Protocol of the Session on November 15, 2013

In den vergangenen Jahren wurde auch viel in der Wohnungswirtschaft investiert. Jetzt will ich Ihnen mal sagen, was investiert wurde.

Frau Lück, hören Sie doch zu! Das muss man wissen.

2010 hat die Wohnungswirtschaft 232 Millionen in- vestiert,

(Regine Lück, DIE LINKE: Das weiß ich.)

2011 280 Millionen, 2012 276 Millionen, in 2013 wahrscheinlich 350 Millionen. Und Sie sehen, die Situation verbessert sich zunehmend. Und vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist es ein wenig verwunderlich, dass uns wirtschaftliche Schwierigkeiten von Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der Altschulden nicht bekannt sind. Und sie sind auch von der Wohnungswirtschaft nie nachgewiesen worden.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ja, der Minister hat gesagt, er kennt keine Fälle.)

Auch das habe ich bereits im Juni betont. Und deswegen wundert mich dieser gebetsmühlenartig vorgetragene Forderungskatalog der LINKEN. Bedenken Sie doch bitte den prekären Hintergrund nach 40 Jahren SED-Woh- nungsmarktpolitik Anfang der 90er-Jahre!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Dies hat das Altschuldengesetz von 1993 wie auch die Novelle aus dem Jahr 2001 überhaupt erst notwendig gemacht. Und diese Bemühungen haben gefruchtet. Und die sich stets vergrößernden Investitionssummen der Wohnungswirtschaft belegen dies auch. Bedenken Sie also den ursprünglichen wirtschaftlichen Hintergedanken der Altschuldenregelung, bemühen Sie sich einmal darum, die Situation vor 20 Jahren auf die jetzige positive wirtschaftliche Situation vieler Wohnungsunternehmen zu projizieren!

Und an dieser Stelle kommt der Antrag nämlich in Erklärungsnot. In Punkt 2 b) fordern Sie, künftige Altschuldenhilfe nicht mehr an die Bedingungen wie hohe Leerstandsquote oder wirtschaftliche Schieflagen zu knüpfen, und wollen langfristig eine vollständige Befreiung anstreben. Meine Damen und Herren, Sie fordern damit nichts anderes als eine Subventionierungsoase für wirtschaftlich erfolgreiche Wohnungsunternehmen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Subventionierung ist keine Oase.)

Wie Sie das mit Ihrer Programmatik der Linkspartei in Einklang bringen wollen, kann mir egal sein, aber eines steht für mich fest: Eine geeignete, vernünftige und faire Anschlussregelung für die Altschuldenhilfe sieht mit Sicherheit anders aus. – Aus den genannten Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab, Frau Lück.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Regine Lück, DIE LINKE: Dann machen Sie einen fairen Vorschlag!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Lück.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Waldmüller!

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Ja.)

Zur Kenntnis auch allen Kolleginnen und Kollegen: Der Antrag, den wir im Juni eingebracht haben – also ich kenne meine eigenen Anträge und den letzten Antrag,

den wir gemacht haben zu Altschulden, der ist dreieinhalb Jahre her –, und bei dem Antrag, über den Sie reden, da ging es ausschließlich um „Stadtumbau Ost“ und da haben wir mit einem Halbsatz die Altschulden erwähnt. Und das war es. Also bleiben Sie dann auch immer korrekt bei den Tatsachen!

(Andreas Butzki, SPD: Erwähnt ist erwähnt.)

Aber ich möchte jetzt ein paar Dinge ansprechen, die in der Debatte gekommen sind. Im Verband der norddeutschen Wohnungsunternehmen organisierte kommunale Wohnungsgesellschaften und auch die Wohnungsgenossenschaften meldeten bis Ende 2012 den Rückbau von 17.540 Wohnungen – davon fielen 9.140 unter das Altschuldenhilfe-Gesetz –, für die nach Abriss die Altschulden erlassen wurden. Diese Zahlen beruhen natürlich auf freiwilligen Meldungen und sind nicht vollständig. Aber Sie waren doch auch zur Jahrestagung des Verbandes der norddeutschen Wohnungsunternehmen. Und der hat doch gefordert im Interesse seiner Unternehmen, dass sie von den Altschulden entlastet werden.

