Protocol of the Session on November 13, 2013

Diese Herausforderungen führten in der Vergangenheit in unserem Land zu Konflikten. Am deutlichsten treten diese zutage, wenn wir uns die gesellschaftlichen Positionen zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft und insbesondere hier in der Tierproduktion anschauen. Es gibt die einen, die von Massentierhaltung oder industrieller Landwirtschaft sprechen, es gibt die anderen, die von notwendiger Wertschöpfung und von Marktausrichtung sprechen.

Andere Herausforderungen sind auch da, werden heute aber bei Weitem noch nicht so intensiv, vor allem nicht so konträr diskutiert, jedenfalls nicht flächendeckend. Ich will mal als Beispiele nennen die Mobilität im ländlichen Raum oder fehlender Nachwuchs in den verschiedensten Berufsbereichen, insbesondere aber auch in den grünen Berufen.

Meine Damen und Herren, die Bedeutung der Perspektivkommission kann vor dem Hintergrund der gesell

schaftlichen Konflikte gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das erste Mal machten sich, breit aufgestellt, gesellschaftliche Kräfte an die Arbeit, um einen Weg zu definieren, wie Zukunft im ländlichen Raum von Mecklenburg-Vorpommern künftig organisiert werden kann. Die Kirchen, die grünen Verbände, Berufsverbände, und viele andere gesellschaftlich wichtige Organisationen und Personen waren dabei und ich bin Minister Backhaus dankbar dafür, dass er die Kommission einberufen hat. Sie ist notwendig, sie ist wertvoll und sie wird unser weiteres Handeln beeinflussen.

(Beifall Dr. Norbert Nieszery, SPD – Tilo Gundlack, SPD: Was ist nun los?)

Herzlichen Dank.

Ich habe als Ergebnis der Arbeit der Kommission nicht ein Papier vor Augen, mit dem wir hier für die nächsten 20 Jahre alle Herausforderungen und Konflikte lösen.

(Torsten Renz, CDU: Gilt das auch für die Koalitionsverhandlungen in Berlin?)

Das wird nicht möglich sein. Ich erwarte eher ein Papier, das einen Korridor beschreibt, auf dem wir uns in der Politik bewegen sollten. Ich erwarte ein Papier, in dem deutlich wird, dass alle am Prozess Beteiligten Kompromisse gesucht haben.

Kompromisse suchen heißt aber eben nicht immer zwangsläufig, dass eine 100-prozentige Übereinstimmung erreicht werden kann. Kompromisse suchen heißt aber, sich anzunähern, und für uns heißt das Ergebnis der Suche dann, einen verengten politischen Korridor zu haben, auf dem wir uns bewegen können, auf dem wir unsere Aufgaben entsprechend lösen können.

(Torsten Renz, CDU: Gilt das auch für die Koalitionsverhandlungen in Berlin?)

Noch einmal, meine Damen und Herren, es ist das erste Mal, dass alle wichtigen gesellschaftlichen Kräfte, die in den ländlichen Räumen arbeiten, zusammenkommen, also ein gesellschaftlich ganz wichtiger Prozess.

Wie wichtig und breit aufgestellt dieser Prozess ist, sieht man auch an den Reaktionen hier im Landtag. LINKE, Christdemokraten und Sozialdemokraten waren sich, als die Verhandlungen der Perspektivkommission zu scheitern drohten, einig, dass wir gemeinsam die Mitglieder der Kommission bitten wollen, wieder an den Verhandlungstisch zu kommen. Einen offenen Brief haben Frau Schlupp, Professor Tack und ich dazu unterzeichnet. – Wie gesagt, es war lediglich die Bitte, weiter im Gespräch zu bleiben.

Die GRÜNEN haben sich dieser Bitte nicht angeschlossen. Für die GRÜNEN, muss ich mutmaßen, scheint dieser breit angelegte gesellschaftliche Dialog nicht so wichtig zu sein.

(Heiterkeit bei Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist aber eine Fehleinschätzung.)

Das ist zumindest das, was ich aufnehme.

(Vincent Kokert, CDU: Den Eindruck habe ich auch. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ist aber gut hergeleitet.)

Wenn Sie sagen, dass das eine Fehleinschätzung ist, dann haben Sie jetzt gleich die Möglichkeit, das klarzustellen,

(Vincent Kokert, CDU: Kümmern sich nur um die Frösche, nicht um die Menschen.)

denn, Herr Fraktionsvorsitzender, ich will gerne aus Ihrer Pressemitteilung zitieren. Sie haben in einer Pressemitteilung geschrieben, Zitat: Die umfangreichen personellen und finanziellen Ressourcen, die haben Sie kritisiert in Ihrer Pressemitteilung. Ich habe da nichts von begrüßen gesehen, von gutem Prozess oder Ähnlichem. Zudem haben Sie eine Kleine Anfrage zu den Kosten gemacht. Ich finde, deutlicher kann man nicht machen, dass man diesen Prozess eigentlich gar nicht will.

Die Frage ist aber: Wenn man diesen Prozess eigentlich gar nicht will, was will man dann? Vielleicht den Konflikt? Da stellt sich wiederum die Frage: Warum wollen Sie vielleicht einen Konflikt?

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Keine Scheindebatte, die am eigentlichen Thema vorbeigeht, Herr Krüger.)

