Protocol of the Session on July 3, 2014

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist unsere feste Überzeugung, die Ökologisierung der Landwirtschaft ist von zentraler Bedeutung für die Zukunft der Landwirtschaft. Schauen Sie einfach mal ein paar Jahrzehnte in die Zukunft! So, wie es jetzt geht, wird es nicht weitergehen. Sie ist wichtig für die Zukunft der Landwirtschaft, für die Zukunft der Ernährung, für den Schutz der Biodiversität der Böden und auch für den Erhalt lebenswerter ländlicher Räume. Daher ist für uns die Entscheidung, die Auszahlung der Direktzahlung an Mindestanforderungen der Bewirtschaftung zu knüpfen, ein erster, wenn auch nicht besonders gelungener Schritt in die richtige Richtung.

Wie Sie sich sicherlich denken können, gehen mir die gefundenen Kompromisse nicht weit genug. Wir halten sie für ungenügend.

(Minister Dr. Till Backhaus: Ungenügend heißt „Fünf“.)

Trotzdem diese Kompromisse nicht besonders weit gehen,

(Thomas Krüger, SPD: 100 Prozent wären ausreichend.)

wird man teilweise mit unglaublich hanebüchenen Behauptungen aus den Reihen des Bauernverbandes konfrontiert, und ich halte es für ziemlich erschreckend, dass die heute hier noch mal zu Gehör gebracht worden sind. Ich werde die auf keinen Fall zitieren,

(Egbert Liskow, CDU: Warum nicht?)

denn hier wird vom Ruin der Landwirte bis zum Ausbruch einer Hungersnot ein Schreckensgebilde an die Wand gemalt, das in keinem Bezug zu dem steht, was die EU gerade beschlossen hat. Allein wenn man bedenkt, dass innerhalb der EU jährlich 89 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden, ist es absolut zynisch zu behaupten – so, wie es der Bauernverband tut, der hier zitiert wurde –, durch die Ausweisung ökologischer Vorrangflächen müssten Menschen hungern.

In Wahrheit müssen beim Greening keine Flächen stillgelegt werden. Das wissen Sie auch, Herr Schütt. Und es werden mit Sicherheit von den Betrieben nicht die hochproduktiven Flächen als ökologische Vorrangflächen ausgewählt. Wer tut denn so etwas? Niemand wird das tun!

Meine Befürchtung ist, und die wird von vielen Fachleuten geteilt: Das Ergebnis dieses Greenings wird in Mecklenburg-Vorpommern einfach eine neue Bilanzierung des vorhandenen Zustands sein. Die positiven Auswirkungen auf Landwirtschaft und Anbau, Diversifizierung oder Artenvielfalt werden minimal, wenn überhaupt sichtbar sein. Die Ziele und Werte der Landwirtschaft dürfen aber nicht auf Gewinnmaximierung zusammenschrumpfen.

Wenn man sich vergegenwärtigt, dass allein in Deutschland über 5 Milliarden Euro Subventionen aus der EU in die Landwirtschaft fließen, ist es doch nachvollziehbar, dass man an die Ausschüttung dieses Geldes Bedingungen knüpft. Die Landwirtschaft muss einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt leisten, denn der Schutz der Biodiversität ist ein elementares Naturschutzziel, das

auch keinem Landwirt, keiner Landwirtin gleichgültig sein kann. Ohne ein vielfältiges Nahrungsangebot sind beispielsweise auch Bienen und andere Nützlinge in ihrer Existenz bedroht.

Man könnte sich jetzt darüber ärgern oder aufregen, dass selbst ein derart verwässertes Greening Anlass für Wehklagen und Gejammer darstellt, wie wir es gerade zitiert haben, oder man könnte den Vorschlag der LINKEN unterstützen, die Auswirkungen der nun beschlossenen Maßnahmen wissenschaftlich zu begleiten.

