Protocol of the Session on December 12, 2013

Weiterbildung selbst organisieren und finanzieren zu müssen, und begründete dies mit dem sich aus der Weiterbildung unmittelbar ergebenden Nutzen beziehungsweise einem dazu entsprechend ergangenen Gerichtsurteil. Allerdings nehmen Sie auch bei der neuen Regelung keinerlei Beschränkung mit Blick auf die Betriebsgrößen vor, und das, obwohl Kollegin Seemann zutreffend gesagt hatte, dass die Probleme in erster Linie bei den kleinen Unternehmen zu suchen sind. Gleichzeitig reduzieren Sie die Fördersumme auf 62.800 Euro, was dazu führen wird, dass in diesem Bereich weniger Bildung gefördert werden kann, und Sie halbieren die Erstattungspauschale, was wiederum vor allem die Kleinunternehmen belastet.

Meine Fraktion plädiert daher nach wie vor dafür, nur noch Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten als förderbedürftig für die berufliche Bildung zu betrachten. Wir sind der Auffassung, dass mittlere und größere Unternehmen mit der entsprechenden Infrastruktur sowohl organisatorisch als auch finanziell eher in der Lage sein dürften, ihre berufliche Weiterbildung auf den Weg zu bringen. Dies erscheint auch logisch, weil es schon einen Unterschied macht, ob wir über einen kleinen Handwerksbetrieb reden, in dem der Chef im Grunde „Mädchen für alles“ ist, also Buchhalter, Verkäufer und Personaler in einem, oder über Unternehmen mit eigener Personalsachbearbeiterin oder gar eigener Personalabteilung.

Der Vorwurf der CDU, wir würden bei einer Beschränkung auf Klein- und Kleinstunternehmen dann ja nur noch Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzleien fördern, die dies zudem nicht nötig hätten, ist gelinde gesagt mit Blick auf die Zahlen des Statistischen Landesamtes Unsinn,

(Torsten Renz, CDU: Na, so krass dürfen Sie das nicht formulieren.)

denn die Statistik 2012 für 2010 weist für MecklenburgVorpommern 67.479 Betriebe aus, wovon 61.141 weniger als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Wenn man sich das mit Blick auf die Branchen anguckt, dann stellt man fest, wir haben 11.611 Betriebe im Bereich Kfz-Handel, -Instandhaltung und -Reparatur, wir haben beispielsweise 9.714 im Baugewerbe und wir haben 6.259 im Bereich freiberuflicher Dienstleistungen unterschiedlicher Art, und ein Teil davon wären dann die von der CDU angesprochenen Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzleien.

(Jochen Schulte, SPD: Diskreditierten Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzleien.)

Zum Schluss noch eine Bemerkung zu der im Beratungsverlauf immer wieder geäußerten These, die Streichung oder – mit Blick auf die heute zu diskutierenden Änderungen – die Einschränkung der Erstattungsmöglichkeiten bei Freistellung für berufliche Weiterbildung würden automatisch dazu führen, dass mehr Anträge auf Ehrenamtsqualifizierung und gesellschaftspolitische Wei- terbildung gestellt werden.

Herr Foerster, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Renz?

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Die Zahlen geben das bislang überhaupt nicht her. Es war mitnichten so, dass die Vielzahl der Anträge im Bereich berufliche Weiterbildung die anderen Bereiche eingeschränkt hätte. Es war vielmehr so, dass schlichtweg kaum Anträge gestellt und bewilligt wurden. Das hatte ich sowohl im Sozialausschuss als auch im Bildungsausschuss anhand der Zahlen aus dem Bildungsministerium selbst dargestellt.

Wenn Sie, Herr Minister, dann erklären, Sie wollen das neue Gesetz bezüglich der neuen Möglichkeiten im Bereich der Ehrenamtsqualifizierung und gesellschaftspolitischen Weiterbildung nicht einmal verstärkt bewerben, dann beschleicht mich in der Tat ein ungutes Gefühl, denn wenn das Antragsverhalten so bleibt wie bislang, dann ist das Geld für die berufliche Weiterbildung weiterhin frühzeitig alle und in den beiden anderen Bereichen fließt es nicht ab, und das wäre, denke ich, nicht in unserem Sinne.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Deshalb habe ich das eben auch angesprochen.)

Folglich bitte ich Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz.

(Vincent Kokert, CDU: Er hat einen ganzen Ordner. – Marc Reinhardt, CDU: Den darfst du aber nicht hochhalten.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt etwas schade, dass Herr Foerster nicht auf meine Frage antworten wollte, insofern hätten wir vielleicht dann gewisse Dinge …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Uns Ihre Rede erspart? Das hätten Sie eher sagen müssen! – Regine Lück, DIE LINKE: Hätten wir Zeit gespart.)

