Protocol of the Session on December 16, 2011

geäußerten Bedenken sehr ernst. Man muss eigentlich nicht betonen, dass bei den anstehenden Prüfungen und Erwägungen der Landesregierung der Schutz der Bürgerinnen und Bürger an vorderster Stelle steht. Aber ich will hier noch einmal eindeutig klarstellen, dass Asbesttransporte, die eine nicht hinnehmbare Gefährdung unserer Bevölkerung zur Folge hätten, in Mecklenburg-Vorpom- mern nicht stattfinden werden, meine Damen und Herren, auch von den GRÜNEN, noch mal an Ihre Adresse.

Zum TÜV-Gutachten: Für den Transport des asbesthaltigen Schlammes wurden Ende Oktober und Anfang November Testfahrten durchgeführt. Dabei sollte untersucht werden, ob während des Transportes Faserfreisetzungen über den tolerierbaren Richtwerten erfolgen. Das Gutachten des damit beauftragten Technischen Überwachungsvereins, TÜV, wurde in der 47. Kalenderwoche fertiggestellt. Aus dem Gutachten geht hervor, dass es während der Testfahrten zu keinen Faserfreisetzungen kam, die den Wert der geringen Exposition gemäß der Technischen Regel für Gefahrstoffe, Asbest: Abbruch, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten, überschreiten.

Nach Ansicht des TÜV konnte bei den untersuchten

Transporten keine Freisetzung von gefährlichen Mengen festgestellt werden, so der TÜV in Niedersachsen.

Die niedersächsischen Behörden haben das TÜV-Gut- achten geprüft und halten die Sondervorschrift 168 ADR für anwendbar und damit den Verzicht auf Big Bags für zulässig. Es seien aus niedersächsischer Sicht keine belastbaren Gründe zu erkennen, die eine Untersagung des Transportes in loser Schüttung rechtfertigen würden. Bei Beginn der Transporte soll vorsorglich jeder zehnte Transport messtechnisch überwacht werden, sobald Asbestmaterial mit höheren Anteilen vermutet wird.

Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren, hat trotz dieser Ergebnisse entschieden, ein eigenes Rechtsgutachten in Auftrag zu geben. Es soll klären, ob die vorgesehenen Transporte des asbesthaltigen Schlammes mit dem geltenden Recht vereinbar sind. Damit soll das höchstmögliche Maß an Rechtssicherheit für alle Beteiligten hergestellt werden. Das Rechtsgutachten ist in dieser Woche in Auftrag gegeben worden durch das Wirtschaftsministerium in Absprache mit dem Finanzministerium und der Staatskanzlei.

Meine Damen und Herren, die Anwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer und Collegen aus Berlin wurde beauftragt, dieses Rechtsgutachten zu erstellen, und zwar so schnell wie möglich. Es soll etwa Mitte Januar nächsten Jahres vorliegen.

Meine Damen und Herren, damit ist eine wichtige Entscheidung auch im Interesse der GRÜNEN, der Bürgerinnen und Bürger, aller Fraktionen hier im Landtag gefallen. Wir haben ein hohes Interesse daran, bestehende Zweifel an den geplanten Transporten auf allen Seiten schnellstmöglich auszuräumen und das rechtlich geforderte Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Das Rechtsgutachten soll weitere Verunsicherungen bei den Bürgerinnen und Bürgern vermeiden, meine Damen und Herren.

Die Landesregierung hat immer gesagt, dass die Transporte nur stattfinden können, wenn sie mit dem gelten- den Recht vereinbar sind. Dieses Höchstmaß an rechtlicher Gewissheit soll nun erzielt werden. Die Landesregierung hat die Betreiberin der Deponie Ihlenberg derweil aufgefordert, bis zur Erstellung dieses Gutachtens keine Asbestanlieferungen aus Niedersachsen anzunehmen, meine Damen und Herren. Erst nach Vorliegen des Rechtsgutachtens wird über das weitere Verfahren entschieden. Wir nehmen also keine Ergebnisse vorweg. Daher besteht für den Antrag, den die GRÜNEN gestellt haben, ein Transportmoratorium zu erlassen, kein Bedarf. Das Kabinett wird darüber entscheiden, wie zu verfahren ist, und zwar nach Auswertung und Abwägung aller Dinge, die im Gutachten aufgeschrieben und dann auch verwertbar sind.

