Protocol of the Session on December 15, 2011

Genau vor einem Jahr zum Beispiel habe ich hier am 15.12.2010 zu dem bis dahin letzten Antrag der Fraktion DIE LINKE zu diesem Thema gesprochen und habe mein Bedauern zum Ausdruck gebracht über den Vorschlag der Bundesregierung aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, den ich damals selbst als faulen Kompromiss bezeichnet habe, der ja auch letztendlich im Bundesrat gescheitert und dann im Vermittlungsausschuss gelandet ist.

(Torsten Renz, CDU: Der bestimmt mit der CDU dann auch geschlossen wurde, nicht? Gemeinsam.)

Frau Schwesig hat eben hier schon die wesentlichen Ergebnisse des Entwicklungsausschusses gesagt. Ergänzen möchte ich dazu nur noch den Gewinn für Arbeitnehmer als Beschäftigte in der Zeitarbeit, im Sicherheitsgewerbe oder in der Weiterbildungsbranche oder aber die Tatsache, dass die Aufwandsentschädigung für die sogenannte Übungsleiterpauschale, also 175 Euro nicht angerechnet werden. Auch das waren so am Rande dieses ganzen Paketes einige Erfolge, die man noch verbuchen konnte.

Und unsere Sozialministerin, die als Verhandlungsführerin der SPD ja in zähen Verhandlungen einige Erfolge durchgeboxt hat, hat das auch aus Überzeugung getan vor dem Hintergrund unserer vorherigen Diskussionen hier gerade in Bezug auf die Teilhabe aller Kinder. Wir haben hier oft als SPD zum Ausdruck gebracht, dass eine Teilhabe an Bildung, an Kultur, an anderen Dingen nicht nur an Geld messbar ist, dass das oftmals überhaupt nicht einmal die ausschlaggebende Rolle spielt, sondern dass der Zugang zu diesen Angeboten aufgrund unserer Siedlungsstruktur und auf der Grundlage der Situation, wo solche Angebote abrufbar sind, bei uns in Mecklenburg-Vorpommern gar nicht so einfach sicherzustellen ist. Beschämend ist, die Ministerin sagte es, dass diese Vorteile, die erkämpft wurden, durch Einzelne blockiert werden und daher den Menschen eben nicht zugutekommen, denen sie zugutekommen sollten.

Übrigens, auf Bundesebene haben die GRÜNEN sich sehr konstruktiv in diese Verhandlungen mit eingebracht,

(Heinz Müller, SPD: Ehrlich?)

konnten dem Gesamtpaket letztendlich aber dann doch nicht zustimmen. Und die SPD-Bundestagsfraktion hat dazu bereits am 21.02. dieses Jahres festgestellt, ich zitiere: „Wir haben die Verhandlungen in enger und guter Zusammenarbeit mit den Grünen geführt. Am Ende konnten die Grünen dem gefundenen Kompromiss nicht zustimmen. Das bedauern wird. Grund waren die Zweifel der Grünen an der Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes. Tatsächlich bleiben hier offene Fragen hinsichtlich

der Verfassungsmäßigkeit der Berechnungsmethoden. Die Bundesregierung hat an dieser Stelle auf ihrer Rechtsauffassung beharrt. Sie trägt die volle Verantwortung und das Risiko bei einer erneuten verfassungsrechtlichen Überprüfung der Regelsätze.“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Also doch?! Da sollen wir mitmachen?)

Genau. Die Berechnungsmethoden könnten verfassungsmäßig angreifbar sein.

(Torsten Renz, CDU: Das hat Frau Schwesig aber eben anders dargestellt.)

Nein, das hat sie gar nicht anders gesagt. Das hat sie gar nicht anders gesagt.

(Torsten Renz, CDU: Doch! Wir sind ziemlich sicher, dass es Bestand haben wird.)

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE suggeriert ja vor allem in der Begründung erst mal, dass die Regelsätze wesentlich zu niedrig sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig.)

Das geht aber aus dem Urteil des Verfassungsgerichtes so gar nicht hervor.

(Torsten Renz, CDU: Auch richtig.)

Zunächst einmal stellt das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich fest, dass die ursprünglich angenommenen Beträge per se nicht zu niedrig sein bräuchten. Die Rüge des Verfassungsgerichtes richtet sich ja hauptsächlich darauf, dass die Berechnungsgrundlage im Laufe des Verfahrens verändert wurde, und nicht unbedingt ausschließlich auf die Höhe des Regelsatzes. Das ist ein großer Unterschied.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Deswegen kann man nicht davon ausgehen – wenn die Berechnungsgrundlage so erfolgt, dass das verfassungskonform ist, falls es jetzt tatsächlich nicht verfassungskonform sein sollte –, dass daraus folgt, dass nach der letzten Erhöhung der Regelsätze automatisch ein wesentlich höherer Regelsatz dabei herauskommt. Das suggeriert Ihr Antrag, entspricht aber nicht unbedingt der Wahrheit.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Halten Sie den Regelsatz für auskömmlich?)

