Jeder, der sich mit der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft auseinandergesetzt hat, der kennt die leidvollen Erfahrungen zu DDR-Zeiten, als wir die Schweinepest hatten oder den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche – ich kann mich jedenfalls noch gut daran erinnern –, und auch nach der Wende, in den 90er-Jahren mit der Klassischen Schweinepest oder natürlich 2006 mit der Vogelgrippe und der Geflügelpest.
Eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Einschleppung von Tierseuchenerregern in Nutztierbestände stellt natürlich auch das Seuchengeschehen in Wildtierbeständen dar. Das macht an Landkreisgrenzen, das macht im Übrigen auch an Landesgrenzen oder Mitgliedsstaatengrenzen keinen Halt, Herr Professor Tack. Insofern kommt es immer – immer! – auf die Einhaltung der Biosicherheit an. Es kommt auf die Hygiene der Haltung in unseren Nutztierbeständen an und selbstverständlich auch in den Beständen, die nicht nur zur Nutzung gehalten werden. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Gefahren nicht
nur von klassischen Tierseuchenerregern ausgehen. Ich erinnere hier ausdrücklich an das Schmallenberg-Virus, viele haben es leider vergessen – großes Leid für die Tierhalter, im Übrigen wieder ausdrücklich im extensiven Bereich –, oder diese exotischen Krankheiten, die mit der Blauzungenkrankheit zusammenhängen – wieder gerade extensiv gehaltene Tierbestände.
Eine Bedrohung stellt nach wie vor ausdrücklich die Afrikanische Schweinepest in Litauen, Weißrussland, Polen und in Russland dar, die im letzten Jahr begonnen hat, für uns zur Bedrohung zu werden. Die Ostgrenze scheint ja entfernungsmäßig weit weg zu sein, aber wir wissen natürlich auch, dass insbesondere durch den Handel und Wandel mit Tieren, mit Waren in kürzester Zeit große Entfernungen zurückgelegt werden können. Deswegen müssen wir auf die Gefahrenlage immer wieder hinweisen und wir müssen uns innerhalb des Landes gut aufstellen. Hier geht der Appell an die Landkreise, an die Landrätinnen und Landräte, an die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister, den entsprechenden Personalbestand für die Veterinär- und Lebensmittelüberwachung in vollem Umfang vorzuhalten, auch vor dem Hintergrund des Tourismuslandes, des Gesundheitslandes, sage ich jetzt ganz bewusst.
Hier Personal abzubauen, heißt sparen an der verkehrten Stelle. Deshalb war es mir wichtig, dass wir die wesentlichen Instrumente der Tierseuchenbekämpfung
rechtlich implementieren und sie damit auch Gesetzesrang erlangen. So werden wir unter anderem, und darüber freue ich mich – im Übrigen in enger Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und mit den Landkreisen –, jetzt Krisenzentren einrichten, um schnell gewappnet zu sein für die Bekämpfung von Tierseuchen. Auch das Element der Tiergesundheit, der Vorbeugung von Tierseuchen ist bei der Tierseuchenkasse angesiedelt und Teil der Gesundheitsdienste. Deswegen sage ich noch mal: Vorbeugen ist immer – immer! – besser, als heilen oder eine Seuche bekämpfen zu müssen.
Ja, der Rinder- und Schweinegesundheitsdienst wird von den Tierhaltern in Mecklenburg-Vorpommern bei Bestandsproblemen in den letzten Jahren regelmäßig angefordert und ist mittlerweile fester Bestandteil der Tierseuchenkasse geworden. Ich freue mich darüber. Im Übrigen haben wir auch da ein Alleinstellungsmerkmal. Vielleicht übernehmen die anderen Bundesländer das auch bald. Diese bisher durch Satzung geregelte Aufgabe der Tierseuchenkasse soll wegen der Bedeutung im Gesetz ausdrücklich verankert werden. Ich sage noch mal: Vorbeugen ist besser, als eine Seuche bekämpfen zu müssen.
