sie muss allerdings auch einräumen, Herr Müller, dass diese für die 15- bis 64-jährigen Frauen unter dem ostdeutschen Durchschnitt liegt und zudem stark von Teilzeitbeschäftigung und besonders stark von gering- fügiger Beschäftigung gekennzeichnet ist. So arbeiteten im Jahr 2011 satte 31,8 Prozent der Frauen, aber nur 7,1 Prozent der Männer in Teilzeit und 55,2 Prozent aller geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse wurden zudem von Frauen ausgeübt.
Gleichzeitig betont die Landesregierung die Notwendigkeit, die Potenziale von Frauen für den Arbeitsmarkt verstärkt zu heben und damit auch einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung eines bereits partiell sichtbaren Fachkräftemangels zu leisten. Dazu bedarf es neben der Überwindung des traditionellen Berufswahlverhaltens,
wie Sie es in Ihrer offiziellen Drucksache schreiben, vor allem aber auch einer stärkeren Erwerbsbeteiligung von Frauen, ob nun in Vollzeit- oder, wie viele es sich wünschen, in sozialversicherungspflichtiger Teilzeitbeschäftigung mit 20, 25 oder 30 Wochenstunden.
Wenn Sie Ihr Fazit ernst meinen, meine Damen und Herren Minister, liebe Koalitionäre, und davon darf ich ja bei einer offiziellen Drucksache ausgehen, dann müssten Sie sich jetzt aus meiner Sicht auch mit Nachdruck für eine Reform der Minijobs einsetzen.
Warum komme ich zu dieser Schlussfolgerung? Der geschäftsführende Direktor am Institut für Arbeit und Qualifikation, Professor Bosch, sagte bei der Vorstellung der Ideen für eine Reform der Minijobs im vergangenen Jahr in Berlin, es macht eben keinen Sinn, in einer alternden Gesellschaft längere Lebensarbeitszeiten zu fordern und gleichzeitig das Arbeitsangebot vor allem für Frauen einzuschränken, zumal die meisten ja gut qualifiziert sind. Und sein konsequentes Fazit lautet: Wer für Minijobs ist, darf sich über Fachkräftemangel nicht beklagen.
Eine weitere Zahl, die deutlich macht, wie aktuell das Thema nach wie vor ist, stammt aus den „Stuttgarter Nachrichten“. Am 17. Februar titelte die Zeitung unter Berufung auf die Bundesagentur für Arbeit: „Immer mehr Menschen mit Nebenjobs“. Und gegen Ende des letzten Jahres stieg demnach die Zahl der sogenannten Multijobber bundesweit auf 2,7 Millionen und damit auf den höchsten je ermittelten Stand.
Ich habe es hier bereits vor anderthalb Jahren gesagt: Die Motive für die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung mögen unterschiedlich sein. Belastbare Zahlen gibt es dazu leider nicht. Ich behaupte allerdings, dass die Mehrzahl der Betroffenen ihren Zweitjob deshalb ausübt, um ihren kargen Lohn aus dem Hauptjob aufzubessern, und eher nicht, weil sie so viel Spaß daran hat, nach Feierabend noch einer weiteren Beschäftigung nachzugehen. Und dass dies eine naheliegende Erklärung ist, das zeigt auch die gleichmäßige Verteilung der Minijobber über aller Altersgruppen. Deutliche Ausreißer gibt es da lediglich bei den unter 25- und den über 60Jährigen.
Wenn wir die letzten verfügbaren Zahlen aus dem vierten Quartalsbericht der Minijobzentrale nehmen, sehen wir, dass diese Form der Beschäftigung bundesweit und auch bei uns im Land wieder zugenommen hat. Im Dezember 2013 arbeiteten nach Angaben der KnappschaftBahn-See 83.929 Menschen in derartigen Beschäftigungsverhältnissen. Damit lag der Anstieg mit 0,3 Prozent im gewerblichen Bereich leicht unter dem Bundesdurchschnitt von 0,5 und mit 7,2 Prozent im Bereich privater Haushalte deutlich über dem Bundestrend von dort 6,3 Prozent.
Und noch ein drittes Thema hat über den Jahreswech- sel 2013/2014 dazu geführt, dass die Frage der Minijobs erneut in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt ist, nämlich die Frage, inwieweit Minijobber und andere Gruppen von Beschäftigten von den Regelungen zum geplanten gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen werden sollen.
… weist darauf hin, dass die Herausnahme von Minijobbern, Rentnern oder Studenten zu einem Mindestlohn führen würde, der löchrig wie ein Schweizer Käse wäre.
Mehr als 742.000 Minijobber bundesweit, die meisten davon aus dem Dienstleistungsbereich, würden leer ausgehen und weiterhin weniger als 8,50 Euro die Stunde verdienen.
Das hat nichts mit der Katze aus dem Sack zu tun. Gucken Sie in den Antrag! Eine Forderung ist, sich dafür einzusetzen, diese Ausnahmeregelung eben nicht zu treffen.
Bei unserem Lohnniveau kann man davon ausgehen, dass dies auch viele Minijobber in Mecklenburg-Vor- pommern betreffen dürfte, und ich kann vor einer solchen Entwicklung nur warnen.
Der Sinn und Zweck eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes besteht doch gerade darin, allen abhängig Beschäftigen einen gewissen Schutz zukommen zu lassen, und wenn es so käme, wie es die CSU und auch Teile des Wirtschaftsflügels der CDU offenbar gern hätten, dann bestünde die reale Gefahr, dass wir nur einen neuen Niedriglohnsektor ins Leben rufen. Dann gibt es nämlich erneut, Herr Kollege Renz, Verdrängungs- und Substitutionsprozesse, vereinfacht gesagt, die Unternehmen sind geneigt, Beschäftigte mit Mindestlohnkonditionen einfach durch solche ohne selbige zu ersetzen,
(Torsten Renz, CDU: Können Sie das anhand von Zahlen nachweisen und nicht nur so in den Raum stellen, dann ist das einfach so?)
