Protocol of the Session on November 14, 2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt heute der Antrag der Fraktion DIE LINKE zur „Veränderung der gesetzlichen Regelungen zu Schulpflicht an den allgemein bildenden und beruflichen Schulen in MecklenburgVorpommern“ vor. Im Punkt I, der heute gar nicht vorgestellt wurde – aber wir haben einen Antrag mit Punkt I und II –, sollen wir feststellen, dass der Anteil der Schüler, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen, hoch ist, und dass gezielte schulorganisatorische und pädagogische Maßnahmen ergriffen werden sollen, um die Situation nachhaltig zu verbessern.

Ich habe mich natürlich auf den Antrag vorbereitet und ich will aus unserer Sicht den Punkt I noch mal kurz erläutern.

Werte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, ein Blick in die Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU zu diesem Punkt hätte gereicht, um unter Ziffer 194 Folgendes festzustellen, ich zitiere mal: „Die Koalitionspartner wollen die Zahl von Schülerinnen und Schülern, die nicht mindestens die Berufsreife erwerben, deutlich reduzieren. Hierzu werden sowohl geeignete

Maßnahmen im Schulsystem ergriffen als auch eine ‚Kultur der Zweiten Chance‘ entwickelt.“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die „Zweite Chance“ ist gerade ausgelaufen.)

„Sie werden das Produktive Lernen und die Produktionsschulen fortführen und dafür sorgen, dass alle Schulabschlüsse grundsätzlich kostenfrei nachgeholt werden können.“

Wir werden zu den Produktionsschulen ja von Ihnen zur nächsten Landtagssitzung bestimmt noch einen Antrag bekommen und dann können wir ausführlich darüber diskutieren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich sprach gerade von der „Zweiten Chance“. Das scheinen Sie auch nicht zu kennen, Herr Butzki.)

Nicht nur ich frage mich, wozu wir diesen Anteil des Antrages benötigen. Er wurde ja auch gar nicht vorgestellt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist doch selbstredend.)

Ich gehe davon aus, dass die Fraktion der LINKEN vielleicht davon Abstand genommen hat,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Bildungsexperte.)

weil das nämlich so ziemlich vor genau zwei Jahren schon festgestellt wurde und, ich denke, auch durch die beiden Koalitionsparteien verantwortungsvoll in diese Koalitionsvereinbarung übernommen wurde.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Vereinbarung ist das eine, Praxis das andere.)

Denn alle, die in unserem Bundesland politische Verantwortung übernommen haben, insbesondere die Bildungspolitiker von SPD und CDU, und ich beziehe – das möchte ich hier betonen – ausdrücklich auch die Bildungsexperten der demokratischen Oppositionsparteien mit ein, wollen die Situation in unserem Bundesland nachdrücklich verbessern. Die Wege zu einer positiven Veränderung sind aber sehr unterschiedlich. Auch wenn bei uns die Schulabbrecherquote, das haben wir heute schon mehrfach gehört, sehr hoch ist, ist im letzten Schuljahr eine deutliche Reduzierung erfolgt, zwar nur auf 11,8 Prozent, aber sie ist trotzdem gesunken. Wenn ich jetzt die Beratungen zum Doppelhaushalt 2014 und 2015 im Bildungsbereich in den letzten Wochen so Revue passieren lasse, dann waren immer nur Forderungen nach noch mehr Geld zu vernehmen. Das ist ein gutes Recht der Opposition, aber verantwortungsvolle Politik sieht anders aus.

(Torsten Renz, CDU: Oha! Schwerer Vorwurf. – Helmut Holter, DIE LINKE: Ich dachte immer, es geht um die Kinder, Herr Butzki?! – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Es kostet keinen Cent mehr, keinen Cent.)

Und wenn die Fraktionen von SPD und CDU jährlich 50 Millionen Euro bereitstellen – hören Sie doch einfach mal zu! –, dann sind von Ihnen sofort Forderungen nach mehr Geld zu hören. Ich habe sogar Berechnungen bis zu 200 Millionen Euro in manchen Debatten gehört.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Echt?)

Da muss aber auch erklärt werden, woher das Geld kommen soll. Ich will das mal kurz auflisten. Allein im Kulturbereich gibt es Forderungen für die Theater, für die Literaturhäuser, für die Bibliotheken, für die Musikschulen. Immer hören wir, da geht es um die Künstler, da geht es um da und da, das sind alles wichtige Bereiche, aber Sie fordern immer nur: Millionen, Millionen. Eine Neuverschuldung wird es mit den Koalitionsfraktionen nicht geben!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich dachte, wir reden über die Schulpflicht?!)

Ich möchte meinen Blick auch noch mal hinwenden, …

Herr Holter, da können Sie rumpoltern, so viel Sie wollen!

Die Überschuldung einiger europäischer Länder sollte uns wirklich ein mahnendes Beispiel für alle Fraktionen sein. Wenn Sie genau hinschauen, wo diese Länder kürzen, dann ist das nämlich in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur. Fahren Sie mal nach Griechenland oder Spanien! Ich war da letztens.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, weil die dort kürzen müssen.)

