warum ich heute in der Ersten Lesung etwas weiter aushole und grundsätzlicher an diesen Gesetzentwurf herangehe.
Meine Damen und Herren, aber was soll man denn nun eigentlich zum vorliegenden Gesetzentwurf konkret sagen? Die Änderungen sind marginal, wir haben es gehört. Mal wieder wurde nur das Nötigste gemacht. Das passt natürlich auch ins Bild, denn SPD und CDU machen so häufig nur das Allerallernötigste, um gerade so über die Runden zu kommen.
Das mag daran liegen, dass Sie vielleicht nicht mehr so viele inhaltliche Ziele teilen, wie wir in der letzten Woche ja in der Presse verfolgen konnten. Für unser Land ist dieser politische Stillstand jedoch sehr bedauerlich.
(Minister Harry Glawe: Das ist ja unglaublich! – Heinz Müller, SPD: Von welchem Land sind Sie? – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Ich erinnere hier an dieser Stelle auch gern noch mal an das Finanzausgleichsgesetz. Im Finanzausgleichsgesetz wird geregelt, wie viel Geld unsere Kommunen bekommen. Alle wissen …
(Egbert Liskow, CDU: Zum Thema! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Es geht um Kommunal- und Landeswahlgesetz. – Vincent Kokert, CDU: Falsche Rede mitgenommen.)
Vier kommunale Hilfspakete mussten aufgelegt werden. Aber nicht, dass die SPD und die CDU etwa auf die Idee kämen, einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, nein, die Novellierung wird um vier Jahre verschoben,
Nächstes Beispiel Sozialhilfefinanzierungsgesetz: Auch hier wissen wir seit über zehn Jahren, dass das Gesetz dringend novelliert werden muss. Und was machen wir? Die Landesregierung legt keine Novelle vor. Auch hier werden wir im nächsten Monat nur die allernötigsten Minimalanpassungen beschließen müssen.
Und nun das Wahlgesetz: Auch kein großer Wurf, stattdessen nur die allernotwendigsten Korrekturen, um gerade noch so der Landesverfassung zu entsprechen.
Meine Damen und Herren, bei den großen Themen der vergangenen Monate, also bei den Kommunalfinanzen, bei der Sozialhilfefinanzierung und beim Wahlgesetz fährt diese Koalition im Schneckentempo. Dabei handelt es sich doch eigentlich um sehr wichtige Themen für unser Land.
Ich frage Sie: Warum wollen Sie eigentlich nicht gestalten, meine Damen und Herren von SPD und CDU, sondern immer nur verwalten? Denn in der Tat ist beim vorliegenden Gesetzentwurf nicht so sehr bedeutend, was darin steht, sondern was nicht darin zu finden ist.
Was hätte sich meine Fraktion, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für ein modernes Wahlgesetz denn gewünscht? Ich kann es Ihnen jetzt konkret sagen und aufführen:
Erstens. Wir wollen, dass viel mehr Frauen im Landtag, im Kreistag und in den Gemeindevertretungen sitzen, und hierzu kann auch das Wahlgesetz einen ganz erheblichen Beitrag leisten.
Nur bei uns GRÜNEN und bei den LINKEN herrscht ein ausgewogenes Zahlenverhältnis zwischen Männern und Frauen.
Ja, das ist eine faule Ausrede, Herr Butzki, denn man kann über das Wahlgesetz auch regeln, dass Direktmandate quotiert vorgelegt werden müssen.
(allgemeine Unruhe – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dagegen kommt die Regierungskoalition auf ein ganz schlechtes Verhältnis. Auf jede Frau kommen hier vier Männer.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man kann den Redner gar nicht mehr verstehen, weil so eine große Unruhe entstanden ist.)
Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, etwas Ruhe einkehren zu lassen, damit der Redner von allen Anwesenden auch verstanden werden kann. Sie haben die Gelegenheit, durch Ihre Wortbeiträge sich dazu zu äußern, aber es geht nicht, dass hier dermaßen eine Unruhe entsteht, dass der Redner nicht mehr zu verstehen ist.
Ich halte noch mal fest, dass es sich hier um ein sehr trauriges Missverhältnis handelt, es wird der Bedeutung der Frauen in unserem Land in keiner Weise gerecht.
Ich möchte auch noch mal auf die Ebene der Kreistage und kreisfreien Städte zu sprechen kommen. Wir haben das durchgezählt und auch hier sind von den kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern nur 24 Prozent Frauen. Doch an der direkten Personenwahl, wie Herr Butzki das eben gerade behauptet hat, kann es ja nicht liegen, denn bei der Kommunalwahl kann man auch direkt aus den Listen wählen, und wir sehen, zwischen den Parteien gibt es erhebliche Unterschiede. Auch hier haben wir wieder bei GRÜNEN und LINKEN ein ausgewogenes Verhältnis von fast 50 Prozent Männern und 50 Prozent Frauen in den Kommunalparlamenten.
(Torsten Renz, CDU: Deswegen kriegen die nur fünf Prozent bei Kommunalwahlen. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
und weit abgeschlagen in der Frage der Geschlechtergerechtigkeit präsentiert sich die CDU. Dort sind nur noch 14 Prozent aller Mandatsträger Frauen.
(Heinz Müller, SPD: Also nach Ihrer Meinung sind die Wählerinnen und Wähler zu doof, die richtigen Leute zu wählen.)
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Regine Lück, DIE LINKE)
In Frankreich gibt es seit dem Jahr 2000 ein sogenanntes Parité-Gesetz, das sicherstellt, dass Parteien nur ausgewogene Wahllisten aufstellen dürfen.
(allgemeine Unruhe – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)
Und es funktioniert dort seit 15 Jahren ausgezeichnet. Auch in Deutschland kann ein solches Parité-Gesetz, im Übrigen auch für Direktmandate auf Landesebene, eingeführt werden, wie ein rechtswissenschaftliches Gutachten beweist, das in diesem Sommer von den GRÜNEN im Thüringer Landtag der Öffentlichkeit präsentiert wurde.
Also wir wollen erstens ein Wahlgesetz, das mehr Frauen in die Parlamente bringt. Zweitens wollen wir endlich das Wahlalter mit 16 Jahren.