Protocol of the Session on December 14, 2011

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Möglichkeit zur Teilhabe und zur Mitgestaltung unserer demokratisch verfassten Gesellschaft gehört für mich zu den zentralen Herausforderungen und Aufgaben, denen sich Regierung und Landtag in den nächsten fünf Jahren stellen müssen. Ich freue mich sehr und ich begrüße außerordentlich, dass nicht nur die Reaktion der Abkehr und des Abwendens, von der ich gerade gesprochen habe, zu verzeichnen ist, sondern dass sich gleichzeitig immer mehr Menschen engagieren und auch öffentlich ihre Forderungen deutlich machen.

Es war richtig und gut, dass die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Protest verhindert haben, dass die Planungen eines Steinkohlekraftwerkes in Lubmin umgesetzt werden konnten, das sah ja lange Zeit nicht so aus. Und ich finde, es ist auch lobend zu erwähnen, wenn eine Landesregierung ihre Position – auch unter dem Eindruck derartiger Prozesse – verändert.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Renz, CDU: Ich find das schade, ich find das schade.)

Es müssen ja nicht alle Teile der Landesregierung sein,

(Torsten Renz, CDU: Ich bin ja gar nicht Mitglied der Landesregierung.)

und es gibt ja auch welche, die trotz guter Argumente nicht in ihrer Argumentation umkehren.

Es war richtig und gut, dass viele ihrem Protest Ausdruck gegeben haben, dass die Castortransporte – das finden Sie wahrscheinlich auch nicht gut – nach Lubmin rollten. Viele Menschen,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

viele Menschen, Herr Kokert,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

in der Region um das Atommüllzwischenlager Nord haben damit deutlich zum Ausdruck gebracht,

(Vincent Kokert, CDU: So kommen wir mit dem Land voran! Vorwärts!)

wir wollen nicht, dass in Lubmin noch mehr Atommüll für eine noch längere Zeit gelagert und behandelt wird. Ich hoffe, Herr Kokert, das nehmen Sie ernst.

(Vincent Kokert, CDU: Sehr ernst.)

Der Innenminister hat das ja schon getan.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war richtig und gut, dass sich viele Menschen ge- gen die agrogentechnischen Experimente gewandt und deutlich gemacht haben: Wir wollen keine genmanipulierten Pflanzen und Lebensmittel in Mecklenburg-Vorpom- mern!

Es ist richtig und gut, dass die Menschen überall dort, wo Tierfabriken geplant und gebaut werden, auf die Straße gehen und deutlich machen – da fehlte mir übrigens eine Passage in der Regierungserklärung –: Wir wollen keine Massentierhaltung, wir wollen eine artgerechte Tierhaltung, die den Tieren gerecht wird.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist sehr vernünftig, was Sie da sagen.)

Ich begrüße deshalb sehr und ausdrücklich, dass dies heute Demonstranten vor einem Landtag mit einer Kundgebung deutlich machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Burkhard Lenz, CDU)

Und, sehr geehrte Damen und Herren, es ist richtig und gut, dass die Bürgerinnen und Bürger, die im Umfeld der Sondermülldeponie Ihlenberg leben, inzwischen mehrfach mit Protesten vor der Staatskanzlei deutlich gemacht haben, dass sie nicht bereit sind, die Risiken der geplanten Transporte aus Wunstorf zu tragen. Da hat sich schon etwas bewegt bei der Landesregierung, das begrüße ich auch ausdrücklich. Tun Sie jetzt die nächsten Schritte, um gefahrvolle Transporte zu vermeiden!

Es ist richtig und gut, dass so viele Menschen innerhalb kurzer Zeit die Volksinitiative für die Theater und Orchester in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt haben – es ging ja unter anderem auf die Initiative der LINKEN zurück, wir begrüßen das ausdrücklich –, und dass am kommenden Freitag die Kulturschaffenden und die Gewerkschaften vor dem Landtag deutlich machen werden, dass sie mit der Kulturpolitik dieser Landesregierung nicht einverstanden sind

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

und ein politisches Bekenntnis für die Theater und Orchester engagiert einfordern. Auch das unterstützen wir ausdrücklich.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, dies sind nur einige Beispiele für Bürgerengagement und Bürgerprotest. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich so viele Menschen einmischen und einbringen und für ihre Belange einsetzen. Ich glaube, jeder, jede demokratische Fraktion, sollte dies ausdrücklich begrüßen. Diese Menschen fordern vor allem eines: Sie wollen mit ihren Anliegen ernst genommen werden. Sie wollen gehört werden und sie wollen, dass ihre Argumente in die politische Entscheidungsfindung einfließen. Sie fordern eben jene Politik des Zuhörens, die Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg zur Leitlinie des politischen Handels der grün-roten Regierung gemacht hat.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, wie bei Stuttgart 21. – Unruhe vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und ich habe mich gefreut, dass auch der Ministerpräsident der Regierungskoalition, Herr Kokert, auf diesen Aspekt besonders eingegangen ist. Dies müsste aus meiner Sicht die zentrale Leitlinie einer verantwortungsvollen Landespolitik sein.

