Protocol of the Session on November 13, 2013

Ich kann Ihnen nur empfehlen, wer Interesse hat – es ist ja als E-Book auch im Netz –, sollte es sich anschauen. Das ist hier kein Papier für den Papierkorb oder für ir

gendein Regal, sondern das sind Handlungsmöglichkeiten, die wir jedenfalls aufgreifen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Der Minister hat die Redezeit um vier Minuten überzogen. Diese Zeit steht der Opposition zur Verfügung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die werden die auch brauchen bei dem Thema hier.)

Ich rufe nun auf die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 22. Oktober, nicht am 22. September, wie es im Antrag zu lesen ist, wenn auch der 22. September ein für die Bundesrepublik ganz bedeutsames Datum war,

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Ja.)

wurde der Status- und Entwicklungsbericht im Masterplanprozess Mensch und Land veröffentlicht. Hier wird heute ein Antrag von SPD und CDU vorgelegt, der den Eindruck erwecken soll, man könne nun in die Phase der Umsetzung eintreten, obwohl ja das zugehörige Dokument diesen Anspruch ausdrücklich nicht erhebt.

Es ist, wie schon gesagt, ein Status- und Entwicklungsbericht und diesen Titel trägt das Dokument aus gutem Grund, denn es kam im Herbst dieses Jahres zu erheblichen Turbulenzen in Bezug auf die Art und Weise der Zusammenarbeit in der Perspektivkommission. Ich hätte mir gewünscht, dass man sich kritisch und auch durchaus selbstkritisch mit dem vorläufigen Scheitern des Prozesses auseinandergesetzt hätte.

In Ihrem Antrag jedoch, meine Damen und Herren von der Koalition, ist mit keiner Silbe die Rede davon, dass ein wichtiger Teil der Akteure das vorliegende Dokument nicht mittragen konnte und an einem eigenen Bericht arbeitet,

(Minister Dr. Till Backhaus: Das stimmt einfach nicht, was Sie da erzählen. – Thomas Krüger, SPD: Das ist nicht wahr.)

nämlich die Umwelt- und Tierschutzverbände, die MichaelSuccow-Stiftung, die Evangelische Kirche und der Journalist Dr. Klaus Bednarz. Die Gründe für das vorläufige Scheitern des Masterplanprozesses sind dabei aus meiner Sicht gut nachvollziehbar und gravierend.

Jede fachlich und wissenschaftlich fundierte Arbeit, die ernst genommen werden soll, beginnt mit einer gründlichen Analyse der Istsituation. Diese vermisse nicht nur ich schmerzlich. Ich zitiere hier einmal einen Text der Umwelt- und Tierschutzverbände, der Kirche und von Klaus Bednarz aus dem Status- und Entwicklungsbericht, Seite 59, Zitat:

„Fazit zur Ableitung von Handlungsempfehlungen

Es ist sinnlos, über Zielzustände zu diskutieren, wenn die Meinungen über den aktuellen Status-quo bereits auseinandergehen.“ Zitatende.

Und weiter auf der gleichen Seite, Zitat: „Die unzureichende Differenzierung führte zu einer unzulässigen Vereinfachung und verleitete zu Schwarz-Weiß-Diskussionen und simplen Ja-Nein-Entscheidungen, wo differenzierte Antworten nötig und möglich gewesen wären.“ Zitatende.

Ja, meine Damen und Herren, hier stellt sich tatsächlich die Frage, wie soll man denn Handlungserzählungen ableiten – siehe Ihr Antrag –, wenn man vorhandene Probleme und Chancen nicht auflistet und analysiert. Von einem Masterplan erwarten wir GRÜNE mehr als einen Dialog zur Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft. Ein solcher Dialog ist selbstverständlich wichtig, aber, meine Damen und Herren, hat denn dieser vielfach postulierte, breite gesellschaftliche Dialog überhaupt schon stattgefunden?

Die Zahl der Teilnehmer am Internetdialog ist doch – vorsichtig formuliert – sehr überschaubar. Ich behaupte, dass die Mehrheit der Bevölkerung in MecklenburgVorpommern diese Plattform gar nicht kennt und sich daher auch nicht berufen fühlt, sich hier zu beteiligen. Und es reicht auch nicht aus, eine Internetplattform zu schaffen, denn wenn das berechtigte Gefühl vorherrscht, dass die dort kundgetanen Meinungsäußerungen sich in keiner Weise im Masterplan wiederfinden, tendiert die Motivation, sich hier einzubringen, schnell gegen null.

