Protocol of the Session on October 16, 2014

Zitat: „,Wir wissen, dass wir außerhalb des Gesetzes handeln‘, gibt der Pastor unumwunden zu.“ Zitatende. Jeder normale Bürger, der sich so äußern und dann auch noch danach handeln würde, in welchem Lebensbereich auch immer, käme aus dem Ärger gar nicht mehr heraus. Wenn er etwa keine Steuern mehr zahlen würde mit der Begründung, die Abgabenordnung und das Einkommensteuergesetz wären seiner Meinung nach nicht menschenfreundlich genug, sodass er sie unter Berufung auf seine behauptete höhere Moral in Zukunft einfach ignorieren würde, könnte er sich gratulieren – das Finanzamt würde ihn schlichtweg plattmachen.

Pastor Hanke und sein Gemeinderat haben Ähnliches nicht zu befürchten, obwohl auch sie sich ganz offen und wie selbstverständlich über das geltende Recht stellen. Sie gewähren einem rechtskräftig abgelehnten ausreisepflichtigen Asylbewerber ein sogenanntes Kirchenasyl. Das heißt, Sie vereiteln bewusst dessen rechtlich gebotene Überstellung an die Niederlande, nachdem an Recht und Gesetz gebundene Behörden den Asylantrag geprüft und abgelehnt haben, nachdem ebenfalls an Recht und Gesetz gebundene Richter genauso entschieden haben.

Die Bundesrepublik Deutschland nimmt bekanntlich für sich in Anspruch, ein Rechtsstaat zu sein. Sie vertritt auch die Auffassung, dass ihre Behörden und Gerichte in Asylfragen rechtsstaatlich handeln. Wie kann derselbe Staat dann hinnehmen, dass die Kirche oder irgendwer sonst rechtsfreie Räume etabliert?

Pastor Hanke rechtfertigt sein Handeln folgenderma- ßen – wieder laut „Schweriner Volkszeitung“ vom 13. Ok- tober –, Zitat: „Aber dieses Gesetz reiche einfach nicht mehr, um menschlich mit Menschen umzugehen.“ Zitatende. Dieser Pastor bezeichnet also wirklich die Asylgesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland und damit diese selbst als unmenschlich, weshalb er mit dem Kirchenasyl für die fehlende Menschlichkeit sorgen müsse. Und die politische Klasse in Mecklenburg-Vorpommern applaudiert ihm teilweise auch noch dafür und gibt ihm somit recht, wenn er behauptet, im Staate herrschten unmenschliche Verhältnisse und daher dürfen Gesetze missachtet werden.

Dabei ignoriert Hanke mit der Selbstherrlichkeit eines mittelalterlichen Fürstbischofs auch das Grundgesetz. Im Artikel 16a Absatz 1 heißt es: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ – „Politisch Verfolgte“ heißt es dort, nicht „Leute“,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Seit wann berufen Sie sich denn aufs Grundgesetz? Das ist ja was ganz Neues.)

nicht „Leute“, Herr Ritter, wie der abgelehnte Asylbewerber aus Mali, den die Sankt-Petri-Gemeinde beherbergt und den die „Schweriner Volkszeitung“ vom 13. Oktober so charakterisiert, Zitat: „Momo ist kein klassischer Flüchtling. Weder drohten ihm in seiner Heimat Repressalien aufgrund seiner politischen Einstellung oder seiner Religion, noch waren es wirtschaftliche Zwänge, die ihn aus Afrika weg und in eine ungewisse Zukunft trieben. Der junge Mann wollte nach einen Jurastudium in seiner Heimat einen europäischen Abschluss in Verwaltungsrecht erwerben.“ Zitatende. Er fing an der Universität Amsterdam ein Studium an, doch dann ging etwas schief.

Wieder aus der „Schweriner Volkszeitung“, Zitat: „Erst nach einiger Zeit fiel an der Universität auf, dass Momos Studiennummer einem anderen Studenten gehörte. Die niederländischen Behörden wurden hellhörig, prüften auch das Visum des Afrikaners: Es war nicht auf seinen, sondern auf einen anderen Namen ausgestellt worden.“ Zitatende. Und weiter schreibt die Zeitung, Zitat: „Freunde an der Uni rieten Momo, einen Asylantrag zu stellen. Und deutsche Freunde glaubten zu wissen, dass das in ihrer Heimat einfacher sei. So landete der junge Mann aus Mali zuerst in Bremen und schließlich in SachsenAnhalt.“ Zitatende.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Nach Wolgast ging er, um einer Überstellung in die Niederlande zu entgehen, wo er rein gar nichts zu befürchten hat. Und auch in Mali hat er rein gar nichts zu befürchten, falls die Niederlande ihn dorthin zurückschicken sollten.

Einen drastischeren Fall von Asylmissbrauch kann man sich gar nicht ausmalen. Für so einen Gesetze zu missachten unter Berufung auf eine höhere menschliche Moral,

(Thomas Krüger, SPD: Beim Gesetzemissachten kennen Sie sich ja aus. Da kennen Sie sich ja aus.)

das ist der Gipfel der Dreistigkeit, Herr Krüger.

Pastor Hanke ist übrigens im Widerspruch zum Grundgesetz der Auffassung, auch Wirtschaftsflüchtlinge sollten Asyl bekommen. Sinngemäß sagte er: Viele DDR-Bürger, die in den Westen flohen, seien ja auch nur Wirtschaftsflüchtlinge gewesen. Alleine diese Aussage dieses Kirchenpfaffen lässt schon tief blicken. Und er und die Kirche insgesamt kommen damit auch durch. Da gab es keinen Widerspruch.

