„Am Freitag, den 7. März 2014, trafen sich die Initiativgruppe ,Künstlernachlässe‘, Sympathisanten und Un- terstützer zu einer gemeinsamen Gesprächsrunde in Zachow. Mitglieder der Initiativgruppe sind nicht nur Künstlerinnen und Künstler, sondern auch Vertreter aus der Wirtschaft, von Verbänden und aus Kommunen. Erfreut zeigten sich die Teilnehmer der ersten Gesprächsrunde zur Einrichtung und Betreibung eines Archivs für Künstlernachlässe über die Äußerung von Landrat, Heiko Kärger. Er machte deutlich, dass die Initiative der Künstler nur erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn ein starker Partner gefunden wird. Dieser Partner wird der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte sein. Kärger sagte zu, die Initiative bei ihrem Vorhaben maßgeblich zu unterstützen.“
Wie Sie selbst in Ihrem Antrag die Landesregierung auffordern, mit dem Landeskulturrat und den regional und kürzlich „konstituierten regionalen Kulturräten“ eine wirksame „Förderung derartiger Initiativen auszuloten“, bin ich mir sicher, dass diese Initiativen zu Künstlernachlässen in den Kulturräten auf der Agenda stehen. Sie sehen also, Ihrem Thema wird bundesweit und regional entsprochen und Aufmerksamkeit gewidmet. Es bedarf keines Maßnahmenkataloges der Landesregierung zu diesem Thema. Wir lehnen diesen Antrag selbstverständlich ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der letzte Satz war eben von meinem Vorredner: „Wir lehnen diesen Antrag selbstverständlich ab.“ Es ist also eine Selbstverständlichkeit, dass unsere Initiativen, unsere Überlegungen in den Papierkorb wandern müssen.
(Torsten Renz, CDU: Das bezieht sich aber auch auf seine inhaltlichen Ausführungen, die er vorher getätigt hat. – Zuruf von Julian Barlen, SPD)
Das ist nach den Reden nicht selbstverständlich, finde ich, denn zu 90 Prozent sind hier Argumente vorgetragen worden, die unser Ansinnen stützen.
Ich bin ja schon mal froh, dass es gegenüber dem, was wir vor dreieinhalb Jahren hier vorgetragen haben, wo es
uns in der Tat um eine Landesinitiative ging, einen Fortschritt dahin gehend gibt, dass nicht in Bausch und Bogen die Sache lächerlich gemacht wird, sondern sich mit einer Ernsthaftigkeit hier auseinandergesetzt wird. Aber da gibt es schon ein paar Sachen, die man so, finde ich, nicht stehenlassen kann.
Herr Donig, wenn Sie sagen, sie müssen sich selber kümmern – also einige kümmern sich, aber manchmal, wie Schicksalsschläge so sind, kommt es dazu, dass jemand unvermittelt aus dem Leben gerissen wird. Und da ist die Frage, wenn es keine engeren Beziehungen zur Verwandtschaft gibt: Wer kümmert sich um den Nachlass? Und es ist die Frage: Wie gehen wir mit unserem kulturellen Erbe um, das dieser Künstler oder diese Künstlerin uns im gegebenen Falle hinterlassen hat? Das ist dann wiederum eine Frage, die uns alle angeht.
Sie haben darauf verwiesen, dass es Initiativen gibt. Da setzen wir ja eben an. Unsere Wahrnahme aus Gesprächen mit einzelnen Akteuren ist die, dass sie sagen, wir brauchen nicht unbedingt mehr Geld. Natürlich wäre so was willkommen. Es geht also, Herr Reinhardt, ausdrücklich nicht um Geld, um Landesmittel, sondern es geht um Beratung, Hinweise, Anregungen für Vernetzungen. Es lebt ja davon, dass Menschen miteinander kommunizieren.
Als Bildungsminister Brodkorb angetreten ist und seine ersten Überlegungen, ich glaube, das war im Früh- jahr 2012, Herr Brodkorb, Sie haben Ihre ersten Überlegungen in Neustrelitz bei einer Kulturkonferenz vorgestellt und haben gesagt, man müsse die Kulturförderung neu stricken, entbürokratisieren, auch aus dem Grund, dass die Kulturabteilung im Bildungsministerium mehr Freiräume hat für strategische Ansätze, für strategische Planungen, Beratungsleistungen, Vernetzungen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Und das halte ich auch für angemessen. Es kann nicht sein, dass eine Kulturabteilung in einem Ministerium sich mit kleinteiligen Beträgen herumschlagen muss, sondern dass sie die großen Linien zieht, dass sie sich Gedanken macht mit Akteuren vor Ort, wie kann man das, was da ist, bewahren, wie kann man das weiterentwickeln und diesen Schatz für unser Leben heben.