Wir finden daran besonders gut, dass dabei sowohl die ökologische als auch die ökonomische Seite betrachtet und ausgewertet werden sollen. Wir denken, das ist zum einen wichtig, um nicht immer wieder mit unbewiesenen Behauptungen konfrontiert zu werden – wir haben es gerade wieder erleben müssen –, auch nicht mit der Behauptung, diese nun beschlossenen Greening

Maßnahmen würden den Artenschutz maßgeblich voranbringen. Das wissen wir nämlich jetzt noch nicht. Das kann auch Status quo bleiben. Dafür gehen uns die Maßnahmen nicht weit genug. Es gibt verdammt viele Schlupflöcher, die man nutzen könnte, so, wie die berühmte Bauernschläue es ja auch andeuten könnte, sodass dann doch alles beim Alten bleibt.

(Thomas Krüger, SPD: Wo liegen die?)

Ich sehe in diesem Greening eine Gefahr, dass hier ein klassisches Greenwashing passiert. Das ist dazu geeignet, das Image der Landwirtschaft aufzupeppen. Das könnte tatsächlich gelingen. Aber ob wirklich sinnvolle Maßnahmen passieren?

Ich rede jetzt nicht über die Agrarumweltmaßnahmen, Herr Krüger, sondern wir reden über das Greening, über die erste Säule.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, aber wo liegen die Schlupflöcher?)

Sehr gut gefällt mir daher die Forderung, ein begleitendes Landesforschungsprogramm zu etablieren.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Hier sehen wir große Potenziale für Mecklenburg-Vor- pommern.

Wir warten auch immer noch auf das Kompetenzzentrum für Eiweißpflanzen. Wird das nun in Groß Lüsewitz angesiedelt oder nicht? Warum ist die Idee nicht schon in die Tat umgesetzt?

Wir hatten die große Freude, vor 14 Tagen bei unserer Fachtagung unter dem Motto „Land in Sicht – Für eine grüne Agrarwende in Mecklenburg-Vorpommern“ drei herausragende Referate zum Thema „Artenvielfalt in Gefahr“ zu hören, die zunächst einmal alle Anwesenden sehr betroffen gemacht haben.

Wenn man sich den Wandel der Agrarlandschaft in den letzten 60 Jahren, wie Professor Succow das getan hat, an einem realen Beispiel anschaut und sieht, welche prägenden identitätsstiftenden Landschaftselemente

verloren gegangen sind, wie ein Großteil der Feldvögel, Wildkräuter, Bienen und Schmetterlinge verschwunden sind, dann tut das weh. Das ließ keinen kalt. Hier einen

Ausweg zu finden, ist für den einzelnen Landwirt, die Landwirtin, seien sie auch noch so guten Willens, kaum zu schaffen. Umso ermutigender sind die Untersuchungsergebnisse des WWF, der ja in Kooperation mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern in einer langfristig angelegten Studie Landwirte berät, wie mit ganz unterschiedlich hohem Aufwand Umwelt- und Naturschutzziele im eigenen Betrieb verwirklicht werden können. Der jeweilige wirtschaftliche Aufwand wird dabei differenziert ermittelt, sodass man auch eine klare Orientierung hat, und die Möglichkeiten eines finanziellen Ausgleichs werden untersucht. Diese Ergebnisse machten uns alle sehr viel Mut.

Es wird aber auch deutlich, ohne eine wissenschaftliche Begleitung, Herr Tack – und da sind wir ganz bei Ihnen –, ist die Effizienz der Maßnahmen nur schwer einzuschätzen und daher auch nicht zu verbessern. Man kann sich ja an nichts orientieren. Eine unabhängige, an den Zielen des Natur-, Umwelt- und Artenschutzes orientierte Bewertung und Effizienzsteigerung der Greening-Maßnahmen sind aus unserer Sicht für die Erreichung dieser Ziele unerlässlich. Wir stimmen daher Ihrem Antrag zu. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Krüger von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Dr. Karlowski, man kann immer mehr fordern, natürlich. Und auch wir hätten uns an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch andere Regeln vorstellen können, aber am Ende müssen Ökonomie und Ökologie in Übereinstimmung gebracht werden. Da stimmen Sie mir sicherlich zu. Und wenn wir zu Änderungen kommen wollen, glaube ich,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Noch mal sieben Jahre warten, ja.)

ist ein schrittweises Vorgehen auch in Richtung Ökologisierung sicherlich etwas Sinnvolles.

