Protocol of the Session on May 15, 2014

Ich frage Sie einfach mal, Herr Müller, abseits dieser Schenkelklopferwitze: Was haben Sie eigentlich für ein Konzept in der Tasche, junge Menschen nach Mecklenburg-Vorpommern zu holen?

(Andreas Butzki, SPD: Haben wir doch gesagt: Kita, Schule, Hochschule. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die Hochschulen sind doch die erfolgreichsten Instrumente, junge Menschen in ihrer wichtigsten Lebensphase nach Mecklenburg-Vorpommern zu holen,

(Heinz Müller, SPD: Lieber Herr Saalfeld, ich frage Sie, ob Sie lesen können, dann können Sie das alles nachlesen. Sie möchten lieber Menschen examinieren.)

und deswegen ist es wunderbar, wenn wir viele junge Menschen nach Mecklenburg-Vorpommern holen können. Aber offensichtlich sind das für Sie vor allem Kostenfaktoren.

(Andreas Butzki, SPD: So ein Schwachsinn. – Vincent Kokert, CDU: So ein Quatsch, ja. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben jetzt 77 Stellen vakant an der Universität Greifswald und jetzt 88 Stellen vakant an der Universität Rostock.

(Udo Pastörs, NPD: Das gibt keinen Applaus.)

Dafür würde ich gerne jetzt eine Lösung sehen und nicht 2020 oder 2025, und deswegen beantragen wir als GRÜNE jetzt ein Hilfspaket für 20 Millionen.

(Tilo Gundlack, SPD: Wir denken ja schon weiter.)

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den An- trag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/2925 zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? –

(Regine Lück, DIE LINKE: Nicht mal dafür stimmen Sie!)

Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksa- che 6/2925. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. –

(Andreas Butzki, SPD: Doch so viel?!)

Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/2925 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Weltoffenes Mecklenburg-Vorpommern – Flüchtlinge willkommen heißen, Drucksache 6/2931. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/2976 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Weltoffenes Mecklenburg-Vorpommern – Flüchtlinge willkommen heißen – Drucksache 6/2931 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/2976 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Dr. Al-Sabty.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Der grausame Krieg in Syrien läuft bereits seit drei Jahren. Mehr als 100.000 Menschen sind ums Leben gekommen. 10 Millionen Menschen

sind auf der Flucht, davon ungefähr 7,5 Millionen Bin- nenflüchtlinge. Mehr als 2,5 Millionen registrierte Flücht- linge aus Syrien und Ägypten befinden sich in Anrainerstaaten.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Täglich macht der Krieg fast 9.600 Syrerinnen und Syrer zu Vertriebenen im eigenen Land. Nur einem Bruchteil der Flüchtlinge ist es gelungen, in die Europäische Union zu kommen und Zuflucht zu finden. An den Außengrenzen Europas treffen Flüchtlinge auf eine massive und brutale Abschottung. Bislang haben es circa 70.000 Flüchtlinge aus Syrien trotz all dieser Abschottung geschafft, in die Europäische Union zu fliehen. Ein Drittel von ihnen ist in der Bundesrepublik Deutschland angekommen. Deutschland nimmt seit Mai 2013 Kontingentflüchtlinge aus Syrien beziehungsweise aus den Anrainerstaaten auf. Zunächst betrug das Kontingent 5.000 Personen, im Dezember 2013 wurde es auf 10.000 Personen aufgestockt.

Über die Medien erreichte uns heute die Meldung, dass die Bundesregierung erwägt, das bestehende Kontingent zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu erweitern. Bund und Länder verhandeln derzeit darüber, wie stark das bisherige Kontingent ausgeweitet werden kann. Eine Einigung wurde dem Bundesministerium zufolge bislang noch nicht erzielt. Wir freuen uns natürlich darüber, dass die Appelle des Bundespräsidenten Joachim Gauck gehört werden. Natürlich erwarten wir davon, dass konkrete Regelungen in Kombination mit besseren Aufnahmeverfahren erweitert werden.

