Protocol of the Session on July 3, 2014

(Dr. Till Backhaus, SPD: Da müssen Sie ja aufhören, Getreideprodukte zu sich zu nehmen, oder?)

Drittens. Durch den massiven Einsatz von Glyphosat können Resistenzen entstehen.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

In den USA sind mindestens 13 – 13! – Ackerwildkräuter mittlerweile so resistent durch Glyphosat, dass noch viel, viel mehr Herbizide ausgebracht werden müssen.

Ein ganz wichtiger Punkt: Wir haben vorhin über die Eiweißstrategie, Leguminosen und so etwas gesprochen. Knöllchenbakterien, die in einer Symbiose mit Leguminosen in deren Wurzelsystem leben und die Pflanzen mit Stickstoff versorgen,

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

der ja in der Luft massenweise vorhanden ist, werden negativ beeinflusst. Auch direkte Schädigungen des Wurzelsystems wurden beobachtet.

Meine Damen und Herren, gerade weil noch nicht alle Risiken und Langzeitwirkungen erforscht sind, ist es wichtig, den Einsatz von Herbiziden zu beschränken. Wenn der Einsatz im Bereich der Beikrautregulierung als notwendig angesehen wird, ist das eine Sichtweise, die wir nicht teilen. Zur Arbeitserleichterung unmittelbar vor der Ernte ein Gift auf den Pflanzen zu verteilen, das nachgewiesenermaßen in unseren Grundnahrungsmitteln enthalten ist und bei der menschlichen Ernährung aufgenommen wird, halten wir nun für vollkommen unakzeptabel. Gifte gehören einfach nicht in Lebens- und auch nicht in Futtermittel!

(Dr. Till Backhaus, SPD: Können Sie das beweisen?)

Jetzt kommen wir noch an einen ganz spannenden Punkt: Einen Blick ins Bier, zu der Braugerste werfen wir mal. Die Sikkation ist bei Braugerste komplett verboten. Das ist doch mal spannend! Vielleicht will man ja dem alkoholgeschwächten Körper kein zusätzliches Gift zumuten, wer weiß?!

(Vincent Kokert, CDU: Reden Sie jetzt vom Selbsttest oder wem unterstellen Sie das?)

Vermutlich geht es aber um ganz etwas anderes, nämlich das totgespritzte Getreide ist tot und das kann auch nicht als Saatgut verwendet werden. Das kann auch nicht zum Brauen genutzt werden, da es nicht mehr keimfähig ist. Dieses tote Korn kann nicht zum Bierbrauen eingesetzt werden. Eine vollwertige Ernährung, wenn wir es im Brot haben wollten, mit totem, nicht natürlich ausgereiftem Getreide ist meiner Meinung nach nicht möglich.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Vincent Kokert, CDU)

Alles andere müssten wir dann in anderen Gesprächen nachreichen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Krüger.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Frau Dr. Karlowski, ich frage mich, wie wir alle noch leben können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Burkhard Lenz, CDU: Das ist richtig.)

Nach Ihrem Vortrag habe ich den Eindruck, wir sind alle vergiftet und es geht massiv abwärts. Dabei ist die Wahrheit,

(Vincent Kokert, CDU: Steigt die Lebenserwartung jedes Jahr.)

dass es in keinem anderen Land so strenge Auflagen für Lebensmittel und so strenge Auflagen für die Dinge gibt, die auf dem Acker gemacht werden. Das wissen Sie auch. Sie vermitteln aber hier ein Bild, dass es ganz anders ist.

Meine Damen und Herren, ich will mit meiner Rede – das musste ich einfach vorwegschieben – beginnen.

Anlass dieser Debatte ist ein Antrag, den uns DIE LINKE hier vor einem halben Jahr vorgelegt hat. Wir haben seinerzeit sehr intensiv darüber diskutiert, was wir mit dem Antrag machen. Wir haben gesagt, da muss mehr Wissen rein. Der Antrag der LINKEN hatte ja auch zum Teil noch eine andere Ausrichtung, da war zum Beispiel vom Verbot der Sikkation die Rede. Diesen Antrag haben wir in den Ausschuss überwiesen. Das war richtig, denn im Ausschuss haben wir beschlossen, dass wir eine Anhörung zum Thema „Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel“ veranstalten wollen. Diese Anhörung hat stattgefunden. Diese Anhörung hat ein sehr differenziertes Bild gezeigt und hat uns auch einen sehr differenzierten Blick auf die Sache werfen lassen.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund, dass wir dort ein differenziertes Bild gesehen haben, haben wir als Regierungsparteien gesagt, dass wir auch am

