Protocol of the Session on September 17, 2014

Also wir wollen erstens ein Wahlgesetz, das mehr Frauen in die Parlamente bringt. Zweitens wollen wir endlich das Wahlalter mit 16 Jahren.

(Vincent Kokert, CDU: War ein riesiger Erfolg in Brandenburg, war ein riesiger Erfolg.)

Am vergangenen Sonntag hat in Brandenburg eine Landtagswahl stattgefunden und, Herr Kokert, die Welt ist nicht untergegangen, es haben sich viele Jugendliche daran beteiligt.

(Vincent Kokert, CDU: Eben nicht! Die Wahlbeteiligung war niedrig. Sie erzählen Quatsch, Herr Saalfeld.)

Aber wollen Sie denn die Jugendlichen, die sich daran beteiligt haben, in Zukunft wieder ausschließen?

(Vincent Kokert, CDU: Sie merken es nicht mal. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich denke, das ist keine vernünftige Argumentation.

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Drittens wollen wir GRÜNE auch endlich das Wahlgesetz an die UN-Menschenrechtskonvention anpassen.

Einen Moment noch mal!

Ich mache jetzt zum letzten Mal darauf aufmerksam, dass der Redner nicht zu verstehen ist, auch für uns hier im Präsidium nicht mehr zu verstehen ist. Und ich verbitte

mir auch Kommentare von der Regierungsbank. Das ist nicht zulässig. Wer von den Ministern ein Mandat hat, kann sich runtersetzen. Wer kein Mandat hat, kann sich überhaupt nicht äußern während der Debatte, außer er ergreift das Wort. Darauf weise ich noch mal hin. Und ich bitte, jetzt wirklich Ruhe zu bewahren.

Herr Saalfeld.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Drittens wollen wir GRÜNE auch endlich das Wahlgesetz an die UN-Menschenrechtskonvention anpassen. Denn ausgeschlossen vom Wahlrecht sind gemäß Paragraf 5 Nummer 2 LKWG auch alle jene Personen, für die zur Besorgung aller Angelegenheiten eine Betreuung bestellt ist. Diese Regelung verstößt gegen die UN-Behinderten- rechtskonvention. Deren Artikel 29 sieht vor, dass Menschen mit Behinderungen ihre politischen Rechte, insbesondere das Wahlrecht, gleichberechtigt mit anderen wahrnehmen können. Davon sind wir hier allerdings noch weit entfernt.

Und, Herr Minister Caffier, wenn Sie uns hier erklären, dass Sie bezüglich der UN-Behindertenrechtskonvention abwarten wollen, was sich in anderen Ländern tut, dann ist das zwar sicherlich ein vernünftiges Argument, aber es wäre umso glaubwürdiger, wenn Mecklenburg-Vor- pommern auch mal an anderer Stelle zum Ausgleich an der Spitze der Fortentwicklung von Gesetzen stehen und nicht immer nur abwarten würde.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tun wir doch!)

Beispiele, Herr Dr. Nieszery, Beispiele!

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Na, das sehe ich noch nicht.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ja, das sehe ich hier noch nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das sehen Sie nicht? Aber wir sehen es. Machen Sie doch mal die Augen auf! Das steht doch in der Presse. Bundesweit führend sind wir da. Holen Sie sich mal die FAZ!)

Zum Abschluss lassen Sie mich noch eine kleine Anmerkung machen. Ein Wahlgesetz wird normalerweise zwischen Regierungsfraktionen und demokratischer Opposition vorberaten. Das ist gute alte demokratische Tradition, denn wie wir es schon gehört haben, können neue Wahlkreiseinteilungen zu erheblichen Problemen, politischen Problemen und Auseinandersetzungen führen.

Ich erinnere hier auch noch mal an den Wahlkreis, da hatte dieser Landtag allerdings nichts mit zu tun, im Großraum Rostock. Das hatte ja dann erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was denn?)

wie dieser Wahlkreis neu zugeschnitten wurde.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Meine Damen und Herren, damit nicht einfach die Mehrheit in wahlrechtlichen Fragen über die Opposition hinwegstimmt, ist es in Deutschland wirklich nach dem Zweiten Weltkrieg eigentlich immer guter Brauch gewesen, im Vorfeld auf die Opposition zuzugehen, anstatt solche Gesetzentwürfe einfach so ins Parlament zu werfen.

(Vincent Kokert, CDU: Was wir davon haben, sehen wir ja bei Ihnen, Herr Saalfeld.)

Ich finde es schade, dass dieser Weg der Vorberatungen hier verlassen wurde, und ich hoffe, dass die Beratungen in den Ausschüssen von einer besseren demokratischen Kultur geprägt sein werden und wir uns vielleicht nicht so viel anschreien in Zukunft, sondern aufeinander hören.

(Vincent Kokert, CDU: Was Sie alles im Wahlgesetz lesen!)

Das wäre, denke ich, im Sinne des respektvollen Umgangs miteinander ein echter Fortschritt, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Saalfeld.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf befasst sich mit vielen, eher zweitrangigen, wenn auch nicht ganz unwichtigen Sachverhalten, drückt sich aber um ein Problem herum, das unbedingt in einem Landes- und Kommunalwahlgesetz umfassend seinen Niederschlag finden müsste. Der Innenminister hat sie schon angesprochen, die Frage, inwieweit man wahlrechtlich mit Personen umgeht, die unter Betreuung stehen.

