Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich noch mal zu einem speziellen Punkt äußern, weil der seit geraumer Zeit hier immer wieder eine Rolle spielt. Ich finde, man muss ihn nur einmal richtig erklären, damit man dann ein für alle Mal sagen kann, den brauchen wir nicht mehr weiter zu quälen.
Das Erste – das hat mir der Minister vorweggenommen –, die gute Nachricht ist: Die Besoldung auch an den freien Schulen, Frau Berger, wird zukünftig dynamisiert. Und damit sind viele Probleme, also 80 Prozent Ihrer Rede, im Prinzip hinfällig. Besser wäre es für Sie gewesen, Sie wären nach vorne gegangen und hätten gesagt: Ja,
die allermeisten der Forderungen, die wir an die Koalition gestellt haben, sind mit diesem Schulgesetz umgesetzt und die Schulen in freier Trägerschaft haben jetzt wieder Planungssicherheit. Das wäre, ganz kurz gefasst, Ihr Redebeitrag gewesen.
Hören Sie doch bitte mit einem auf, weil das immer wieder zu Verunsicherungen führt und ich das auch immer wieder von den Schulträgern zurückkriege,
hören Sie bitte auf, den Schulträgern zu erzählen, dass wir bewusst zu wenig Haushaltsmittel für die freien Schulen einstellen, um dann hinterher zu kürzen!
Hören Sie bitte damit auf, weil – und das wissen Sie hoffentlich mittlerweile – es schlicht und ergreifend eine Unwahrheit ist!
Es ist genauso, als wenn wir den Polizeititel von Lorenz Caffier im Innenministerium nehmen, und wenn der Polizeititel im Dezember alle ist, dann kriegen die Polizisten natürlich trotzdem weiter ihr Gehalt. Genauso verhält es sich auch mit den Zuschüssen an die freien Schulen. Wir reden über ein Leistungsgesetz.
Das heißt, wenn das Geld nicht reicht, muss das Land aufkohlen. Ob die Summe, die jetzt drinsteht, unterm Strich reicht, kann ich Ihnen nicht sagen, weil das von
ganz vielen Faktoren abhängt: Entwicklung im öffentlichen Dienst und auch davon, wie viele Schüler oder wie viele Eltern sich zukünftig für das Modell der freien Schule entscheiden. Davon hängt es massiv ab. Das können Sie als Land gar nicht so genau planen.
Aber eines ist sicher, und das sage ich hier noch mal im Parlament: Wenn das Geld nicht reicht, bleibt der Finanzministerin, so ungern, wie sie das vielleicht auch tut, nichts anderes übrig, als dem Bildungsminister im Zweifel Geld zur Verfügung zu stellen und das Geld an die freien Schulen auszuzahlen. Das heißt, dieses Problem, das Sie hier wie ein Mantra vor sich hertragen, wird schlicht und ergreifend nicht in der Praxis funktionieren.
Ich bitte Sie doch, diese Desinformationen, die Sie auch immer wieder geschickt an die Presse streuen, zukünftig zu unterlassen, weil man sehr leicht nachweisen kann, dass es dieses Problem gar nicht gibt. – Vielen Dank.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/3244 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten und der Ministerinnen und Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/3238, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Karenzzeiten für Mitglieder der Landesregierung einführen, Drucksache 6/3252.
Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsi- denten und der Ministerinnen und Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 6/3238 –
Antrag der Fraktion DIE LINKE Karenzzeiten für Mitglieder der Landesregierung einführen – Drucksache 6/3252 –
Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes hat der Abgeordnete Herr Suhr von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle Jahre wieder – so könnte man es beschreiben – wird
öffentlich die Debatte um die Karenzzeiten oder die sogenannten Karenzzeiten für Regierungsmitglieder geführt. Hintergrund für diese sich immer wieder wiederholende öffentliche Auseinandersetzung ist dann immer das konkrete Verhalten eines Regierungsmitglieds, so wie in unserem Land das berufliche Engagement des ehemaligen Energieministers, der sich unmittelbar nach Aufgabe seines Regierungsamtes beruflich bekanntlich bei einem Windkraftunternehmen engagiert hat.
Übrigens kann keine Partei, keine politische Gruppierung, auch wir Bündnisgrünen nicht, behaupten, es könne sie nicht treffen. Dazu hat es in der Vergangenheit schon – und ich glaube, das ist ja durchaus öffentlich bekannt – viel zu viele Fälle, viel zu viele Debatten gegeben und die Betroffenen kamen in der Tat aus allen politischen Lagern.
Ich sage das deshalb auch ganz zu Anfang meines Redebeitrages, weil es uns hier nicht um eine Schuldzuweisungsdebatte geht. Es geht uns vielmehr um eine Debatte um die Frage, ob Regelungen geschaffen werden sollen, die hochrangigen Mitgliedern der jeweiligen Regierung eine Pause zwischen dem Ende ihres Regierungsamtes und einer Tätigkeit in der freien Wirtschaft auferlegen, sofern diese in einem gewissen Zusammenhang mit dem bisherigen politischen Verantwortungsbereich stehen. Es geht uns darum, eine Regelung zu finden, mit der ausgeschlossen wird, dass auch nur der Ansatz eines Verdachts aufkommen kann, dass das Know-how, die Kontakte und der Einfluss aus einem Regierungsamt anschließend zum eigenen Nutzen in ein Unternehmen mitgenommen werden können. Und es geht uns um eine Regelung, die dazu beitragen soll, wieder etwas mehr Vertrauen in die Politik und ihr Handeln herzustellen.