Ende in unserer Erklärung, die wir verabschieden, ein differenziertes Bild zeichnen wollen. Ich bedaure, und da schließe ich mich dem Vorsitzenden des Agrarausschusses ausdrücklich an, dass es uns nicht gelungen ist, hier eine einheitliche Positionierung hinzubekommen. Wir haben das bei den Eiweißpflanzen sehr vernünftig miteinander geregelt. Ich will auch gleich noch auf die verschiedenen Positionen eingehen und darstellen, warum wir am Ende keine einheitliche Positionierung hingekriegt haben. Gleichwohl glaube ich, dass zumindest SPD, CDU und LINKE in der Ausrichtung eine ähnliche Ansicht haben.

Einer der wichtigsten Punkte, die wir beraten haben, ist das, was hier eben von den Kolleginnen und Kollegen schon angesprochen worden ist, das ist der Einsatz des Glyphosats zur Ernteabreifung, zur Sikkation. Meine Damen und Herren, mir war wichtig festzustellen, dass eine allgemeine Anwendung von Sikkation zur gleichmäßigen Abreifung des Getreides und damit zur Drusch- optimierung nicht der guten fachlichen Praxis entspricht. Diese Erkenntnis hatte mit uns zeitgleich auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Dieses Amt hat am 21.05. klargestellt, dass Spätanwendungen auf Getreide nur auf Teilflächen erlaubt sind, nämlich dann, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind:

Die erste Bedingung ist der Unkrautdurchwuchs auf lagernden Beständen. Was sind lagernde Bestände? Wenn Sie jetzt durch das Land fahren, sehen Sie, die Gerste ist unmittelbar vor der Reife, und Sie haben hin und wieder, zum Beispiel durch Regen, durch Wind, dass die Bestände einfach abgeknickt sind. Wenn die Bestände abgeknickt sind und das Unkraut von unten durchwächst, dann haben Sie Schwierigkeiten, mit dem Mähdrescher die Ernte einzubringen.

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Die zweite Bedingung, das ist der sogenannte Zwiewuchs. Dieses Phänomen tritt auf, wenn Sie relativ feuchte Jahre haben, dass dann die Pflanzen bereits oben im Ährenbereich abreifen und von unten grün wieder einen Durchwuchs haben. Bei beiden Phänomenen, wenn die auftreten, haben Sie Schwierigkeiten, mit dem Mähdrescher die Ernte einzubringen – schlicht und einfach, weil die Maschinen durch den feuchten Grüneinsatz am Ende verstopfen.

Unter diesen Bedingungen, haben wir gesagt, soll eine Beerntung auch möglich sein müssen und unter diesen Bedingungen wird es auch möglich sein, weiterhin Sikkation zu machen, aber eben ganz klar in Regeln aufgestellt. Zudem stellt das Bundesamt klar, dass glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel innerhalb eines Kalenderjahres nur maximal zweimal angewendet werden dürfen auf einer Fläche. Ein Mindestabstand von 90 Tagen muss eingehalten werden und eine Maximalmenge ist festgelegt worden, die auf eine Höhe von 3,6 Kilogramm Wirkstoff je Hektar begrenzt ist.

Neben den Regeln, die das Bundesamt erlassen hat, wollen wir mit unserem Antrag die Landesregierung auffordern, dass sie sich auf Bundesebene dafür einsetzt, dass glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel künftig keine Anwendung mehr im Kleingarten- und im Hausgartenbereich finden sollen. Hintergrund dafür ist, dass wir zum einen meinen, dass in den Bereichen ohnehin dieser

Einsatz nicht sein sollte, dass man das vor allen Dingen mechanisch hinkriegen können muss. Zum Zweiten, meine Damen und Herren, ist es eine Frage der Dosierung, die von Laien vorgenommen wird. Wir wissen, dass man in der Landwirtschaft einen Nachweis braucht, um mit Pflanzenschutzmitteln arbeiten zu dürfen. Hier reden wir davon, dass Laien mit diesen Mitteln arbeiten.

Ich habe Ihnen dargestellt, was festgelegt ist: zwei Anwendungen maximal und mindestens 90 Tage Abstand, pro Jahr maximal 3,6 Kilogramm Wirkstoff auf einen Hektar. Ein Hektar, das wissen Sie, sind 10.000 Quadratmeter, und wenn Sie eine einzelne Anwendung nehmen, sind das auf 10.000 Quadratmetern 1,8 Kilogramm Wirkstoff. Wenn Sie das mal runterrechnen in den Kleingartenbereich und der Kleingärtner chemisch einen Quadratmeter unkrautfrei machen will, dann sind das 0,18 Gramm auf den Quadratmeter. Da kann mir keiner sagen, dass das so ohne Weiteres hinzubekommen ist.

