Protocol of the Session on November 14, 2013

Fraktionsintern haben wir uns Anfang des Jahres einmal mit dem Maßnahmendschungel im Übergangssystem befasst. Eine ganze Zahl von Beteiligten, unter anderem die Bundesagentur, die Jobcenter, das Land, die Kommunen, die Kammern und so weiter gemeinsam halten mehr als 50 Maßnahmen vor, um den Übergang Schule/Beruf zu sichern, und trotzdem gelingt das offensichtlich nur mit mäßigem Erfolg.

Ich kann mal einige Sachen aufzählen. Da wären dann JOBSTARTER, XENOS, Berufsberatung, Berufsorientierung, Berufsfrühorientierung, MINT-Spagat, Produktionsschulen, Kompetenzagenturen, BVB, BVJ, Einstiegsqualifizierung und so weiter und so fort.

Und an dieser Stelle will ich dann auch noch mal – auf den gestrigen Dringlichkeitsantrag „Erfolgreiche Arbeit der Produktionsschulen sichern – Produktionsschulkonzept nicht aushebeln“ hinweisend – davor warnen, unterschiedliche pädagogische Konzepte miteinander zu vermischen, denn die Produktionsschulen im Land sind deshalb erfolgreich, weil sie genau nach dem praxisorientierten Werkstattkonzept nach dänischem Vorbild arbeiten, wie sie es tun.

(Torsten Renz, CDU: Das ist richtig.)

Nun zu der Frage, wann kommt das Landeskonzept zum Übergang Schule/Beruf.

(Unruhe bei Andreas Butzki, SPD, Torsten Renz, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich glaube, alle Demokraten sind sich einig darüber, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Von daher sollte der Ministerpräsident das Parlament über seine Pläne zur weiteren Gestaltung des Übergangssystems auch zeitnah informieren.

Deshalb also auch unser Ergänzungsantrag, mit dem wir die Landesregierung auffordern, dem Landtag das Ergebnis der Arbeitsgruppe Schule/Beruf umgehend nach Abschluss der Arbeit und vor allen Dingen noch vor Aufstellung des neuen Landesarbeitsmarktprogramms zur

Beratung vorzulegen. Denn – das haben bisher alle Redner hier so gesagt und das ist unstrittig – die Frage der Optimierung des Übergangssystems ist ein Schwerpunkt und wird es sicherlich auch im neuen Landesarbeitsmarktprogramm sein. Eine Straffung und Vernetzung der unterschiedlichen Maßnahmen wird ebenso notwendig sein wie die stärkere Orientierung und Möglichkeit der Erlangung von ausbildungsrelevanten Teilabschlüssen. An der Stelle stimmen wir den Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN ausdrücklich zu.

Ich kann nicht auf alle Aspekte der Thematik eingehen, will aber noch einige Entwicklungen skizzieren. Die Europäische Kommission hat sich beispielsweise auf die Einführung einer Jugendgarantie verständigt und folgt damit den Empfehlungen des Rates aus dem Jahre 2012. Mit der Jugendgarantie soll jungen Menschen nach dem Verlust der Arbeit oder nach Verlassen der Schule eine hochwertige Arbeits- und Ausbildungsstelle angeboten werden.

Die Bundesregierung – und ich nehme an, auch die Landesregierung – geht davon aus, dass diese Zielstellung in Deutschland weitgehend erfüllt ist. Jedoch gibt es im SGB III lediglich den unbestimmten Vermittlungsauftrag an die Bundesagentur für Arbeit im Paragrafen 35. Im SGB II heißt es schon viel verbindlicher, ich darf das mal zitieren: „Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind unverzüglich nach Antragstellung auf Leistungen nach diesem Buch in eine Ausbildung oder Arbeit zu ver- mitteln.“

Die hohe Anzahl von Schul- und Ausbildungsabbrechern, Jugendlichen ohne Schul- und Berufsabschluss und die hohe Anzahl der arbeitslosen Erwachsenen bis 30 Jahre zeigen jedoch auch in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern den dringenden Handlungsbedarf. Und ich kann nur hoffen, dass sowohl die Landesregierung als auch die Koalitionsfraktionen das Problem nicht kleinreden oder gar meinen, ihre bisherige Politik und ein „Weiter so!“ würden das Problem schon lösen.

Ähnlich wie beim Thema Langzeitarbeitslosigkeit kann ich auch nur davor warnen, zu meinen, die Zahlen gehen erfreulich zurück und das Problem erledigt sich von selbst. In Deutschland fehlt es nach wie vor unter anderem an einem bedarfsgerechten Bildungssystem, an einer Ausbildungsplatzgarantie, an einer Umlagefinanzierung der Ausbildung und – da kommen wir ja dann nachher noch zu – an einer Mindestausbildungsvergütung. Und dabei sind wir noch nicht auf die Umsetzung des Deutschen Qualifikationsrahmens, kurz DQR, oder auf die Anerkennung nonformaler und informeller Kompetenzen und anderer relevanter Punkte bei der Berufsausbildung eingegangen.

Wovor ich aber ebenfalls warnen will, sind mögliche Bestrebungen, wie wir sie vonseiten der EU aus den vorangegangenen Jahren kennen, wonach die modulare Ausbildung am Ende nicht zur Berufsreife führt oder die Kosten dafür privatisiert werden.