Aber ich will mich in dieser Debatte im Moment noch gar nicht dazu äußern. Wir haben ja eine zweite Möglichkeit, wo Sie vorher reden können.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können gleich nach vorne kommen und dann werde ich Ihnen antworten. Ich habe ja inzwischen auch Ihre Pressemitteilung gelesen. Auch da bietet sich einiges an, was man noch machen kann. Die ist gespickt sowohl von falschen Behauptungen als auch von Dingen, die mich sehr irritieren.

(Vincent Kokert, CDU: Nee, das kann ich mir bei den GRÜNEN nicht vorstellen.)

So, meine Damen und Herren, kann man natürlich nicht zu einem Konsens kommen und so kann man auch kein Land regieren.

(Vincent Kokert, CDU: Machen sie ja nicht. Gott sei Dank!)

Wir brauchen am Ende Kompromisse, wir brauchen den gemeinsamen Dialog. Aber, wie gesagt, Sie haben die Möglichkeit, hier dazu noch Stellung zu nehmen.

Meine Damen und Herren, die Zwischenergebnisse liegen uns nun vor. Wir wollen daher, dass die Landesregierung prüft, welche Vorschläge wie umgesetzt werden können. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie nach der Prüfung im Agrarausschuss berichtet.

Für die Sozialdemokraten kann ich daher abschließend sagen: Wir begrüßen, dass sich wichtige gesellschaftliche Kräfte bereit erklärt haben, gemeinsam den Dialog zur weiteren Entwicklung der ländlichen Räume zu führen. Uns ist bewusst, dass es sich hierbei um einen

schwierigen Prozess handelt, der von allen Seiten Kompromissbereitschaft erfordert. Umso wichtiger wäre es gewesen, wenn die demokratischen Parteien diesen Prozess geschlossen gestützt hätten.

Wir danken ausdrücklich den GRÜNEN-Verbänden, dass sie in Verantwortung für unser Land wieder an den Verhandlungstisch zurückgekehrt sind. Wir wissen, dass das für die GRÜNEN-Verbände kein leichter Schritt war.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir danken allen, die am Dialog mitgewirkt haben, um Kompromisse gerungen haben, und wir danken insbesondere Professor Metelmann, der durch seine zielstrebige und ausgleichende Art viel zum Zustandekommen des bisherigen Ergebnisses beigetragen hat, und wir befürworten,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass die Kommission ihre Arbeit fortsetzt. – Besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Professor Dr. Tack.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Der besondere Wert dieses Prozesses besteht … darin, dass sich erstmals in MV Vertreter verschiedenster gesellschaftlicher Gruppierungen, wie Landwirte, Vertreter von Umwelt- und Tierschutzverbänden, der Kirche, des Lebensmittelhandels, der Lebensmittelwirtschaft, der Wissenschaft, des Verbraucherschutzes … an einem Tisch zusammen gefunden haben, um sich gemeinsam Gedanken über die Zukunft der wichtigsten Branche unseres Landes, der Land- und Ernährungswirtschaft, zu machen.“ So schreiben meine Kollegen aus dem LeibnizInstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf, die mit an diesem Tisch saßen. Der Vorstand ist bekannterweise Professor Dr. Manfred Schwerin.

Diese Wertung unterstütze ich vollinhaltlich, da sie Geleistetes würdigt und noch zu Leistendes aufzeigt. Aus den Stellungnahmen der LINKEN und meinem persönlichen Wirken konnten Sie und die Öffentlichkeit bisher erkennen, dass wir diesen Masterplanprozess in seiner Suche zur politischen Lösung gesellschaftlicher Konflikte in der Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume aktiv unterstützen.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden das auch weiterhin tun, denn der gesellschaftliche Dialog über die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Entwicklung der Land- und Ernährungswirt

schaft sowie des ländlichen Raumes ist nötig, und das nicht nur in unserem Bundesland. Für uns ist dieser Masterplanprozess ein wichtiger Teil der Zukunftsdebatte zur Gesamtentwicklung unseres Landes und muss gerade deshalb weitergeführt werden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich hätte mich sehr gefreut, wenn der Titel Ihres Antrages nicht nur „Masterplanprozess Mensch und Land“ heißen würde, sondern vielleicht „Masterplanprozess Mensch und Land weiterführen“. Damit wäre er etwas ambitionierter und würde den klaren Willen der Demokraten zur Fortführung dieses wichtigen Prozesses deutlicher werden lassen, den die Linksfraktion, wie ich das bereits gesagt habe, sehr unterstützt. Wir haben Ihnen deshalb einen entsprechenden Änderungsantrag dazu vorgelegt, auf den ich noch zurückkommen werde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, MecklenburgVorpommern ist mit diesem Prozess das erste Bundesland, das diesen – wie der Statusbericht und der Prozess bis hierher zeigen – ausgesprochen schwierigen Weg gegangen ist und nach unserem Willen auch weitergehen soll. Ich danke auch von dieser Stelle – an anderer Stelle habe ich das bereits getan – allen am Prozess Beteiligten für ihre Arbeit und vor allem für die Bereitschaft, sich mit zum Teil gegensätzlichen Auffassungen sachlich auseinanderzusetzen und zu versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden. Besonders danke ich dem Vorsitzenden der Perspektivkommission, Kollegen Professor Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann.

(Beifall Thomas Krüger, SPD)

Nur ein Masterplan im Konsens von allen am Prozess Beteiligten wird uns am besten voranbringen. Zwei oder vielleicht auch mehrere Masterpläne zur Zukunft der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft sowie der ländlichen Räume können überhaupt nicht weiterhelfen und machen diesen Prozess eventuell sogar zunichte.