Man sollte zu den Dingen sprechen, von denen man Ahnung hat.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ach, Herr Renz!)

Insofern hätte ich mich gerne mit Ihrem Änderungsantrag auseinandergesetzt.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Darauf sollte sich die Anfrage beziehen, zur Klarstellung, ob Sie jetzt wirklich nur die Vergütung auf Unternehmen beziehen wollen, die zehn Arbeitnehmer haben, oder ob Sie weiterhin den Anspruch so definieren, wie wir es gesagt haben: Alle sollen in den Genuss kommen, alle Betriebe. So ist es nämlich dann aus meiner Sicht zu lesen. Leider können wir das jetzt nicht mehr klären.

Wenn Sie nämlich mit Ihrem Änderungsantrag kommen und sagen, wir sollen einen zusätzlichen Satz zwei einfü

gen, und im Satz eins steht drin, dass alle Unternehmen einen Anspruch auf Vergütung in Höhe von 55 Euro haben, und Sie kommen dann mit Satz zwei und sagen, das Land erstattet Arbeitgebern mit weniger als zehn Beschäftigten im Falle der Freistellung den vollen Betrag, dann ist es nicht das, was Sie hier vorgetragen haben. Sie wollten ja zum Ausdruck bringen, dass die Erstattung nur für Unternehmen mit zehn Mitarbeitern erfolgt – aber das konnten wir leider in einer sachlichen inhaltlichen Diskussion nicht klären. So ist das manchmal in der politischen Auseinandersetzung.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ich glaube, Sie haben mich schon verstanden, Herr Renz. – Peter Ritter, DIE LINKE: Er will es nur nicht so zeigen.)

Nichtsdestotrotz werden wir mit diesem Gesetz, denke ich – weil die Richtung einigermaßen stimmt, auch bei der Opposition –, versuchen, eine vernünftige Lösung, und zwar in dem Sinne, wie die Koalitionäre es jetzt auf den Tisch legen, auf den Weg zu bringen.

Was machen wir heute überhaupt mit diesem Gesetz? Was war ursprünglich der Ansatz, warum wir unbedingt an dieses Gesetz heranmussten? Fakt war: Bisher war die Bildungsfreistellung immer gekoppelt an die Auszahlung von Haushaltsmitteln. Das heißt, wenn die Haushaltsmittel ausgeschöpft waren, dann gab es keine gesetzliche Freistellung mehr für den Arbeitnehmer.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das haben die Arbeitgeber daraus gemacht. Das wollten wir nicht.)

Das ist ein Umstand, den wir beseitigen wollten und hier auch gemeinsam beseitigen als Gesetzgeber, als Landtag.

Diese missliche Situation hat die Landesregierung zum Anlass genommen zu sagen, wir wollen aber auch das Gesamtsystem umstellen, und zwar gab es bisher immer eine Vergütung für die Arbeitgeber für die berufliche Weiterbildung und dann für den zweiten großen Bereich, für die gesellschaftspolitische beziehungsweise für die ehrenamtliche Weiterbildung.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Die hat bisher kaum eine Rolle gespielt.)

Die Tatsache stellte sich so dar, wenn wir mal die Zahlen aus dem Jahre 2012 nehmen, dass 479 Anträge bewilligt wurden, und von diesen 479 Anträgen sieben Achtel der Anträge in den beruflichen Bereich gingen. Daraufhin haben wir in einer sachlichen Diskussion, in einer konstruktiven Diskussion, so, wie Frau Dr. Seemann das auch dargestellt hat, hinter den Kulissen diskutiert: Ist es vor dem Hintergrund, dass vorher sieben Achtel der Summe in den Bereich der beruflichen Weiterbildung gegangen sind, richtig, diesen Bereich jetzt ganz auszusparen? Da brauchten wir auch keine Anträge von den LINKEN – hier wird versucht, erneut den Fakt umzudrehen –, sondern wir als Koalitionäre haben gesagt, nein, wir wollen schauen, welchen Kompromiss wir hinbekommen, um die Firmen dann entsprechend teilhaben zu lassen.

Der Kompromiss liegt heute hier auf den Tisch, dass wir sagen, nicht so pauschal wie bei gesellschaftspolitischer

Weiterbildung, 110 Euro, sondern einen geringeren Betrag, sprich 55 Euro pro Tag. Wir haben weiterhin gesagt, dass wir gewährleisten wollen, dass der gesellschaftspolitische beziehungsweise der ehrenamtliche Bereich zum Tragen kommt, dass nicht überdimensional, wie es bisher war, nämlich sieben Achtel der Summe für berufliche Weiterbildung in Anspruch genommen werden, sondern wir haben gesagt, der Kompromiss, den wir hier jetzt im Landtag vorstellen, ist, dass wir ein Drittel der Haushaltstitel – ein Drittel der 188.000, also ungefähr 62.000 – zur Verfügung stellen für berufliche Weiterbildung. Das ist der Kompromiss. Ich glaube, das ist vertretbar. So haben wir uns vereinbart, und ich unterstütze jetzt ausdrücklich auch noch mal die Position von Frau Dr. Seemann, die sie hier vorgetragen hat.

