(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Bei den Hubschraubern vielleicht, ansonsten nicht. – Zuruf von Minister Harry Glawe)
Herausgekommen ist dabei folglich in der praktischen Umsetzung, wie so oft in dieser Koalition, ein fauler Kompromiss.
Sie haben zwar, und das mit unserer Unterstützung, den Mindestlohn für Landesaufträge beschlossen, aber Sie haben sich davor gedrückt, verbindliche Regelungen auch für die Kommunen im Gesetz festzuschreiben,
und zwar, weil Sie eine entsprechende Untersetzung im Haushalt scheuten. Und auch das schreibt sich hier im neuen Doppelhaushalt fort. Die Folge ist diesbezüglich ein kommunaler Flickenteppich. In einer Gemeinde gilt der Mindestlohn, in der anderen nicht. Die von der Landesregierung ebenfalls angekündigten dringend notwendigen Initiativen zur Schaffung eines flächendeckenden Mindestlohns auf gleichem Niveau in Ost und West bleiben im Ankündigungsmodus stecken. Das ist übrigens auch nicht verwunderlich, wenn der eine Koalitionspartner etwas will und der andere dies nur gezwungenermaßen tut.
Und so, meine Damen und Herren, wird sich bei diesem wichtigen Thema nur etwas bewegen, wenn sich die Mehrheitsverhältnisse auf Bundesebene verändern,
denn diese Koalition hier in Mecklenburg-Vorpommern ist bei diesem wichtigen Thema Mindestlohn schon frühzeitig an den Grenzen ihrer Möglichkeiten angekommen.
Zum damals angekündigten zweiten Schwerpunkt, demografischer Wandel: „Öffentliche Daseinsvorsorge“ war hier das zentrale Stichwort. Die Landesregierung kündigte seinerzeit an, es müssten neue Formen des öffentlichen Nahverkehrs entwickelt werden. Was darunter zu verstehen ist, ist inzwischen vor allem den Bürgerinnen und Bürgern im ländlichen Raum klar.
Wir sind nach knapp zwei Jahren mitten in einer Kürzungsorgie für die Bahnanbindungen im ländlichen Raum. Bahnstrecken werden gestrichen, Angebote gekürzt beziehungsweise ausgedünnt oder durch viel weniger attraktive Busangebote ersetzt. Wenn das die damals angekündigte Entwicklung neuer Formen des öffentlichen Nahverkehrs ist, na dann, meine Damen und Herren, gute Nacht! Denn dies bedeutet einen weiteren Schritt zum Rückzug der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem ländlichen Raum. Zumindest dem Entwurf des Doppelhaushaltes 2014/15 ist nicht zu entnehmen, dass die Landesregierung hier eine Kursänderung vornehmen will.
Diese Entwicklung ist auch deshalb fatal, weil sich viele Menschen im ländlichen Raum inzwischen alleingelassen fühlen, weil sie mit Unverständnis, Enttäuschung und Verärgerung zur Kenntnis nehmen, dass der schrittweise Rückzug der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem ländlichen Raum durch die Landesregierung fortgesetzt wird. Ein bezeichnendes Beispiel für dieses fatale Handeln der Landesregierung ist in dem Zusammenhang auch die sogenannte Gerichtsstrukturreform. Wir werden dies ja im Rahmen der Landtagsdebatte und der Landtagswoche noch debattieren. Wieder soll eine Reduzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge erfolgen und wieder sind gerade die ländlichen Bereiche betroffen, die ohnehin schon mit erheblichen sozialen Problemen zu kämpfen haben. Und wieder ist auch dies ein Politikfeld, in dem die Vorstellungen der Koalitionspartner nun gar nicht zueinander passen.
Wenn dann die eine Seite der Koalition – aus meiner Sicht unter Missachtung jeglicher Vernunftargumente – durchzieht und den Koalitionspartner mit all seinen Bedenken im Regen stehen lässt, dann trägt auch dies sicher nicht zu einem guten Koalitionsklima bei.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da machen Sie sich mal keine Sorgen, Herr Saalfeld! – Vincent Kokert, CDU: Schön, dass Sie besorgt sind.)
Ich halte es für unmöglich, aus einer derartigen Stimmung heraus, entschlossen und gemeinsam den Weg zu einer Zukunft aus eigener Kraft zu beschreiten, wie es sich die Koalition aus SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt hatte.
Oder wenden wir uns dem Bildungsbereich zu – ebenfalls ein weiterer Schwerpunkt auf der Agenda der Lan
desregierung. Seinerzeit wurde angekündigt, man setze auf bessere Organisation und mehr Dialog. Die Umsetzung der Selbstständigen Schule und die Stärkung des Lehrerberufes seien wichtige Aufgabenfelder. Lehrer und Eltern sollten stärker beteiligt werden. Die Landesregierung wollte ihnen die Möglichkeit geben, ihre Überlegungen einzubringen und ihre Meinungen zu äußern. Mir scheint allerdings, dass Sie Ihren Ankündigungen von damals bisher noch nicht viele Taten haben folgen lassen.
Dabei begrüßen wir ohne Wenn und Aber eine finanzielle Schwerpunktsetzung zugunsten der Bildung im Haushalt 2014/2015. Die Planungen haben jedoch erheblich Schlagseite. So finden wir es natürlich richtig, dass die Lehrerinnen und Lehrer an Regionalen Schulen künftig ebenso bezahlt werden wie Lehrkräfte an Gymnasien. Warum das für ihre Kolleginnen und Kollegen an Grundschulen und Förderschulen nicht gelten soll, ist dagegen nicht nachvollziehbar und erweckt den Eindruck einer Zweiklassengesellschaft. Und dies ist fatal für die Entwicklung eines funktionierenden Bildungssystems.