Meine Damen und Herren, in keinem anderen Politikbereich ist das Handeln der Europäischen Union so greifbar wie in der Landwirtschaftspolitik. Hier greifen der gemeinsame Markt und gemeinsame Regeln ineinander. Hier können wesentliche Veränderungen gemeinsam auf einem einheitlichen Markt bestimmt werden. Zur Politik der Europäischen Union gehört aber nicht nur, dass wir einen gemeinsamen Markt bedienen, zur Politik der EU gehören auch gemeinsame Sozial- und Umweltstandards. Das ist mir sehr wichtig.

Zu den Umweltstandards zählen die von Kommission, Parlament und Rat gemeinsam definierten GreeningAuflagen der Landwirtschaft. Mir ist auch wichtig, dass es nicht nur der Rat war, der das festgelegt hat, sondern das Parlament war aktiver Teil bei der Festlegung dieser Bestimmungen. Es sind Regeln, die vom 01.01.2015 für die Landwirte auch in Mecklenburg-Vorpommern gelten

und die sie einzuhalten haben, wenn sie die vollen Direktzahlungsprämien in Anspruch nehmen wollen.

Richtig ist, meine Damen und Herren, dass die Landwirte zumeist wenig begeistert davon sind, dass das Greening eingeführt wird. Dennoch halte ich diesen Schritt für richtig und vernünftig. Meine Partei hat immer betont, dass wir ein Greening mit vernünftigen Rahmenbedingungen begrüßen, also beispielsweise kein Stilllegen von Flächen, und dieses betone ich auch heute. Denn wenn die Gesellschaft die finanziellen Mittel zur Verfügung stellt, kann die Gesellschaft auch definieren, unter welche Bedingungen diese Mittel am Ende ausgereicht werden. Der Minister hat das auf die Kurzformel gebracht: „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“. Da stimme ich dem Minister ausdrücklich zu. Um nichts anderes handelt es sich hier.

Die Flächenprämien der Landwirte hängen künftig zu 30 Prozent davon ab, dass sie 5 Prozent der Ackerfläche unter besonderen, das Klima und die Umwelt schonenden Bedingungen bewirtschaften, dass das Grünland geschützt wird, die Fruchtfolgen eingehalten werden und dass eine größere Vielfalt beim Anbau von Feldfrüchten erreicht wird. Die Fachleute sprechen hier von Anbaudiversifizierung.

Und, Frau Dr. Karlowski, ich glaube, auch hier ist es wichtig festzustellen, dass diese fünf Prozent der Ackerflächen vom Landwirt ausgewählt werden müssen. Sie hatten ja hier mal vorgeschlagen, dass die Umweltverbände diese auswählen sollen. Das haben wir seinerzeit zurückgewiesen. Die Regelung, die hier gefunden worden ist, ist, glaube ich, vernünftig.

Die ursprünglichen Pläne der EU besagten sogar, dass sieben Prozent der Ackerfläche als ökologische Vorrangflächen zu bewirtschaften sind. Davon ist man abgegangen. Es gelten fünf Prozent. Abgezogen von den fünf Prozent werden Landschaftselemente. Das können beispielsweise Feldhecken, nicht bestellte Feld- und Uferstreifen, einzelne Bäume, Baumreihen, Gräben und Sölle sein.