Auf Bundesebene hat die Fraktion DIE LINKE bereits versucht, Unterstützerinnen und Unterstützer für eine Normenkontrollklage zu finden. Das ist allerdings gescheitert. Nun versuchen Sie es hier nicht ernsthaft, denn aufgrund dieser ganzen Vorgeschichte können Sie überhaupt nicht erwarten, dass wir als SPD-Fraktion, als Koalitionäre so einem Antrag zustimmen können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, weil Sie Hartz IV eingeführt haben. – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Und deswegen gehen wir auch überhaupt gar nicht davon aus, dass Sie das ernsthaft so meinen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich sehe das so, dass Sie mit diesem Antrag eigentlich nur eins signalisieren: Wir als Fraktion DIE LINKE machen weiter so wie immer. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Renz von der CDU-Fraktion.

(Torsten Renz, CDU: Muss ich jetzt auch noch die GRÜNEN verteidigen, oder was? – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo Sie heute so schön schwarz-grün tragen. – Torsten Renz, CDU: Ja, ne.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache das bei diesem Tagesordnungspunkt ganz seriös und unaufgeregt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie sind doch immer seriös.)

Vielleicht zwei, drei Dinge vorweg: Die Einbringerin hat uns ja vorgeworfen die politische Festlegung der Regel- sätze.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Fehlerhafte Berechnung.)

Ich meine, wenn das so wäre, da haben Sie ja enorme Erfahrungen, wenn ich an Ihre Debatte zu den Mindestlöhnen denke: vorletzter Landtagswahlkampf 8 Euro, jetzt 10 Euro, und ich weiß nicht,

(Heinz Müller, SPD: Inflationsrate.)

wie Sie auf diese entsprechenden Summen kommen,

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

aber wahrscheinlich sind die dann nicht politisch motiviert. Insofern, wenn Sie uns diesen Vorwurf machen und dann auch noch gleich mit der ganz schweren Keule drohen: „Das ist vorsätzlich und ein Verstoß gegen das Grundgesetz“,

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

so habe ich das aufgenommen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich habe aus der Studie zitiert, Herr Renz. Ich hab aus der Studie zitiert.)

Gut, dann sind wir uns in dem Fall einig und ich zitiere aus der Sitzung am 14. Oktober 2010 Herrn Holter: „Neben der Intransparenz sind wir der Auffassung, und das haben wir immer wieder gesagt, dass die 5 Euro nicht ausreichen. Wir haben im Zuge der ganzen Debatte von 500 Euro Regelsatz gesprochen.“ Jetzt frage ich mich, inwieweit das politisch motiviert ist oder wie das inhaltlich untersetzt ist. Warum sind es nicht 499 oder 501? Aber da werden Sie sicherlich eine Erklärung haben, dass das eben aus Ihrer Sicht dann nicht vorsätzlich ist, wenn Sie

hier gegen das Grundgesetz verstoßen. Insofern möchte ich Sie nur etwas anmahnen, dann auch vielleicht Ihre eigenen Taten mehr zu durchleuchten.

Als ich diesen Antrag bekommen habe, habe ich mich natürlich gefragt, welche neuen Erkenntnisse seit Ihrem Märzantrag vorliegen. Sie haben ja fortlaufend regelmäßig Anträge gestellt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig.)

haben ja dann auch zum Besten gegeben, dass Sie sich ganz sicher sind, dass hier Rot-Schwarz nie zustimmen wird, aber Sie wollen es trotzdem machen. Das ist ja auch legitim, wenn Sie so verfahren. Die Frage ist nur, ob es auch zwischendurch mal neue Erkenntnisse gibt. Eine Erkenntnis war die, dass Ihre Bundestagsfraktion DIE GRÜNEN und die SPD in Berlin angeschrieben hat und diese sich geweigert haben, dieses Vorgehen zu unterstützen, was Sie ja hier auf den Weg bringen wollen. Insofern versuchen Sie das jetzt in einem der wichtigsten Bundesländer, auf diesem Wege dann rechtlich diesen Weg zu beschreiten.

Und insofern möchte ich mich dann wirklich konkret Ihrem Antrag hier widmen. Im ersten Anstrich unter 1. sagen Sie ja: „die in den Artikeln 1 bis 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verankerten Grundrechte (sind) rechtsverbindlich und damit einzuhalten“. Das soll der Landtag feststellen.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Das ist in Ordnung. Man könnte das fast erweitern, dass das für das gesamte Grundgesetz gilt.

(Heinz Müller, SPD: Und dass die Sonne im Osten aufgeht.)

Ich weiß nicht, warum Sie darauf jetzt nicht eingehen, warum Sie das so explizit dann hier als den Beschluss noch mal herbeiführen wollen. Gut, wenn Sie ziffernweise oder nach Anstrichen abstimmen lassen wollen, dann, glaube ich, spricht nichts dagegen, dem zuzustimmen. Wenn wir aber die weiteren Punkte nehmen, dann kommt ja wahrscheinlich der eigentliche Kern Ihres Antrages.