Protocol of the Session on June 20, 2013

DGB, fairwork e. V. und auch die Interessengemeinschaft der Freien Zusammenschlüsse von StudentInnenschaften gehen davon aus, dass ein Unternehmen nach drei Monaten Praktikum an und für sich in der Lage sein müsste zu beurteilen, ob es einem Praktikanten ein Übernahme- oder Arbeitsangebot unterbreitet oder nicht. Und alle drei fordern – ähnlich wie meine Fraktion mit dem heutigen Antrag –, Praktika im BGB gesetzlich als Lernverhältnis zu definieren, um eben gerade klarzustellen, dass sie vordergründig dem Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen dienen sollen. Und dabei geht es darum, Praktika besser von regulären Beschäftigungsverhältnissen abgrenzen zu können.

Zusammengefasst kann man also Folgendes festhalten: Um die Situation von Berufseinsteigern im Land objektiv beurteilen zu können, brauchen wir zunächst eine solide Datenbasis. Vorschläge habe ich Ihnen unterbreitet. Und den Rest der Diskussion können wir dann in der Debatte weiterführen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Foerster, für die Einbringungsrede.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart.

(Zurufe aus dem Plenum: Oh!)

War das eine Kritik?

(allgemeine Unruhe)

Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Arbeitsministerin Manuela

Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich teile die Einschätzung von Herrn Abgeordneten Foerster zur Situation und Schwierigkeit der Praktika. Es ist sicherlich unbestritten, dass Praktika helfen können. Ich hatte selber gerade eine junge Praktikantin, die dann jetzt erst ins Studium gehen will. Und da ist es einfach natürlich eine schöne Gelegenheit für junge Menschen, in Berufe reinzuschnuppern. Aber wenn es am Ende so läuft – und das ist Realität, nicht nur in unserem Land, sondern deutschlandweit –, dass junge Menschen trotz guten Schulabschlusses, trotz Ausbildung, trotz Studium und schon Auslandspraktika, all dem, was andere verlangen, immer wieder sich nur durchhangeln von Praktikum zu Praktikum, dann muss dieser Ausuferung der Riegel vorgeschoben werden.

Und deshalb ist das, was Herr Foerster hier skizziert hat, richtig. Und es ist auch richtig, dass hier die Praktika wieder neu geregelt werden müssen. Diese und weitere Forderungen sind im Übrigen auch Inhalt eines Beschlusses, den die Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Novem- ber 2012 in Hannover gefasst hat. Und auch die Entschließung „Gute Arbeit – Zukunftsfähige und faire Arbeitspolitik gestalten“, die der Bundesrat Anfang Mai gefasst hat, geht auf die Thematik ein und fordert die Unterbindung des Missbrauchs von Praktikantenverträgen.

Wo Praktika nicht überwiegend Ausbildungszwecken dienen, sondern Arbeitsleistung erbracht wird, muss den Betroffenen die Durchsetzung ihrer Lohn- und sonstigen arbeitsrechtlichen Ansprüche erleichtert werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, hier geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Also, der Bundesrat hat den ASMK-Beschluss umgesetzt und nun ist die Bundesregierung am Zug.

Und auch die Europäische Kommission beschäftigt sich mit dem Thema „Mängel bei der Praktikumsqualität in den Mitgliedsstaaten“ und arbeitet an einem sogenannten Qualitätsrahmen für Praktika. Hier wurde im Dezember 2012 eine zweite Phase der Anhörung der Sozialpartner eingeleitet.

Das Problem ist also erkannt. Nun kommt es darauf an, die Praktika so zu regulieren, dass Missbrauch unterbunden wird, aber ohne dass das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Es geht sicherlich darum, hier eine gute Regelung zu finden. Ich unterstütze das also inhaltlich voll und ganz, halte aber die Forderung, dass man jetzt deswegen eine Statistik auflegt, nicht für notwendig, weil ich finde, statistische Daten, die ja immer Bürokratie verursachen – das dürfen wir nicht vergessen –,

(Torsten Renz, CDU: Aber es wäre schon gut, wenn wir eine Datenbasis hätten.)

statistische Daten, die immer Bürokratie verursachen, helfen uns an dieser Stelle nicht weiter. Wir brauchen konkrete gesetzliche Regelungen. Und es ist bekannt, dass das nur auf Bundesebene geht und dass es dann natürlich auch Unterschiede gibt zwischen den verschiedenen politischen Partnern.

Ich hoffe, dass wir in eine Situation kommen, wo der Beschluss des Bundesrates auch so umgesetzt werden kann, weil es wichtig ist, dass junge Menschen in unserem Land Perspektiven bekommen. Wir haben heute gerade den Bericht zur Evaluation der familienpolitischen Leistungen vorgelegt bekommen. Kein Kindergeld, keine Kita alleine nützt, wenn nicht junge Menschen Perspektiven haben in der Arbeitswelt und damit irgendwann Planungssicherheit. Das wäre die beste Variante, eine familienfreundliche Arbeitswelt, junge Menschen und Familien zu unterstützen.

