Diese Namensschilder finden wir ja alltäglich in der beruflichen Praxis unserer Polizistinnen und Polizisten. Wenn ich nach Hause fahre und da findet eine Verkehrskontrolle statt – im grenznahen Raum passiert das relativ häufig – und ich werde angehalten, dann steht vor mir ein freundlicher Polizeibeamter und sagt: „Ober- meister Schmidt. Guten Abend! Wir machen eine allgemeine Verkehrskontrolle.“ Er hat dann auch ein Schild an der Jacke, dass er „Schmidt“ heißt.
Dieses, meine Damen und Herren, ist alltägliche Praxis und dieses trägt sehr zu einem vertrauensvollen Verhältnis von Bürgern und Polizei bei. Aber dieses ist nicht der Gegenstand, über den wir hier diskutieren. Gegenstand, über den wir hier diskutieren, sind nicht die Polizeikontrollen im Verkehr oder bei anderen Einsätzen, wo mir ein freundlicher Beamter entgegentritt, sondern Gegenstand unserer Diskussion sind geschlossene Einsätze, insbesondere bei Demonstrationen, bei Fußballspielen und anderen Großereignissen. Dort tragen unsere Polizeibeamten zurzeit gar keine Kennung, außer der, die lediglich die Gruppenzugehörigkeit erkennen lässt. In der Diskussion wird gefordert, dass sie eine solche Kennung tragen, die aber bitte kein Name ist, sondern eine Kennzeichnung, von der im Zweifelsfall auf den Namen geschlossen werden kann unter Zuhilfenahme seiner Behörde. Das ist also ein Kürzel gegebenenfalls aus Buchstaben und Zahlen, das einem aber nicht ermöglicht zu ermitteln, wie dieser Beamte heißt oder wo er wohnt.
Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir uns dieses klar machen, was eigentlich Diskussionsgegenstand ist,
dann fallen viele Argumente, die gegen eine solche Kennzeichnungspflicht ins Feld geführt werden, bereits weg,
(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sehr richtig.)
weil diese Argumente davon ausgehen, es handele sich um den Namen und es handele sich um die Möglichkeit zurückzuverfolgen, wo dieser Beamte wohnt. Dieses ist aber nicht der Fall und das müssen wir sehr deutlich sagen.
Wenn allerdings Argumente gegen eine solche Kennzeichnungspflicht wegfallen, dann bedeutet dies nicht, dass es keine Argumente mehr gibt. Man muss sich zum Beispiel die Frage stellen, inwieweit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung tangiert sei, und man muss sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, ob hier nicht Polizeibeamte sozusagen unter eine Art Generalverdacht gestellt werden. Das sind meines Erachtens ernst zu nehmende Argumente, die man berücksichtigen muss, die aber für mich nicht die Kraft haben, die sie vielleicht für andere haben.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt natürlich eine ganze Reihe von Argumenten, die für eine solche Kennzeichnungspflicht sprechen. Unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind dafür da, rechtsstaatliche Grundsätze, den Rechtsstaat, in schwierigen Situationen durchzusetzen. Sie machen das gut ausgebildet, sie machen das sehr professionell und sie machen das nahezu – nahezu – ausschließlich mit rechtsstaatlichen Mitteln. Denn es kann nicht sein, dass man den Rechtsstaat verteidigt und ihn dabei selbst bricht.
Aber wenn ich sage „nahezu“, dann sehen Sie an der Formulierung, dass es natürlich Fälle gibt, in denen sich auch Polizeibeamte nicht so verhalten, wie sie sich verhalten sollten. Das ist übrigens kein Spezifikum für Polizeibeamte, das gibt es in jeder Berufsgruppe, ob das nun die Lehrer sind, Herr Bildungsminister, oder ob das Landtagsabgeordnete sind oder ob das Bauern sind, über die wir gesprochen haben, oder jede andere Gruppe,
aber es gilt auch für Polizeibeamte. Und ich glaube, es ist sogar im Interesse der Polizeibeamten selbst, dass man bei solchen schwarzen Schafen, die die Regeln nicht einhalten, auch herausbekommt, wer dies war, weil das in aller Regel schlecht für den Ruf einer ganzen Berufsgruppe ist, wenn man dies nicht tut.
Deshalb glaube ich, dass es im Interesse der Polizeibeamten ist, wenn wir hier diejenigen herausbekommen, die sich nicht an die Spielregeln halten.
Und wenn hier eingewandt wird, dass das ja nie passiert, dass sich da jemand beklagt, meine Damen und Herren: Es ist mir selbst passiert in Mecklenburg-Vorpommern, dass ich auf einer Demonstration gegen die NPD von einem Polizeibeamten einen Platzverweis bekommen habe, der meines Erachtens vollkommen unberechtigt war.
(Stefan Köster, NPD: Das Märchen haben Sie schon im Innenausschuss erzählt. – Udo Pastörs, NPD: Der Polizist war dumm und Sie waren der Schlaue.)