Darum, sehr geehrte Damen und Herren, werden wir streiten und vor allem werden wir Sie hier fordern. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion Herr Kokert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben als CDUFraktion gestern schon gesagt, das wird eine Landtagssitzung voller Überraschungen, und ich glaube, das ist sie bis jetzt auch geworden. Ich will zuerst die positive Überraschung nennen:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir danken Ihnen – auch im Namen meiner Fraktion will ich das tun – für Ihre Regierungserklärung. Sie hat die Erwartungen, die wir in Sie gesetzt haben, voll erfüllt.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD – Michael Andrejewski, NPD: Schleimen Sie nicht so rum! – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin mir sicher, gemeinsam mit der Fraktion der CDU, dass wir einen guten Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht haben und das bildet eine gute Grundlage für die gute Zusammenarbeit in den nächsten fünf Jahren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Gestatten Sie mir, den ersten Teil meiner Antwort auf die eben gehörte Regierungserklärung unter die Überschrift „Freiheit, Verantwortung und Subsidiarität“ zu stellen. Diese drei Begriffe prägen nicht nur das Wertebild der CDU, sie sind das Fundament für unsere Arbeit in der 6. Legislaturperiode.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind dazu aufgerufen, die Freiheit, die die Menschen in unserem Land 1989 erkämpft haben, zu verteidigen, zu gestalten und natürlich auch auszubauen!

Ich gehöre zu der Generation, die mit der 1989 errungenen Freiheit aufwuchs, einer Generation, für die vieles, was für die damalige Generation nicht galt, selbstverständlich ist. Die Menschen in unserem Land profitieren von einem leistungsfähigen Bildungssystem, bei welchem Auslandsaufenthalte schon fast selbstverständlich sind. Die Menschen in unserem Land profitieren von offenen Arbeitsmärkten, die Erfahrungen in anderen Ländern ermöglichen. Die Menschen profitieren von offenen Grenzen, einem in Freiheit und Frieden vereinten Europa, und ich sage auch am heutigen Tag ganz bewusst, von einer gemeinsamen Währung in Europa.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja. – Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Die Aufgabe des Landes ist es mitzuhelfen, dass nicht nur eine kleine Schicht, sondern alle diese Chance nutzen können. Mir ist es wichtig, dass wir als Staat helfen, dass die Menschen in unserem Land die Freiheit positiv erleben. Dafür haben wir mit dem Koalitionsvertrag in vielen Bereichen die Weichen gestellt. Wir sind politisch aktiv, weil wir Verantwortung übernehmen wollen und bereit sind anzupacken. Für die CDU hieß das, insbesondere auch nach einem schwierigen Wahlergebnis, das Handtuch nicht in die Ecke zu werfen, sondern uns den Aufgaben zu stellen.

Die CDU ist die zweitstärkste Fraktion im Landtag, wir sind kleiner geworden, wir wissen das. Für uns war der 4. September auch schmerzhaft, da gibt es über

haupt keine zwei Meinungen. Wichtig ist aber auch, dass die Bürger des Landes nicht den politischen Wechsel gewählt haben. In allen Umfragen haben die Menschen ganz klar gesagt, wir wollen weiter die Große Koalition, wir sind mit der Arbeit der Regierung zufrieden.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir uns der Verantwortung gestellt. Deshalb sind wir nicht weggelaufen, deshalb haben wir nicht so wie die LINKEN in den bequemen Oppositionsstühlen Platz genommen, deshalb haben wir nach ernsthaften und intensiven Koalitionsgesprächen eine Vereinbarung mit der SPD geschlossen und uns auf eine gemeinsame Regierung verständigt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Man kann sich seine Welt auch zurechtbasteln, Herr Kokert. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch sagen, die SPD hat gut daran getan, sich für eine Fortsetzung der erfolgreichen Koalition und damit für die Zukunft zu entscheiden. Die Zusammenarbeit in den letzten fünf Jahren ist gut gewesen und, meine sehr geehrten Damen und Herren, daran wollen wir auch anschließen.

Zur Freiheit und Verantwortung gehört Subsidiarität. Subsidiarität bedeutet in diesem Kontext, dass wir die Menschen nicht bevormunden, sondern dem Einzelnen Entfaltungsmöglichkeiten lassen. Es bedeutet aber auch, dass wir dort zur Stelle sind, wo Menschen Hilfe brauchen oder überfordert sind.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ha, ha!)

Der Staat soll auf der obersten Ebene nur das regeln, was von der unteren Ebene nicht gewährleistet werden kann, oder anders gesagt, der Staat soll sich nicht um Probleme kümmern, die von den Bürgern selbst gelöst werden können.