Insgesamt enthält der Antrag, wie bereits gesagt, einige Unschärfen und er erfasst aus unserer Sicht nur unzureichend die grundsätzlichen Probleme in der Berufsbildung in Mecklenburg-Vorpommern und bundesweit.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig.)

Dennoch sagen wir, die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ein Teilschritt und können damit dazu beitragen, die Situation für die Jugendlichen, für die Unternehmen und für die öffentlichen Haushalte ein Stück zu verbessern.

(Torsten Renz, CDU: Das ist Wirrwarr.)

Deshalb stimmen wir mit unserer Ergänzung dem Antrag zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Nein, das können Sie nicht ernst meinen, Herr Foerster.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

(Torsten Renz, CDU: Na, so viel Wirrwarr, hoch und runter, da können Sie doch nicht zustimmen.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Frau Gajek, auch für mich waren Ihre Ausführungen zur Begründung doch ziemlich widersprüchlich.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aha!)

Und, Herr Foerster, vielen Dank, dass Sie uns mal den Förderdschungel, den Frau Gajek im Antrag ja so undifferenziert angesprochen hat, mal etwas weiter ausgeführt haben.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist doch bekannt.)

Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere der Begriff Modularisierung wird im europäischen Kontext im Zusammenhang mit Angriffen auf die duale Ausbildung in Deutschland verwendet

(Torsten Renz, CDU: So ist es.)

und soll zu einer europaweiten Harmonisierung der Ausbildung führen,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das analog zu dem in seinen Grundzielen als gescheitert anzusehenden Bologna-Prozess.

Der Antrag der GRÜNEN baut auf den Bundestagsanträgen „Mit DualPlus mehr Jugendlichen und Betrieben die Teilnahme an der dualen Ausbildung ermöglichen“ vom Mai letzten Jahres und dem Antrag „Bildungschancen im Lebenslauf verbessern – Berufliche Ausbildung stärken“ vom Mai dieses Jahres auf. Und die wiederum sind stark von den Arbeiten der Bertelsmann Stiftung beeinflusst.

Am bestehenden Arbeitsmarktprogramm der Landesregierung für die ESF-Förderperiode sind bereits Förderinstrumente zur Verbesserung der Ausbildungssituation implementiert. Über die Ausgestaltung der Maßnahmen in einem neuen Programm werden maßgeblich der Landesbeirat und die Regionalbeiräte zu beteiligen sein. Eine Festsetzung einzelner Programmpunkte vorab per

Landtagsbeschluss wäre in diesem System meiner Meinung nach nicht nur nicht sinnvoll, er würde vor allen Dingen auch immer die Zustimmung der außerpolitischen Kooperationspartner erfordern.

Sie lassen es auch offen, weshalb modellhafte Projekte zur Flexibilisierung ausgerechnet bei uns in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden sollen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Man kann doch auch mal in die Offensive gehen.)

weil wir doch im bundesweiten Vergleich die geringste Quote von Jugendlichen in Übergangssystemen überhaupt haben.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir reden hier ja auch über die duale Ausbildung in Ihrem Antrag, über Ausbildungen zu Berufen, die festgelegte Inhalte haben, Berufe, die zu Berufsbezeichnungen führen, die das Beherrschen dieser Inhalte voraussetzen. Die in den Ausbildungsordnungen festgelegte allgemeine Ausbildungsdauer soll es einem durchschnittlich begabten Auszubildenden ermöglichen, das Ausbildungsziel zu erreichen.

Und, Frau Gajek, ich will doch glauben, dass die Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern diese durchschnittliche Begabung mitbringen. Und genau das muss auch der Ansatz sein. Das haben meine Vorredner auch schon gesagt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja auch wichtig. Da sind wir uns doch einig.)

Unsere Schulabgänger müssen in der Lage sein, Berufsausbildungen erfolgreich zu starten und durchzuführen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber wenn jeder auf jeden wartet, kommen wir nie zu Potte.)

Sie müssen aber diese Ausbildungsreife haben und nicht nur das, sie müssen für sich auch die passgenauen Ausbildungen finden. Und ich glaube, da ist noch ein ganz erhöhter Bedarf.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Fragen Sie mal die aus der Kompetenzagentur!)

Viele Jugendliche fangen Ausbildungen an, die sie sich im Vornherein einfach ganz anders vorgestellt haben, und deswegen kommt es zwischenzeitlich auch zu Wechseln.

Was sind auch solche Berufsabschlüsse bundesweit wert, die ich hier in Mecklenburg-Vorpommern in einer fast doppelt so langen Zeit absolviere? Eine Verlängerung von bis zu zwei Jahren bei denselben Ausbildungsinhalten ist darüber hinaus ja auch eine sehr kostspielige Angelegenheit. Und bei einer dualen Ausbildung sind die Kosten ja auch in hohem Maße bei den Betrieben angesiedelt. Aber da Sie hier von modellhafter Erprobung sprechen, gehen Sie ja anscheinend davon aus, dass

das aus Landes- und EU-Mitteln finanziert wird und nicht über die Betriebe.

Sie haben uns hier ja auch Ihre Quelle, JOBSTARTER CONNECT, mit angegeben. Und wenn man da mal hineinguckt, was die Inhalte und die Anwendungsbereiche angeht, dann steht da zum Beispiel auch die Verbesserung des Übergangs von jugendlichen Altbewerberinnen und Altbewerbern in eine duale Ausbildung,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, wir haben doch immer von dualer Ausbildung gesprochen.)