Die „Schweriner Volkszeitung“ war so freundlich, eine aktuelle Statistik zur Verfügung zu stellen. Danach seien im September 245 Personen in 136 Fällen bundesweit in kirchlichem Asyl betreut worden. Die Kirchen wiederum verkünden stolz, dass 80 Prozent der Fälle von Kirchenasyl positiv endeten. Dabei reiche die Spanne von der Anerkennung eines Abschiebehindernisses bis zum Bleiberecht. Zu Deutsch: Durch das Kirchenasyl wird Zeit geschunden, bis sich der Aufenthalt so verfestigt hat, dass selbst der unverschämteste Scheinasylant einen Duldungsstatus erhält.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Herr Köster, einen Moment bitte. Ich glaube, ich habe heute schon mal gesagt, dass ich es hier nicht zulassen werde, dass irgendjemand persönlich beleidigt wird. Sie beleidigen wieder eine Gruppe und richten oder bewerten da Dinge. Wir haben uns heute über Bewertung unterhalten. Wenn sich das jetzt in Ihrer Rede noch mal wiederholt – das gilt aber auch für alle anderen, die nachher noch das Wort ergreifen werden –, dann erteile ich dafür einen Ordnungsruf.

Sie können jetzt fortfahren.

Und der Staat? Der Staat lässt sich dieses rechtsverachtende Verhalten gefallen. Er unternimmt nichts dagegen.

Was wäre eigentlich, wenn demnächst Islamisten anfangen würden, zur Abschiebung anstehende Salafisten mit Terrorverbindungen Moscheeasyl zu gewähren mit der Begründung, genau wie die religiösen Dogmen der Kirchen stünde eben auch die Scharia über dem Gesetz? Will man das dann auch so hinnehmen, wie man es jetzt macht unter Verweis auf Religionsfreiheit und Gleichbehandlung?

(Thomas Krüger, SPD: Haben Sie etwas gegen Religionsfreiheit?)

Wer darf sich denn noch alles über geltendes Recht hinwegsetzen?

Hier geht es um Recht, Herr Krüger, auch wenn Sie da nicht so viel Ahnung von zu haben scheinen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Hier geht es um die Durchsetzung von Recht.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Noch ein Wort zum Thema Kirchen und Menschlichkeit.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wie die FAZ in ihrer Onlineausgabe vom 15. Oktober 2014 berichtete, hat die Katholische Kirche in den vergange

nen vier Jahren circa 1.300 Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester entschädigt mit durchschnittlich schäbigen 5.000 Euro pro Person.

(Thomas Krüger, SPD: Ach, jetzt wird die Kirche beleidigt!)

Da hat man sich sehr bemüht, möglichst billig davon- zukommen bei Kirchensteuereinnahmen von etwa 4 bis 5 Milliarden Euro pro Jahr und pro Großkirche. Die Evangelische Kirche hat sich gerade wortreich für Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern durch Pastoren entschuldigt, doch von großzügigen Entschädigungen hab ich zumindest nichts Entsprechendes vernehmen können. Da klingt das Menschlichkeitsgefasel der Pfaffen, mit denen das Kirchenasyl gerechtfertigt wird …

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es ist unglaublich! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Herr Köster, einen Moment.

Ich glaube, ich hatte mich deutlich ausgedrückt, dass Sie hier solche Äußerungen unterlassen sollen. Man kann es anders formulieren und trotzdem sagen, was man sagen will. Ich will Sie in Ihrem Rederecht nicht beschränken, aber nach meinem Hinweis, den Sie offensichtlich nicht verstanden haben, erteile ich Ihnen jetzt einen Ordnungsruf.

Da klingt das Menschlichkeitsgefasel …

Herr Köster!

Ich hab doch gar nicht das …

Ich hab Ihnen doch gerade erklärt, dass man das, was man sagen möchte, auch anders ausdrücken kann und dass Sie sich bitte hier mit …

(Udo Pastörs, NPD: Da wollen wir mal das Landes- verfassungsgericht zu hören.)

Entschuldigung, ich dachte, das bezog sich auf die Pfaffen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Also!)

Einen Moment.

Jetzt möchte ich mich noch mal an Herr Pastörs wenden. Herr Pastörs, Sie wissen, dass Sie das, was ich hier sage, nicht zu kommentieren haben.

(Udo Pastörs, NPD: Ich hab doch nicht kommentiert. Das war ein Zwischenruf.)

Ich erteile Ihnen jetzt einen Ordnungsruf, da Sie ganz genau gewusst haben, was Sie machen. Wir spielen dieses Spiel ja immer wieder, und von mir aus können Sie auch vor das Verfassungsgericht gehen. Ich denke mal, ich habe deutlich gemacht, was ich hier zulasse und

was ich nicht zulasse. Und das, was hätte gesagt werden müssen, hätte auch in einer Form gesagt werden können, die der Geschäftsordnung nicht entgegensteht. Von daher hoffe ich, dass es jetzt verstanden wurde, ich nicht noch weitere Ordnungsrufe erteilen muss. Und von daher, bitte, Herr Köster, Sie können fortfahren.

Da klingt die immer gleiche Predigt bezüglich der Menschlichkeit, mit der die Kirchenfürsten auch das Kirchenasyl gerechtfertigt wissen wollen, doch sehr hohl. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Jaeger.