Protocol of the Session on December 13, 2013

Unser Antrag gibt die Möglichkeit, zur Besinnung zu kommen, zu sagen, das ist nicht der richtige Weg, der da eingeschlagen wird, wir besinnen uns eines Besseren. Denn, sehr geehrte Damen und Herren – ich habe da ein interessantes Zitat gefunden – es geht nämlich nicht allein, es geht nicht allein um die Theater und Orchester, das wissen Sie ganz genau.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau, es geht ums ganze Land.)

Ja, selbstverständlich.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Also wirklich, mir kommen die Tränen. Mann, Mann, Mann!)

Und ich möchte Sie gerne – ich komme dann zum Schluss – konfrontieren mit einem Zitat des Kulturstaatsministers a. D. Michael Naumann aus Ihren Reihen: „Deutschlands Freiheit wird in Wahrheit nicht am Hindukusch verteidigt, sondern in den Theatern, Konzertsälen, Opernhäusern, Museen und Buchläden und natürlich in den Schulen...“ – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Koplin, ich habe mich schon gefragt, ob Sie auch noch zum Antrag sprechen würden. Aber das haben Sie in geringen Teilen dann noch getan.

Der eigentliche Ausgangspunkt Ihres Antrages ist ja ein Dringlichkeitsantrag, der abzielt auf den Erlass zur Theaterfinanzierung, soweit das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur betroffen ist. Und da würde ich gerne noch mal daran erinnern, was das für ein Dringlichkeitsantrag war. Den haben wir abgelehnt mit dem Argument, dass es wenig Sinn macht, einen Antrag zu stellen, einen Erlass auf den Weg zu bringen zu einem Zeitpunkt, wo die dafür nötigen gesetzlichen Grundlagen nicht einmal geschaffen waren. Sie haben uns ja dazu aufgefordert, bevor das Landesparlament das FAG geändert hat. Das war schon, na ja, sagen wir mal, ungewöhnlich. Und jetzt ist das FAG beschlossen. Das heißt, es gibt ab dem 1. Januar die gesetzliche Grundlage dafür, und Sie fordern uns auf, jetzt unverzüglich den Erlass auf den Weg zu bringen.

Ich hab da noch mal ins Bürgerliche Gesetzbuch geschaut, Paragraf 121 Absatz 1: Was heißt „unverzüglich“? Ohne schuldhaftes Zögern.

Und, Herr Koplin, Sie werden es mir natürlich nicht zugestehen wollen, aber genau das passiert. Es wird ohne

schuldhaftes Zögern dieser Erlass auf den Weg gebracht und der wird in Kürze dann auch die Öffentlichkeit erreichen. Wäre es anders, dann würden Sie ja nicht über die einzelnen Regelungen des Erlasses reden und hier diskutieren, zum Beispiel darüber, dass 90 Prozent Grundzuweisung vorgesehen sind und 10 Prozent in Abhängigkeit von der Frage, ob die Theater und Orchester bereit sind, sich in ein Landeskonzept einzubringen. Also offenbar gibt es da ja entsprechende fachliche Vorarbeiten. Aber ich darf sagen: Selbstverständlich werden wir die mit dem FAG gegebene Ermächtigungsgrundlage nutzen und einen Erlass auf den Weg bringen.

Einen viel größeren Raum in Ihrer Rede hat allerdings eingenommen die Frage, dass kein Dialog stattfinde. Da frage ich mich: Haben Sie die letzten zwei Jahre wirklich nicht wahrgenommen? Also wir haben noch nie in einer solchen Breite eine Theater- und Orchesterreform diskutiert. Ich darf daran erinnern, es ist METRUM beauftragt worden, ein Gutachten anzufertigen. Das ist öffentlich vorgestellt worden. Wenn ich mich recht entsinne, bin ich auch in jede demokratische Fraktion gegangen und hab das vorgestellt. Dann hat der Staatssekretär Gespräche geführt mit allen Trägern, mit den Orchestern und Theatern, mit den Berufsverbänden, mit den Fördervereinen der Theater und, und, und, in x Runden. Dann gab es Theaterkonferenzen.