Immerhin, immerhin fehlen gerade an Förder- und Grundschulen schon jetzt die meisten Fachkräfte. Das geht sogar noch weiter, denn Sie lassen die Schwächeren in unserer Gesellschaft einfach im Regen stehen. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Schon jetzt sinkt die sonderpädagogische Förderung im gemeinsamen Unterricht von Behinderten und Nichtbehinderten von Jahr zu Jahr. Es geht also genau in die falsche Richtung.
Inzwischen stehen pro Schülerin oder Schüler nicht einmal mehr 0,7 Lehrerwochenstunden zusätzlich zur Verfügung. Ihre eigene Verordnung sieht eine Lehrerwochenstunde vor. Die vom Bildungsminister eingesetzte Expertenkommission forderte sogar drei Stunden.
Seit Jahren geht diese Bildungspolitik auf Kosten der Schwächsten und dieser Haushaltsentwurf liefert hier kaum Verbesserungen. Stattdessen setzt die Landesregierung dort, wo inklusive Beschulung zum Beispiel schon sehr gut funktioniert – und da wird mir ja wahrscheinlich die CDU recht geben –, den Rotstift an, nämlich bei den Schulen in freier Trägerschaft. Hier sollen in den nächsten Jahren mehrere Millionen Euro eingespart werden. Der Rückzug auf angebliche juristische Vorgaben ist dabei meines Erachtens scheinheilig,
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Vincent Kokert, CDU)
denn die Landesregierung hätte die aktuelle Förderung der freien Schulen auch problemlos ohne Kürzungen rechtskonform gestalten können. Sie gefährden hier dagegen ohne Not bestehende Schulen und Berufsschulen.
Auch hier wird die Zerrissenheit der Landesregierung deutlich. Während der eine Koalitionspartner – aus welcher Motivation auch immer – die freien Schulen mehr und mehr beschneiden will, versucht der andere Koalitionspartner, genau dies zu verhindern. Das sind keine guten Bedingungen für ein gut funktionierendes Bildungssystem, meine Damen und Herren.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Machen Sie sich doch darum keine Sorgen! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich in diesem Zusammenhang noch einem weiteren Zukunftsthema widmen. Dies betrifft die Frage, ob wir unser Bundesland für junge Menschen attraktiver machen können. Ich empfinde dabei die von uns allen gemeinsam unterstützte Initiative „Jugend im Landtag“ als sehr hilfreich, weil sie eindringliche Eindrücke vermittelt zur Frage, was für junge Menschen wichtig ist und was die Anforderungen junger Menschen an die Politik sind.
Sie wissen, dass wir in diesem Zusammenhang seit etlichen Monaten, ja, fast schon Jahren die Einführung des Wahlalters ab 16 für Landtagswahlen debattieren. Leider steht hier eine weitere wichtige Entscheidung an, zu der sich die CDU und SPD nicht einig sind. Auch hier knirscht es im Koalitionsgebälk. Und ich wage an diesem Beispiel zu unterstellen, dass junge Menschen, die diesen Entscheidungsprozess beobachten und begleiten, kaum verstehen, dass ihnen ihre Wahlmöglichkeit ab 16 versagt werden soll, obwohl eine deutliche, aus drei Fraktionen bestehende Mehrheit des Landtages dies eigentlich befürworten würde und nur die CDU das hier blockiert.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jetzt mal ohne Quatsch: Und das rettet dann die Welt in diesem Haushalt, oder wie?! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
Sehr geehrte Damen und Herren, die Bilanz der Landesregierung nach knapp zwei Jahren ist ernüchternd und mir fehlt hier wirklich auch die Zeit
Aber ich will Ihnen nicht ersparen, noch einige aus meiner Sicht wichtige Politikfelder zu benennen, die mich sorgenvoll auf die nächsten drei Jahre blicken lassen und bei denen ich wenig zuversichtlich bin.
(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Die Hubschrauber! Hubschrauber!)
Ich weiß, Sie sind alle schon ganz aufgeregt. Ich kann Ihnen versprechen, es wird etwas dazu kommen.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aus den zwei Hubschraubern holt er also Deckung! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)
Diese Landesregierung wird es ob ihres zerrütteten Zustandes nicht schaffen, die dahinter stehenden Probleme konstruktiv und vor allem im Interesse des Landes zu lösen. Ich habe große Sorge um die Theater und Orchester, denn auch hier ist der Kurs der Landesregierung auf Konfrontation ausgerichtet. Wenn Sie so weitermachen, dann laufen wir Gefahr, die Kultur in unserem Land nachhaltig zu schädigen.
Ich mache mir Sorgen darum, dass wir zu einem Bundesland verkommen, das mit industriellen Großtierhaltungsanlagen assoziiert wird,
weil die Landesregierung nicht den Schneid hat oder es vielleicht auch gar nicht will, den permanenten Zuwachs sogenannter Massentierhaltungsanlagen zu begrenzen und dazu ihre politischen Möglichkeiten auszunutzen.
(Heinz Müller, SPD: Wir haken jetzt mal Ihre Anträge der heutigen Sitzung ab, nicht, dass Sie einen vergessen.)