Protocol of the Session on October 16, 2014

(Michael Andrejewski, NPD: Weg mit dem Hubschrauber!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf Antrag meiner Fraktion beschäftigt sich der Landtag heute mit einem sehr ernsten und sehr sensiblen Thema. Es geht um die Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamtinnen und -beamten im Einsatz geschlossener Einheiten, also zum Beispiel bei großen Demonstrationen oder bei Fußballspielen.

Jetzt wird sich der eine oder andere Bürger oder die eine oder andere Bürgerin vielleicht fragen, wieso es einer Kennzeichnungspflicht überhaupt bedarf, denn schließlich tragen doch schon alle Polizeibeamten während ihrer täglichen Arbeit ein Namensschild an ihrer Uniform. Ja, das stimmt, jeder Polizeibeamte trägt seinen Namen. Nur bei Großdemonstrationen oder Fußballspielen tragen sie keine eindeutige Kennzeichnung. Sie tragen zwar meistens eine taktische Kennzeichnung hinten auf ihrem Rücken, diese lässt jedoch nur Rückschlüsse auf die Zugehörigkeit zu einer Hundertschaft, zu einem Zug oder einer Gruppe zu. Eine eindeutige und individualisierte Kennzeichnung gibt es dagegen nicht.

Das ist auch nachvollziehbar, denn den Polizeibeamtinnen und -beamten ist nicht zumutbar, dass sie ihren Familiennamen in Einsätzen offen tragen müssen, weil sie ja gerade bei solchen Einsätzen für unseren Rechtsstaat teilweise heftig mit Personen aneinandergeraten können, die möglicherweise den Beamten aufgrund des Namensschildes bis nach Hause nachstellen könnten.

(Manfred Dachner, SPD: Pure Heuchelei.)

Das will niemand

(Manfred Dachner, SPD: Pure Heuchelei.)

und diese Gefahr ist den Polizistinnen und Polizisten auch nicht zumutbar.

(Vincent Kokert, CDU: Dann unterlassen Sie doch solche Mätzchen, Herr Saalfeld! Ganz einfach.)

Aus dieser Praxis entsteht jedoch ein Problem, Herr Kokert,

(Vincent Kokert, CDU: Nee.)

denn derzeit sind unsere Beamten in Großeinsätzen nicht eindeutig identifizierbar.

(Vincent Kokert, CDU: Das Problem sehen nur Sie.)

In Artikel 19 Absatz 4 unseres Grundgesetzes ist jedoch für jeden Bürger und jede Bürgerin das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verbrieft. Dort heißt es, ich zitiere das Grundgesetz: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ Zitatende.

(Manfred Dachner, SPD: Steht ihm doch auch, verwehrt ihm doch keiner.)

Jeder hat in unserem Land also das Recht, einen staatlichen Hoheitsakt auf seine Rechtmäßigkeit hin vor Gericht überprüfen zu lassen. Diese Rechtsschutzgarantie ist ein ganz hohes Gut und die wichtigste Grundvoraussetzung für unseren Rechtsstaat. So schützt das Grundgesetz uns Bürgerinnen und Bürger vor willkürlichen und rechtsverletzenden Handlungen des Staates. Und wir wissen aus der älteren und jüngeren deutschen Geschichte,

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

dass es dort, wo diese Rechtsschutzgarantie nicht in der Verfassung verankert war, immer wieder zu Unrechtshandlungen des Staates gegenüber seinen Bürgern gekommen ist.

Meine Damen und Herren, jetzt frage ich Sie, wie diese Rechtsschutzgarantie verwirklicht werden soll, wenn der Bürger bei einer Demonstration einem nicht identifizierbaren Polizeibeamten als Vertreter der Staatsgewalt gegenübersteht. Wie soll er die konkrete Handlung des Beamten gerichtlich überprüfen lassen, wenn dieser hinterher nicht mehr zweifelsfrei ermittelt werden kann?

(Vincent Kokert, CDU: Gab es solche Fälle in M-V schon? Liegen da Erkenntnisse vor? – Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Michael Andrejewski, NPD)

Sie wissen vielleicht, dass die Beamten bei Großeinsätzen nicht nur keine Kennzeichnung tragen, sondern dass sie teilweise ganz regulär mit Gesichtsmasken weitere Identifikationsmerkmale verdecken dürfen. Um diese Lücke bei der Gewährleistung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz zu schließen, ohne gleichzeitig die Familiennamen der Polizeibeamten im Einsatz preisgeben zu müssen, gibt es eine ganz einfache Lösung, nämlich die Verwendung einer Individualnummer oder, anders ausgedrückt, die Verwendung einer nummerischen Kennzeichnung. Nur die Polizei und die Ermittlungsbehörden haben Zugriff auf eine Liste, in der genau vermerkt ist, hinter welcher Nummer welcher Beamte steht. Die Nummern können sogar von Einsatz zu Einsatz wechseln, sodass unbefugte Personen definitiv keine Möglichkeit haben,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

auf den Namen der Beamten zu schließen.