Und genau hier unterscheiden sich Regierungshandeln und die Aktivitäten der Opposition grundsätzlich. SPD und CDU sitzen das Thema aus. Da gibt es an der einen oder anderen Stelle zwar auch Gemurre um das Handeln des ehemaligen Energieministers, aber …
… die Strategie der Landesregierung heißt erkennbar, negatives Medienecho auszuhalten, nur auf Anfrage zu reagieren, sich mit möglichst unkonkreten Stellungnahmen durchzulavieren, die Verantwortlichkeiten auf den Bund zu schieben und die Hände in den Schoß zu legen, nichts zu tun und zu hoffen, dass die Medien bald von ihrer negativen Berichterstattung absehen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gibt es eigentlich in Baden-Württemberg eine gesetzliche Regelung, Herr Suhr?)
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gibt es in Baden-Württemberg eine solche Regelung, wo Sie den Ministerpräsidenten stellen?)
So sieht kein verantwortliches Regierungshandeln aus. So bestätigen Sie diejenigen, die der Politik ohnehin misstrauisch gegenüberstehen.
Ein Positionspapier der Internationalen Antikorruptionsorganisation Transparency International beschreibt nach meiner Überzeugung sehr gut, welches Ziel verantwortliches Regierungshandeln anstreben müsste. Ich zitiere: „Um Vertrauen in Politik und staatliche Institutionen nicht zu belasten, gilt es, bereits den Anschein zu vermeiden, dass es einen Zusammenhang zwischen im Amt getroffenen Entscheidungen und einer nach dem Ausscheiden aufgenommenen Erwerbstätigkeit geben könnte.“ Denn, so das Transparency-Papier weiter: „Allein Vermutungen darüber schaden der Glaubwürdigkeit und bringen die Politik in Misskredit.“ Zitatende.
Genau das, meine Damen und Herren, erleben wir seit Wochen im Fall des unmittelbaren Wechsels des ehemaligen Energieministers zu einem Windenergieunternehmen. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben, um derartigen Vorgängen in Zukunft vorzubeugen, denn es ist eben nicht der Anschein vermieden worden, dass es einen Zusammenhang zwischen den im Amt getroffenen Entscheidungen und einer nach dem Ausscheiden aufgenommenen Erwerbstätigkeit geben könnte.
Der öffentliche Aufschrei, sehr geehrte Damen und Herren, ist daher auch nachvollziehbar und er ist berechtigt. Hier waren Sie gefordert und hier haben Sie nichts getan. Sie überlassen es der Opposition, hier politische Initiativen zu ergreifen, so wie heute. Allein das ist ein Armutszeugnis Ihrer vom Aussitzen und Stillhalten geprägten Regierungspolitik.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Antrag der LINKEN und der Gesetzentwurf der Bündnisgrünen – wir haben ja hier die verbundene Aussprache – verfolgen ein ähnliches Ziel. Die Bündnisgrünen-Landtagsfraktion hat sich allerdings für einen Gesetzentwurf entschieden, weil wir einen konkreten Vorschlag in die Debatte einbringen wollen und weil in der aktuellen Regelungssystematik eine nicht nachzuvollziehende Ungerechtigkeit steckt, denn es ist ja nicht so, dass wir hier auch in Mecklenburg-Vorpommern keine Karenzzeiten hätten. Für Beamtinnen und Beamte haben die Gesetzgeber in Bund und Ländern bereits Regelungen getroffen, die helfen sollen, einen Vertrauensverlust in staatliche Organe zu vermeiden. Sie sind festgehalten im Paragrafen 105 des Bundesbeamtengesetzes sowie in den Beamtengesetzen der Länder.
Nach Paragraf 41 Beamtenstatusgesetz in Verbindung mit Paragraf 79 Landesbeamtengesetz müssen Ruhestandsbeamtinnen und -beamte, wenn sie mit 67 Jahren ausscheiden und innerhalb der drei darauffolgenden Jahre eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen, ihre oberste Dienststelle darüber informieren. Ist die Beamtin oder der Beamte vor ihrem 67. Lebensjahr ausgeschieden, so gilt sogar eine Frist von fünf Jahren. Diese Angaben sind nur dann zu machen, und das ist auch richtig so, wenn die Ruhestandsbeamtin oder der Ruhestands
beamte Versorgungsbezüge erhält und wenn sie oder er eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, die mit ihrer oder seiner dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses im Zusammenhang steht. Die Beschäftigung ist von der obersten Dienstbehörde zu verbieten, wenn die Gefahr besteht, und das ist genau der Kernpunkt, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.
Mir hat bisher noch niemand logisch und schlüssig erklären können, warum eine Karenzzeitregelung für Beamte ihre Berechtigung haben soll, diese für Regierungsmitglieder aber unberechtigt sein soll.
Das ist der Aspekt der Ungerechtigkeit, auf den ich zu sprechen komme, denn für Mitglieder der Landesregierung gelten diese Regelungen bekanntlich bislang nicht, und das, obwohl Paragraf 1 des Landesministergesetzes ihr Dienstverhältnis als ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis definiert und sie gemäß Artikel 44 der Landesverfassung einen Amtseid leisten, der sie auf das Gemeinwohl verpflichtet. Diese Unterscheidung, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht nachvollziehbar, sie ist ungerecht und sie ist auch nicht zu rechtfertigen.
Mit unserem Gesetzentwurf schlagen wir daher konkret vor, die für Beamtinnen und Beamte geltenden Regelungen schlicht und ergreifend auch auf die Mitglieder der Landesregierung anzuwenden, wobei wir das für den Dreijahreskorridor konkretisiert haben. Und ich will anmerken, wir wären dabei auch nicht die ersten, wir würden damit kein Neuland betreten.