Meine Kleine Anfrage aus dem vergangenen Monat zeigt, dass bislang nur 85 Personen im Rahmen des Aufnahmeprogramms nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen sind. Nach dem Verteilerschlüssel für die Bundesländer müssten es jedoch insgesamt 2,6 syrische Flüchtlinge sein, denn für Mecklenburg-Vorpommern liegt der Schlüssel bei 2,06 Prozent. Die Zahlen verdeutlichen, dass das System hakt und dass das Antragsverfahren viel zu schleppend läuft.

Sehr verehrte Damen und Herren, Asylsuchende wie Syrier und Afrikaner, die über ein Drittland nach Deutschland eingereist sind, werden mit der Dublin-III-Verordnung konfrontiert.

Man muss sich vorstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen fliehen aus dem Land vor Krieg, nehmen die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer in Kauf und dann kommen sie nach Deutschland und stehen vor einer wirklichen Asylbürokratie. Was passiert mit diesen Menschen? Sie gehen oft unmittelbar in Abschiebehaft, weil sie rücküberstellt werden sollen in das EULand, in das sie zuerst einen Fuß gesetzt haben. Asylbewerberinnen und Asylbewerber werden auch in Länder überstellt, in denen die Gefahr der unmenschlichen Behandlung besteht, zum Beispiel Malta, Italien und Griechenland. Die Flüchtlinge können von dort leichter wieder in ihre Heimatländer abgeschoben werden. Es ist an der Zeit, eine Vereinbarung in der Europäischen Union zu treffen. Die Mitgliedsstaaten sollen eine aus- gewogene Verteilung der Flüchtlinge aus den Drittstaaten auf die EU-Mitgliedsstaaten vornehmen, und zwar an den tatsächlichen Kapazitäten orientiert, denn nur so werden humane Aufnahme- und Lebensbedingungen geschaffen.

Teilweise gibt es zurzeit Regelungen, die sich zunächst gut anhören, aber sie zeigen jedoch so gut wie keine Wirkung. So können zum Beispiel syrische Flüchtlinge, die bereits einen Aufenthalt haben, per Aufnahmeanordnung ihre Angehörigen per Familiennachzug nachholen. Das ist die Theorie, liebe Kolleginnen und Kollegen, praktisch scheitert dies aber daran, dass die Angehörigen über wenig Geld verfügen, um für die ganze Familie aufzukommen, denn sie müssen für ihre Unterbringung, Verpflegung einschließlich der medizinischen Versorgung vollständig aufkommen. Und ich kenne ein paar Beispiele in Rostock. Zwei syrische Freunde wollten den Antrag stellen, ihre Eltern nach Rostock zu holen, aber es hat leider nicht geklappt und sie waren sehr angeschlagen und traurig. Sie können sich vorstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie es den Menschen geht, wenn sie ihre Eltern nicht nach Deutschland holen können. Damit ist der Familiennachzug praktisch unmöglich, weil er am Geld scheitert.

Die Antworten auf meine Kleine Anfrage zeigen, dass es nur vier Familien in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt möglich war, und das in einem Zeitraum von acht Monaten. Die meisten hier lebenden Syrerinnen und Syrer stellen aufgrund der strengen Regelungen erst gar keinen Antrag auf Familiennachzug. Sie wissen, dass sie das nicht leisten können.

Wenn die Kontingente nicht annähernd ausgeschöpft werden, dann stimmt etwas nicht. Die Mechanismen greifen nicht. Es muss dringend nachgebessert werden, denn jeder Tag im Krieg oder auch jeder Tag auf der Flucht bedeutet ein Risiko für Leib und Leben. Und das alles scheitert nur am Geld in einem reichen Land wie Deutschland.

Sehr verehrte Damen und Herren, das Mittelmeer ist ein großer Friedhof für Flüchtlinge geworden. Vergangene Woche, am 5. Mai, sind wieder Flüchtlingsboote gekentert, dabei kamen 22 Menschen ums Leben, einen Tag später ein weiteres Unglück. Die 24 Passagiere eines Flüchtlingsbootes vor der griechischen Küste konnten zwar gerettet werden, wurden aber türkischen Behörden übergeben und sollen in ihre Heimat geschickt werden. Diese Menschen waren alle aus Syrien. Am vergangenen Montag, am 12.05., ist ein völlig überfülltes Flüchtlingsboot mit mindestens 400 Menschen an Bord vor der italienischen Insel Lampedusa gesunken. 200 Menschen konnten gerettet werden.