Insofern weise ich auch diesen Hinweis, es sei das Publikum nicht einbezogen worden, zurück. Natürlich können wir nicht die 130.000 Zuschauer des Schweriner Theaters alle zu einer Versammlung einladen und mit ihnen darüber diskutieren. Das wird ein bisschen schwierig. Aber genau deshalb gibt es Fördervereine der Theater, mit deren Vorständen wir selbstverständlich auch regelmäßig gesprochen haben, die in diese Gespräche eingebunden waren. Dass diese Gespräche nicht immer für alle zufriedenstellend verlaufen, weil sich einige einiges wünschen, was nicht möglich ist, das ist ja eine andere Sache.

Aber, Herr Koplin, ernsthaft die These aufzustellen, es sei hier nicht diskutiert worden und es habe kein Dialog stattgefunden, also da muss ich sagen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist einfach unwahr, unwahr.)

das ist jenseits der Realität. Wir haben einen breiten Dialogprozess.

Im Übrigen werden Sie wahrscheinlich irgendwann uns zum Vorwurf machen, dass der Prozess so lange dauert. Da warte ich schon drauf.

(Zuruf aus dem Plenum: Hab ich schon gehört, hab ich schon gehört.)

Die Regierung kommt nicht aus dem Knick, sie hält die Theater hin. Nur da muss man sich eben entscheiden. Wenn man den Dialog einfordert, kostet das Zeit, weil man Argumente austauschen muss. Insofern gibt es auch einen Zusammenhang zwischen einer dialogorientierten Theater- und Orchesterreform und einer gewissen Zeit.

Ansonsten haben Sie sich ja konzentriert auf Wörter wie „unseriös“ und ähnliche moralische Vokabeln. Das möchte ich gar nicht näher erörtern.

Ich stelle nur eines fest, Herr Koplin: Sie stehen ja argumentativ vor einem gewissen Problem, scheint mir, als Linksfraktion. Denn ich habe nicht den Eindruck, dass sich die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Frau Gramkow, und heutige Oberbürgermeistern – nach meiner Kenntnis immer noch Mitglied der Partei DIE LINKE –, dass die sich durch uns unfair behandelt und gequält fühlt. Sondern Frau Gramkow hat ein ums andere Mal öffentlich bekundet, dass sie dankbar ist für die Hilfe des Landes, dass sie die Gespräche als konstruktiv und fair empfindet. Auch da ist es so, dass es immer mal wieder Differenzen gibt

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist auch normal.)

und natürlich auch Verstimmungen. Das ist vollkommen klar. Aber grundsätzlich – die Zeitungsartikel lese ich jetzt hier nicht alle vor, wo sie so zitiert wird – darf ich dieses Kompliment an Frau Gramkow übrigens zurückgeben. Frau Gramkow ist in diesen Verhandlungen sehr verlässlich und konstruktiv gewesen. Und so finden Land und Kommunen beziehungsweise Träger der Theater und Orchester auch zusammen. Nur das müssen Sie mir mal erklären, warum eine, ich glaube, auch von Ihnen hochgeschätzte ehemalige Kollegin und Oberbürgermeisterin der Stadt Schwerin, Mitglied Ihrer Partei, am Ende wohl zu einer anderen Bewertung kommen würde als Sie selbst.

Natürlich müssen Sie das jetzt hier ausblenden, weil das sonst für Ihre Anträge nicht so gut passt. Aber ich für meinen Teil, muss ich sagen, schlussfolgere eher aus diesem Prozess, dass es uns gelingt, gemeinsam mit den Theaterträgern – mit fast allen – auf einer Augenhöhe gemeinsam Gespräche über die Zukunft der Theater und Orchester zu führen, und zwar genau deshalb, weil Sie recht haben mit der These, dass die derzeitigen Theaterfinanzen nicht auskömmlich sind für die bestehenden Strukturen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Ja, was denn sonst? Warum machen wir das Ganze denn? Selbstverständlich haben Sie damit recht.