Wir haben gewisse Erfahrungen mit der Agenda 2010, Herr Renz. Insofern ist es, glaube ich, schon berechtigt, an der Stelle darüber zu diskutieren.
Und ein vierter Punkt spielt eine wichtige Rolle, denn vielfach argumentieren die Befürworter der Minijobs ja mit der These, dass sie ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Schwarzarbeit sind. Die Wirklichkeit zeigt jedoch ein anderes Bild, denn statt Schwarzarbeit auszubremsen, werden Minijobs genutzt, um den Aufenthalt im Betrieb abzusichern. Wenn die geringfügige Beschäftigung nämlich regulär angemeldet wurde und der Minijobber dann zu kostenlosen Mehrstunden ver
pflichtet wird oder Teile des Geldes schwarz ausgezahlt werden, ist ein Nachweis darüber nur sehr schwer zu führen. Und das können Sie auch nachlesen unter anderem in der Stellungnahme des DGB zum 12. Bericht der Bundesregierung über die Wirkung des Gesetzes zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung vom Oktober beziehungsweise November.
Ich bin schon gespannt, ob Sie heute diese Entwicklung zumindest einmal ernsthaft diskutieren oder ob Sie sich wieder hinstellen und darüber stöhnen, dass bestimmte Themen offensichtlich doch nicht von allein einer Lösung zugeführt werden können
Ich hätte mir im Sinne der Betroffenen natürlich auch gewünscht, wir wären heute schon weiter, allerdings – und das zeigt ein kurzer Blick auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung – sind wir bisher nicht wirklich vorangekommen und wir werden es auch nicht, wenn nicht weiter politischer Druck ausgeübt wird.
Denn die frühere Landesarbeitsministerin Manuela Schwe- sig erklärte schon in der Debatte vom 30. August 2012, dass Handlungsbedarf in den Punkten Mindestlohn, Aufhebung der Sonderstellung von Minijobs in Sachen Steuern und Sozialversicherungspflicht oder bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit bestünde und sie für die Landesregierung, wie übrigens bei jedem anderen sozialpolitischen Thema auch, bereits alles Menschenmögliche getan habe.
Nun, ihr Kampf für die geringfügig Beschäftigen hat ja zumindest zu zwei Sätzen im Koalitionsvertrag geführt. Der erste lautet: „Wir werden dafür sorgen, dass geringfügig Beschäftigte besser über ihre Rechte informiert werden.“
Da sage ich, dazu kann man nur sagen, höchste Zeit, denn leider akzeptieren immer noch zu viele Minijobber, dass ihnen der Nachweis über die wesentlichen Arbeitsinhalte, den ihnen anteilig zustehenden Urlaub oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorenthalten wird. Offen bleibt jedoch, wie diese verbesserte Information sichergestellt werden soll.
(Torsten Renz, CDU: Das wird Frau Nahles noch ausgestalten. Da brauchen Sie doch keine Sorgen zu haben.)
Aber, meine Damen und Herren, meine Fraktion hat diese Forderung ja bereits in unserem Antrag auf Druck
sache 6/1034 vom 15. August 2012 erhoben, und so können wir heute erneut feststellen, auch wenn es längst nicht ausreicht, Links wirkt.
Der zweite Satz im Koalitionsvertrag zum Thema geringfügige Beschäftigung klingt ebenso deklaratorisch wie unverbindlich, denn dort heißt es: „Zudem wollen wir die Übergänge aus geringfügiger in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erleichtern.“ Das würde ja der Intention unseres Antrages heute entsprechen. Da aber an der Stelle nicht untersetzt wird, durch welche Maßnahmen oder gesetzlichen Änderungen dies bis wann erfolgen soll,
Und wie es gehen könnte, ist den Veröffentlichungen des Deutschen Frauenrates und des DGB zu entnehmen, denn beide wollen insbesondere den Frauen in Minijobs eine Perspektive für eine eigenständige soziale Absicherung eröffnen und dazu müssen nach Auffassung beider Organisationen die Frauen ihre Rolle als Dazuverdienerin überwinden.
Der Deutsche Frauenrat verweist darauf, dass die Zielfunktion im Arbeitsmarkt nicht funktioniert, weil die meisten der Frauen ja einen Minijob pur ausüben und überdurchschnittlich lange in ihrem Minijob festhängen. Über alle Branchen sind es acht, in der Pflege gar neun Jahre, und danach landen sie fast alle wieder in der Erwerbslosigkeit.
Der DGB macht deutlich, dass der Sonderstatus der Minijobber-Unternehmen offenkundig zu einer Sonderbehandlung jenseits der Gesetzeslage einlädt. Im direkten Vergleich erhielten nämlich 2011 noch 71 Prozent der Minijobber einen Niedriglohn, bei den sozialver- sicherungspflichtig Teilzeitbeschäftigten dagegen nur 23,1 Prozent.
Und deshalb fordern wir die Landesregierung mit dem heutigen Antrag erneut auf, sich auch mit Blick auf die veränderte Farbgebung der Bundesregierung mit Nachdruck für eine echte Reform einzusetzen. Die SPD will ich an dieser Stelle daran erinnern, dass sie auch für die Große Koalition im Bund einen Politikwechsel angekündigt hatte.