Ich habe bei mir im Wahlkreis mal nachgefragt, habe mit einem Landwirt gesprochen: Wie groß ist denn der Anteil, der da abgezogen werden muss? Der Landwirt sagte mir, zwei bis drei Prozent in seinem Betrieb. Das ist natürlich von Landesteil zu Landesteil sehr unterschiedlich. Wenn ich aber diese zwei bis drei Prozent in Anschlag bringe, sind es immer noch zwei bis drei Prozent der Anbaufläche, die unter ökologischen Bedingungen bestellt werden. Und klar ist auch – Frau Dr. Karlowski, da haben Sie recht –, mit diesen zwei bis drei Prozent der Ackerfläche wird hier kein Hunger ausbrechen. Das ist so, das muss man auch so deutlich sagen.

Leider, meine Damen und Herren, ist die Berechnung der sogenannten ökologischen Vorrangflächen nicht ganz leicht. Es gibt unterschiedliche Gewichtungen für einzelne Maßnahmen. So soll zum Beispiel ein Baum pauschal mit 30 Quadratmetern, eine Hecke je laufendem Meter mit 10 Quadratmetern berechnet werden. Angerechnet werden zudem der Anbau von Zwischenfrüchten, das ist hier mehrfach genannt worden: Phacelia, Ölrettich, Lupine, Klee – da gibt es die verschiedensten Sachen. Das begrüße ich ausdrücklich. Wir hatten ja im Landtag auch schon die Debatte zum Erosionsschutz des Bodens. Wir haben hier ein ganz konkretes Beispiel, wie man Erosionsschutz des Bodens in der Praxis durchführen kann.

Klar ist, meine Damen und Herren, der Zwischenfruchtanbau ist nicht überall möglich. Er ist nur da möglich, wo wir eine Sommerung haben, also da, wo kein Wintergetreide angebaut wird, vor allem da, wo wir beispielsweise Futtererbsen, wo wir Rüben, wo wir Kartoffeln anbauen wollen. Insbesondere bei letztgenannten Kulturen liegt der Boden lange unbedeckt, es sei denn, wir bekommen eine Mulchsaat mit abgefrorenen Zwischenfrüchten hin. Mit den jetzt gefundenen Regeln wird das sicherlich öfter der Fall sein.

Ziel des Zwischenfruchtanbaus sind die Verhinderung von Wind- und Wassererosionen, aber beispielsweise auch die natürliche Stickstoffeinlagerung und die natürliche Phosphormobilisierung im Boden. Zudem können Zwischenfrüchte wertvolle Nektarspender für Bienen, Hummeln und andere Hautflügler sein. Sie können damit auch einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Biodiversität auf den Ackerstandorten leisten. Sie sind wichtige politische Ziele, zu denen sich meine Fraktion hier ausdrücklich bekennt. Und, meine Damen und Herren, schauen Sie sich vielleicht mal Zwischenfrüchte auf Google an, suchen Sie sich die Bilder mal raus! Futtererbsen, Lupine, Luzerne – Sie werden feststellen, das sind alles blühende Pflanzen, die hochwirksam und wichtig sind für diese Hautflügler, die ich hier benannt habe.

Die Debatte im Agrarausschuss und auch die Debatte hier im Landtag zum Anbau der Leguminosen haben gezeigt, dass wir uns im Ziel der Ausweitung der Anbaufläche für diese ökologisch wertvollen Kulturen einig sind. Ein wichtiger Teil der Greening-Maßnahmen ist auch der Schutz des Grünlandes, das hat der Minister ausgeführt. Wir sind da Vorreiter, wir haben hier in MecklenburgVorpommern ein Grünlandumbruchverbot per Gesetz erlassen. Die EU zieht jetzt nach, insofern, glaube ich, waren wir hier von vornherein auf dem richtigen Weg.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund wird es Sie nicht verwundern, dass ich das, was an Regeln zum Greening festgesetzt wurde, generell begrüße. Wichtig ist für die Landwirte gewesen, dass sie schnell Klarheit haben über die Bedingungen, die für sie gelten, denn das Wirtschaftsjahr wird bereits vor der Ernte geplant, und die Getreideernte, meine Damen und Herren, die beginnt in diesen Tagen. Die Aussaat bei vielen Zwischenfrüchten muss bis 20.08. abgeschlossen sein, also in sechs bis sieben Wochen.