Aber Sie wissen auch, dass wir – und jetzt muss ich mich wieder auf Daten des Statistischen Bundesamtes beziehen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorsicht!)

dafür übernehme ich jetzt keine Gewähr mehr –,...

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sind die denn aktuell?)

Ich habe jetzt einfach nur die Berichte genommen, Herr Suhr. Ich weiß es nicht, ich kann dafür keine Gewähr übernehmen.

(Heinz Müller, SPD: Nicht, dass man Sie nachher mit einkassieren muss.)

… da wissen Sie, dass wir im bundesweiten Durchschnitt an der Spitze der Theaterfinanzierung stehen, dass das Land sich enorm viel leistet und dass wir das auch weiter tun wollen, dass wir aber vom Doppelten des Wertes

anderer Länder nicht auf das Dreifache, Vierfache oder Fünffache wachsen können. Das ist nicht möglich.

Wir stehen ja kurz vor Weihnachten und mir kommt das immer so vor wie das Weihnachtsmannsyndrom.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Der hat einen roten Mantel, hat einen großen Sack voller Geschenke und zieht segnend durchs Land und macht alle glücklich.

Herr Koplin, so eine Politik würde ich mir auch wünschen. Das wäre mir auch die liebste Rolle. Allein die Frage ist immer: Wer bezahlt dem Weihnachtsmann die Geschenke? Wo hat er die eigentlich alle her? Und solange wir diese Frage nicht endgültig beantworten können, fürchte ich, werden wir als Politiker nicht wie der Weihnachtsmann durch das Land ziehen und allen alles versprechen können, sondern werden klug, besonnen und seriös gemeinsam mit den Theaterträgern, den Theatern und Orchestern einen Weg finden müssen.

Die meisten sind dazu bereit und ich bin zuversichtlich, dass es uns am Ende gelingen wird, in einer großen Mehrheit in diesem Land einen Zukunftsweg zu beschreiben. Die Gespräche, auch mit dem Osten, gestalten sich sehr konstruktiv. Sie hören ja auch keine Beschwerden öffentlicher Art von den Bürgermeistern oder Landräten, weil wir uns darum bemühen, einen gemeinsamen Weg zu finden. Und das wiederum, Herr Koplin, empfinde ich alles andere als eine unseriöse oder nicht am Dialog orientierte Politik. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ja, auch meine Stimme ist etwas angegriffen. Ich hoffe, Sie ertragen es trotzdem.

Man könnte es eigentlich auch kurz machen und sagen, mit Bericht des Ministers ist der Antrag weitestgehend abgearbeitet und erledigt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD: So wollen wir das.)

Ganz so einfach will ich es mir dann doch nicht machen, weil – so ist es guter Brauch – ich möchte schon noch auf ein paar Argumente und auch auf den Antrag näher eingehen.

Und, Herr Koplin, am Anfang, ich will noch mal ganz an den Anfang der Debatte zurück. Das ist ja nun schon ein, zwei Jahre her, der Minister hats gesagt. Da haben wir uns die Frage gestellt, was können sich Land und Kommunen in Zukunft noch leisten, was Theater und Orchester betrifft. Und da haben wir festgestellt, die jetzigen Strukturen, die wir vorhalten, das wird in Zukunft nicht mehr gehen. Land und auch Kommunen verfügen nicht ausreichend über finanzielle Mittel.

Insofern können wir zu Punkt 1 Ihres Antrages kommen: „Die … den Theatern und Orchestern zur Verfügung gestellten Mittel sind nicht auskömmlich.“ Das stimmt. In den jetzigen Strukturen sind sie nicht auskömmlich. Das haben wir immer gesagt. Und deshalb haben wir ja auch gesagt, wir wollen gemeinsam im Dialog mit den Kommunen hier zu neuen Strukturen kommen.