es beispielsweise bis 2011 1.432 ältere Arbeitnehmer über 50 in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in den Regionen Ludwigslust, Parchim, Doberan und Prignitz. Herr Holter hat sich das auch schon vorstellen lassen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

Dieses Arbeitsmarktinstrument wurde als innovatives Projekt zum Thema „Zukunft der Arbeit“ ausgezeichnet, ohne die bekanntlich keine Wertschöpfung stattfindet. Dies ist für mich ein echt guter Ansatz, unternehmerisch denken und gleichzeitig Kümmerer für, wohlgemerkt, die älteren Arbeitnehmer zu sein. Ich hoffe, dass sich künftig mehr solcher Programme umsetzen lassen, wobei zu berücksichtigen sein wird, dass das allgemeine Arbeitstempo langsamer wird, eventuelle Ruhephasen, Urlaubsplanungen und Abwesenheit durch Krankheit mehr eine Rolle spielen.

Soll die Politik Risiken für Arbeitnehmer abfedern? Wir werden uns dieser Frage stellen müssen. Ich weiß auch, das alles kostet. Ich bin Mitglied im Deutschen Roten Kreuz. Wir haben einen wunderbaren Slogan „Aus Liebe zum Menschen“, der für jedermann gilt. Bei der letzten Jahresversammlung sagte ich zu meinen Leuten diesbe

züglich, dass es dazu leider aber auch knallharter Kalkulationen bedarf, nicht nur beim Träger selbst, sondern auch beim Bund, beim Land, bei den Kassen, wer immer daran beteiligt ist. Es soll von der Kommission betrachtet werden, wie individuelle Verantwortung und Hilfe vom Staat kombiniert werden können.

Irgendwann, meine Damen und Herren, flattert jedem von uns ein Bescheid ins Haus, der Rentenbescheid. Es dauert noch ein bisschen. Wohl dem, der genügend Vorsorge getroffen hat oder treffen konnte. Auch dies wird unser Thema sein, denn das staatliche Alterssicherungssystem wird deutlich höher belastet aufgrund der unterbrochenen Erwerbsbiografien, insbesondere in den neuen Bundesländern.

Wir wollen die Teilhabe nicht nur einfordern, sondern transparent machen, woran die Einbindung der Akteure noch hapert. Anschubprojekte mögen helfen, das Bewusstsein aus ausgetretenen Pfaden zu neuen Wegen überzuleiten. Wir wollen uns ganz bewusst auch einzelnen Bausteinen widmen. Es gilt, die Wechselwirkungen zwischen diesen Bausteinen oder den Zusammenhang zwischen diesen zu erfassen, aufzudecken, ich kann auch einfach sagen bloßzustellen, dann tun sich erfahrungsgemäß auch Wege auf.

Aber, meine Damen und Herren, ich möchte gar nicht so theoretisch daherkommen. Ich habe mir über längere Zeit viel Mühe gemacht und nach Beispielen für unser Thema gesucht. Es gibt unendlich viel Material und unendlich viele Projekte, nur beim Thema Nachhaltigkeit, da fehlt mir noch der Glaube daran, bisher wirklich auf einem sicheren Weg zu sein. Zum Beispiel gab es mal ein EUProjekt namens INCLUSage und eine Veranstaltung dazu in Schwerin. In der Öffentlichkeit habe ich davon nichts mehr wahrgenommen. Das Hauptthema waren Probleme, mit denen ältere Menschen in allen Bereichen des Lebens konfrontiert werden, die Bekämpfung der Armut im Alter sowie der soziale Schutz.

Noch mal also: „Nachhaltig“ darf keine Worthülse sein, die Ansätze fände ich im niedrigschwelligen Bereich praktischer. Wir brauchen schlüssige Konzepte und/oder auch langfristig finanzierte Großprojekte. Schlicht gesagt: Wir haben weder das eine noch das andere, deshalb wollen wir die Enquetekommission einsetzen.