Nach dem Tiergesundheitsgesetz des Bundes erhalten Tierhalter zukünftig mehr Pflichten – mehr Pflichten! – hinsichtlich der zu treffenden Vorbeugung, bezüglich der Umsetzung und der behördlichen Maßnahmen beim Ausbruch von Tierseuchen. Hier geht es zum Beispiel auch darum, Vorkehrungen zu treffen für die Tötung eines Tierbestandes, weil wenn sie ausbricht, müssen wir schnell handeln, je schneller, desto besser. Denn der Grundsatz eines Veterinärmediziners gilt nach wie vor: die Seuche auszumerzen, anstatt sie mit Symptomen oder mit Medikamenten behandeln zu müssen. Insofern ist dies alles mit aufgenommen worden und hierzu gibt es auch sehr positive Entwicklungen.
Jetzt sind die Bienen hier noch mal angesprochen worden. Ja, ich habe damals schon darauf hingewiesen, dass man mit der Entbürokratisierung nicht in bestimmte Dinge eingreifen sollte. Ich habe mich hier durchsetzen können und bin auch dem Landtag sehr dankbar, dass die Biene als drittwichtigstes Nutztier dieser Erde wieder aufgenommen worden ist. Die Bekämpfung von Tierseuchen erfordert einfach Spezialwissen, somit erhalten die Landräte, die Landkreise und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte durch unser Gesetz die Ermächtigung, Tiergesundheits- und Bienensachverständige hinzuzuziehen und einzusetzen. Ich kann daran nichts Schlechtes erkennen und ich erwarte das im Übrigen auch, dass wir uns hier enger miteinander verknüpfen. Ich verspreche mir davon, dass mehr Imkerinnen und Imker zu Sachverständigen ausgebildet werden.
Im Übrigen sind wir auf einem guten Weg durch die Maßnahmen, die wir im Rahmen der Tiergesundheit, aber auch durch die Zusammenarbeit mit den Landwirten im Zusammenhang mit der Bienenweide in diesem Land auf den Weg gebracht haben. Aber eins ist auch klar: Bienengesundheit ist nicht zum Nulltarif zu haben! Deswegen halte ich es für richtig, dass nach der neuen Regelung im Bundesgesetz für Bienen – im Übrigen auch für Hummeln – Pflichtbeiträge an die Tierseuchenkasse zu entrichten sind. Das heißt, wir werden im Rahmen der Tierseuchenvorsorge die Bienen in die Tierseuchenkasse mit aufnehmen, sodass wir auch Beiträge daraus leisten können. Diese Mittel sollen nicht nur für die Entschädigung der Amerikanischen Faulbrut eingesetzt werden, sondern zur Verbesserung der Bienengesundheit mit auf den Weg gebracht werden. Auch daran kann ich nichts Schlechtes erkennen, dies findet meine volle Unterstützung.
Ich denke, dass die Ausführungen noch mal deutlich gemacht haben, dass die Tiergesundheit und der Schutz vor Seuchen und Kalamitätsfällen ein sehr, sehr hohes Gut für die allgemeine Gesellschaft darstellen. Ich wünsche mir, dass dieses Gesetz gut wirken wird und dass wir möglichst von Tierseuchen und Gefahren, die von Tierbeständen ausgehen könnten, verschont bleiben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Mit reichlich Verspätung debattieren wir heute über ein Gesetz, das bereits ab dem 1. Mai 2014, also – na ja, zwei Monate her – zeitgleich mit dem zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Bundestiergesundheitsgesetz gelten soll.
Die Landesregierung ist mit der Vorlage ihres Gesetzent- wurfes zeitlich deutlich aus dem Rahmen gefallen. Das bedeutet eine Verzögerung, das bedeutet komplizierte juristische Bewertungen, die danach folgen und die uns auch Anlass zur Sorge geben, ob denn im Agrarministerium tatsächlich das ausreichende Personal zur Verfügung steht. Wir hörten am 27.03. von Frau Dr. Dayen, es könne durch diesen partiell regelungsfreien Raum zu Schwierigkeiten bei der Regelung der Beitragspflichten
Die Anpassung des Landesrechts an das neue Bundesrecht im Bereich der Tierseuchen begrüßen wir, sind doch mit der Gesetzesänderung auf Bundesebene inhaltliche Veränderungen vorgenommen worden, die uns Bündnisgrünen wichtig sind, zum Beispiel die stärkere Inpflichtnahme der Tierhalter, präventiv aktiv zu werden, also darauf zu achten, dass die Seuchen in den Tierbeständen gar nicht erst entstehen. Außerdem sind der Nachweis der Sachkunde von Tierhaltern und das neu eingeführte aktive Monitoring von Tierseuchenerregern dazugekommen.