Das Wahlgesetz bestimmt, dass Personen, die unter Betreuung stehen, vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Die Frage ist erstens: Muss das so sein? Könnte es Wege geben, um diese Personen doch wählen zu lassen? Und zweitens: Wie ist es mit Demenzkranken, die nicht unter Betreuung stehen, mit denen aber Missbrauch betrieben werden kann hinsichtlich der Wahlen?

Ich möchte dazu, um die Brisanz dieses Themas anzusprechen, die „Frankfurter Allgemeine“ vom 16.09.2014 zitieren, Zitatanfang: „Wer wählt für die Dementen?“, Zitatende erst mal.

Bei der Europawahl waren bundesweit 700.000 Demenzkranke wahlberechtigt, bei denen es sehr zweifelhaft war, ob sie infolge ihres Leidens überhaupt noch in der Lage waren, eigenverantwortlich zu entscheiden. Diese 700.000 Menschen stellen die schweren Demenzfälle dar. Insgesamt leben 1,4 Millionen Demenzkranke in Deutschland, fast alle volljährig und wahlberechtigt. In 20 oder 30 Jahren werden es doppelt so viele sein, etwa 3 Millionen. Bei 60 Millionen Wahlberechtigten wären das fünf Prozent. Das, so der FAZ-Autor Markus Wehner, „ist

das größte Einfallstor für den Missbrauch des Wahlrechts. Denn niemand kann nachprüfen, wer den Zettel ausgefüllt hat.“

Wenn man schon eine umfassende Novellierung des Landes- und Kommunalwahlgesetzes vornimmt, dann sollte diese auch Regelungen enthalten, die dieses, wie der FAZ-Autor sagt, „Einfallstor für Missbrauch“ möglichst gründlich verschließen.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Im Blickpunkt sollte hier die Briefwahl stehen. Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen“, Zitatanfang: „Auch in Pflegeheimen werden Briefwahlunterlagen bestellt. Angehörige, Betreuer oder Pfleger müssten dann versuchen, den Wahlzettel zusammen mit dem Demenzkranken auszufüllen – und es sein lassen, wenn das nicht geht. In vielen Pflegeheimen läuft es anders. ‚Der Pflegebedürftige wird nicht immer gefragt, ob er wählen will, sondern es wählen der Pfleger, die Pflegerin oder die Heimleitung‘, sagt Angelika Graf, Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft 60 plus der SPD.“ Sie sagt weiter: „Es müsse dringend etwas getan werden, um den Missbrauch zu verhindern. Kolleginnen, die als Wahlhelferinnen Stimmen auszählten, haben ihr berichtet, dass die Bündel, die nach der Briefwahl aus Pflegeheimen kommen, mitunter erstaunliche Resultate zutage brächten: Von Heimen der Arbeiterwohlfahrt kämen nur Stimmen für die SPD, aus den Caritas-Heimen nur Stimmen für die CDU.“ Das sagt eine SPD-Politikerin in einer konservativen, eher der CDU nahe stehenden Zeitung. Das sagt also nicht die NPD.

Das ist die Lage, und die ist so brisant und offensichtlich gibt es schon solch einen massiven Missbrauch, dass man sofort etwas unternehmen muss, und nicht, wie der Innenminister sagt, erst mal wartet, bis sich alle 16 Bundesländer und die Bundesregierung zusammengerauft haben, um dann in später Zukunft irgendetwas zu machen.

Zu Wort kommt in dem Artikel auch der Vorsitzende des Verbandes der Berufsbetreuer, Klaus Förter-Vondey. Er sagt, Zitatanfang: „Es gibt auch Überzeugungstäter, die die Hilflosigkeit der Demenzkranken ausnutzen.“ Zitatende. Ich füge hinzu, er meint wohl, unter den Betreuern und Pflegern.

„Was geschieht eigentlich“, fragt die FAZ, „wenn Angehörige, Betreuer oder Pfleger auf diese Weise eine zweite Stimme abgeben oder gar eine dritte, vierte, fünfte?“ Die Zeitung weiter: „Sie untergraben unser Wahlsystem.“

Was steht zu dieser Problematik in dem Gesetzentwurf? Nichts! Es wird auf eine ferne Zukunft verschoben. Dabei ist Mecklenburg-Vorpommern in ganz besonderem Maße betroffen von der Überalterung und muss mit einer erheblichen Zunahme von Demenzerkrankungen rechnen. Da kann man sich überlegen: Was könnte man machen?

Für diese Menschen müsste es eigene Wahllokale geben, in denen auch sichergestellt wird, dass sie nicht unter dem Einfluss böswilliger Dritter ihre Stimmzettel ausfüllen, sondern aus eigener Kraft, so gut sie es eben können. Bei der Briefwahl wären medizinisch geschultes Personal und Mitarbeiter der Wahlbehörden einzusetzen, die den Betreuern oder Pflegern auf die Finger sehen. Selbst wenn es bei einem Betroffenen infolge der Schwe