Und insofern kommt es meines Erachtens auf rechtliche Regelungen an, die auf Bundesebene notwendig sind, weniger auf Statistiken. Deshalb kann ich hier zusagen, dass ich den Inhalt des Antrages der Fraktion DIE LINKE unterstütze, aber dass weitere Initiativen nicht notwendig sind, denn der Bundesrat hat bereits entsprechend hier einen Beschluss gefasst. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihre Rede.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Renz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesmal ist es eben so gewesen, die SPD hat nicht an uns das Anliegen herangetragen, möglicherweise diesen Antrag zu überweisen. Insofern herrscht also Einigkeit in der Koalition, auch wenn vielleicht die Ausführungen etwas differenzierter zu betrachten sind,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist aber interessant, dass Sie das inzwischen betonen müssen.)

weil ich kann es jetzt noch nicht so nachvollziehen, wenn wir – so waren ja die Ausführungen – die Datenlage eigentlich gar nicht kennen, warum wir daraus dann schon Handlungsbedarf ableiten können.

Aber konkret zu Ihrem Antrag, Herr Foerster: Sie haben ja wieder Ihre Kampfbegriffe hier eingebaut: „immer prekärer werdender Berufseinstieg“. Also, ich meine, das sind erst mal Behauptungen, wo ich dann auch immer wieder sage –

(Henning Foerster, DIE LINKE: Na, wie oft soll ich Ihnen die Zahlen denn nun noch vorlegen, Herr Kollege?)

auch das kann ich Ihnen dann nicht ersparen –, wie wir in der Bundesrepublik Deutschland dastehen. 42 Millionen versicherungspflichtige Beschäftigte,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ja.)

400.000 offene Stellen,

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

die niedrigste Arbeitslosigkeit in Mecklenburg-Vorpom- mern im Mai seit der Wende. Und Sie kommen hier mit diesen Kampfbegriffen, wo ich sage: Das ist einmal eine Behauptung.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Sie sind blind auf dem Auge.)

In diesem Fall würde ich sogar sagen, es ist in gewisser Art und Weise sogar eine Frechheit.

Und wenn Sie dann anschließend kommen und im nächsten Satz dann anführen: „Oft handelt es sich dabei um …“ und so weiter und so weiter – was heißt „oft“? Sagen Sie das präzise, belegen Sie das anhand von Fakten!

(Beifall Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie stellen dann in den Raum: Es sollen so mehrere 100.000 sein.

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Ich meine, wie konkret ist das denn? Wenn ich jetzt natürlich dann mal 420.000 annehmen würde, um mal zu Ihren Gunsten zu rechnen, und das auf 42 Millionen Beschäftigte ins Verhältnis setze, dann wären es ein Prozent.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das erzählen Sie bei jeder Form von prekärer Beschäftigung.)

Wenn es aber bloß 220.000 wären, dann sind es 0,5 Prozent. Das zeigt, dass vielleicht das Thema, was Sie heute wieder versuchen wollen, uns als wichtig darzustellen, vielleicht dann doch nicht so wichtig ist.

Und ich will Ihnen an dieser Stelle deutlich sagen, auch aufgrund der Arbeitsmarktsituation, die wir hier in Deutschland haben, glaube ich, dass Sie und manch andere die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben. Die Themen, die nämlich auf der Tagesordnung stehen, sind ganz andere Themen. Das Thema ist nämlich: „Wie kann ich den Fachkräftebedarf in Deutschland absichern?“. Das ist unser Thema.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das steht auf der Tagesordnung. Das können wir auch nachweisen.)

Und wenn Sie dann, wie gesagt, immer wieder Ihre Themen hier so reiten, diese kleinen Mosaiksteinchen, die Sie sich herauspicken, die möglicherweise auch fachlich nicht fundiert und untersetzt sind,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Die passen Ihnen nicht ins Bild.)

dann, kann ich Ihnen nur sagen, müssen Sie in diesem Bereich der Arbeitsmarktpolitik weiter Ihren toten Gaul reiten. Das wird uns dann nicht zum Erfolg bringen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und wenn Sie jetzt richtigerweise angesprochen haben, dann muss ich Ihnen natürlich dann zustimmen, dass die letzten Zahlen, die amtlichen Zahlen, die ja mehr oder weniger dann von der Bundesregierung 2007, also …

(Henning Foerster, DIE LINKE: 2008!)

2008, okay, ich habe 2007. Wenn es dann die Zahlen aus 2007 oder 2008 sind, dann sind die natürlich schon wirklich sehr, sehr alt. Das muss man fairerweise sagen.