Beim Thema Monitoring möchte ich in Bezug auf Mecklenburg-Vorpommern jedoch anmerken, dass wir das weiterhin ablehnen, so, wie es jetzt hier im Land üblich ist, dass eine bestimmte Anzahl von Wildvögeln abgeschossen wird, um zu schauen, ob dort Schaderreger drin sind.
Auch wenn wir einzelne verbesserte Regelungen hinsichtlich der Seuchenprophylaxe, wie gesagt, begrüßen, haben wir zahlreiche Kritikpunkte am Gesetzentwurf. Das beginnt allein mit der Bezeichnung, mit dem Titel „Tiergesundheitsgesetz“. Da denkt man sich was Schönes. Diese Überschrift ist aus unserer Sicht völlig verfehlt. Das Gesetz bezieht sich, wie auch schon sein Vorgänger, weitgehend nur auf das Thema Tierseuchen. Sie haben es in den Vorreden gehört: Ein wirkliches Tiergesundheitsgesetz zöge weit mehr nach sich, als nur Regelungen zur Untersuchung, Vorbeugung und Bekämpfung von Tierseuchen zu treffen.
Ich und meine Fraktion, wir geben deshalb dem SPDBundestagsabgeordneten, dem Tiermediziner Wilhelm Priesmeier, Dr. Wilhelm Priesmeier, uneingeschränkt recht, wenn er in seiner Rede zur Einbringung des Bundestiergesundheitsgesetzes – Januar 2013 – formuliert, dass es sich mit dem Tiergesundheitsgesetz des Bundes „um … Etikettenschwindel“ handelt. Dieses Gesetz verspricht mehr, als es halten kann, denn Tiergesundheit umfasst weit mehr als das Thema Tierseuchen. Tiergesundheit umfasst die Bewertung von Tierhaltungssystemen, den dort jeweils anzutreffenden Umgang mit Antibiotika, es umfasst Fragen des Tiertransportes, des Hygienemanagements in den Tierhaltungsanlagen und noch ganz viel mehr. All das wird jedoch im Bundestiergesundheitsgesetz und auch jetzt im Landesentwurf nicht thematisiert.
Ich schließe mich Ihrem Kollegen – Herr Dr. Backhaus! – Herrn Dr. Priesmeier an, wenn er fordert, dass „bestehende Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsver- ordnung“ und der Hygienevorschriften „durch weitere“ Regelungen „zum betrieblichen Hygienemanagement“ ergänzt und weiterentwickelt werden müssen. Wir geben ihm recht, wenn er fordert, dass alle „Pflichten der Tierhalter, der Tierärzte und anderer Beteiligter vom Stall bis zur Schlachtung zu einem einheitlichen Rechtsrahmen zusammengefasst werden“ müssten. Erst dann haben wir eine nachvollziehbare, übersichtliche und nicht in
unzählige Einzelvorschriften zersplitterte Gesetzeslage. Erst dann haben wir eine wichtige Voraussetzung für mehr Tiergesundheit geschaffen.
Tiergesundheit, sehr geehrte Damen und Herren, erzielen wir nicht über einige wenige Vorbeugemaßnahmen, die sich jetzt im vorliegenden Gesetzestext finden. Tiergesundheit verlangt, das Wohl der Tiere zu sichern, ihren Lebensbedürfnissen gerecht zu werden, sie tiergerecht zu füttern, ihr Immunsystem zu stärken. Wir brauchen eine gesetzliche Definition jener Kriterien, mit deren Hilfe wir den Gesundheitsstatus von Nutztierbeständen routinemäßig erfassen. Dazu gehört zum Beispiel die Mortalitätsrate. Wo sind diese Daten? Oder Organbefunde bei Schlachtungen – wo finden wir diese Daten? Um zu mehr Tiergesundheit zu kommen, müssen wir aber auch wesentliche Fehlentwicklungen in der Veterinärmedizin korrigieren, zum Beispiel die Tatsache, dass Tierärzte mit dem Verkauf von Antibiotika ihren Gewinn erzielen. Das ist falsch. Tierärzte müssen an der Tiergesundheit und nicht an der Krankheit verdienen.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit den Ihnen vorliegenden Änderungsanträgen unserer Fraktion treten wir für eine transparentere und demokratische Organisation der Tierseuchenkasse Mecklenburg-Vorpommern ein. Zum Beispiel ist der Haushalt weitgehend im Verborgenen und der Verwaltungsrat weist nicht die relevanten Verbände im Land auf. Und anders, als Herr Krüger das gerade dargestellt hat, ist natürlich der Bauernverband weiterhin in unserem Änderungsantrag drin. Schauen Sie nach!