Sehr verehrte Damen und Herren, wir wollen eine gemeinsame Aufnahmeinitiative der EU, die es Flüchtlingen ermöglicht, sicher und legal nach Europa zu gelangen. Das hat gestern Frau Drese in ihrem Beitrag zur Aktuellen Stunde „Europa tut gut“ auch mitgenannt. Sie sagte sinngemäß, wir wollen ein flüchtlingsfreundliches Europa haben, in dem Menschenrechte für Zuwanderer respektiert werden. Den Zuwanderern soll Zugang zu umfassenden Informationen, Beratung und einem fairen Asylverfahren möglich sein. Die Dublin-III-Ergänzungen und Neuregelungen für die Frontex-Einsätze reichen bei Weitem nicht aus.

Ich komme zum Thema Abschiebung. Eine traurige Realität in unserem Land ist auch, dass immer wieder besonders gefährdete und bedrohte Menschen abgeschoben werden.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das soll jetzt noch verschärft werden.)

Ich nenne ein paar Beispiele, Frau Gajek:

Am 8. April wurde eine Sammelabschiebung von Roma in die Balkanländer durchgeführt. 22 aus MecklenburgVorpommern sollen darunter gewesen sein. Das besonders Perfide daran, das geschah am 8. April, am Internationalen Tag der Roma.

Beispiel 2: Anfang April baten zwei junge Menschen aus Eritrea aus Angst vor der Abschiebung um kirchliches Asyl im Doberaner Münster und bekamen es zum Glück auch. Sie beide sind Christen und im Falle ihrer Rückkehr nach Eritrea drohen ihnen Folter und Tod. Solche Fälle häufen sich in der letzten Zeit, denn erst kurze Zeit davor suchte ein Afghane Schutz und Zuflucht in der Heiligen-Geist-Kirche in meiner Heimatstadt Rostock.

Das zeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verzweiflung der Betroffenen und dass die Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa korrigiert werden muss. Und ich muss an dieser Stelle sagen, ich bin stolz auf unsere Kirchen, dass sie das tun, was unsere Behörden versagt haben, nämlich den Menschen Schutz zu gewähren.

Bekannt ist auch, dass Frauen und Mädchen in vie- len asiatischen Ländern massiv unterdrückt werden. In Afghanistan und Pakistan werden viele Frauen und Mädchen weiterhin vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, misshandelt, ja sogar hingerichtet. Leider wird nichts dagegen unternommen, um die Rechte der weiblichen Bevölkerung in angemessener Form zu stärken. Wir hörten vor einiger Zeit von einer radikalen Gruppe namens Boko Haram, die 200 Schülerinnen aus der Schule entführte, und bis heute wissen die Eltern, wissen die Angehörigen über das Schicksal dieser Mädchen überhaupt nichts. Die Bedingungen in den Herkunftsländern um die Menschenrechtsverletzungen sollten uns dazu veranlassen, die Asylsuchenden nicht abzulehnen.

Ein anderes Thema: Die Bundesregierung hat vor zwei Wochen entschieden, dass sie die Balkanstaaten Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina per Gesetz als sichere Staaten einstufen will. Mit dem Gesetzentwurf können die Behörden Asylanträge künftig pauschal und ungeprüft mit dem Hinweis „offensichtlich unbegründet“ ablehnen. Zahlreiche internationale Berichte belegen, Sinti und Roma sind fast überall, besonders in den Balkanländern Diskriminierung, Verfolgung und gesellschaftlicher Ausgrenzung ausgesetzt.

Zum Thema jetzt, der Situation der Flüchtlinge in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern: Das haben wir im Landtag oft thematisiert. Auf dem Weg zu einer Willkommenskultur haben wir noch ein großes Stück vor uns. Folgendes muss verbessert werden, liebe Kolleginnen und Kollegen:

die Beratung und die Betreuung der Flüchtlinge in

den Kommunen,

dezentrale Unterbringung, und ich meine hier die

Unterbringung in privaten Wohnungen statt in Gemeinschaftsunterkünften,

gleichberechtigter und zügiger Zugang zum Arbeits