(Udo Pastörs, NPD: Das wird ein Wirrwarr.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten unseres Bundeslandes sind sehr gut ausgebildet. Sie handeln professionell und rechtsstaatlich und genießen daher auch das Vertrauen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Die Polizeibeamtinnen und -beamten müssen jedoch akzeptieren, dass im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat jeder, der von einer polizeilichen Maßnahme betroffen ist, grundsätzlich einen Anspruch darauf hat zu wissen, wer in seine Rechte eingreift, und grundsätzlich einen Anspruch darauf hat, die polizeiliche Maßnahme auf ihre Rechtmäßigkeit von einem Gericht überprüfen zu lassen.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Wahnsinn!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein ist eine solche nummerische Kennzeichnungspflicht bereits eingeführt worden. Daraus resultierende Nachteile für Polizeibeamte konnten bisher nicht nachgewiesen werden, wie in entsprechenden Stellungnahmen der dortigen Landesregierung nachzulesen ist. In den Ländern Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz wurde die polizeiliche Kennzeichnungspflicht in den jeweiligen Koalitionsverträgen vereinbart, sie wird also definitiv kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die polizeiliche Kennzeichnungspflicht ist bei Weitem keine Idee der GRÜNEN,

(Michael Silkeit, CDU: Nö.)

sondern wird zwischenzeitlich von Innen- und Rechtspolitikern aus allen demokratischen Parteien gefordert.

In Brandenburg hat zum Beispiel die CDU als erste politische Kraft die Einführung der Kennzeichnungspflicht im dortigen Landtag beantragt. Demnach sollte das Polizeigesetz wie folgt ergänzt werden, ich zitiere aus dem Antrag der CDU: „Polizeivollzugsbedienstete tragen bei Amtshandlungen ein deutlich sichtbares Namensschild mit Dienstgrad. Das Namensschild kann beim Einsatz geschlossener Einheiten durch eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung ersetzt werden.“ Zitatende. Ein Antrag Ihrer Kollegen aus Brandenburg.

(Michael Silkeit, CDU: Ja. – Vincent Kokert, CDU: Ja, was Sie so alles für Anträge stellen, Herr Saalfeld.)

In seiner Einbringungsrede sagte der Abgeordnete Petke von der Fraktion der CDU, und ich zitiere ganz kurz: „Wir wollen, dass das, was international üblich ist, was auch in Deutschland in einigen Ländern und bei der Brandenburger Polizei auf freiwilliger Basis teilweise praktiziert wird, in das geltende Polizeigesetz aufgenommen wird. … Wir sind der Meinung, dass zu einer Uniform auch ein Name gehört und dass es nicht ausreichend ist, dass eine Uniform“

(Michael Silkeit, CDU: Es gibt keine Uniformen mehr in Deutschland. Es gibt Dienstbekleidung, Herr Saalfeld.)

„Ausweis von staatlicher Autorität ist. Staatliches Handeln lässt sich nicht allein auf den Staat zurückführen; zum staatlichen Handeln gehören diejenigen, die es ausführen, und die haben einen Namen.“ Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere von der CDU: Hört, hört!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD – Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Haben Sie etwa aufgeschrieben, was Sie eben gesagt haben?)

Aber auch der ehemalige Polizeipräsident von Berlin, Dieter Glietsch, erklärte vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages,

(Vincent Kokert, CDU: Mann, Mann, Mann!)

ich zitiere ihn gern: „Es gibt keine überzeugenden Argumente gegen eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamtinnen und -beamte. Gefahren, denen Polizistinnen und Polizisten in ihrem Beruf ausgesetzt sind, erhöhen sich nicht dadurch, daß sie ihren Namen an der Uniform tragen. … Es schadet ihrem Ansehen“, also dem Ansehen der Polizeibeamten, „wenn sie sich immer wieder vorhalten lassen müssen, daß sie sich in der Anonymität verstecken, weil sie den kritischen Blick der Öffentlichkeit fürchten.“ Zitatende. Das sagt der ehemalige Polizeipräsident der größten deutschen Stadt. Wie gesagt, die Kennzeichnungspflicht ist keineswegs allein eine Idee der GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, auf eines muss ich jedoch noch zu sprechen kommen. Was wir von der Koalition und leider auch von den Polizeigewerkschaften GdP und DPolG in den vergangenen Tagen und Wochen zum Thema Kennzeichnungspflicht in unserem Land sahen und hörten, das geht eigentlich auf keine demokratische Kuhhaut mehr.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wollen Sie damit sagen, wir sind nicht demokratisch, oder was?)

Zunächst einmal die Posse im Innenausschuss:

(Vincent Kokert, CDU: Wie gehen Sie mit den Gewerkschaften um, Herr Saalfeld? – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Meine Fraktion hatte wegen der Sensibilität des Themas vor einigen Wochen versucht, eine Expertenanhörung im Innenausschuss anzuschieben.

(Vincent Kokert, CDU: Ein Skandal!)

Doch die CDU wollte sich nicht einmal anhören, was Fachleute und Experten aus den anderen Bundesländern zu sagen haben. Die CDU hat die Anhörung einfach abgelehnt und nicht zugelassen.

(Vincent Kokert, CDU: Weil wir permanent im Gespräch mit Fachleuten sind.)

In mehreren Bundesländern tut sich etwas bei der Kennzeichnungspflicht