Was mir bei meinen Recherchen gut gefiel, war ein Projekt der Wohnungsgenossenschaft in Waren, die sich mit dem Thema „Wohnen im Alter“ befasst, sich dem bereits angenähert hat. Für viele Rentenempfänger ist Wohnen sehr kostspielig geworden. Oder ist es bezahlbar, so fehlt der altersgerechte Aspekt. Beides zu kombinieren, ist eine Aufgabe von Politik und Wohnungsbau. Altersgerechte Wohnmodelle mit Pflegeoption zu überschaubaren Preisen zu schaffen, wird eine Aufgabe der nächsten Jahre sein. Senioren, mit denen ich über Wohnprojekte sprach, sprühten fast vor tollen Ideen.

Auch in der Raumordnung werden Modelle erprobt. MORO wurde schon genannt, aber es kann nicht nur um leistungsstarke Kommunen gehen, Herr Holter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig, habe ich ja auch drauf aufmerksam gemacht.)

Zur Mobilität im Alter fand ich ein Projekt der Ostseeland Verkehr GmbH, wo es um die Kombination aus Wandern

und Zugfahren geht. Sie wissen, die Beine im Alter machen gelegentlich nicht mehr so mit wie gewünscht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ab 50!)

Ab 50, manchmal auch ab 51.

Also wir brauchen auch das Kleinteilige. Aber auch im Bundestag wird debattiert über die Gesellschaft des langen Lebens. Sie finden im Internet und in den Printmedien Tausende Ideen, die mehr oder weniger Geld kosten, allerdings nur punktuell greifen. Schauen Sie gern mal nach in der „www.senioreninfothek.de“. Es ist schon eine imposante Datensammlung da, möglicherweise kann man das auch ein Stück weit auf Mecklenburg-Vorpommern herunterbrechen.

Meine Damen und Herren, ich möchte meinen Blick auch noch auf einige weitere Aspekte des Älterwerdens richten. Ältere und alte Menschen sind heute geistig, körperlich und seelisch im Durchschnitt deutlich bessergestellt als noch vielleicht vor 50 Jahren. Um die 50 wieder zu nennen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da siehste mal!)

Viele von ihnen können oder müssen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Sie wollen mit zunehmendem Alter auch nicht abgeschoben werden. Dazu sind viele aufgrund ihrer Fähigkeiten, ihrer Fertigkeiten, ihrer Motivation und ihrer Erfahrungen auch nicht bereit, und das zu Recht.

Beim Thema Schule reden wir von Inklusion, von der Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft sind wir Lichtjahre entfernt. Ich hatte dem Antrag entnommen, Herr Suhr, dass Sie da eine Änderung vornehmen wollen. Wenn wir Migration und Integration schaffen, dann sind wir schon sehr gut, egal wie hochkarätig wir das formulieren.

Das Thema „Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen“ gehört gewiss mit in die Untersuchungen zum Älterwerden. Das Recht, in Würde zu altern, stellt uns tatsächlich vor einige Herausforderungen. Das Bild von älteren Menschen ist überarbeitungswürdig. Beim Hin zu einem Miteinander der Generationen muss das Stichwort „Pflege“ fallen. Es geht aber nicht mehr nur um den zu Pflegenden, sondern auch um die Pflegenden. Die Debatte ist im vollen Gange. Ich weiß nicht, ob zum Beispiel der Ruf nach einer Pflegekammer der richtige Weg ist, aber darüber laut nachzudenken, ist nicht verboten.

Es ist über Mitwirkungsmöglichkeiten zu reden. Ehrenamtliches Engagement bei den jungen Alten ist breit gefächert. Es geht nicht nur um das Hüten der Enkelkinder, eine sehr schöne Aufgabe, aber zunehmend findet diese weniger statt, weil die Enkel und die Kinder ganz woanders wohnen. Aber es ist auch denkbar, sich in der Nachbarschaft zu helfen. Und neuerdings kann man sogar den Bundesfreiwilligendienst nutzen. Ein Ehrenamt ist in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen möglich. Oft funktionieren kleine Einheiten auf dem Land ausschließlich über das Ehrenamt. Hier müssen wir darauf achten, dass das Engagement der Älteren nicht überstrapaziert, sondern vielmehr ausreichend gewürdigt wird.