Ich muss hier noch einmal darauf hinweisen, dass die Deponie Ihlenberg grundsätzlich geeignet ist, Asbestabfälle anzunehmen und einzulagern. Sie ist der Deponieklasse III zugeordnet. Deponien der Klasse III sind geeignet, um darauf asbesthaltige Abfälle abzulagern. Dies gilt natürlich auch, wenn die Abfälle aus anderen Bundesländern stammen. Es ist in den abfallrechtlichen Fachgremien zudem anerkannt, dass asbesthaltige Abfälle in geeigneten Fällen auch unverpackt abgelagert werden können. Über den Fachverband und Fachverstand dieser Expertengruppen wird sich die Landesregierung nicht ohne weitere Prüfungen hinwegsetzen.

Zur Verpackung: Ob die Asbestabfälle während des Transportes einer Verpackung bedürfen, wird bei dem in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten, meine Damen und Herren der GRÜNEN, eindeutig Prüfauftrag sein und ist extra auch mit dem Gutachter verabredet.

Meine Damen und Herren, Transparenz, ein wichtiges Gebot der Stunde. Wir werden als Landesregierung auch im weiteren Verfahren alles veranlassen, was erforderlich und angemessen ist. Das tun wir mit der gebotenen Transparenz.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das legt er fest, was Transparenz ist.)

Die Gestaltung und Absicherung eines öffentlich nachvollziehbaren und rechtssicheren Verfahrens wird die Landesregierung auch im Weiteren als Grundlage ihres Handelns sehen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

Herr Minister, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Jaeger? interjection: (Zustimmung)

Danke schön.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Würde es Ihre Einschätzung der Zulässigkeit der Transporte infrage stellen, wenn es sich als wahr herausstellt, dass die Messungen bei einer Luftfeuchtigkeit von über 90 Prozent stattfanden, obwohl eine maximale Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Messung gewesen wäre? – Danke.

Also, Herr Jaeger, all diese Dinge sind im Gutachten zu erwarten. Wir werden dieses Gutachten auswerten und wenn Recht gebrochen ist, werden wir darauf reagieren. Deswegen würde ich darum bitten, dass wir bis Mitte Januar, da sind keine Transporte zu erwarten, auch nicht weiter die Diskussion führen, sondern tatsächlich dann in medias res gehen, das Gutachten auswerten und die Entscheidung fällen.

Ich danke für die Antwort.

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat nun der Abgeordnete der SPD-Fraktion Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Während die Fraktion der GRÜNEN noch in der vergangenen Landtagssitzung einen generellen Transportstopp von Asbest- abfällen und deren Ablagerung auf der Deponie Ihlenberg per Landtagsbeschluss grundsätzlich herbeiführen wollte, liegt uns heute, nur vier Wochen später, ein Antrag eben derselben Fraktion vor, doch bitte die Asbest- entsorgung auf dem Ihlenberg nur in sogenannten Big Bags, also, auf Deutsch, in großen Plastiksäcken zuzulassen. Und während vor einem Monat noch in eben diesem Plenarsaal seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN darauf verwiesen wurde, dass eine sichere

Transport- und Entsorgungslösung für Asbeststoffe grundsätzlich nicht bestünde, soll jetzt ein Transport in Kunststoffsäcken die Gefahr bannen.

Man muss sich fragen, sehr geehrte Kollegen, ob nach entsprechender Medienwirksamkeit ihrer bisherigen An- träge die GRÜNEN nunmehr zumindest teilweise ihren Frieden mit der Asbestablagerung auf dem Ihlenberg gemacht haben.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist aber eine sehr individuelle Interpretation.)