Was sich da in den Kommunen tut, ist wirklich ganz toll. Mir liegt vor – das knüpft an an den Beitrag von Herrn Donig, es ist ja danach weitergegangen – eine Vereinbarung „Archivbildende Kunst Mecklenburgische Seenplatte“ und dann letztendlich dazu gepackt noch eine Geschäftsordnung eines Fachbeirates. Weil wer kann aus der Politik heraus überhaupt einschätzen, ob eine Künstlerin oder ein Künstler Bedeutendes geleistet hat oder nicht? Das können allenfalls Fachleute tun und ansonsten macht es jeder für sich.
Es ist aber von großem Wert und deswegen auch unsere Anregung, das in die Breite zu geben und für Kommunikation zu sorgen, es ist von großem Wert, dass die Ak
teure voneinander wissen, dass sie einander kennen und aus besten Erfahrungen – manchmal auch aus schlechteren Erfahrungen – ihre Schlüsse ziehen und dann entsprechend handeln können. Museen – das ist bereits gesagt worden –, Galerien oder Kunstsammlungen mit einem speziellen Anspruch und mit einem speziellen Profil können das nicht leisten, aus personellen Gründen heraus nicht, aus räumlichen Kapazitäten. Wir hatten vor einiger Zeit über Depots hier gesprochen. Insofern sind diese Initiativen, für die wir uns hier starkzumachen versuchen, ungeheuer wichtig. Und sie knüpfen auch an etwas an, was Sie selbst – Herr Ministerpräsident ist im Moment nicht da –, was Herr Ministerpräsident selbst in einzelnen Workshops landauf, landab propagiert: das Ehrenamt stärken. Hier hätten wir ein Beispiel oder wir haben hier ein Beispiel, wie Ehrenamt gestärkt werden kann.
Letztendlich, Sie haben sich entschieden, diesem Antrag nicht zuzustimmen. Ich bin der Meinung, wir verschenken uns da was, wenn wir das jetzt an dieser Stelle vom Tisch wedeln, denn solche Initiativen können nicht dem Selbstlauf überlassen werden. Manchmal geht es gut, manchmal findet sich etwas und es wird erfolgreich, manchmal auch nicht. Wie viel uns letztendlich dann verlorengeht, das werden wir nie erfahren. Aber wenn wir die Chance ergreifen könnten, das, was man möglich machen kann, auch wirklich in die Tat umzusetzen, mit wenig Mitteln im Übrigen, dann ist es allemal lohnenswert.
Das war unser Vorstoß. Vielleicht kommen Sie, wie bei manch anderer Sache, zu einem späteren Zeitpunkt noch mal zu der Erkenntnis, dass es wohl doch nicht so schlecht wäre, da in anderer Art und Weise heranzugehen, als Sie das heute machen.
Ich bedanke mich an dieser Stelle für die Aufmerksamkeit, werbe gleichwohl für die Unterstützung und bedanke mich für die ausdrückliche Würdigung seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Koplin, die Initiative ist ja lobenswert, aber ich glaube, man muss noch mal über den Kern reden. Sie erwecken den Eindruck, als wäre es möglich – jedenfalls könnte man das so verstehen –, dass das Land oder wer auch immer die Nachlässe aller Künstler aufnimmt, sammelt, wissenschaftlich bearbeitet und irgendwie präsentiert. Die erste Frage, die sich da stellt, ist: Wer ist eigentlich ein Künstler?
Ich hatte ja das Vergnügen, meine Sommertour zum Thema Kultur zu machen, mit vielen Künstlern zu sprechen. Und das Bild, das sich dort für mich ergeben hat, ist, dass es natürlich in der Kunst sehr unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was ein Künstler ist oder wer ein Künstler ist und wer ein herausragender Künstler ist. Es ist ja mitnichten so, dass es in der Kunstwelt darüber Einigkeit gibt, das wissen Sie doch aber auch, je nachdem welcher Richtung man angehört. Das heißt, es ist
eben nicht möglich, eine Fachkommission zu besetzen, die dann endgültig für die Weltgeschichte entscheidet, wer ein großer Künstler ist oder nicht.