Ja, genau, aber das ist, weil sie vorher keine verantwortungsvolle Politik gemacht haben. Herr Ritter, das wissen Sie doch.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben keine Ahnung.)

Entschuldigung, aber Sie sind der absolute Experte hier.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich freue mich ja. Genau wie Sie es jetzt hier darstellen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gucken Sie mal nach Griechenland, was dort los ist!)

Und ich will Ihnen auch noch mal kurz was sagen: Schaut man sich Ihre Deckungsvorschläge im Bildungshaushalt an,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Junge, Junge, Junge!)

da konnte selbst die Fraktion BÜNDNIS 90 nicht zustimmen, da es aus ihrer Sicht, …

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: DIE GRÜNEN! DIE GRÜNEN!)

Entschuldigung, okay, okay, okay.

… BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – steht auch hier – nicht zustimmen, da sie aus ihrer Sicht nicht nachhaltig finanziert wurden. Aber die anderen Anträge waren ähnlich unsolide finanziert, wie wir nachher auch festgestellt haben.

Trotzdem bin ich den Antragstellern dankbar, dass wir das heute hier diskutieren können und dass ich noch mal die Gelegenheit habe, ganz eindeutig dieses

50-Millionen-Euro-Paket vorzustellen. Das ist aus unserer Sicht wirklich nachhaltig und zukunftsorientiert. Ich will nicht die ganzen Unterpunkte darstellen, aber doch die groben Blöcke.

(Torsten Renz, CDU: Ja, lass dir Zeit! Lass dir Zeit!)

Ja, meinst du?

(Torsten Renz, CDU: Das kann man gar nicht oft genug hören.)

Circa 19 Millionen Euro für die Sicherung des Lehrernachwuchses werden bereitgestellt und wir haben gestern eigentlich nur mal über die Verbeamtung diskutiert. Aber eins ist auch hier: einheitliche Eingruppierung unserer Sekundarstufenlehrer in die Entgeltgruppe 13, und zwar in den Regionalen Schulen, in den Gesamtschulen, in den Gymnasien und in den beruflichen Schulen. Und da denke ich, sind wir in Deutschland ziemlich weit führend. Da gibt es nur ganz wenige Länder, die das ähnlich handhaben.

Oder 13 Millionen für ein Programm zum Unterrichtsausfall, das entwickelt wird. Da bloß ein Punkt: Zusätzliche Vertretungsstunden an beruflichen Schulen, auch für die Zusammenarbeit mit Externen. Altersanrechnungsstunden: ab 57 Jahren eine Stunde, ab 60 Jahren zwei Stunden. Ich will das, wie gesagt, nicht alles ganz exakt hier darstellen.

Wir wollen 6 Millionen Euro zur besseren Ausstattung der Ganztagsschulen und Halbtagsschulen und da stehen auch diese Gelder zur Verfügung.

Oder 7 Millionen werden zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Schulsystems investiert und da gibt es eben die verschiedensten Maßnahmen: die Klassenleiterstunden an den Regionalen Schulen und Gesamtschulen in Klasse 5 bis 10, an den Gymnasien von 7 bis 10.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Für die Klassen 5 bis 9 gibt es die bereits, Herr Butzki. Das ist die Klassenleiterstunde für die Klasse 10. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

So, Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte, die überwiegend an der gymnasialen Oberstufe tätig sind und Öffnung der Schulleiterposition. Das haben wir auch schon alles diskutiert.

Und als Letztes hier von den großen Blöcken: 10 Mil- lionen für Inklusion, um auch die Schulabbrecher- quote durch mehr Vorlaufklassen – der Minister hatte es erklärt – an den Förderschulen deutlich zu reduzieren.

(Torsten Renz, CDU: Donnerwetter!)

In den letzten Wochen habe ich wirklich mit vielen Lehrerinnen und Lehrern, Referendarinnen und Referendaren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IQMV, Vertreterinnen und Vertretern der Schulaufsicht, verschiedenen Schulträgern, Elternvertreterinnen und -vertretern über dieses 50-Millionen-Euro-Paket diskutiert. Auch wenn es in einigen Unterpunkten unterschiedliche Auffassungen gibt, wurde dieses Programm wirklich als gut, solide und ausgewogen bewertet.

Natürlich kann man einige Punkte heraussuchen, wir haben es gestern diskutiert: Verbeamtung mit 40 oder 45? Aber die Ungerechtigkeiten werden Sie im Lehrerzimmer immer haben, ob die Grenze nun bei 40 eingezogen wird oder bei 45. Und bei Gesprächen – ich habe wirklich oft Kontakt mit Bildungspolitikern anderer Länder, auch mit verschiedenen Parteien – werden wirklich von den anderen Bundesländern, besonders von den östlichen, die Anstrengungen von Mecklenburg-Vorpommern im Bildungsbereich anerkannt, und die, denke ich, sind sehr hoch.