Protocol of the Session on December 11, 2013

(Egbert Liskow, CDU: Das haben wir doch noch nie gemacht, dass wir die Novembersteuerschätzung genommen haben. Das ist doch immer aus der Maisteuerschätzung.)

Angesichts der immensen Kosten, die uns CDU und SPD im Bund verursachen, ist dieser Schattenhaushalt vielleicht sogar nachvollziehbar. Aber würde es nicht zur Haushaltswahrheit und zur Haushaltsklarheit gehören, dass solche Summen im Doppelhaushalt als Steuereinnahmen ordnungsgemäß eingepreist würden

(Egbert Liskow, CDU: Das sind Steuerschätzungen.)

und dann in Form einer Risikorückstellung für etwaige Sonderkosten oder Minderzuweisungen zur Seite gelegt

werden? Denn dann könnten die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern einmal genau sehen, was sie die Große Koalition in Berlin wirklich kostet. Ich hätte das für fair und transparent gehalten.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Aber Fairness und Transparenz waren offensichtlich nicht wirklich die Leitmotive von SPD und CDU bei der diesjährigen Haushaltsaufstellung. Transparent ist der Haushalt nämlich nicht, und zwar weil wieder viel versteckt und verschleiert wurde. Wieder ist ein großer Multimillionen-Euro-Puffer im Zinstitel versteckt worden. Auch wenn der Zinstitel auf 338 Millionen Euro reduziert wurde, wir werden ihn in dieser Höhe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht brauchen, denn alte Kreditlinien des Landes werden fortlaufend durch neue Kreditlinien mit dem aktuell niedrigen Zinssatz abgelöst.

(Egbert Liskow, CDU: Das wäre doch aber gut, wenn es so ist.)

Selbst wenn der Leitzinssatz schlagartig um einen Prozentpunkt steigen sollte, würde dieser Effekt weiterhin anhalten, denn die Zinsen für Neukredite lägen dann immer noch unter dem durchschnittlichen Zinswert aller Landeskreditlinien.

(Egbert Liskow, CDU: Na seid doch froh, dass es so ist!)

Wir GRÜNE schätzen diesen Puffer auf bis zu zehn Prozent des Gesamttitels.

Auch im sogenannten kleinen Zinstitel für Kassenkredite sind große Reserven vorhanden. Wir beziffern sie auf etwa 2,5 Millionen Euro.

(Egbert Liskow, CDU: Da haben wir doch 2 Millionen rausgenommen.)

Die Koalition hat durch Änderungsanträge davon selbst schon 2 Millionen Euro verfrühstückt.

Meine Damen und Herren, wir brauchen diesen Titel eigentlich fast überhaupt nicht, denn das Land braucht so gut wie gar keine Kassenkredite, also braucht es eigentlich auch keine vorsorgliche Zinseinstellung in Millionenhöhe. Jetzt fragen Sie sich vielleicht, warum das Land denn keine Kassenkredite braucht. Schwerin, Neubrandenburg und Vorpommern-Greifswald leben ja von solchen Einnahmequellen, so nenne ich das jetzt mal.

Meine Damen und Herren, unser Land hat liquide Kassenbestände in der unvorstellbaren Höhe von durchschnittlich 600 bis 800 Millionen Euro, das haben wir im Finanzausschuss erfahren.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wer solche Kassenbestände hat, der braucht natürlich auch keine großen Kassenkredite.

Und an dieser Stelle, meine Damen und Herren, wird der Haushalt völlig intransparent. Wir haben zwar einen völlig überdimensionierten Kassenkreditzinstitel, obwohl wir enorme Kassenbestände haben, aber gleichzeitig haben wir einen völlig unterdimensionierten Einnahmetitel für

Zinsgewinne aus kurzfristig angelegten Kassenbeständen, denn die enormen Kassenbestände werden vom Land natürlich wiederum kurzfristig angelegt und generieren selbst Zinseinnahmen.