Und deswegen ist das, was Sie als Anliegen haben, ehrenwert, aber ich glaube, es ist nicht realisierbar.
Ich mache ein praktisches Beispiel, Herr Koplin, ein praktisches Beispiel: Es hat sich jemand an mich gewandt mit der Bitte, ob wir nicht den Nachlass von Armin Münch irgendwo aufnehmen können. Der Name ist heute schon gefallen. Die Universität Rostock hat einen Teil schon vor Jahren genommen. Ich habe mich dann – ich nenne jetzt keine Institution – an Museen und Ausstellungsorte, Galerien in diesem Lande gewandt mit der Frage, ob sie sich das überhaupt vorstellen können, diesen Nachlass aufzunehmen. Armin Münch ist nicht irgendwer. Und ich darf Ihnen sagen, niemand hat sich dazu bereit erklärt.
Es mag sein, dass ich die falschen Institutionen angerufen habe, das schließe ich nicht aus. Frau Berger, er scheint Ihnen ja auch irgendwie nahezuliegen. Aber das zeigt ein bisschen auch die Schwierigkeit, mit dem Thema umzugehen. Und deswegen setze ich auch darauf – das ist aus meiner Rede ja deutlich geworden –, dass so etwas nur funktioniert, wo eben auch Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich, hauptamtlich auch bereit sind, das mitzutragen, wie zum Beispiel mit Literaturhäusern, wie dem Fallada-Archiv, wo wir als Land auch fördern. Es ist ja nicht so, dass wir da nichts tun. Wir tun es aber dort, wo es eine Initiative gibt, auf die man aufsetzen kann, die man als Staat unterstützen kann.
Das, was Ihnen vorzuschweben scheint, so verstehe ich das, also eine ganz große Lösung, wo wir alles archivieren und aufarbeiten, das scheitert aus meiner Sicht schon an der Problematik, dass es einen großen Streit darüber gibt, wer ein Künstler ist und – noch viel größer – wer eigentlich ein herausragender Künstler ist. Ich glaube nicht, dass der Staat in der Lage ist, diese Frage zu entscheiden, und er sollte sie auch nicht entscheiden, Herr Koplin. Und deswegen, glaube ich, gibt es an dem Punkt einfach ein paar unterschiedliche Auffassungen, auch wenn ich Ihre Intention sehr gut nachvollziehen kann. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister hat ja jetzt im Grunde genommen noch mal nachgehakt und dargelegt, wie Sie, Herr Minister, diesen Antrag aufgegriffen haben und ihn verstehen. Und es scheint in der Tat vielleicht ein Verständnisproblem zu sein, denn jetzt mal wortgetreu nachgeschaut: Wir haben geschrieben in der Überschrift „Initiativen zur Bewahrung von Künstlernachlässen in Mecklenburg-Vorpommern fördern“.
Genau. Das ist dann also der Anspruch, diese Initiativen zu fördern, und nicht etwas aufzubauen, was nicht sozusagen schon im Entstehen ist, gewachsen ist und ehrenamtlich lebt.
Ja, ja, Herr Reinhardt, genau. Was läuft, weiterentwickeln, mit Rückenwind versehen und letztendlich auch mit einer Fachlichkeit ausstatten, soweit das möglich ist.
Und jetzt kommen wir an zwei Punkte, die auch Knackpunkte vielleicht darstellen. Das begegnet mir auch, ich kriege auch Mails, wo mir geschrieben wird: Meine Tochter malt auch gut. Ist sie eine Künstlerin? Ja, warum denn nicht?!
Ich hatte vorhin darauf verwiesen, dass es in der Mecklenburgischen Seenplatte hierzu auch eine Initiative gibt, und die berufen eine eigene Fachjury. Das halte ich für sehr vernünftig. Woanders ist man gegebenenfalls sehr interessiert daran, über diese Erfahrungen, über die Erfahrungen, die an der Mecklenburgischen Seenplatte gemacht werden, etwas vermittelt zu bekommen. Die Menschen müssen aber auch zusammengeführt werden.
Und was jetzt hier ein Hinderungsgrund zu sein scheint, ist – Herr Minister hat es betont –, alles und jeden, der etwas Künstlerisches produziert hat, oder die, dann auch zu erfassen, das steht ausdrücklich so in unserem Antrag nicht drin. Ich darf kurz zitieren aus dem Punkt II.1. In der Mitte heißt es: „Möglichkeiten einer wirksamen Förderung derartiger Initiativen auszuloten“.