(Minister Harry Glawe: Sehr richtig.)

Ich nehme die abnehmende Belastbarkeit der Ehrenamtler sehr häufig wahr, auch wenn von ihnen ganz bewusst versucht wird, diese zu überspielen.

Frei nach Udo Jürgens „Mit 66 Jahren“

(Peter Ritter, DIE LINKE: „Aber bitte mit Sahne“!)

möchte ich auf eine Fachtagung zum Thema „Wer rastet, der rostet“ am 25. Januar 2012 in Güstrow zu sprechen kommen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Was ich als seniorenbezogene Veranstaltung zur Gesundheitsförderung und -prävention gesehen hatte, entpuppte sich recht schnell zu einem Seminar darüber, wie ältere Menschen sich selber sehen und manchmal mit ihnen umgegangen wird.

Sich auf ältere Menschen einzulassen – die Werbeindustrie hat es längst begriffen –, wird uns beschäftigen. Menschen bitten manchmal nicht so sehr gern um Hilfe. Wenn sie sich selbst helfen sollen, müssen sie gegebenenfalls geschult werden. Es gibt viele Berührungsängste, beispielsweise in eine Gruppe zu gehen oder auch einfach nur zu einem Arzt. Manchmal sind auch Männer ganz schön hilflos,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Immer.)

wenn die Partnerin stirbt, die ihren Mann vielleicht ihr ganzes Leben bekocht hat.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Meistens sind Männer auch so hilflos.)

Wussten Sie, dass 66 Prozent der ab 70-jährigen Bundesbürger eine Tageszeitung lesen? Unter den 20- bis 30-Jährigen sind es nur 11 Prozent. Ich bin sehr gespannt, ob sich da medial was tun wird. Ich meine nicht nur die Schriftgrößen in Zeitschriften, sondern ein Mehr an Seniorenausgaben jenseits der „Apotheken Umschau“.

Ich möchte auch noch ein ganz simples Beispiel nennen, um zu verdeutlichen, worum es geht, Herr Ringguth. Tanzveranstaltungen für Senioren gibt es kaum noch. Auf dem Land bereiten die Gemeinden in Ehrenarbeit hin und wieder einen Tanznachmittag mit Kaffee und Kuchen vor. Ich stelle mir häufig die Frage: Reicht das aus

(Jochen Schulte, SPD: Wollen wir das?)

oder ist es eine Überlegung wert, mehr anzubieten? In der Hansestadt Wismar wächst beispielsweise der Wunsch nach einem Kino für Senioren.

(Jochen Schulte, SPD: Ich dachte, Wismar wäre froh, wenn es überhaupt ein Kino hätte. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Wir sind uns selbstverständlich bewusst darüber, dass nicht alle Blütenträume reifen werden,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

aber wir, die Generation, auf der einmal viel mehr lastet, als ein Generationsvertrag normalerweise verlangen

kann, werden mit Sicherheit nicht nur uns selbst im Blick haben. Wir müssen mit Weitblick handeln.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bereits viele gute und Erfolg versprechende Ansätze gibt. Stärken wir diese Vorhaben, auch finanziell. Es dürfen nicht nur gute Vorsätze bleiben. Hilfe zur Umsetzung bieten und diese Umsetzung auch kontrollieren, das ist unsere Aufgabe. „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“, was kann dieses Land bieten? Um das herauszufinden, wollen wir die Enquetekommission einsetzen. Lassen Sie uns diskutieren und gemeinsam den besten Weg finden, denn gegangen werden muss dieser Weg jetzt. Und wenn da vielleicht so etwas wie ein Masterplan herauskommt, umso besser. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat die Ab- geordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.