Protocol of the Session on January 30, 2014

Weil die freien Berufe – das gilt nicht nur für Anwälte, das gilt für Steuerberater, es gilt für Ärzte, für viele andere auch, bis in den Bereich der Vermessungsingenieure in diesem Land, auch für Notare – sind eigentlich diejenigen, die nicht nur ihrer gewerblichen Selbstständigkeit verpflichtet sind, sondern – bleiben wir bei dem Beispiel der Rechtsanwälte als verfassungsrechtlich gesichertes Organ der Rechtspflege – eben über ihre eigene gewerbliche Tätigkeit hinaus Bedeutung für die gesamte gesellschaftliche Entwicklung zumindest wahrnehmen sollen.

Ob sie das dann immer tun, will ich im Einzelfall nicht beurteilen. Da gibt es sicherlich auch solche und solche. Aber der Grundsatz ist so und der Grundsatz hat sich in der Bundesrepublik Deutschland weit über die letzten 50 Jahre hinaus bewährt.

Es gibt überhaupt keinen Grund, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – wenn man hier den Vorstellungen der Kommission folgen sollte –, für eine missverstandene Liberalisierung, für einen missverstandenen Wettbewerb über die Grenzen hinaus, die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher letztendlich dann beiseitezuschieben.

Wie gesagt, Herr Kollege Brie, deswegen bin ich Ihnen auch sehr dankbar, dass Sie das hier angesprochen haben. Und ich habe das ja nun selber erlebt. Ich glaube, auf dem letzten Parlamentarischen Abend des Landesverbandes der freien Berufe waren Sie ja auch da und haben dazu geredet, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es eben selbst angesprochen, Herr Kollege Brie: Im Endeffekt ist es momentan so, dass die Kommission die Evaluation bereits im April durchführen will. Die entsprechende Stellungnahme, auch unter Beteiligung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, hat ja durch den Bundes

rat stattgefunden. Vor dem Hintergrund wird meine Fraktion heute diesen Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Suhr von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Da hat gerade Herr Schulte so ein bisschen das wiederholt, was ich beim Tagesordnungspunkt vorher erlebt habe. Ich will das jetzt nicht wiederholen.

Ich will aber eingestehen: Als ich den Antrag der Fraktion DIE LINKE zum ersten Mal gesehen habe, habe ich mir in der Tat auch zum ersten Mal die Frage gestellt. Letztendlich haben wir ja alles getan, was getan werden muss, um der Empfehlung des Bundesrates zu folgen und auch gegenüber der Europäischen Kommission die Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu wahren.

Aber ich glaube, Herr Dr. Brie, Sie haben gerade in Ihrem Beitrag, und dafür möchte ich mich bedanken, noch mal sehr eindrucksvoll dargelegt, welche Bedeutung die Frage hat: Wie wird die Europäische Kommission, wie wird das Europäische Parlament, letztendlich nach der Evaluation das umsetzen und inwieweit kommen wir hier in eine Situation, wo ein immens wichtiges wirtschaftliches Thema im System gefährdet wird? Da teile ich das, was ich bei Herrn Schulte herausgehört habe, dass auch in Größenordnungen Arbeitsplätze gefährdet werden. Vor dem Hintergrund muss ich eingestehen, das Thema ist wichtiger als beim ersten Draufschauen identifiziert.

Ich glaube, es lohnt sich, in diesem Zusammenhang auch noch einmal etwas genauer da hineinzuschauen, was der Bundesrat in seiner Stellungnahme herausgehoben hat. Und zwar finde ich es sehr beachtlich, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme noch mal deutlich darauf hingewiesen hat, dass vor dem Hintergrund des systemverändernden Charakters des Willens der Europäischen Kommission, wenn man das umsetzen wollte, durch diesen sogenannten Liberalisierungsschritt – soll ja auch ein Harmonisierungsschritt sein – ein Mehr an Bürokratie entstehen wird. Denn die Auswirkungen, die es auf die unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen in Deutschland haben wird, sind einfach sehr, sehr umfassend.

Ein zweiter Punkt – das finde ich auch beachtlich, und wir unterstützen das ausdrücklich, haben das auch auf Bundesebene und in anderen Ländern getan – ist ein Punkt, wo wir in der Tat ausdrücklich unterstreichen, was der Bundesrat mit großer Mehrheit beschlossen hat, nämlich, dass er die Kompetenz zum Erlass von Regelungen tatsächlich in eigener Hand, in nationalstaatlicher Hand behalten möchte.

Ich halte es vor dem Hintergrund für wichtig – abgesehen davon, Herr Schulte, Sie haben ja gerade noch versucht, den Koalitionspartner zu überzeugen, dass wir hier vielleicht mal eine Ausnahme machen und möglicherweise zu einer breiten Mehrheit kommen –, ich halte es für wichtig, dass der Landtag das noch mal bestätigt. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten. Die GRÜNE

Fraktion wird dem Antrag der LINKEN zustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der CDU-Fraktion.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Bedeutung der freien Berufe haben sowohl Herr Brie als auch Herr Schulte und Herr Suhr schon vieles gesagt.

(Heinz Müller, SPD: Und auch die Vermessungsingenieure erwähnt.)

Genau – ich hätte das dann jetzt auch gesagt. Ich habe ja zumindest mal bei einem Freiberufler gearbeitet, wenn ich auch selbst keiner war. Insofern ist da viel Richtiges gesagt worden.