Im entsprechenden Einnahmetitel sind aber nur wenige 100.000 Euro eingeplant. Realisiert werden jedoch über 3 Millionen Euro Einnahmen. Da steckt ein bisher völlig unreglementiertes Geschäftsmodell dahinter. Das Land nimmt Kredite zu Topkonditionen auf, schließlich haben wir Triple-A-Bonität und Zugang zu den Zentralbanken. Das aufgenommene Geld wird dann kurzfristig zu höheren Zinsen angelegt. Das Land spielt Bank, ohne dass es dafür Regeln oder Kontrollen gibt. Das mag zwar eine clevere Idee sein, aber ich bin da wirklich skeptisch, ob das auf Dauer gutgeht,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

denn für diese höheren Zinsen, die wir für das kurzfristige Anlegen der Kassenbestände erhalten, gehen wir natürlich auch Risiken ein – klar, sonst gäbe es eben nicht diese Zinsen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns in Zukunft in dieses Geschäft mehr Transparenz bringen. Ich will es ja gar nicht unterbinden, aber lassen Sie uns doch da mehr Transparenz reinbringen. Lassen Sie uns den gesamten Haushalt von Schattenhaushalten und Geldwaschmaschinen befreien.

Meine Damen und Herren, ich sagte ja, dass der Haushalt weder transparent noch fair ist. Ich will Ihnen also jetzt auch gleich sagen, warum er an vielen Stellen nicht fair ist. SPD und CDU haben am Ende der Haushaltsberatungen nochmals das Füllhorn über eine Vielzahl von Kleinprojekten ausgegossen. In den unzähligen Kleinstanträgen der Koalition war die Großzahl auch absolut sinnvoll und unterstützenswert.

(Egbert Liskow, CDU: Aha!)

Das gestehe ich ein. Aber die Förderung dieser Projekte hätten die Ministerien nach allgemeinen Förderrichtlinien vornehmen müssen. Nun aber erfolgt eine Vielzahl von Förderungen an den Förderrichtlinien vorbei durch Direktzuweisungen aus dem Haushalt.

Meine Damen und Herren, jedes Projekt im Land muss die gleichen Chancen haben, an öffentliche Gelder heranzukommen. Das darf nicht von guten Beziehungen oder freundschaftlichen Kontakten zum jeweiligen Wahlkreisabgeordneten abhängig sein. SPD und CDU haben in einer Vielzahl von Änderungsanträgen nach ihrem Gutdünken und ganz freihändig Projekte unterstützt, ohne Förderrichtlinie und ohne allgemeine Bekanntmachung, dass es jetzt zusätzliches Geld gibt, um das man sich hätte bewerben können.

Meine Damen und Herren, da der Flughafen RostockLaage gerade heute wieder durch die Zeitungen geisterte und eben gerade noch einmal erhöhtes Interesse in der Aussprache genossen hat, möchte ich in meiner Rede zu diesem Desasterairport noch etwas sagen, denn wichtige haushaltsrelevante Entscheidungen stehen diesbezüglich in den kommenden Monaten an. Die Frage ist ja: Wird das Land in den Flughafen als weißer Ritter einsteigen oder nicht? Die GRÜNEN raten dem Land …

(Egbert Liskow, CDU: Als grüne Ritter. – Heinz Müller, SPD: Wo ist denn Peter Ritter überhaupt?)

Nein, wir GRÜNE, nicht als grüne Ritter.