Nun würde ich mich auch gerne gegen eine solche unberechtigte Maßnahme rechtlich zur Wehr setzen, nur kann ich dies nicht, weil ich nicht weiß und nicht klarmachen kann, welcher Polizeibeamte das denn nun gewesen ist.
(Stefan Köster, NPD: Der Polizeibeamte hat doch keine Straftat begangen. Sie können eine ganz normale Beschwerde einlegen, Herr Müller.)
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt sowohl gegen als auch für eine solche Kennzeichnungspflicht gewichtige Argumente. Sie werden meinen Worten vielleicht entnommen haben, dass ich da auf der einen Seite vielleicht ein etwas größeres Gewicht sehe, aber für mich ist entscheidend, dass wir uns mit diesen Argumenten auseinandersetzen wollen
Ich glaube, es geht nicht an, dass man einer politischen Diskussion, die man nicht haben will, einfach ausweicht und sagt, es gibt sie nicht. Da muss ich meine Koalitionspartner von der CDU leider direkt ansprechen.
Es gibt bei Kindern so ein Verhalten zu sagen, ich mache die Augen zu, dann sieht man mich nicht. Bei Kindern finden wir das alle putzig und sagen, na, so ganz klappt das nicht. So ein bisschen erinnert mich das daran, wenn man sagt, ich führe eine Debatte nicht, dann wird sie nicht geführt.
Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Debatte wird geführt, sie wird in diesem Hause geführt, sie wird in dieser Gesellschaft geführt, und das ist gut so. Und ich wäre sehr froh darüber, wenn sich die CDU an dieser Debatte mit ihren Argumenten beteiligen würde
und wenn wir diese Debatte dort führen könnten und dort führen sollten, wo sie hingehört, nämlich im Innenausschuss.
Wir werden also, meine sehr verehrten Damen und Herren – Sie kennen Koalitionen und Sie wissen, welche Spielregeln hier gelten –, dem heutigen Antrag unsere Zustimmung versagen. Wir werden aber trotzdem sehr deutlich machen: Wir führen diese Debatte,
wir wollen sie führen und wir werden in dieser Debatte auch berücksichtigen, was anderenorts über diese Angelegenheit diskutiert wird.
Ich fände es zum Beispiel sehr spannend, einmal zu hören, welche Erfahrungen unsere Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein, in Berlin oder in Brandenburg mit einer nummerischen Kennzeichnungspflicht gemacht haben. Ich fände es sehr interessant, die Argumente der Polizeigewerkschaften zu hören. Ich fände es interessant, mir hier ein vollständiges Bild zu machen. Das ist der Weg, den ich gerne gehen würde, und dieser Weg geht nur über den Innenausschuss.
Und nun ein Letztes: Lieber Herr Saalfeld, ich glaube, die Art und Weise, wie Sie meinen Kollegen Dachner hier angehen,
und die hat dieser Kollege nun weiß Gott überhaupt nicht verdient. Eigentlich hätte sie keiner verdient, aber er vielleicht am allerwenigsten.
Wenn Sie seine Position und meine Position ansprechen, dann sage ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Natürlich haben Manfred Dachner und ich nicht in allen Punkten die gleiche Meinung, dann diskutieren wir das, wie sich das für eine demokratische Fraktion gehört. Das halte ich für einen sehr vernünftigen Zustand. Ich weiß nicht, wie das in Ihrer Fraktion ist, Herr Saalfeld, aber bei uns gehören die innerparteiliche Demokratie und das freie Wort auch innerhalb der Fraktion zu einem vernünftigen Fraktionsleben dazu.
Also, meine Damen und Herren, Ihren Antrag werden wir ablehnen, aber wir werden und wir wollen diese Diskussion führen, jedoch sachlich und ergebnisorientiert und nicht mit plumpen Parolen und nicht mit irgendwelchen Vorurteilen. – Vielen Dank.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. – Egbert Liskow, CDU: Das können die GRÜNEN nicht.)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden sich daran erinnern, dass wir gestern bei einem anderen Thema über die Sinnhaftigkeit und den Zeitpunkt von Antragstellungen gesprochen haben. Der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen hat meine Kollegin Frau Dr. Schwenke dafür kritisiert, dass sie das getan hat, genau zu hinterfragen, warum die GRÜNE-Fraktion einen Antrag zu einem Thema einbringt und damit vielleicht die Gefahr besteht, dass man dieses Thema zerredet.
Ich halte es für völlig legitim, dass die Fraktionen selbst entscheiden, wann sie welche Anträge einbringen. Es ist aber genauso legitim, dass sich andere Fraktionen, auch wenn sie gemeinsam die Oppositionsbank drücken, überlegen, ob es sinnvoll ist, den einen oder anderen Antrag in dieser Art und Weise zu stellen.
Als ich die Antragstellung zu dem Thema hier gelesen habe, sind mir die gleichen Gedanken gekommen wie meiner Kollegin Frau Dr. Schwenke gestern zum Thema „Klagerecht für Tierschutzverbände“. Warum ist das so?