Als Weiteres wollen wir den Verkauf von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln nur dann an Nichtlandwirte erfolgen lassen, wenn dafür eine Genehmigung von der zuständigen Behörde vorliegt. Was uns in der Anhörung berichtet worden ist, ist, dass es durchaus vorkommt, dass öffentliche Wege durch Pflanzenschutzmittel sauber – sauber bitte ich, in Anführungsstriche zu setzen – „sauber“ gehalten werden. Das sollte nicht gängige Praxis in unserem Land sein, dafür sind die Mittel nicht gemacht.

Dann, meine Damen und Herren, möchte ich auf das eingehen, was im Ausschuss von den Oppositionsparteien noch gefordert worden ist. Zum einen forderte DIE LINKE, dass im Land ein eigenes Programm aufgelegt wird beziehungsweise ausgeweitet wird, mit dem Rückstände und deren Zerfallsprodukte von Glyphosat in Lebens- und Futtermitteln untersucht werden. Zudem soll wissenschaftlich untersucht werden, wie die pfluglose Bodenbearbeitung und ein immer geringerer Glyphosat- einsatz zusammengehen können.

Beide Punkte, meine Damen und Herren, sind sehr wichtig, aber zu beiden Punkten läuft bereits die Forschung sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. So gab es beispielsweise in Brandenburg ab 1995 einen zwölfjährigen Dauerversuch zum Thema „Pfluglose Bodenbearbeitung und Glyphosateinsatz“. Da ging es auch um die Mengen. Das Ganze ist begleitet worden durch das Julius Kühn-Institut, durchaus eine renommierte Einrichtung, wie wir meinen. Zudem gibt es eine Länderarbeitsgruppe, die sich mit dem Thema „Pfluglose Bodenbearbeitung, Glyphosat und Erosionsschutz“ befasst. Da arbeiten alle Länder mit, die keine Landwirtschaftskammer haben.

Meine Damen und Herren, auch wir haben keine Landwirtschaftskammer, somit haben wir uns entschieden, dass die knappen Landesmittel hier nicht in einen Doppelansatz kommen sollen, und haben den Antrag der LINKEN an dieser Stelle abgelehnt.

Die GRÜNEN haben in ihrem Antrag klargemacht, dass sie synthetischen Pflanzenschutz in Gänze ablehnen und damit natürlich auch die Sikkation in Gänze verbieten wollen.

Eine weitere Verbotsforderung, Kollege Kokert, die Sie jetzt Ihrer Aufzählung, die Sie letztes Mal hatten, hinzufügen können,

(Vincent Kokert, CDU: Danke, werde ich notieren. Nehme ich auf.)

Verbot von synthetischem Pflanzenschutz. Wir sehen dies differenzierter, das macht unser Antrag auch klar. Es geht eben nicht darum, Pflanzenschutz zu stigmatisieren, es geht um eine vernünftige und sachgerechte Anwendung und es geht um eine wissensbasierte Risikoabschätzung.

Meine Damen und Herren, ich will noch mal auf das eingehen, was DIE LINKEN als Änderungsantrag geliefert haben. Da geht es auch wieder darum, dass wir hier Pflanzenschutz nicht mehr anwenden sollen.

Meine Damen und Herren, zwei Zahlen habe ich mir eben auf die Schnelle noch mal rausgesucht: Weltagrarhandel Deutschland. Wir exportieren für 78 Milliarden Dollar und wir importieren für 91 Milliarden Dollar. Wir sind Importland und wenn wir wissen, dass wir Importland sind und dass man, wenn man biologisch wirtschaftet, rein biologisch wirtschaftet, noch ungefähr 50 Prozent der Erträge hat, dann heißt das, dass wir in Zukunft sehr viel mehr importieren müssen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Auf Kosten der Entwicklungsländer geht das.)

Meine Damen und Herren, ob das, was wir da importieren, so sauber ist und unter den Bedingungen produziert wird, wie wir sie hier festlegen, das möchte ich bezweifeln. Auch vor diesem Hintergrund, Frau Dr. Karlowski, werden wir Ihren Antrag zurückweisen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Und das als Vegetarierin!)

Besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!