Wir GRÜNE raten dem Land, dass das Land die Finger vom Flughafen am besten fernhält.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Sehen Sie sich bitte einmal die heutige Berichterstattung genau an. Dort meldet sich ein Unternehmen zu Wort, das heißt Rostock Airways. Dieses Unternehmen hat bisher alle Zusagen gebrochen, es hat mehrfach angekündigte Starttermine grundlos und kurzfristig abgesagt. Es war wochenlang nicht einmal erreichbar. Von diesem Unternehmen wusste man lange Zeit gar nicht, wer die Geschäftsführung gerade innehat und welche Investoren nun wirklich dahinterstehen. Dieses windige Unternehmen erklärt nun heute allen Ernstes in der Zeitung, dass es den für Januar angekündigten Start seiner Fluglinien auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben muss, weil dem Unternehmen die Planungssicherheit fehle, da die Zukunft des Flughafens ungewiss sei.

Also, meine Damen und Herren, das finde ich schon mit der Vorgeschichte ziemlich frech. Aber das wäre gar nicht so schlimm. Schlimm wird es erst dadurch, dass allen Ernstes Lokalpolitiker diese freche Argumentation aufgreifen. Sie machen eines der windigsten und erfolglosesten Unternehmen,

(Egbert Liskow, CDU: Die Schelte geht jetzt an die Lokalpolitiker.)

das es in Mecklenburg-Vorpommern je gegeben hat, zum Kronzeugen für die Zukunftsfähigkeit des Flughafens Rostock-Laage. Es ist doch unfassbar, die Lokalpolitik klammert sich an Rostock Airways wie der Ertrinkende ans Senkblei. Wer dieses Trauerspiel in seinen ganzen Facetten beobachtet, kann nur ein Urteil dazu finden: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!

Wir GRÜNE haben es bekanntlich durchgerechnet, dass das Jahr 2014 das optimale Jahr für einen Ausstieg ist. Jede Zeitverzögerung darüber hinaus kostet die öffentliche Hand zusätzliche Millionen, die wir an anderer Stelle, zum Beispiel für den Erhalt der Schienen- und Straßeninfrastruktur, dringend brauchen.

An dieser Stelle möchte ich es nicht versäumen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landtags- und in der Landesverwaltung herzlich für die Zusammenarbeit zu danken. Sie haben immer sehr loyal, sehr ernsthaft, sehr souverän und vor allem wahrheitsgemäß den Abgeordneten in den Ausschüssen zugearbeitet.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ist das nicht großartig?!)

Das ist wunderbar, deswegen erwähne ich es hier, danke auch dafür – und es ist keine Selbstverständlichkeit.

(Egbert Liskow, CDU: Doch.)

Ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit. Zu den Hochschulen werde ich nachher noch mal das Wort ergreifen. In diesem Bereich hat sich der Bil

dungsminister wie eine Axt im Walde verhalten und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Aber dazu später mehr. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus spricht jetzt der Minister für Inneres und Sport Herr Caffier. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zwei Vorbemerkungen in eigener Sache:

Herr Saalfeld, Sie müssen heute bei der Aktuellen Stunde irgendwie gefehlt haben, denn das, was Sie hier sagten – das Land wird im Rahmen der Großen Koalition vom Bund ausgebeutet –, dazu steht im Gegensatz: Wir erhalten viele Mittel – wir haben das heute früh mehrmals gehört – für Kindergartenbau, für Kinderkrippe, für Hochschule. Wir erhalten kommunale Unterstützung für KdU von mehreren Hundert Millionen, und nicht, dass hier in irgendeiner Form das Land geschröpft wird. Also insofern, beschäftigen Sie sich mit der Sache! Ich glaube, es ist ein guter Vertrag in Gänze und er kommt den Kommunen zugute.

Herr Holter ist leider nicht hier. Ich hätte ihm gerne gesagt, da ich ja nun einer der Kollegen bin, der am Längsten mit im Landtag ist, dass ich dachte, dass das Singen von Pippi-Langstrumpf-Liedern im Deutschen Bundestag bisher der Tiefpunkt des deutschen Parlamentarismus war.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, nee, die Eierverteilung damals von Herrn Backhaus, das war der Tiefpunkt.)

Also die Theateraufführung, die Vorstellung von heute hat das aus meiner Sicht mit Sicherheit noch getoppt.