Es sind Verbände des ökologischen Landbaus im Gesetzentwurf bisher nicht vertreten und deswegen wollen wir …
Tierhalterinnen und Tierhalter, die mit ihren Tieren Freilandhaltung betreiben in Mecklenburg-Vorpommern, zahlen bundesweit einmalig hohe Beitragssätze, haben wir festgestellt, für die Tierseuchenkasse. Enorme 8,00 Euro pro Schwein müssen Tierhalter mit Freilandhaltung an die Tierseuchenkasse zahlen, während der Beitrag für Schweine aus Massentierhaltung nur 1,35 Euro beträgt.
Ein solch gravierender Unterschied lässt sich nicht mit der angeblich höheren Seuchengefahr für Freilandbestände begründen,
Auch sind wir der Auffassung, dass die Tätigkeit der Tiergesundheitsdienste strikt von der Tätigkeit der Tierseuchenkasse zu trennen ist. Hier an dieser Stelle sehen wir in dem Gesetzentwurf eine Schieflage, die es zu verhindern gilt.
Außerdem sind wir über etwas gestolpert, wo ich noch mehr Aufklärung erwarte, denn im Ausschuss wurde uns geschildert, dass die Ziegenhalter und die Schafhalter die Einrichtung von Tiergesundheitsdiensten innerhalb der Tierseuchenkasse gefordert hätten. Dann haben wir recherchiert und gefunden, dass eine entsprechende Umfrage unter Schaf- und Ziegenhaltern – offenbar sogar veröffentlicht durch die Tierseuchenkasse MecklenburgVorpommern – zeigt, dass genau diese Schaf- und Ziegenhalter mehrheitlich die Einrichtung dieser Tiergesundheitsdienste ablehnen. Nun weiß ich nicht, warum der eine hü und der andere hott sagt, also das widerspricht sich zu hundert Prozent. Ich habe den Eindruck, da geht irgendwas durcheinander in Ihrem Hause, Herr Backhaus.
(Minister Dr. Till Backhaus: Da brauchen Sie keine Angst zu haben. – Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)
Diese Verbände lehnen die Einrichtung der Tiergesundheitsdienste ab, und zwar aus gutem Grund, weil sie mit der derzeitigen Betreuung durch ihre Hoftierärzte zufrieden sind und weil sie ganz zu Recht, das ist absehbar, wesentlich höhere Kosten und mehr Bürokratie befürchten.
Deswegen haben wir drei Änderungsanträge zu Papier gebracht. Natürlich ist Prävention eine wichtige Aufgabe. Das klingt auch gut in den Reden. Wenn wir uns aber unter der bloßen Überschrift mal in die Details vertiefen, dann wird uns die mit den Änderungsanträgen zum Ausdruck gebrachte Schieflage deutlich. Diese Schieflage gilt es abzuändern mit den drei von uns vorgebrachten Änderungsanträgen. Also stimmen Sie diesen Änderungsanträgen zu, dann können wir auch dem Gesetzentwurf zustimmen! Wenn die Änderungsanträge abgelehnt werden, dann zieht das leider auch nach sich, dass wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, dass wir den ablehnen. Dem Änderungsantrag von den LINKEN, dem stimmen wir auch zu. – Danke sehr.
Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung tiergesundheitsrechtlicher Bestimmungen auf Drucksache 6/2721.
Der Agrarausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 6/3090 anzunehmen.
Ich rufe auf in Artikel 1 die Paragrafen 1 bis 8 ent- sprechend der Beschlussempfehlung des Agrarausschusses. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich
um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit sind in Artikel 1 die Paragrafen 1 bis 8 entsprechend der Beschlussempfehlung des Agrarausschusses mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und DIE LINKE, bei Gegenstimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD angenommen.