Unsere Fraktion erwartet von einem Masterplan, dass er einen Paradigmenwechsel einleitet, denn von der Notwendigkeit einer Agrarwende sind wir Bündnisgrünen zutiefst überzeugt. Was war denn eigentlich der Anlass, der zur Entscheidung führte, einen solchen Masterplan zu erarbeiten? Erinnern wir uns! Ich zitiere hier einmal Herrn Minister Backhaus, Zitat: „Mein Ziel ist, nachvollziehbar darzulegen, wie ein Landwirtschaftsbetrieb aussehen muss, der einerseits wirtschaftlich erfolgreich sein kann und zugleich den gewachsenen Ansprüchen an Klima und Umweltschutz entspricht und dessen Leistung von der Gesellschaft akzeptiert wird.“ Zitatende.

Dass dazu eine Expertenkommission gebildet wurde, in die neben dem Bauernverband Wissenschaftler, anerkannte Umwelt- und Tierschutzverbände, die Kirchen, Verbraucherschutzzentrale und Gewerkschaften einbezogen wurden, halten wir für einen guten Ansatz. Für vollkommen falsch halten wir allerdings den Wunsch, ein Konsenspapier zu erarbeiten. Von vornherein wurden viele strittige Punkte ausgeklammert. Verschiedene Auffassungen müssen innerhalb eines solchen Masterplanentwicklungsprozesses ausdiskutiert werden oder, wenn dies nicht gelingt, gleichberechtigt nebeneinandergestellt werden.

Auch hierzu ein Zitat aus dem Status- und Entwicklungsbericht, wo sich die Autorengruppe aus Umweltverbänden, Kirche und Journalismus ausdrücklich zum Konsens äußern, Seite 60, Zitat: „Es ist grundsätzlich zu hinterfragen, ob dieser Konsensanspruch angesichts der Komplexität des Themas und der Vielfalt der Meinungen tatsächlich immer erforderlich und zielführend ist.“ Und weiter: „Die Perspektivkommission ist“, eine Auslassung, „ein Expertengremium, in dem auf der Basis von Sachargumenten über mögliche Wege ‚gestritten‘ wird.“ Zitatende. „Unterschiedliche Auffassungen auf der Bewertungsebene sind dabei“, Entschuldigung, das Zitat setze ich fort: „Unterschiedliche Auffassungen auf der Bewertungsebene sind dabei häufig schlicht nicht auflösbar, da diese auf dahinterliegenden Werturteilen beruhen, die in

sich gut begründet sein können aber dennoch nicht von jedem zwingend geteilt werden müssen (Bsp.: Tierwohl und Verantwortung gegenüber Nutztieren). Diese Auffassungen können nicht Gegenstand von ‚Verhandlungen‘ sein. Es ist im Gegenzug vielmehr unproblematisch und bereichernd, diese gleichberechtigt nebeneinander stehen zu lassen.“ Zitatende.

In der Arbeit der Perspektivkommission wurden also viele Themen ausgespart, weil es angeblich Definitionsprobleme gibt, was beispielsweise unter Massentierhaltung, Tierwohl oder industrieller Landwirtschaft zu verstehen sei. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, wer, wenn nicht eine solche Perspektivkommission, könnte den Versuch starten, endlich verbindliche Definitionen zu formulieren?