Wenn wir als Parlament entsprechende Änderungen bei den Gesetzentwürfen vornehmen, dann hat das aus meiner Sicht gar nichts damit zu tun, dass es irgendwelche Angriffe, so, wie es uns dann immer untergeschoben werden soll, oder irgendetwas in Richtung der Landesregierung sein soll. Nein, es ist hier eine sachliche inhaltliche Auseinandersetzung am Text gewesen. Wir haben eine Änderung vorgenommen und diese Änderung wird auch von der Landesregierung mitgetragen. Der eine oder andere wird das ja durch sein Abstimmungsverhalten hier entsprechend dokumentieren.

Zur Thematik „Beschränkung der Arbeitnehmerzahl“ noch mal. Da ist es so, da habe ich mir den Aufwand erlaubt, mal zu schauen: Die 479 Anträge, die im letzten Jahr gestellt worden sind, welche Unternehmen befinden sich überhaupt dahinter? Was sind das für Unternehmen, die hier entsprechende Anträge stellen und dann auch die Vergütung bekommen? Ich glaube, dieser Ansatz, so vorzugehen, um zu einer Lösung zu kommen, ist richtiger, als einfach mal beim Statistischen Landesamt zu fragen, so, wie Herr Foerster es getan hat und gesagt hat, wir haben eine Struktur, wir haben soundso viel Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern und deshalb müssen wir das und das ableiten.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Nein, ich glaube, wir sollten am konkreten Fall arbeiten, und da haben wir eben bei unserer Recherche festgestellt, dass bei den 479 Anträgen ungefähr 50 Prozent der Firmen zu denen gehören, die eine Mitarbeiterzahl bis 50 haben. Wenn wir tatsächlich in die Unternehmensstruktur noch mal reingehen – und da lasse ich mich sehr gerne zitieren –, dann ist es so: Wenn wir Ihnen folgen würden, Herr Foerster, und nur die Unternehmen herausgreifen, die 10 Mitarbeiter haben, würden wir tatsächlich hauptsächlich bei Steuerbüros und Rechtsanwälten landen.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Ich glaube nicht, dass es Sinn und Zweck des Gesetzes ist, dass Sie nur diese kleineren Unternehmen mit 10 Mit- arbeitern fördern wollen, und einen Metallbaubetrieb mit 25 Leuten, den wollen Sie von dieser Förderung ausschließen.

Insofern war ich eigentlich froh, dass Sie Ihren Änderungsantrag aus dem Ausschuss geändert haben. Da haben Sie nämlich noch genau dieses beantragt. Jetzt mit Ihrer zusätzlichen Änderung, die Sie hier im Landtag beantragen, hätten Sie dann geschickt die Kurve be

kommen und uns sozusagen inhaltlich signalisiert: Okay, Sie haben recht.

Es ist schon sehr erstaunlich, wenn so ein Gesetz durch uns geändert wird und von Ihnen keine Pressemitteilung auf den Weg gebracht wird, dann zeigt uns das ja schon, dass wir im Prinzip alles richtig gemacht haben müssen.

(Heiterkeit bei Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie deuten die Zeichen aber falsch, Herr Renz. – Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Insofern möchte ich Sie einfach bitten, dass Sie aus Ihrer Enthaltung eine Zustimmung machen und dieses Gesetz hier mit uns gemeinsam verabschieden können, wollen und müssen.

(Beifall Vincent Kokert, CDU)

Und ein Letztes will ich Ihnen sagen: Ihre verblendete Einstellung, die immer wieder zum Ausdruck kommt mit der Tatsache, ein großes Unternehmen macht große Gewinne, ist betriebswirtschaftlich völliger Quatsch. Sie können als kleineres Unternehmen auch sehr große Gewinne machen. Sie können also nicht unmittelbar eins zu eins irgendwelche linearen Zusammenhänge betriebswirtschaftlich herzuleiten versuchen und sagen, nur weil ein Metallbauer 25 Mitarbeiter hat, hat er einen viel größeren Gewinn als ein Steuerberater, der 5 Mitarbeiter hat, und daraus schlussfolgern, dass Sie nur die fördern wollen.

Also gehen Sie noch mal in sich – vielleicht auch nach vorne ans Mikro. Ich glaube, aufgrund der Ausführungen, die wir hier für CDU und SPD gemacht haben, können Sie jetzt guten Gewissens unserer Gesetzesänderung, also der Vorlage hier entsprechend auch zustimmen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)