(Rainer Albrecht, SPD: Das machen wir ja auch mit.)

Und diese Zahlen belegen, dass bei knapp der Hälfte der rückgebauten Wohnungen eben keine Altschuldenentlastung erfolgte. Vielmehr wurden die Verbindlichkeiten auf die restlichen Bestände der Wohnungsunternehmen aufgeteilt und werden weiter bedient. Die Möglichkeiten dieser Umverteilung sind erschöpft. Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen sind gravierend. Ich möchte, dass Sie das zur Kenntnis nehmen, die Mittel fehlen für Investitionen in zukunftsfähige Strukturen.

Ich möchte Sie, Kolleginnen und Kollegen, auf einen beachtlichen Vortrag von Dr. Hempel vom Landesrechnungshof aufmerksam machen, den er im Rahmen einer Tagung der kommunalen Wohnungsgesellschaften im August in Malchow hielt. Und wenn Sie über gute Strukturen diese Informationen nicht erhalten haben, dann möchte ich Ihnen diese Informationen zukommen lassen. Außerdem stehen sie auch im Netz.

Der Landesrechnungshof untersucht gegenwärtig die Lage der kommunalen Wohnungswirtschaft in kleineren Städten bei uns im Land. 37 Unternehmen wurden ausgewählt, sie agieren in Orten unter 5.000 Einwohnern ohne Ostseebezug, die keine besonderen Standortfaktoren aufweisen. Vom Ergebnis soll der Landtag unterrichtet werden. Ich nenne beunruhigende Fakten aus diesem Vortrag, um dem etwas entgegenzusetzen, was Sie hier verkündet haben.

Eines dieser 37 untersuchten Unternehmen ist mit sage und schreibe knapp 600 Euro pro Quadratmeter Wohn- beziehungsweise Nutzfläche verschuldet. Selbst die Durchschnittsverschuldung beträgt rund 270 Euro pro Quadratmeter. Die Zahlen basieren auf Angaben von Ende 2011. Es könnte also noch schlimmer aussehen. Würden die untersuchten Unternehmen gleichbleibend weiter tilgen wie 2011, würde eines dieser Unterneh- men bis zum Jahre 2053 brauchen, also noch weitere 40 Jahre. Gut die Hälfte braucht deutlich länger als bis 2030, wohlgemerkt für die Tilgung der vorhandenen Verbindlichkeiten.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Schon im Jahre 2011 mussten zwei Drittel der untersuchten Unternehmen über die Hälfte ihrer Mieterlöse für den Kapitaldienst aufwenden. Ich finde das nicht mehr gesund. Da sind wir uns doch wohl einig.

Ich könnte weitere Zahlen aus der Untersuchung nennen, die allesamt besorgniserregend sind. Wird nicht gegengesteuert, rollt eine Insolvenzwelle auf uns zu und die Gesellschafter, Städte und Dörfer in ländlichen Regionen sind völlig überfordert. Sie kommen schon jetzt für Fehlbeträge auf und bürgen für die Verbindlichkeiten. Ich kündige heute schon an, dass die Linksfraktion dafür eintreten wird, dass sich Fachausschuss und Landtag mit diesen Untersuchungen befassen. Also nichts mit Schwarzmalerei der LINKEN, das sind Fakten, die für sich sprechen.

Und, Herr Minister und Herr Waldmüller, gehen Sie ins Netz, lesen Sie es nach! Zumindest beauftragen Sie Ihre Mitarbeiter im Ministerium! Ich sagte bereits, geschätzte 7,5 Milliarden Euro Altschulden tragen ostdeutsche Wohnungsunternehmen seit 23 Jahren auf ihren Schultern. Das städtische Wohnungsunternehmen zum Beispiel in Friedland ist mit über 3 Millionen Euro Altschulden belastet.

Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie kennen nicht ein Beispiel. Darf ich Ihre,

(Unruhe bei Harry Glawe, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

darf ich,

(Minister Dr. Till Backhaus: Der hört noch nicht mal zu.)

darf ich Ihre Gespräche unterbrechen? Ich würde mich gerne an den Minister wenden in dieser Frage. Ich würde mich gerne an Sie wenden in dieser Frage.

(Harry Glawe, CDU: Ich höre doch zu.)

Ja, das habe ich ja gemerkt.

Das städtische Wohnungsunternehmen in Friedland, und das soll mein Beispiel sein, ist mit über 3 Millionen Euro Altschulden belastet. Aus eigener Kraft, so wurde mir versichert, schafft die Stadt es nicht aus der Schuldenfalle. Also noch einmal: Informieren Sie sich!

Dr. Hempel versteht die Untersuchungen des Landesrechnungshofes als Frühwarnsystem. Ich erwarte von der Landesregierung, dass die Fakten der Untersuchungen in Berlin auf den Tisch kommen. Hier muss Tacheles geredet werden, schließlich steht die Existenz kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen in sich entleerenden Räumen auf dem Spiel.

Die Befreiung von den Altschulden wäre ein großer Schritt zur Stabilisierung. Da wir wissen, dass 30 bis 40 Prozent der Mieterinnen und Mieter auf Transferleistungen – also die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung – angewiesen sind, wird die Tragweite deutlich, es nicht so weit kommen zu lassen.

Abschließend möchte ich noch mal sagen: Sagen Sie nicht nur politisch „Piep!“ in Berlin, sondern sorgen Sie

dafür, dass mal richtig Bums dahinterkommt und sich in der Sache was bewegt! – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2335. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2335 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Kompetenzagenturen sichern, Drucksache 6/2340.

Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kompetenzagenturen sichern – Drucksache 6/2340 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Niemand darf verlorengehen. Das sollte unser Ziel sein. Und wie sieht es aber auf der anderen Seite in Mecklenburg-Vor- pommern aus? In Mecklenburg-Vorpommern gab es im Oktober 2013 7.857 Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren, die als arbeitslos gemeldet waren. Das entspricht einer Quote von 10 Prozent. Wir liegen mit dieser Quote bundesweit an vorletzter Stelle. Auch die Zahl der Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher – und das war auch gestern in der Diskussion zu hören – in Mecklenburg-Vor- pommern ist nach wie vor hoch. Im Schuljahr 2011/2012 waren es 12,4 Prozent der Jugendlichen, die die Schule ohne einen Schulabschluss verließen.

Haben Jugendliche die Schule abgebrochen oder sind sie arbeitslos geworden, bestimmen Perspektiv- und Orientierungslosigkeit ihren Alltag. Kommen dazu noch multiple Probleme bei den Jugendlichen, verstärkt sich die Situation weiter. Zwar stehen im Übergangssystem Schule/Beruf den Jugendlichen viele Angebote und Maß- nahmen, wie etwa die Produktionsschulen oder das berufsvorbereitende Jahr, die Aktivierungshilfen der Jobcenter und Ähnliches an Übergangsinstrumenten, zur Seite. Oft sind diese Maßnahmen im Übergangssystem aber so vielfältig und regional unterschiedlich ausgeprägt, dass es schwierig wird, den Überblick zu behalten, welche Maßnahmen es überhaupt gibt. Noch schwieriger wird es dann, ein für den Jugendlichen tatsächlich passendes und sozusagen maßgeschneidertes Angebot zu finden. Deshalb ist es zu begrüßen, dass es eine Landesarbeitsgruppe Schule/Beruf gibt, die die Maßnahmen im Übergangssystem bewertet. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe liegen noch nicht vor.

Wir möchten an dieser Stelle an die Landesregierung appellieren, dieses Konzept schnellstmöglich vorzule-