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich denke, für ein Papier, das den Anspruch erhebt, als strategisches Papier als Grundlage für zukünftige gesetzgeberische Entscheidungen zu wirken, reicht der jeweils kleinste gemeinsame Nenner nicht aus. Der ist dann nämlich letztendlich so klein, dass es den ganzen Aufwand nicht lohnt. Am heutigen Tag den Landtag aufzufordern, aus dem vorliegenden Dokument Handlungsempfehlungen für das Land abzuleiten, obwohl klar ist, dass eine wesentliche Gruppe der Akteure zum Jahresende eine strukturierte Ausarbeitung zu Schwerpunktthemen in die Perspektivkommission einbringen wird, empfinden wir als Bündnisgrüne-Fraktion als Affront. Wir empfinden das als einen Affront gegenüber einer zentral wichtigen Gruppe von Akteuren, die in ihren Texten auf vielen Seiten nicht nur den Masterplanprozess bewertet, sondern auch einen konkreten Vorschlag macht, wie es weitergehen soll, wo die Mängel liegen und welche konkreten Maßnahmenvorschläge schon jetzt gemacht werden könnten, ohne immer wieder auf den noch anstehenden Forschungsbedarf hinzuweisen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal die Personen konkret benennen, die die zitierten Statements gezeichnet haben, eine Gruppe von Verbandsvertretern und -ver- treterinnen, die die Koalition mit dem vorliegenden Antrag ganz einfach negiert: der Journalist Dr. Klaus Bednarz, Professor Dr. Mathias Grünwald als Vorsitzender des BUND-Landesverbandes, Frau Kerstin Lenz, Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes in Mecklenburg-Vorpom- mern, Herr Stefan Schwill, der Vorsitzende des NABULandesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Professor Dr. Michael Succow von der Succow-Stiftung zum Schutz der Natur und Herr Markus Wiechert, der Beauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland beim Landtag und der Landesregierung von MecklenburgVorpommern.

Sind Sie, meine Damen und Herren der CDU und SPD, nicht auch der Auffassung, dass diese Verbände und diese Personen in unserem Mecklenburg-Vorpommern relevante Mitspieler im gesellschaftlichen Dialog darstellen? Aber ja, sonst wären sie ja nicht Mitglieder der Perspektivkommission, sonst wären sie dort nicht benannt worden. Andere Verbände, wie zum Beispiel die AbL, der Verein MiLaN, oder der Greifswalder Wissenschaftler Professor Klüter wurden erst gar nicht in die Kommission einbezogen. Es gab hier also bereits eine Feinsiebung.

Mein heutiges Fazit angesichts des Antrags: Sie folgen dem Motto „The show must go on“. Kritik und ein daraus folgender wirklicher Wandel darf nicht sein, es soll weiter

laufen wie bisher. Hier wird eine große Chance der Dialogkultur in Gefahr gebracht und die Motivation zu weiteren Dialogen beschädigt.

Um dem geschilderten Anspruch gerecht zu werden, stellen wir auf unserem Änderungsantrag mit der Nummer 6/2375 eine Alternative zur Verfügung mit folgendem Wortlaut: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, den partizipativen Prozess zur Erstellung eines Masterplans ‚Mensch und Land‘ unter Einbeziehung der Öffentlichkeit sowie der ‚Perspektivkommission Mensch und Land‘ fortzusetzen und bis Anfang Juli 2014 einen Masterplan zu erarbeiten, der auf Grundlage einer ehrlichen und transparenten Zustandsbeschreibung der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie der ländlichen Räume unseres Bundeslandes und auf Grundlage der dabei identifizierten Problemfelder konkrete Maßnahmevorschläge unterbreitet.“

Wir stimmen dabei den Änderungsvorschlägen aus der Fraktion DIE LINKE zu.

Noch eine Bemerkung zum Kollegen Krüger, der in der heutigen Pressemitteilung sagt, die Verbände seien ja an den Tisch zurückgekehrt. Nun ja, so ganz stimmt das nicht,

(Thomas Krüger, SPD: Was?)

was Sie hier in der Presse vermelden.

(Thomas Krüger, SPD: Was?)

Die Gruppe der Umweltverbände und Kirchen ist zwar an einen Tisch zurückgekehrt, aber nicht an den gleichen Tisch.

(Thomas Krüger, SPD: Doch, doch. – Minister Dr. Till Backhaus: Tisch ist Tisch. – Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Ja, und dann vielleicht noch eine Anmerkung zu den gerade gehörten Zahlen von Herrn Dr. Backhaus. Wir haben als GRÜNE immer wieder gefordert, die Verschiebung der Mittel von der ersten in die zweite Säule als Chance zu nutzen, den ländlichen Raum zu stärken, und haben darauf hingewiesen, dass die Kofinanzierung dort wegfällt. Mit den jetzt 4,5 Prozent stehen wir zwar nicht ganz mit leeren Händen da, aber, wenn man das jetzt mal überlegt, möglich gewesen wäre laut EUBeschlüssen, 15 Prozent von der ersten in die zweite Säule zu verschieben. Ich habe mich hier mehrmals schon dazu geäußert.