Und, Herr Brie, Punkt eins ist eine Feststellung, die, denke ich, jeder unterschreiben kann, der hier im Saal ist. Ob man sie deshalb beschließen muss? Sie ist ja eher etwas fürs Schaufenster.

Punkt zwei, Sie haben richtig ausgeführt, dass der Bundesrat – am 29.11. war es, glaube ich – diese Empfehlung auf der Drucksache beschlossen und auch der EUKommission zugestellt hat. Und das ist jetzt, glaube ich, auch der einzigste

(Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Simone Oldenburg, DIE LINKE: Einzige!)

Unterschied, den wir hierbei haben.

Wir haben hier als Land Mecklenburg-Vorpommern dieser Empfehlung zugestimmt, sie ist ja dann auch mit einer Mehrheit beschlossen worden. Warum wir das jetzt posthum hier als Landtag noch mal beschließen sollen, erschließt sich mir nicht. Das ist eher so ein wenig das Tragen von Eulen nach Athen.

Die Landesregierung dann zu beauftragen, regelmäßig zu berichten – ich glaube, auch das müssen wir nicht beschließen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Das ist entweder im Selbstbefassungsrecht des Ausschusses oder auch auf Informationsgesuch einer Fraktion hin möglich. Und ich glaube, mit ihrer Zustimmung hat die Landesregierung bewiesen, dass sie sich auch auf Bundesebene immer für dieses Thema einsetzen wird.

Es ist trotzdem, denke ich, ein sehr wichtiges Thema, Herr Schulte, und es hat ja auch für den Arbeitsmarkt eine große Bedeutung. Ich fand auch den Vergleich sehr treffend, den er gefunden hat. Wir sagen aber als Fraktion, wenn es nicht notwendig ist, einen Antrag zu beschließen, dann ist es am Ende notwendig, keinen Antrag zu beschließen. Ich glaube, der würde uns jetzt posthum nicht weiterbringen, und deshalb wird die CDUFraktion diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Pastörs von der NPD-Fraktion.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der ist freiberuflich. Der züchtet nämlich Buchsbäume.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN ver- wundert.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Echt?)

DIE LINKE zieht ständig zu Felde mit dem Postulat „Gleiche Lebensverhältnisse in ganz Europa herstellen, Grenzen niederreißen, Standards angleichen, Gleichmachen, alles über einen Leisten ziehen“.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie erzählen doch Unsinn.)

Jetzt kommen sie hier mit diesem Antrag und entdecken plötzlich die Wichtigkeit von nationalen Standards in ganz bestimmten Berufsfeldern.

Abgesehen davon, dass das Meisterprivileg, Herr Dr. Brie, nicht zu den Freiberuflern gehört – also das gesamte Handwerk nicht, aber das sei nur noch mal so nebenher als handwerklich schlecht gemachte Bemerkung von mir gestattet –, möchte ich Ihnen an sich ganz gerne sagen: Wenn es um Freizügigkeit und die Überflutung Deutschlands – auch von Wirtschaftsflüchtlingen innerhalb Europas – geht, haben Sie kein Problem. Wenn es um Sozialschmarotzer geht, haben Sie auch kein Problem. Das ist alles rechtsradikales Gedankengut. Wenn es um das Abschaffen des Titels des Diplomingenieurs geht – ich habe hier Vorträge gehört, die haben mich nur mit Kopfschütteln erfüllt –, Master, Diplom, Bachelor, alles kein Problem, Hauptsache, Europa wird umgesetzt.

Und jetzt kommen Sie hier mit einem NPD-Antrag, der da lautet, deutsche Standards halten, was die Freiberufler angeht. Dem stimmen wir zu. Aber das müsste nicht nur im Bereich der Freiberufler so sein, sondern das müsste grundsätzlich gelten. Wenn deutsche Standards aufgrund der Ausbildungshistorie unseres Landes ganz einfach höher sind als die in Bulgarien, Rumänien oder Portugal, dann müssten wir uns wehren. Dann müssten wir ganz klar sagen, wir haben eben aus den Gründen, die Sie nannten, Herr Dr. Brie, hier einen sehr, sehr hohen Standard, und das auch vor dem Hintergrund einer Qualität für den Endverbraucher, dass wir diesen Standard nicht aufgeben wollen.

Aber seien Sie versichert, das, was Sie hier jetzt losgelassen haben, wird die Europäische Kommission überhaupt nicht interessieren.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das, was Sie gerade loslassen, interessiert auch niemanden, Herr Pastörs.)

Und in Wirklichkeit interessiert Sie das ja auch gar nicht, sondern Sie bringen das hier nur mal so als Stimmungsbild aus Ihrer linken, ideologisch verbrämten Nische, um Ihre Klientel, die noch so ein bisschen einen nationalen Impetus hat, zu bedienen. Ihnen geht es in der Sache nicht um Deutschland, Ihnen geht es in der Sache nicht um die Zukunft der freien Berufe, sondern Sie haben sich

da etwas herausgesucht, was normalerweise originär von der NPD,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

von den Nationalisten hier in diesem Parlament in der Vergangenheit vertreten wurde

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

und auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, vertreten wird.

(Heinz Müller, SPD: Seit Sie nicht nach Europa können, wird alles anders, oder wie?)

Machen Sie Ihren Mund nicht ganz so weit auf, das riecht ein bisschen streng bis hier.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh! Oh! Oh! – Heinz Müller, SPD: Wahrscheinlich haben Sie die Hose offen.)