Protocol of the Session on October 15, 2014

Ein anderer Faktor sind die Finanzmittel. Auch da ist ein weiterer Rückgang gewiss, nicht erst im Jahre 2019. Sinken aber die Fallzahlen, so sinkt auch der Personalbestand und damit ist eines sicher: Unsere schon jetzt kleinen Gerichte werden in den nächsten Jahren noch kleiner werden. In solchen kleinen Einheiten kann aber weder die notwendige Vertretung noch eine sinnvolle Spezialisierung gewährleistet werden. Das müsste eigentlich jedem einleuchten, auch der Opposition.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Zweiflern hier im Haus, erst recht aber auch unter den Richtern, empfehle ich dringend einmal die Lektüre der „Deutschen Richterzeitung“ vom August dieses Jahres. Da sollten Sie sich mal zu Gemüte führen, was in der Zeitschrift des Deutschen Richterbundes unter der Überschrift „Generalist vs. Spezialist: Anforderungen an eine leistungsfähige Justiz“ zu lesen ist. Der Präsident des Oberlandesgerichts Celle kommt hier zu Wort. Er bestätigt, was ich schon immer gesagt habe, nämlich, dass Spezialisierungen auch der ersten Instanz guttun könnten, denn die Komplexität der Fälle und die Spezialisierung der Anwälte nehmen zu. Im selben Beitrag wird über die Zweifel des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Celle berichtet, dass Spezialisierungen außerhalb großer Gerichtsstandorte gelingen könnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind doch genau unsere Argumente. Auch aus diesem Grund schaffen wir größere Einheiten, damit die Qualität der Justiz auch in der ersten Instanz hoch bleibt. Nur so kann die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern künftig die immer komplexer werdenden Verfahren zügig bearbeiten. Das ist der erste Wunsch des Rechtsuchenden, das ist Bür

gerfreundlichkeit. Jedem, dem die Justiz in diesem Land etwas bedeutet, muss damit klar sein, es muss gehandelt werden, und zwar jetzt. Ein „Einfach weiter so“ können und dürfen wir uns nicht leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe großes Verständnis dafür, dass die notwendigen Veränderungen, die immer mehr Lebensbereiche erfassen, bei einigen auch Ängste auslösen, denn Veränderungen sind häufig auch mit Einschnitten verbunden. Deswegen kann ich durchaus nachvollziehen, dass einige die notwendigen Reformmaßnahmen gern noch aufschieben würden. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können uns nicht aus Angst vor Veränderungen an die Vergangenheit klammern und dabei die Zukunft verschlafen.

Mein Appell an Sie, meine Damen und Herren von der Opposition: Ziehen Sie Ihren Gesetzentwurf zurück, denn er ist weder geboten noch sinnvoll, aber vor allem ist er gesetzestechnisch gänzlich ungeeignet! – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Drese.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Holter ließ in seiner Pressemitteilung vom 6. Oktober dieses Jahres unter anderem verlauten, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:

(Helmut Holter, DIE LINKE: Lesen Sie doch mal die ganze Pressemitteilung vor!)

„Leider haben SPD und CDU auf der jüngsten Landtagssitzung den Antrag der Linksfraktion und der bündnisgrünen Fraktion abgelehnt, die Reform so lange auszusetzen, bis das Volksbegehren im Parlament thematisiert wurde“, so Holter. Und weiter: „Zugleich missachten SPD und CDU ein Instrument direkter Demokratie, sie entmündigen Bürgerinnen und Bürger und schüren Politikverdrossenheit“, sagte Holter.

Bei Herrn Suhr klingt das in einer Pressemitteilung vom 17. September so ähnlich, indem er anführt, die Regierung unterlaufe das Volksbegehren, indem sie Fakten schaffe.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist doch alles mehr als verwunderlich,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

weiß die Opposition doch selber, dass ein vom Landtag beschlossenes Gesetz wiederum nur durch ein Gesetz geändert beziehungsweise aufgehoben werden kann. Mal eben per Antrag …

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu kommen wir gleich.

… eine Aussetzung zu fordern, mag politisch ins Konzept passen, ändert jedoch nichts daran, dass ein Gesetz,

ganz gleich, welchen Regelungsgehalt es hat, umzusetzen ist.

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

Alles andere hat mit einem Rechtsstaat nichts zu tun. Und, Frau Borchardt, wer den Rechtsstaat gefährdet, dürfte vor diesem Hintergrund auch klar sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Sehr geehrte Damen und Herren, dass ein einfacher diesbezüglicher Antrag nicht reicht, hat inzwischen auch die Opposition verstanden

(Heinz Müller, SPD: Hat aber gedauert.)

und diesen Gesetzentwurf vorgelegt, allerdings zu einem Zeitpunkt, der selbst unter Unterstützern des Volksbegehrens Verwunderung und Kopfschütteln auslöst.

Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben den Gesetzentwurf, sei es aus Unvermögen oder aus Kalkül, nicht in dem üblichen in der Geschäftsordnung des Landtages festgelegten Verfahren auf die Tagesordnung der Septemberlandtagssitzung setzen lassen. Nachdem der Gesetzentwurf auch 48 Stunden nach dem regulären Fristende immer noch nicht bekannt war, entschieden sich die Urheber des Gesetzentwurfs, diesen am Donnerstag der Septembersitzung des Landtages per Dringlichkeit auf die Tagesordnung setzen zu lassen –

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

wohlgemerkt am Donnerstag,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

nicht am Mittwoch.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum dies nicht gleich am ersten Tag, am Mittwoch, geschehen ist.

(Heinz Müller, SPD: So ist es.)

Wir alle wissen es: natürlich aus dramaturgischen Gründen, wobei blanker Populismus die Feder geführt hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. So ist es.)

Wie Sie alle wissen, werden Gesetzentwürfe in zwei Lesungen beraten. Die Zweite Lesung kann frühestens am zweiten Tag nach dem Schluss der Ersten Lesung stattfinden. Sie wussten also selber ganz genau, dass Ihr Gesetzentwurf nicht rechtzeitig in Kraft treten kann. Diesen Zirkus haben wir nicht mitgemacht.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss leider feststellen, es geht den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht um die Sache, es geht Ihnen um politische Schauveranstaltungen.

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

Sie sind es, die das Volksbegehren nicht ernst nehmen und Unterstützung nur vorgaukeln.

Die Gerichtsstrukturreform mag nicht besonders populär sein, das ist auch gar nicht der Anspruch, aus dem heraus die Koalition verantwortungsvolle Politik für unser Land gestaltet.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Die Argumente für eine Reform haben auch im elften Redebeitrag in dieser Legislatur zu diesem Thema unverändert Bestand. Die Menschen im Land merken aber sehr wohl, wer notwendige Reformen vornimmt und wer lediglich platten Aktionismus zur parteipolitischen Profilierung betreibt,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

die Koalition jedenfalls nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Fraktionsvorsitzende Herr Suhr.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah, jetzt kommt das Lamento. Kennen wir alles schon, haben wir schon zehnmal gehört. – Zurufe von Andreas Butzki, SPD, Heinz Müller, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Beim Zuruf, ich glaube, von Herrn Dachner, er wisse schon, was kommt, war ich kurz versucht, Ihnen anzubieten, unsere Rede hier zu halten, aber da ich ein paar Passagen drin habe oder gern sagen möchte, bei denen ich Ihnen unterstelle, dass Sie die hier nicht sagen würden,

(Andreas Butzki, SPD: Mit Sicherheit.)