Herr Suhr, ich kann auch in meiner individuellen Interpretation noch weiter gehen, weil da fand ich es doch,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das fürchte ich. Das fürchte ich.)

da fand ich es doch, Herr Kollege Suhr, ganz interessant – und vielleicht hat das dann ja auch zu dem Meinungswandel beigetragen –, da fand ich es doch ganz interessant, wenn ich heute im „Medienspiegel“ einen Bericht aus der taz sehe vom 16.12., wo der Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag von Niedersachen befragt wird oder interviewt wird. Und eine Frage, die ihm gestellt wurde, lautet dann, ich erlaube mir zu zitieren: „Niedersachsen unterhält keine eigene Sondermülldeponie. Wollen Sie über alle Altlasten Hallen bauen oder sie doch nach Mecklenburg-Vorpommern karren?“ Und dann die Antwort: „Das kann man so pauschal nicht sagen, jeder Fall muss einzeln bewertet werden. Grundsätzlich ist es aber sinnvoll, wenn die Bundesländer kooperieren, nicht jedes Land muss alles haben. Einige wenige zentrale Sondermülldeponien sind ökologisch und ökonomisch durchaus sinnvoll, auch wenn das bisweilen Abfalltransporte bedeutet.“ Soweit das Zitat.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das ist keine Interpretation, das ist ein Zitat Ihres Fraktionskollegen aus Niedersachsen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Des Kollegen erster Satz.)

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und jetzt kommt die Interpretation. Also vor dem Hintergrund, wenn man jetzt bösartig sein wollte, Herr Kollege Suhr, was ich nie bin, wenn man jetzt bösartig sein wollte,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Nee, nee.)

könnte man natürlich den Meinungswandel der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von der letzten Landtagssitzung zu dieser Landtagssitzung vielleicht auch damit begründen. Aber da haben Sie recht, das ist eine Interpretationsfrage.

Aber um vielleicht noch mal auf den Antrag hier zurückzukommen. Sie sind ja jetzt den nächsten Schritt gegangen und auch bei Ihnen geht es nicht mehr um die Frage, ob denn tatsächlich hier Abfall- oder Asbesttransporte auf den Ihlenberg grundsätzlich abgelehnt werden. Auch hier

geht es ja dann offensichtlich bei Ihnen jetzt nicht mehr um die Frage des Ob, sondern um die Frage des Wie.

Und vor dem Hintergrund bin ich dann gespannt, ob wir auf der nächsten Landtagssitzung nicht vielleicht einen Antrag eben Ihrer Fraktion haben werden, der für den Transport der Asbeststoffe lediglich auf eine erforderliche Abdeckung mit Leinensäcken abstellt, immer nach dem Motto „Jute statt Plastik“.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –

Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN: Das zeigt

Ihre Kompetenz zu dem Thema. –

Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und

Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Jaeger, zu der Kompetenz kommen wir jetzt.

Meine Damen und Herren, um dann vielleicht mal auf die Landtagssitzung im November zurückzukommen: Meine Fraktion hat in der Novembersitzung klargestellt und das auch hier geäußert – das können Sie in entsprechenden Plenarprotokollen nachlesen –, dass es im Interesse der Menschen in unserem Land eben sinnvoller ist, die rechtlichen Möglichkeiten, die dem Land tatsächlich zur Verfügung stehen, zu nutzen, anstatt den Eindruck zu erwecken, dass das Land auf eine grundsätzlich in Niedersachsen zu treffende Transportentscheidung ohne Weiteres Einfluss nehmen könnte, um einen Transport auf diese Weise grundsätzlich und dauerhaft zu verhindern.

Insofern, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wird deutlich, dass verantwortungsbewusste Politik eben nicht in der populistischen Aufnahme der grundsätzlich berechtigten Sorgen von Menschen in unserem Land besteht,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wenn es berechtigt ist, dann ist es nicht populistisch. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)