Wenn man sieht, dass jetzt statt der möglich gewesenen circa 300 Millionen Euro, die kofinanzierungsfrei in die zweite Säule hätten fließen können, nur 90 Millionen zur Verfügung stehen, dann weiß ich nicht, wo da ein Erfolg ist, wo doch gerade Herr Minister Backhaus dort auf den Konferenzen dafür gekämpft hat, möglichst wenig zu verschieben – so haben wir es jedenfalls im September in der Debatte hier in diesem Landtag gehört.

(Minister Dr. Till Backhaus: Was Sie so alles hören?!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Schütt von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition hat sich in der Koalitionsvereinbarung dahin gehend verständigt, dass ein breit angelegter Dialog zur nachhaltigen Entwicklung geführt wird, um einen Leitfaden für die Ausgestaltung einer nachhaltigen Umwelt und tiergerechten Land- und Ernährungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten.

Seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres arbeitet nunmehr die Perspektivkommission mit ausgewählten Experten aus allen Bereichen der Gesellschaft an der Erarbeitung des Masterplans Mensch und Land. Im Rahmen des Masterplanprozesses soll die strategische Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft für unser Land für die kommenden Jahre festgelegt werden. Ein solches Vorgehen ist neu und soll einen breiten gesellschaftlichen Konsens sichern.

Aktuell hat die Perspektivkommission ein Papier vorgelegt, welches den bisherigen Status darstellt. Insbesondere geht es hierbei um die Fragen, wie Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit im Land gesichert werden können, wie die Regionalität und das Marketing ausgebaut werden können, wie im Rahmen der Bildungsinitiative Mecklenburg-Vorpommern Wissen vermittelt und Forschung gestärkt werden können, wie Tier-, Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen nachhaltig gefördert werden können, wie die Lebensmittelsicherheit gewährleistet und die Transparenz für die Verbraucher erhöht werden können und letztendlich um die Frage, wie attraktives Leben auf dem Land gesichert werden kann.

Grundlage der Handlungsempfehlungen sind die Arbeit der Kommission und die Auswertung des Internetforums. Inwieweit dies ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellt, bleibt fraglich. Oft melden sich Betroffene, Interessierte oder Menschen aus dem urbanen Raum zu Wort. Der Großteil der Gesellschaft, gerade im ländlichen Raum, beteiligt sich an dieser Art der Politikgestaltung wenig oder gar nicht. Ich kenne in meinem Umfeld jedenfalls niemanden, der sich bisher beteiligt hat.

Meine Damen und Herren, insgesamt muss festgehalten werden, dass der Status- und Entwicklungsbericht im Masterplanprozess Mensch und Land zahlreiche Probleme und Chancen erörtert. Vor diesem Hintergrund ist es umso unverständlicher, dass Teile der Perspektivkommission die Arbeit des vergangenen Jahres infrage stellen. So monieren der BUND, der NABU, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Tierschutzverband den konsensorientierten Charakter des Entwurfs. Klar ist, dass die Neuausrichtung der künftigen Landwirtschaft in unserem Land eines gesellschaftlichen Konsenses bedarf. Maximalforderungen einzelner Verbände dürfen keine Berücksichtigung finden. Gerade der BUND und der Naturschutzbund müssen sich fragen lassen, inwieweit sie die wirtschaftliche Entwicklung des Landes durch Maximalforderungen infrage stellen.

Natur-, Tier- und Umweltschutz muss auch finanziert werden, hierfür bedarf es einer ausreichenden wirtschaftlichen Grundlage. So führte schon Klaus Töpfer aus, der größte Feind der Umwelt ist die Armut. Gerade vor dem Hintergrund, dass auch die Mitglieder der Perspektiv

kommission, die jetzt den Masterplan zu Fall bringen wollen, dem Papier am 30. Mai ihre Zustimmung erteilt haben, stellt sich die Frage nach der Verlässlichkeit.